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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.

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[Spaltenumbruch] Kränke, Parle, Range, Velten und Veitstanz.) "Urban's Plag macht ihn kranck." Fischart schildert einen, der an dieser Plage leidet so: "Er dunckt sich weiss vnd wolgelehrt, die Noten wirfft er wieder die Erd, dasselb eine halbe stund wol wehrt. Er machets so krumm vnd spricht kurtzumb, wer kehrt mirs Pultpret vmb. Er singet Noten (s. d. 6) Klaffterlang." (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 172.) "Ja mir ist ein Schuldner entrunnen ....Ich wolt, er het St. Vrbans blag." (Comedi vom alten reichen Burger, III, 130.) "Behüt mich got vor sant Vrbans plag." (Hans Rosenplüt, Weinhaus.)

*37 Ein St. Vrbans Jünger.

Ein tüchtiger Trinker. "St. Vrbans Jünger vmb Ensheim, vnnd Ritter dess Ordens zu S. Otmars Lägelflüss, vnd was dass Glass heben vnd geben u. s. w. kondt." (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 140.)

*38 Potz Urban's Leiden!

"Aber botz Urbans leiden, was hilfts, wann kein kraft hernach folget?" (Geiler, Bkb., 83b.)

*39 Urben dummer mitten blechenen Hutte. - Gomolcke, 1188; Weinhold, 102.

Urbanus dominus mit dem blechenen Hut. Anwendung und Sinn ist mir nicht bekannt.

*40 Vor Sanct Urban's Plage behüte mich, Gott.

Dr. Heffner in Würzburg meint, wenn beim Urbansreiten gut Wetter war, so geben Winzer und Wirthe mehr und bessere Weine, wodurch mehr Trinken häufiger Podagra. (Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Juli 1855.)


Urbansfeuer.

* Dass dich St. Vrbansfeuer greife.

Hans Sachs (Fastnachtspiel von einem bösen Weibe, II, 140) schildert Sanct-Urbansfeuer also: "Mein lieber Nachbaur halt dein Frawen, schau wie thun jr die augen glitzen, wie thut jr Angesicht sie anspitzen, schau wie grissgramt sie mit den Zenen, sieh wie bibend mit den henden, schaw wie sie mit den füssen stampff, als ob sie hab den Esels Krampff. Ich fürcht sie sei wütig vnd wünnig oder villeicht toll vnd vnsinnig. Lass inn ein finster Kammer sperren." Worauf der Mann erwidert: "Was wilt du mich doch immer herren. Siehst nit, sie hat sanct Vrbans plag." (Göz, Auswahl aus Hans Sachs Schriften.)


Urbanshafer.

Für Urbanshafer und Galluskorn darf man keine Scheune grösser bauen.

Böhm.: Pro Havlovo zito a Urbanuv oves netreba stodol pristavovati. (Celakovsky, 449.)


Urbanstag.

1 An Sanct Urbanstag ist Baum- und Weingarten verdient. - Eisenhart, 264; Graf, 75, 65.

Da die Pflege der Baum- und Weingärten den Wirthschafter nicht das ganze Jahr in Anspruch nimmt, so war bestimmt, dass mit dem Sanct- Urbanstage, als der Zeit, da die Weingärten und Baumpflanzungen aus der Pflege des Gärtners traten und ihrer eigenen Entwickelung überlassen wurden, der Ertrag verdient sein solle. (S. Säen 63 u. Urban 9.)

2 Hat Urbanustag schön Sonnenschein, gibt es viel und guten Wein.

In Oberelsass: Het Sanct-Urwe Sunneschein, gits im Herbste guete Wein. (Frommann, VI, 8.)

3 Ist am Urbanstag das Wetter schön, so wird man volle Weinstöck' seh'n.

4 Scheint am Sanct Urbanstag die Sonne, so geräth der Wein zur Wonne; regnet's aber, so nimmt er Schaden und wird selten wohl gerathen. - Wunderlich, 26.

5 Wenn es am Sanct Urbanstage regnet, verliert jede Aehre ein Korn. - Wunderlich, 20.


Urbar.

