Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.[Spaltenumbruch] sei. Die Frage bleibe noch unbeantwortet, ob unsere Vorfahren nicht wirklich Trinkgefässe gehabt haben, die einem Stiefel ähnlich sahen. - Gubitz (Gesellschafter, Juli 1834) enthält von dem Stiefeltrinken eine andere Anekdote. "Bassompierre wurde im Jahre 1602 von seinem Könige Heinrich IV. als Gesandter zu den dreizehn Cantonen nach Bern geschickt, um die von Heinrich III. geschlossene Allianz zu erneuern, was ihm auch gelang. Als er zur Abreise schon zu Pferde vor dem Wirthshause hielt, nahten sich ihm die dreizehn Abgeordneten, jeder alt einem mächtigen Becher, um den Bundesgruss ihm zuzutrinken. Sie brachten Frankreich ein Lebehoch, und jeder leerte seinen Becher, der eine Flasche Wein enthielt, in einem Zuge. Bassompierre liess sich einen Stiefel ausziehen, und dreizehn Flaschen Wein hineingiessen, fasste ihn bei den Sporen; >den dreizehn Cantonen< rief er, und schluckte den Inhalt des Stiefels hinab. Die Schweizer fanden das sehr schön, und nannten Bassompierre einen würdigen Repräsentanten Frankreichs. Das Wirthshaus soll noch jetzt einen Stiefel als Aushängeschild haben." - Die Zeitung für die eleg. Welt, (1823, S. 1094) sagt: "Das Sprichwort ist dadurch entstanden, dass man ehemals den silbernen Humpen, aus welchem man zechte, mancherlei sonderbare barocke Formen gab, und dazu auch die Form von Reiterstiefeln wählte, die am meisten Wein fassen konnten. Es heisst auch dies Sprichwort nicht: er kann einen Stiefel vertragen, sondern, ein Zechbruder wird dadurch bezeichnet, dass man von ihm sprichwörtlich sagt: >Er kann einen guten Stiefel vertragen.< Man machte demnächst auch oben etwas ausgebauchte, in der Mitte sich verengende und unten etwas weitere Gläser, in die ein volles Quart ging; diese nannte man Stiefeln. Hauptsächlich waren sie in Schwaben gebräuchlich. Früher trank man daraus Wein, seit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts, jedoch nur Bier." - Nach einer alten Sage ward der Ritter Lers von Waldeck von den Rheingrafen aufgefordert auf dem Stein bei Münster seinen mit altem Rheinwein gefüllten grossen Reiterstiefel zu leeren. Lers von Waldeck zeigte sich dazu bereit, wenn sein Wirth ihm dafür Hüffelsheim erb- und eigenthümlich verschreiben wolle. Nach dem schriftlich abgeschlossenen Vertrage setzte er sich hinter den Humpen neuer Art und trank bis der letzte Tropfen ausgeschlürft war. Dann stürzte er besinnungslos zu Boden und hauchte seinen Geist aus, beruhigt durch das Bewusstsein, seinen Erben ein schönes Erbe ertrunken zu haben. Auch davon leitet man die Redensart ab. *46 Er legt sich mit Stief'l und Sporn nieder. - Hügel, 157a. D. h. ohne sich auszukleiden. *47 Er trägt die Stiefeln zum Schneider und die Hosen zum Schuhmacher. *48 Er will mit Stiefeln und Sporen in den Himmel. - Simrock, 9895; Eiselein, 579. *49 Er wird's nicht in die Stiefeln giessen. Der Durstige oder Trinker giesst's lieber in den Hals. Daher entstanden, dass Fussreisende ihre Füsse, um sie zu kräftigen und dem Wundwerden vorzubeugen, mit Branntwein oder Spiritus einreiben. Holl.: Hij