Wer freies Urbar erbt, der diene mit den Freien. - Graf, 41, 120.

Der Besitz eines freien Gutes galt als Beweis für die Freiheit des Besitzers.

Mhd.: Wer freyes urbar erbet, der diene ouch mit den fryen. (Grimm, Weisth., III, 739.)


Urdraussig.

* A eis aurdraussich wei 'n ale Schuhberschte. (Oesterr.-Schles.) - Peter, I, 454.


Urhab.

Wess der Urhab ist, der soll bessern. - Graf, 305, 149.

Wenn in einem Streit (Zweikampf, Schlägerei, Raufhandel) einer verletzt oder getödtet wurde, so waren nach altdeutschem Recht nicht alle gleich schuldig. Wer zuerst angriff, war der Friedensbrecher; erschlug ihn der Angegriffene, so war er von aller Busse frei, denn nur der, dess der Urhap, d. i. der Anfang des Streits ist, soll bessere Busse zahlen. "Sweders der urhap ist, der sol bessiron." (Schreiber, I, 1, 77.)


[Spaltenumbruch]
Urian.

* Es ist ein Urian.

Man bezeichnet damit einen gemeinen, schlechten Kerl. Claudius gebraucht den Ausdruck häufig, auch Goethe in der Brockenscene. Die Herleitung des Worts von Uurhaan, genitale viri, im Bremer Wb., V, 155 bezeichnet K. Schiller als abenteuerlich. Karl Braun (Westermann's Monatshefte, Nr. 188, S. 138) nennt drei Arten zusammengesetzten Hans, als Prahlhans, Faselhans u. s. w. und Hans Aff, Hans Tapps u. s. w. "Zu diesen beiden Arten", sagt er, "kommt noch eine dritte; das ist der Jan, von dem ich nur die drei wichtigsten Formen erwähnen will: Dummerjan, Grobian und Urian. Der Urian ist in dem Schluss des Claudius'schen Liedes verewigt: >Erzähl' er nur weiter, Herr Urian<". Im fränkischen Lande, am Rhein und Lahn ist der Urian ein gottloser und raffinirter Mensch, und als Meister Urian ist er sogar der leibhaftige Gottseibeiuns selber. Bei all diesen Worten, wie Urian, Schlendrian, Grobian, Dummerian u. s. w. ist es noch nicht aufgeklärt, ob es ein spottweise latinisirter - iamus oder ein holländischer Jan.


Uriasbrief.

*1 Einen Uriasbrief bekommen. - Braun, I, 4708.

*2 Es ist ein Uriasbrief. - 2 Sam. 12, 14; Eiselein, 614.

Ein Brief, der dem Ueberbringer Unheil bringt, nach 2 Sam. 11, 15. "Vrias brieff er bey jm tregt." (Eyering, II, 449.) Die Franzosen nennen einen heimtückischen Streich Jarnac-Stoss, coup de Jarnac, und wenn sie eine Art von kleinen Dolchen mit dem Namen Jarnac bezeichnen, daher, weil im 16. Jahrhundert ein Baron von Jarnac einen Baron von Latochaigneraye im Zweikampf durch einen tückischen Dolchstoss tödtete. Als in neuerer Zeit das Gaite- Theater ein historisches Drama unter dem Titel Le coup de Jarnac von Mestespes anzeigte, wünschte der in Paris wohnende Graf Emil de Jarnac zu sehen, wie der Dichter seinen Ahnherrn behandelt habe, und erbat sich vom Director des Theaters eine Loge zur ersten Vorstellung. Da für diese Vorstellung keine Loge mehr zu vergeben war, schickte ihm der Director eine Loge für ein anderes Stück, über welches Verfahren Graf Jarnac während des Diners im Hotel sich sehr scharf äusserte. "Wollen Sie mir die Ehre erzeigen, einen Platz in meiner Loge anzunehmen?" fragte ihn ein junger Herr, der neben ihm sass. "Mit wem habe ich die Ehre?" fragte der Graf. "Ich bin der Marquis von Latochaigneraye", lautete die Antwort. Die jüngsten Sprösslinge der beiden Gegner speisten zusammen, spazierten Arm in Arm auf dem Boulevard und zeigten sich zusammen in einer Loge, während ihre Ahnherren sich auf der Bühne abschlachteten. (Anekdotenjäger, Nordhausen 1866, XXII, 152.)