giet het in zijne laarzen niet. (Harrebomee, II, 1.) *50 Es dient weder zu Stieffeln noch zu Schuhen. - Lehmann, 834, 3. *51 Es hat weder Stiefeln noch Sporen. Von etwas Unvollkommenem. Luther sagt vom Buch Salomonis, dem Prediger: "Es sollte völliger sein, es hat weder Stiefeln noch Sporn, es reitet nur in Socken, gleich wie ich noch im Kloster war." *52 Es ist ihm heute nicht im Stiefel zu lachen. - Eiselein, 579. *53 Feif Stewel en Afsatz! Heda, Vader, öck Gleder (Glieder). (Dönhofstädt.) Ruf älterer tanzlustiger Leute, wenn sie wacker auf dem Tanzboden sich bewegen. Lat.: Lanam in officinam fullonis. (Philippi, I, 219.) *54 Hät sünd en Paar Steveln beter1 as en Paar Handmanschetten. (Holst.) - Schütze, IV, 199. 1) Nothwendiger, nützlicher. - Die Redensart wird bei Regenwetter und Kothregen gebraucht. *55 He get nog mit Steweln un Sporen. - Dähnert, 453. Ist eben erst vom Pferde gestiegen, von der Reise zurückgekehrt. *56 He kann en goden Stevel saupen (oder: verdragen). (Holst.) - Schütze, IV, 199. *57 In fremden Stiefeln spazieren gehen. - Deutsches Museum (Leipzig 1863), Nr. 35, S. 322. *58 In stiffel vnd sporen. - Pauli, Schimpff, LIIIIb. *59 Jetzt weiss er nicht, wie er soll in Stiefeln gehen, sonst war er ein barfüssiger Mann. Von jemand, der aus grosser Armuth in gute Vermögensverhältnisse [Spaltenumbruch] gekommen und dadurch hochmüthig geworden ist. Böhm.: Jindy okolo bot chodival a nyni nevi jak v nich si vykra covati. (Celakovsky, 98.) *60 Mit den Stiefeln dreinfallen. Lat.: Ileotis pedibus ingreditur. (Philippi, I, 787.) *61 Mit Stiefeln und Sporen in die Sache laufen. - Eiselein, 579. D. i. in voller Rüstung. "Mit Stiefeln und Sporen drein springen." (Luther.) "Sol er bei den Zerren reiten in stiefeln und sporen und das gut gesinnen (beanspruchen)." (Grimm, Rechtsalt., 99.) *62 Mit stiflen vnnd sporen. - Tappius, 210a; Suringar, CCXXXX, 1 u. 8. Mit Sack und Pack, mit Haut und Haar, mit Kleider und Schuh u. s. w. Holl.: Met laarzen en sporen. (Harrebomee, II, 1.) *63 Seine Stiefeln haben zu Nacht über einem Koffer gelegen. - Körte, 5740. Von einem Krummbeinigen. *64 Wenn man ihm die Stiefeln schmiert, so sagt er, man habe sie verbrannt. Frz.: Graissez les bottes d'un vilain, il dira qu'on les lui braule. (Bohn I, 19.) *65 Wie ein polnischer Stiefel an beide Füsse gerecht sein. - Eiselein, 514; Simrock, 7964; Braun, I, 3343. Stiefelausziehen. * Das ist zum Stiefelausziehen. - Klix, 80. Stiefelknecht. *1 Glaubst, i mach' dir an Stief'liknecht? - Hügel, 157a. Meinst du, ich werde mich dazu hergeben, dir Knechtsdienste zu thun? *2 Ich möchte mit zehn Stiefelknechten dreinschlagen. (Kreis Bunzlau.) Stiefeln. *1 Er ist gestiefelt und gespornt. - Henisch, 1567, 30. Wir waren zur Abreise gestiefelt und gespornt, d. i, vollkommen gerüstet. Jüdisch-deutsch in Warschau: Er is gekümmen gestiefelt ün gespornt. Holl.: En hoentje gelaard en gespaard. (Harrebomee, II, 1.) *2 He stevelt moi (schön), de Küten1 sitt't ün vör de Bene. (Ostfries.) - Bueren, 692; Frommann, VI, 281, 669. 1) Küt = Wade, Fleisch, Bauch, Eingeweide. *3 Sich stiweln. (Siebenbürg.-sächs.) - Frommann, V, 177, 217. D. h. eilen. Stiefelwichse. * Einen mit Stief'lwichs1 bewirthen. 1) Spitzname für ordinären Branntwein. (Hügel, 157a.) Stiefgesicht. * Mit dem Stiefgesicht1 zuerst kommen. 1) Oberösterreichischer Euphemismus für Arsch. Stiefkind. 1 Das gerade Stiefkind ist doch schiefer als das buckeliche rechte. 2 Die Stiefkinder bekommen nicht das grösste Stück Brot. Auch nicht das beste, obgleich die Stiefmutter klagt, dass das Kind sehr verwöhnt sei. Daher das böhmische Sprichwort: Die Stiefmutter beschwert sich, dass das Kind die Sahne nicht möge, es würde aber mit Molken fürlieb nehmen, wenn es deren erhielte: Ztecuje si macecha, ze pat torek smetang nechce a jemu chud'atku dej treba syrovatk. (Celakovsky, 401.) "Den Stiffkindern pflegt man nit so gross stücken Brodt zu geben als den selbst erbornen." (Grimmelshausen, Stoltzer Melcher.) 3 Stiefkinder und Spitalsuppen sind selten fett. *4 Ein Stiefkind der Natur sein. Weder körperliche noch geistige Vorzüge besitzen. *5 Er hat den Stiefkindern das Ihrige durch die Hechel gezogen. - Parömiakon, 83. Stiefmutter. 1 A Stiefmütter git dem Stiefkind dus Erste vün Thee, dus Letzte vün Kawe (Kaffee). (Jüd.-deutsch. Warschau.) Von beiden also nicht das Beste sagen. Es ist hier offenbar gemeint, wenn sie ein eigenes Kind hat. Da man nun den Stiefmüttern, so viele brave auch darunter sind, selten etwas Gutes gönnt, so gönnt man ihnen auch dies nicht. In diesem Sinne sagt ein Sprichwort in der Herzegowina: Es hoffte die Stiefmutter auf ein rechtes Kind, und sie blieb unfruchtbar. (Hausfreund, VIII, 49.)
[Spaltenumbruch] sei. Die Frage bleibe noch unbeantwortet, ob unsere Vorfahren nicht wirklich Trinkgefässe gehabt haben, die einem Stiefel ähnlich sahen. – Gubitz (Gesellschafter, Juli 1834) enthält von dem Stiefeltrinken eine andere Anekdote. „Bassompierre wurde im Jahre 1602 von seinem Könige Heinrich IV. als Gesandter zu den dreizehn Cantonen nach Bern geschickt, um die von Heinrich III. geschlossene Allianz zu erneuern, was ihm auch gelang. Als er zur Abreise schon zu Pferde vor dem Wirthshause hielt, nahten sich ihm die dreizehn Abgeordneten, jeder alt einem mächtigen Becher, um den Bundesgruss ihm zuzutrinken. Sie brachten Frankreich ein Lebehoch, und jeder leerte seinen Becher, der eine Flasche Wein enthielt, in einem Zuge. Bassompierre liess sich einen Stiefel ausziehen, und dreizehn Flaschen Wein hineingiessen, fasste ihn bei den Sporen; ›den dreizehn Cantonen‹ rief er, und schluckte den Inhalt des Stiefels hinab. Die Schweizer fanden das sehr schön, und nannten Bassompierre einen würdigen Repräsentanten Frankreichs. Das Wirthshaus soll noch jetzt einen Stiefel als Aushängeschild haben.“ – Die Zeitung für die eleg. Welt, (1823, S. 1094) sagt: „Das Sprichwort ist dadurch entstanden, dass man ehemals den silbernen Humpen, aus welchem man zechte, mancherlei sonderbare barocke Formen gab, und dazu auch die Form von Reiterstiefeln wählte, die am meisten Wein fassen konnten. Es heisst auch dies Sprichwort nicht: er kann einen Stiefel vertragen, sondern, ein Zechbruder wird dadurch bezeichnet, dass man von ihm sprichwörtlich sagt: ›Er kann einen guten Stiefel vertragen.