Holl.: Het is een Urias-brief. (Harrebomee, II, 353a.)

Lat.: Bellerophontes littera (tabellae). (Plautus.) (Binder I, 123; II, 323; Philippi, I, 56; Seybold, 51; Tappius, 154; Suringar, XXV.)

*3 Uriasbriefe tragen1.

1) Dramatisirt in Prologen, Gesprächen und dramatischen Spielen, Quedlinburg 1833, S. 240-255. - Sich selbst dem Zuchtmeister überliefern.


Urin.

Der Urin bestimmt die Medicin (oder: wie der Urin, so die Medicin).

Frz.: Medecine fait honneur a urine. (Leroux, I, 179.)


Urkunde.

Treue Urkunde hält der Brief von Geschlecht zu Geschlecht. - Graf, 458, 540.

Zeugen sind unsichere und vergängliche Beweismittel, besonders wenn es sich um einen Vorgang ferner Zeit handelt. Wo die Personen fehlen oder das Gedächtniss irrt oder schwankt, da tritt die Urkunde sicher ein. (S. Brief 4.) In Lüneburg: Truwe orkunde heuet de breff van slochte to slechte. (Kraut, Lüneburg, 3.)


Urlaub.

1 Hab' Urlaub, Strohsack; ich habe ein Bett bekommen. - Körte, 6219; Braun, 4710.

*2 Vrlaub hyndert hier niemand. - Agricola I, 435; Gruter, I, 70; Petri, II, 565; Egenolff, 202b; Guttenstein, I, 9, 97.

Wird gebraucht, um anzudeuten, dass der Anwesende, der Gast sich entfernen könne, nach Belieben, dass man, ihn zu halten, nicht willens sei.

3 Wer auff Vrlaub dient, der thut seinem Herrn kein guts mehr. - Petri, II, 685.

*4 Er hat grossen Urlaub genommen.

Ist mit Tode abgegangen.

Holl.: Hij heeft groot verlof genomen. (Harrebomee, 372a.)


Urlaublieder.

* Einem die Urlaublieder singen.

So heissen in Oberösterreich die Lieder, welche, nachdem die Leiche ins Grab gesenkt ist, gesungen werden, in welchen der Verstorbene redend eingeführt ist und Urlaub oder Abschied nimmt.


Ursache.

1 Einerley vrsach würckt nicht einerley Frucht. - Lehmann, 855, 8.

[Spaltenumbruch] Kränke, Parle, Range, Velten und Veitstanz.) „Urban's Plag macht ihn kranck.“ Fischart schildert einen, der an dieser Plage leidet so: „Er dunckt sich weiss vnd wolgelehrt, die Noten wirfft er wieder die Erd, dasselb eine halbe stund wol wehrt. Er machets so krumm vnd spricht kurtzumb, wer kehrt mirs Pultpret vmb. Er singet Noten (s. d. 6) Klaffterlang.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 172.) „Ja mir ist ein Schuldner entrunnen ....Ich wolt, er het St. Vrbans blag.“ (Comedi vom alten reichen Burger, III, 130.) „Behüt mich got vor sant Vrbans plag.“ (Hans Rosenplüt, Weinhaus.)

*37 Ein St. Vrbans Jünger.

Ein tüchtiger Trinker. „St. Vrbans Jünger vmb Ensheim, vnnd Ritter dess Ordens zu S. Otmars Lägelflüss, vnd was dass Glass heben vnd geben u. s. w. kondt.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 140.)

*38 Potz Urban's Leiden!

„Aber botz Urbans leiden, was hilfts, wann kein kraft hernach folget?“ (Geiler, Bkb., 83b.)