‹ Man machte demnächst auch oben etwas ausgebauchte, in der Mitte sich verengende und unten etwas weitere Gläser, in die ein volles Quart ging; diese nannte man Stiefeln. Hauptsächlich waren sie in Schwaben gebräuchlich. Früher trank man daraus Wein, seit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts, jedoch nur Bier.“ – Nach einer alten Sage ward der Ritter Lers von Waldeck von den Rheingrafen aufgefordert auf dem Stein bei Münster seinen mit altem Rheinwein gefüllten grossen Reiterstiefel zu leeren. Lers von Waldeck zeigte sich dazu bereit, wenn sein Wirth ihm dafür Hüffelsheim erb- und eigenthümlich verschreiben wolle. Nach dem schriftlich abgeschlossenen Vertrage setzte er sich hinter den Humpen neuer Art und trank bis der letzte Tropfen ausgeschlürft war. Dann stürzte er besinnungslos zu Boden und hauchte seinen Geist aus, beruhigt durch das Bewusstsein, seinen Erben ein schönes Erbe ertrunken zu haben. Auch davon leitet man die Redensart ab. *46 Er legt sich mit Stief'l und Sporn nieder. – Hügel, 157a. D. h. ohne sich auszukleiden. *47 Er trägt die Stiefeln zum Schneider und die Hosen zum Schuhmacher. *48 Er will mit Stiefeln und Sporen in den Himmel. – Simrock, 9895; Eiselein, 579. *49 Er wird's nicht in die Stiefeln giessen. Der Durstige oder Trinker giesst's lieber in den Hals. Daher entstanden, dass Fussreisende ihre Füsse, um sie zu kräftigen und dem Wundwerden vorzubeugen, mit Branntwein oder Spiritus einreiben. Holl.: Hij giet het in zijne laarzen niet. (Harrebomée, II, 1.) *50 Es dient weder zu Stieffeln noch zu Schuhen. – Lehmann, 834, 3. *51 Es hat weder Stiefeln noch Sporen. Von etwas Unvollkommenem. Luther sagt vom Buch Salomonis, dem Prediger: „Es sollte völliger sein, es hat weder Stiefeln noch Sporn, es reitet nur in Socken, gleich wie ich noch im Kloster war.“ *52 Es ist ihm heute nicht im Stiefel zu lachen. – Eiselein, 579. *53 Fîf Stewel ên Afsatz! Heda, Vader, öck Glêder (Glieder). (Dönhofstädt.) Ruf älterer tanzlustiger Leute, wenn sie wacker auf dem Tanzboden sich bewegen. Lat.: Lanam in officinam fullonis. (Philippi, I, 219.) *54 Hät sünd en Paar Steveln beter1 as en Paar Handmanschetten. (Holst.) – Schütze, IV, 199. 1) Nothwendiger, nützlicher. – Die Redensart wird bei Regenwetter und Kothregen gebraucht. *55 He gêt nog mit Steweln un Sporen. – Dähnert, 453. Ist eben erst vom Pferde gestiegen, von der Reise zurückgekehrt. *56 He kann en gôden Stevel sûpen (oder: verdragen). (Holst.) – Schütze, IV, 199. *57 In fremden Stiefeln spazieren gehen. – Deutsches Museum (Leipzig 1863), Nr. 35, S. 322. *58 In stiffel vnd sporen. – Pauli, Schimpff, LIIIIb. *59 Jetzt weiss er nicht, wie er soll in Stiefeln gehen, sonst war er ein barfüssiger Mann. Von jemand, der aus grosser Armuth in gute Vermögensverhältnisse [Spaltenumbruch] gekommen und dadurch hochmüthig geworden ist. Böhm.: Jindy okolo bot chodíval a nyni neví jak v nich si vykra čovati. (Čelakovský, 98.) *60 Mit den Stiefeln dreinfallen. Lat.: Ileotis pedibus ingreditur. (Philippi, I, 787.) *61 Mit Stiefeln und Sporen in die Sache laufen. – Eiselein, 579. D. i. in voller Rüstung. „Mit Stiefeln und Sporen drein springen.“ (Luther.) „Sol er bei den Zerren reiten in stiefeln und sporen und das gut gesinnen (beanspruchen).“ (Grimm, Rechtsalt., 99.) *62 Mit stiflen vnnd sporen. – Tappius, 210a; Suringar, CCXXXX, 1 u. 8. Mit Sack und Pack, mit Haut und Haar, mit Kleider und Schuh u. s. w. Holl.: Met laarzen en sporen. (Harrebomée, II, 1.) *63 Seine Stiefeln haben zu Nacht über einem Koffer gelegen. – Körte, 5740. Von einem Krummbeinigen. *64 Wenn man ihm die Stiefeln schmiert, so sagt er, man habe sie verbrannt. Frz.: Graissez les bottes d'un vilain, il dira qu'on les lui brûle. (Bohn I, 19.) *65 Wie ein polnischer Stiefel an beide Füsse gerecht sein. – Eiselein, 514; Simrock, 7964; Braun, I, 3343. Stiefelausziehen. * Das ist zum Stiefelausziehen. – Klix, 80. Stiefelknecht. *1 Glaubst, i mach' dir an Stief'liknecht? – Hügel, 157a. Meinst du, ich werde mich dazu hergeben, dir Knechtsdienste zu thun? *2 Ich möchte mit zehn Stiefelknechten dreinschlagen. (Kreis Bunzlau.) Stiefeln. *1 Er ist gestiefelt und gespornt. – Henisch, 1567, 30. Wir waren zur Abreise gestiefelt und gespornt, d. i, vollkommen gerüstet. Jüdisch-deutsch in Warschau: Er is gekümmen gestiefelt ün gespornt. Holl.: En hoentje gelaard en gespaard. (Harrebomée, II, 1.) *2 He stêvelt moi (schön), de Küten1 sitt't ün vör de Bêne. (Ostfries.) – Bueren, 692; Frommann, VI, 281, 669. 1) Küt = Wade, Fleisch, Bauch, Eingeweide. *3 Sich stiweln. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 177, 217. D. h. eilen. Stiefelwichse. * Einen mit Stief'lwichs1 bewirthen. 1) Spitzname für ordinären Branntwein. (Hügel, 157a.) Stiefgesicht. * Mit dem Stiefgesicht1 zuerst kommen. 1) Oberösterreichischer Euphemismus für Arsch. Stiefkind. 1 Das gerade Stiefkind ist doch schiefer als das buckeliche rechte. 2 Die Stiefkinder bekommen nicht das grösste Stück Brot. Auch nicht das beste, obgleich die Stiefmutter klagt, dass das Kind sehr verwöhnt sei. Daher das böhmische Sprichwort: Die Stiefmutter beschwert sich, dass das Kind die Sahne nicht möge, es würde aber mit Molken fürlieb nehmen, wenn es deren erhielte: Ztĕčuje si macecha, že pat torek smetang nechce a jemu chud'átku dej třeba syrovatk. (Čelakovský, 401.) „Den Stiffkindern pflegt man nit so gross stücken Brodt zu geben als den selbst erbornen.“ (Grimmelshausen, Stoltzer Melcher.) 3 Stiefkinder und Spitalsuppen sind selten fett. *4 Ein Stiefkind der Natur sein. Weder körperliche noch geistige Vorzüge besitzen. *5 Er hat den Stiefkindern das Ihrige durch die Hechel gezogen. – Parömiakon, 83. Stiefmutter. 1 A Stiefmütter git dem Stiefkind dus Erste vün Thee, dus Letzte vün Kawe (Kaffee). (Jüd.-deutsch. Warschau.) Von beiden also nicht das Beste sagen. Es ist hier offenbar gemeint, wenn sie ein eigenes Kind hat. Da man nun den Stiefmüttern, so viele brave auch darunter sind, selten etwas Gutes gönnt, so gönnt man ihnen auch dies nicht. In diesem Sinne sagt ein Sprichwort in der Herzegowina: Es hoffte die Stiefmutter auf ein rechtes Kind, und sie blieb unfruchtbar. (Hausfreund, VIII, 49.)