*39 Urben dummer mitten blechenen Hutte.Gomolcke, 1188; Weinhold, 102.

Urbanus dominus mit dem blechenen Hut. Anwendung und Sinn ist mir nicht bekannt.

*40 Vor Sanct Urban's Plage behüte mich, Gott.

Dr. Heffner in Würzburg meint, wenn beim Urbansreiten gut Wetter war, so geben Winzer und Wirthe mehr und bessere Weine, wodurch mehr Trinken häufiger Podagra. (Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Juli 1855.)


Urbansfeuer.

* Dass dich St. Vrbansfeuer greife.

Hans Sachs (Fastnachtspiel von einem bösen Weibe, II, 140) schildert Sanct-Urbansfeuer also: „Mein lieber Nachbaur halt dein Frawen, schau wie thun jr die augen glitzen, wie thut jr Angesicht sie anspitzen, schau wie grissgramt sie mit den Zenen, sieh wie bibend mit den henden, schaw wie sie mit den füssen stampff, als ob sie hab den Esels Krampff. Ich fürcht sie sei wütig vnd wünnig oder villeicht toll vnd vnsinnig. Lass inn ein finster Kammer sperren.“ Worauf der Mann erwidert: „Was wilt du mich doch immer herren. Siehst nit, sie hat sanct Vrbans plag.“ (Göz, Auswahl aus Hans Sachs Schriften.)


Urbanshafer.

Für Urbanshafer und Galluskorn darf man keine Scheune grösser bauen.

Böhm.: Pro Havlovo žito a Urbanův oves netřeba stodol přistavovati. (Čelakovsky, 449.)


Urbanstag.

1 An Sanct Urbanstag ist Baum- und Weingarten verdient.Eisenhart, 264; Graf, 75, 65.

Da die Pflege der Baum- und Weingärten den Wirthschafter nicht das ganze Jahr in Anspruch nimmt, so war bestimmt, dass mit dem Sanct- Urbanstage, als der Zeit, da die Weingärten und Baumpflanzungen aus der Pflege des Gärtners traten und ihrer eigenen Entwickelung überlassen wurden, der Ertrag verdient sein solle. (S. Säen 63 u. Urban 9.)

2 Hat Urbanustag schön Sonnenschein, gibt es viel und guten Wein.

In Oberelsass: Het Sanct-Urwe Sunneschîn, gits im Herbste guete Wîn. (Frommann, VI, 8.)

3 Ist am Urbanstag das Wetter schön, so wird man volle Weinstöck' seh'n.

4 Scheint am Sanct Urbanstag die Sonne, so geräth der Wein zur Wonne; regnet's aber, so nimmt er Schaden und wird selten wohl gerathen.Wunderlich, 26.

5 Wenn es am Sanct Urbanstage regnet, verliert jede Aehre ein Korn.Wunderlich, 20.


Urbar.

Wer freies Urbar erbt, der diene mit den Freien.Graf, 41, 120.

Der Besitz eines freien Gutes galt als Beweis für die Freiheit des Besitzers.

Mhd.: Wer freyes urbar erbet, der diene ouch mit den fryen. (Grimm, Weisth., III, 739.)


Urdrûssig.

* A îs ûrdrûssich wî 'n âle Schuhberschte. (Oesterr.-Schles.) – Peter, I, 454.


Urhab.

Wess der Urhab ist, der soll bessern.Graf, 305, 149.

Wenn in einem Streit (Zweikampf, Schlägerei, Raufhandel) einer verletzt oder getödtet wurde, so waren nach altdeutschem Recht nicht alle gleich schuldig. Wer zuerst angriff, war der Friedensbrecher; erschlug ihn der Angegriffene, so war er von aller Busse frei, denn nur der, dess der Urhap, d. i. der Anfang des Streits ist, soll bessere Busse zahlen. „Sweders der urhap ist, der sol bessiron.“ (Schreiber, I, 1, 77.)


[Spaltenumbruch]
Urian.

* Es ist ein Urian.