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Bassompierre liess sich einen Stiefel ausziehen, und dreizehn Flaschen Wein hineingiessen, fasste ihn bei den Sporen; ›den dreizehn Cantonen‹ rief er, und schluckte den Inhalt des Stiefels hinab. Die Schweizer fanden das sehr schön, und nannten Bassompierre einen würdigen Repräsentanten Frankreichs. Das Wirthshaus soll noch jetzt einen Stiefel als Aushängeschild haben.“ – Die <hi rendition="#i">Zeitung für die eleg. Welt,</hi> (1823, S. 1094) sagt: „Das Sprichwort ist dadurch entstanden, dass man ehemals den silbernen Humpen, aus welchem man zechte, mancherlei sonderbare barocke Formen gab, und dazu auch die Form von Reiterstiefeln wählte, die am meisten Wein fassen konnten. Es heisst auch dies Sprichwort nicht: er kann einen Stiefel vertragen, sondern, ein Zechbruder wird dadurch bezeichnet, dass man von ihm sprichwörtlich sagt: ›Er kann einen guten Stiefel vertragen.‹ Man machte demnächst auch oben etwas ausgebauchte, in der Mitte sich verengende und unten etwas weitere Gläser, in die ein volles Quart ging; diese nannte man Stiefeln. Hauptsächlich waren sie in Schwaben gebräuchlich. Früher trank man daraus Wein, seit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts, jedoch nur Bier.“ – Nach einer alten Sage ward der Ritter Lers von Waldeck von den Rheingrafen aufgefordert auf dem Stein bei Münster seinen mit altem Rheinwein gefüllten grossen Reiterstiefel zu leeren. Lers von Waldeck zeigte sich dazu bereit, wenn sein Wirth ihm dafür Hüffelsheim erb- und eigenthümlich verschreiben wolle. Nach dem schriftlich abgeschlossenen Vertrage setzte er sich hinter den Humpen neuer Art und trank bis der letzte Tropfen ausgeschlürft war. 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sei. Die Frage bleibe noch unbeantwortet, ob unsere Vorfahren nicht wirklich Trinkgefässe gehabt haben, die einem Stiefel ähnlich sahen. – Gubitz (Gesellschafter, Juli 1834) enthält von dem Stiefeltrinken eine andere Anekdote. „Bassompierre wurde im Jahre 1602 von seinem Könige Heinrich IV. als Gesandter zu den dreizehn Cantonen nach Bern geschickt, um die von Heinrich III. geschlossene Allianz zu erneuern, was ihm auch gelang. Als er zur Abreise schon zu Pferde vor dem Wirthshause hielt, nahten sich ihm die dreizehn Abgeordneten, jeder alt einem mächtigen Becher, um den Bundesgruss ihm zuzutrinken. Sie brachten Frankreich ein Lebehoch, und jeder leerte seinen Becher, der eine Flasche Wein enthielt, in einem Zuge. Bassompierre liess sich einen Stiefel ausziehen, und dreizehn Flaschen Wein hineingiessen, fasste ihn bei den Sporen; ›den dreizehn Cantonen‹ rief er, und schluckte den Inhalt des Stiefels hinab. Die Schweizer fanden das sehr schön, und nannten Bassompierre einen würdigen Repräsentanten Frankreichs. Das Wirthshaus soll noch jetzt einen Stiefel als Aushängeschild haben.“ – Die Zeitung für die eleg. Welt, (1823, S. 1094) sagt: „Das Sprichwort ist dadurch entstanden, dass man ehemals den silbernen Humpen, aus welchem man zechte, mancherlei sonderbare barocke Formen gab, und dazu auch die Form von Reiterstiefeln wählte, die am meisten Wein fassen konnten. Es heisst auch dies Sprichwort nicht: er kann einen Stiefel vertragen, sondern, ein Zechbruder wird dadurch bezeichnet, dass man von ihm sprichwörtlich sagt: ›Er kann einen guten Stiefel vertragen.‹ Man machte demnächst auch oben etwas ausgebauchte, in der Mitte sich verengende und unten etwas weitere Gläser, in die ein volles Quart ging; diese nannte man Stiefeln. Hauptsächlich waren sie in Schwaben gebräuchlich. Früher trank man daraus Wein, seit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts, jedoch nur Bier.“ – Nach einer alten Sage ward der Ritter Lers von Waldeck von den Rheingrafen aufgefordert auf dem Stein bei Münster seinen mit altem Rheinwein gefüllten grossen Reiterstiefel zu leeren. Lers von Waldeck zeigte sich dazu bereit, wenn sein Wirth ihm dafür Hüffelsheim erb- und eigenthümlich verschreiben wolle. Nach dem schriftlich abgeschlossenen Vertrage setzte er sich hinter den Humpen neuer Art und trank bis der letzte Tropfen ausgeschlürft war. Dann stürzte er besinnungslos zu Boden und hauchte seinen Geist aus, beruhigt durch das Bewusstsein, seinen Erben ein schönes Erbe ertrunken zu haben. Auch davon leitet man die Redensart ab.