Man bezeichnet damit einen gemeinen, schlechten Kerl. Claudius gebraucht den Ausdruck häufig, auch Goethe in der Brockenscene. Die Herleitung des Worts von Uurhaan, genitale viri, im Bremer Wb., V, 155 bezeichnet K. Schiller als abenteuerlich. Karl Braun (Westermann's Monatshefte, Nr. 188, S. 138) nennt drei Arten zusammengesetzten Hans, als Prahlhans, Faselhans u. s. w. und Hans Aff, Hans Tapps u. s. w. „Zu diesen beiden Arten“, sagt er, „kommt noch eine dritte; das ist der Jan, von dem ich nur die drei wichtigsten Formen erwähnen will: Dummerjan, Grobian und Urian. Der Urian ist in dem Schluss des Claudius'schen Liedes verewigt: ›Erzähl' er nur weiter, Herr Urian‹“. Im fränkischen Lande, am Rhein und Lahn ist der Urian ein gottloser und raffinirter Mensch, und als Meister Urian ist er sogar der leibhaftige Gottseibeiuns selber. Bei all diesen Worten, wie Urian, Schlendrian, Grobian, Dummerian u. s. w. ist es noch nicht aufgeklärt, ob es ein spottweise latinisirter - iamus oder ein holländischer Jan.


Uriasbrief.

*1 Einen Uriasbrief bekommen.Braun, I, 4708.

*2 Es ist ein Uriasbrief. – 2 Sam. 12, 14; Eiselein, 614.

Ein Brief, der dem Ueberbringer Unheil bringt, nach 2 Sam. 11, 15. „Vrias brieff er bey jm tregt.“ (Eyering, II, 449.) Die Franzosen nennen einen heimtückischen Streich Jarnac-Stoss, coup de Jarnac, und wenn sie eine Art von kleinen Dolchen mit dem Namen Jarnac bezeichnen, daher, weil im 16. Jahrhundert ein Baron von Jarnac einen Baron von Latochaigneraye im Zweikampf durch einen tückischen Dolchstoss tödtete. Als in neuerer Zeit das Gaité- Theater ein historisches Drama unter dem Titel Le coup de Jarnac von Mestespes anzeigte, wünschte der in Paris wohnende Graf Emil de Jarnac zu sehen, wie der Dichter seinen Ahnherrn behandelt habe, und erbat sich vom Director des Theaters eine Loge zur ersten Vorstellung. Da für diese Vorstellung keine Loge mehr zu vergeben war, schickte ihm der Director eine Loge für ein anderes Stück, über welches Verfahren Graf Jarnac während des Diners im Hotel sich sehr scharf äusserte. „Wollen Sie mir die Ehre erzeigen, einen Platz in meiner Loge anzunehmen?“ fragte ihn ein junger Herr, der neben ihm sass. „Mit wem habe ich die Ehre?“ fragte der Graf. „Ich bin der Marquis von Latochaigneraye“, lautete die Antwort. Die jüngsten Sprösslinge der beiden Gegner speisten zusammen, spazierten Arm in Arm auf dem Boulevard und zeigten sich zusammen in einer Loge, während ihre Ahnherren sich auf der Bühne abschlachteten. (Anekdotenjäger, Nordhausen 1866, XXII, 152.)

Holl.: Het is een Urias-brief. (Harrebomée, II, 353a.)

Lat.: Bellerophontes littera (tabellae). (Plautus.) (Binder I, 123; II, 323; Philippi, I, 56; Seybold, 51; Tappius, 154; Suringar, XXV.)

*3 Uriasbriefe tragen1.

1) Dramatisirt in Prologen, Gesprächen und dramatischen Spielen, Quedlinburg 1833, S. 240-255. – Sich selbst dem Zuchtmeister überliefern.


Urin.

Der Urin bestimmt die Medicin (oder: wie der Urin, so die Medicin).

Frz.: Médecine fait honneur à urine. (Leroux, I, 179.)


Urkunde.

Treue Urkunde hält der Brief von Geschlecht zu Geschlecht.Graf, 458, 540.