*46 Er legt sich mit Stief'l und Sporn nieder. – Hügel, 157a.
D. h. ohne sich auszukleiden.
*47 Er trägt die Stiefeln zum Schneider und die Hosen zum Schuhmacher.
*48 Er will mit Stiefeln und Sporen in den Himmel. – Simrock, 9895; Eiselein, 579.
*49 Er wird's nicht in die Stiefeln giessen.
Der Durstige oder Trinker giesst's lieber in den Hals. Daher entstanden, dass Fussreisende ihre Füsse, um sie zu kräftigen und dem Wundwerden vorzubeugen, mit Branntwein oder Spiritus einreiben.
Holl.: Hij giet het in zijne laarzen niet. (Harrebomée, II, 1.)
*50 Es dient weder zu Stieffeln noch zu Schuhen. – Lehmann, 834, 3.
*51 Es hat weder Stiefeln noch Sporen.
Von etwas Unvollkommenem. Luther sagt vom Buch Salomonis, dem Prediger: „Es sollte völliger sein, es hat weder Stiefeln noch Sporn, es reitet nur in Socken, gleich wie ich noch im Kloster war.“
*52 Es ist ihm heute nicht im Stiefel zu lachen. – Eiselein, 579.
*53 Fîf Stewel ên Afsatz! Heda, Vader, öck Glêder (Glieder). (Dönhofstädt.)
Ruf älterer tanzlustiger Leute, wenn sie wacker auf dem Tanzboden sich bewegen.
Lat.: Lanam in officinam fullonis. (Philippi, I, 219.)
*54 Hät sünd en Paar Steveln beter1 as en Paar Handmanschetten. (Holst.) – Schütze, IV, 199.
1) Nothwendiger, nützlicher. – Die Redensart wird bei Regenwetter und Kothregen gebraucht.
*55 He gêt nog mit Steweln un Sporen. – Dähnert, 453.
Ist eben erst vom Pferde gestiegen, von der Reise zurückgekehrt.
*56 He kann en gôden Stevel sûpen (oder: verdragen). (Holst.) – Schütze, IV, 199.
*57 In fremden Stiefeln spazieren gehen. – Deutsches Museum (Leipzig 1863), Nr. 35, S. 322.
*58 In stiffel vnd sporen. – Pauli, Schimpff, LIIIIb.
*59 Jetzt weiss er nicht, wie er soll in Stiefeln gehen, sonst war er ein barfüssiger Mann.
Von jemand, der aus grosser Armuth in gute Vermögensverhältnisse
gekommen und dadurch hochmüthig geworden ist.
Böhm.: Jindy okolo bot chodíval a nyni neví jak v nich si vykra čovati. (Čelakovský, 98.)
*60 Mit den Stiefeln dreinfallen.
Lat.: Ileotis pedibus ingreditur. (Philippi, I, 787.)
*61 Mit Stiefeln und Sporen in die Sache laufen. – Eiselein, 579.
D. i. in voller Rüstung. „Mit Stiefeln und Sporen drein springen.“ (Luther.) „Sol er bei den Zerren reiten in stiefeln und sporen und das gut gesinnen (beanspruchen).“ (Grimm, Rechtsalt., 99.)
*62 Mit stiflen vnnd sporen. – Tappius, 210a; Suringar, CCXXXX, 1 u. 8.
Mit Sack und Pack, mit Haut und Haar, mit Kleider und Schuh u. s. w.
Holl.: Met laarzen en sporen. (Harrebomée, II, 1.)
*63 Seine Stiefeln haben zu Nacht über einem Koffer gelegen. – Körte, 5740.
Von einem Krummbeinigen.
*64 Wenn man ihm die Stiefeln schmiert, so sagt er, man habe sie verbrannt.
Frz.: Graissez les bottes d'un vilain, il dira qu'on les lui brûle. (Bohn I, 19.)
*65 Wie ein polnischer Stiefel an beide Füsse gerecht sein. – Eiselein, 514; Simrock, 7964; Braun, I, 3343.
Stiefelausziehen.
* Das ist zum Stiefelausziehen. – Klix, 80.
Stiefelknecht.
*1 Glaubst, i mach' dir an Stief'liknecht? – Hügel, 157a.
Meinst du, ich werde mich dazu hergeben, dir Knechtsdienste zu thun?
*2 Ich möchte mit zehn Stiefelknechten dreinschlagen. (Kreis Bunzlau.)
Stiefeln.
*1 Er ist gestiefelt und gespornt. – Henisch, 1567, 30.
Wir waren zur Abreise gestiefelt und gespornt, d. i, vollkommen gerüstet. Jüdisch-deutsch in Warschau: Er is gekümmen gestiefelt ün gespornt.
Holl.: En hoentje gelaard en gespaard. (Harrebomée, II, 1.)
*2 He stêvelt moi (schön), de Küten1 sitt't ün vör de Bêne. (Ostfries.) – Bueren, 692; Frommann, VI, 281, 669.
1) Küt = Wade, Fleisch, Bauch, Eingeweide.
*3 Sich stiweln. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 177, 217.
D. h. eilen.
Stiefelwichse.
* Einen mit Stief'lwichs1 bewirthen.
1) Spitzname für ordinären Branntwein. (Hügel, 157a.)
Stiefgesicht.
* Mit dem Stiefgesicht1 zuerst kommen.
1) Oberösterreichischer Euphemismus für Arsch.
Stiefkind.
1 Das gerade Stiefkind ist doch schiefer als das buckeliche rechte.
2 Die Stiefkinder bekommen nicht das grösste Stück Brot.
Auch nicht das beste, obgleich die Stiefmutter klagt, dass das Kind sehr verwöhnt sei. Daher das böhmische Sprichwort: Die Stiefmutter beschwert sich, dass das Kind die Sahne nicht möge, es würde aber mit Molken fürlieb nehmen, wenn es deren erhielte: Ztĕčuje si macecha, že pat torek smetang nechce a jemu chud'átku dej třeba syrovatk. (Čelakovský, 401.) „Den Stiffkindern pflegt man nit so gross stücken Brodt zu geben als den selbst erbornen.“ (Grimmelshausen, Stoltzer Melcher.)
3 Stiefkinder und Spitalsuppen sind selten fett.
*4 Ein Stiefkind der Natur sein.
Weder körperliche noch geistige Vorzüge besitzen.
*5 Er hat den Stiefkindern das Ihrige durch die Hechel gezogen. – Parömiakon, 83.
Stiefmutter.
1 A Stiefmütter git dem Stiefkind dus Erste vün Thee, dus Letzte vün Kawe (Kaffee). (Jüd.-deutsch. Warschau.)
Von beiden also nicht das Beste sagen. Es ist hier offenbar gemeint, wenn sie ein eigenes Kind hat. Da man nun den Stiefmüttern, so viele brave auch darunter sind, selten etwas Gutes gönnt, so gönnt man ihnen auch dies nicht. In diesem Sinne sagt ein Sprichwort in der Herzegowina: Es hoffte die Stiefmutter auf ein rechtes Kind, und sie blieb unfruchtbar. (Hausfreund, VIII, 49.)
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