Zeugen sind unsichere und vergängliche Beweismittel, besonders wenn es sich um einen Vorgang ferner Zeit handelt. Wo die Personen fehlen oder das Gedächtniss irrt oder schwankt, da tritt die Urkunde sicher ein. (S. Brief 4.) In Lüneburg: Truwe orkunde heuet de breff van slochte to slechte. (Kraut, Lüneburg, 3.)


Urlaub.

1 Hab' Urlaub, Strohsack; ich habe ein Bett bekommen.Körte, 6219; Braun, 4710.

*2 Vrlaub hyndert hier niemand.Agricola I, 435; Gruter, I, 70; Petri, II, 565; Egenolff, 202b; Guttenstein, I, 9, 97.

Wird gebraucht, um anzudeuten, dass der Anwesende, der Gast sich entfernen könne, nach Belieben, dass man, ihn zu halten, nicht willens sei.

3 Wer auff Vrlaub dient, der thut seinem Herrn kein guts mehr.Petri, II, 685.

*4 Er hat grossen Urlaub genommen.

Ist mit Tode abgegangen.

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Urlaublieder.

* Einem die Urlaublieder singen.

So heissen in Oberösterreich die Lieder, welche, nachdem die Leiche ins Grab gesenkt ist, gesungen werden, in welchen der Verstorbene redend eingeführt ist und Urlaub oder Abschied nimmt.


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[[748]/0754] Kränke, Parle, Range, Velten und Veitstanz.) „Urban's Plag macht ihn kranck.“ Fischart schildert einen, der an dieser Plage leidet so: „Er dunckt sich weiss vnd wolgelehrt, die Noten wirfft er wieder die Erd, dasselb eine halbe stund wol wehrt. Er machets so krumm vnd spricht kurtzumb, wer kehrt mirs Pultpret vmb. Er singet Noten (s. d. 6) Klaffterlang.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 172.) „Ja mir ist ein Schuldner entrunnen ....Ich wolt, er het St. Vrbans blag.“ (Comedi vom alten reichen Burger, III, 130.) „Behüt mich got vor sant Vrbans plag.“ (Hans Rosenplüt, Weinhaus.) *37 Ein St. Vrbans Jünger. Ein tüchtiger Trinker. „St. Vrbans Jünger vmb Ensheim, vnnd Ritter dess Ordens zu S. Otmars Lägelflüss, vnd was dass Glass heben vnd geben u. s. w. kondt.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 140.) *38 Potz Urban's Leiden! „Aber botz Urbans leiden, was hilfts, wann kein kraft hernach folget?“ (Geiler, Bkb., 83b.) *39 Urben dummer mitten blechenen Hutte. – Gomolcke, 1188; Weinhold, 102. Urbanus dominus mit dem blechenen Hut. Anwendung und Sinn ist mir nicht bekannt. *40 Vor Sanct Urban's Plage behüte mich, Gott. Dr. Heffner in Würzburg meint, wenn beim Urbansreiten gut Wetter war, so geben Winzer und Wirthe mehr und bessere Weine, wodurch mehr Trinken häufiger Podagra. (Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, Juli 1855.) Urbansfeuer. * Dass dich St. Vrbansfeuer greife. Hans Sachs (Fastnachtspiel von einem bösen Weibe, II, 140) schildert Sanct-Urbansfeuer also: „Mein lieber Nachbaur halt dein Frawen, schau wie thun jr die augen glitzen, wie thut jr Angesicht sie anspitzen, schau wie grissgramt sie mit den Zenen, sieh wie bibend mit den henden, schaw wie sie mit den füssen stampff, als ob sie hab den Esels Krampff. Ich fürcht sie sei wütig vnd wünnig oder villeicht toll vnd vnsinnig. Lass inn ein finster Kammer sperren.“ Worauf der Mann erwidert: „Was wilt du mich doch immer herren. Siehst nit, sie hat sanct Vrbans plag.“ (Göz, Auswahl aus Hans Sachs Schriften.) Urbanshafer. Für Urbanshafer und Galluskorn darf man keine Scheune grösser bauen. Böhm.: Pro Havlovo žito a Urbanův oves netřeba stodol přistavovati. (Čelakovsky, 449.) Urbanstag. 1 An Sanct Urbanstag ist Baum- und Weingarten verdient. – Eisenhart, 264; Graf, 75, 65. Da die Pflege der Baum- und Weingärten den Wirthschafter nicht das ganze Jahr in Anspruch nimmt, so war bestimmt, dass mit dem Sanct- Urbanstage, als der Zeit, da die Weingärten und Baumpflanzungen aus der Pflege des Gärtners traten und ihrer eigenen Entwickelung überlassen wurden, der Ertrag verdient sein solle. (S. Säen 63 u. Urban 9.) 2 Hat Urbanustag schön Sonnenschein, gibt es viel und guten Wein. In Oberelsass: Het Sanct-Urwe Sunneschîn, gits im Herbste guete Wîn. (Frommann, VI, 8.) 3 Ist am Urbanstag das Wetter schön, so wird man volle Weinstöck' seh'n. 4 Scheint am Sanct Urbanstag die Sonne, so geräth der Wein zur Wonne; regnet's aber, so nimmt er Schaden und wird selten wohl gerathen. – Wunderlich, 26. 5 Wenn es am Sanct Urbanstage regnet, verliert jede Aehre ein Korn. – Wunderlich, 20. Urbar. Wer freies Urbar erbt, der diene mit den Freien. – Graf, 41, 120. Der Besitz eines freien Gutes galt als Beweis für die Freiheit des Besitzers. Mhd.: Wer freyes urbar erbet, der diene ouch mit den fryen. (Grimm, Weisth., III, 739.) Urdrûssig. * A îs ûrdrûssich wî 'n âle Schuhberschte. (Oesterr.-Schles.) – Peter, I, 454. Urhab. Wess der Urhab ist, der soll bessern. – Graf, 305, 149. Wenn in einem Streit (Zweikampf, Schlägerei, Raufhandel) einer verletzt oder getödtet wurde, so waren nach altdeutschem Recht nicht alle gleich schuldig. Wer zuerst angriff, war der Friedensbrecher; erschlug ihn der Angegriffene, so war er von aller Busse frei, denn nur der, dess der Urhap, d. i. der Anfang des Streits ist, soll bessere Busse zahlen. „Sweders der urhap ist, der sol bessiron.“ (Schreiber, I, 1, 77.) Urian. * Es ist ein Urian. Man bezeichnet damit einen gemeinen, schlechten Kerl. Claudius gebraucht den Ausdruck häufig, auch Goethe in der Brockenscene. Die Herleitung des Worts von Uurhaan, genitale viri, im Bremer Wb., V, 155 bezeichnet K. Schiller als abenteuerlich. Karl Braun (Westermann's Monatshefte, Nr. 188, S. 138) nennt drei Arten zusammengesetzten Hans, als Prahlhans, Faselhans u. s. w. und Hans Aff, Hans Tapps u. s. w. „Zu diesen beiden Arten“, sagt er, „kommt noch eine dritte; das ist der Jan, von dem ich nur die drei wichtigsten Formen erwähnen will: Dummerjan, Grobian und Urian. Der Urian ist in dem Schluss des Claudius'schen Liedes verewigt: ›Erzähl' er nur weiter, Herr Urian‹“. Im fränkischen Lande, am Rhein und Lahn ist der Urian ein gottloser und raffinirter Mensch, und als Meister Urian ist er sogar der leibhaftige Gottseibeiuns selber. Bei all diesen Worten, wie Urian, Schlendrian, Grobian, Dummerian u. s. w. ist es noch nicht aufgeklärt, ob es ein spottweise latinisirter - iamus oder ein holländischer Jan. Uriasbrief. *1 Einen Uriasbrief bekommen. – Braun, I, 4708. *2 Es ist ein Uriasbrief. – 2 Sam. 12, 14; Eiselein, 614. Ein Brief, der dem Ueberbringer Unheil bringt, nach 2 Sam. 11, 15. „Vrias brieff er bey jm tregt.“ (Eyering, II, 449.) Die Franzosen nennen einen heimtückischen Streich Jarnac-Stoss, coup de Jarnac, und wenn sie eine Art von kleinen Dolchen mit dem Namen Jarnac bezeichnen, daher, weil im 16. Jahrhundert ein Baron von Jarnac einen Baron von Latochaigneraye im Zweikampf durch einen tückischen Dolchstoss tödtete. Als in neuerer Zeit das Gaité- Theater ein historisches Drama unter dem Titel Le coup de Jarnac von Mestespes anzeigte, wünschte der in Paris wohnende Graf Emil de Jarnac zu sehen, wie der Dichter seinen Ahnherrn behandelt habe, und erbat sich vom Director des Theaters eine Loge zur ersten Vorstellung. Da für diese Vorstellung keine Loge mehr zu vergeben war, schickte ihm der Director eine Loge für ein anderes Stück, über welches Verfahren Graf Jarnac während des Diners im Hotel sich sehr scharf äusserte. „Wollen Sie mir die Ehre erzeigen, einen Platz in meiner Loge anzunehmen?“ fragte ihn ein junger Herr, der neben ihm sass. „Mit wem habe ich die Ehre?“ fragte der Graf. „Ich bin der Marquis von Latochaigneraye“, lautete die Antwort. Die jüngsten Sprösslinge der beiden Gegner speisten zusammen, spazierten Arm in Arm auf dem Boulevard und zeigten sich zusammen in einer Loge, während ihre Ahnherren sich auf der Bühne abschlachteten. (Anekdotenjäger, Nordhausen 1866, XXII, 152.) Holl.: Het is een Urias-brief. (Harrebomée, II, 353a.) Lat.: Bellerophontes littera (tabellae). (Plautus.) (Binder I, 123; II, 323; Philippi, I, 56; Seybold, 51; Tappius, 154; Suringar, XXV.) *3 Uriasbriefe tragen1. 1) Dramatisirt in Prologen, Gesprächen und dramatischen Spielen, Quedlinburg 1833, S. 240-255. – Sich selbst dem Zuchtmeister überliefern. Urin. Der Urin bestimmt die Medicin (oder: wie der Urin, so die Medicin). Frz.: Médecine fait honneur à urine. (Leroux, I, 179.) Urkunde. Treue Urkunde hält der Brief von Geschlecht zu Geschlecht. – Graf, 458, 540. Zeugen sind unsichere und vergängliche Beweismittel, besonders wenn es sich um einen Vorgang ferner Zeit handelt. Wo die Personen fehlen oder das Gedächtniss irrt oder schwankt, da tritt die Urkunde sicher ein. (S. Brief 4.) In Lüneburg: Truwe orkunde heuet de breff van slochte to slechte. (Kraut, Lüneburg, 3.) Urlaub. 1 Hab' Urlaub, Strohsack; ich habe ein Bett bekommen. – Körte, 6219; Braun, 4710. *2 Vrlaub hyndert hier niemand. – Agricola I, 435; Gruter, I, 70; Petri, II, 565; Egenolff, 202b; Guttenstein, I, 9, 97. Wird gebraucht, um anzudeuten, dass der Anwesende, der Gast sich entfernen könne, nach Belieben, dass man, ihn zu halten, nicht willens sei. 3 Wer auff Vrlaub dient, der thut seinem Herrn kein guts mehr. – Petri, II, 685. *4 Er hat grossen Urlaub genommen. Ist mit Tode abgegangen. Holl.: Hij heeft groot verlof genomen. (Harrebomée, 372a.) Urlaublieder. * Einem die Urlaublieder singen. So heissen in Oberösterreich die Lieder, welche, nachdem die Leiche ins Grab gesenkt ist, gesungen werden, in welchen der Verstorbene redend eingeführt ist und Urlaub oder Abschied nimmt. Ursache. 1 Einerley vrsach würckt nicht einerley Frucht. – Lehmann, 855, 8.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876, S. [748]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon04_1876/754>, abgerufen am 23.07.2024.