Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]

18 Der Richter kann kein Kläger sein. (S. Burggraf, Nachtr.) - Graf, 433, 275.

Mhd.: Der richter kein clager gesein mag. (Thüngen, 138.)

19 Der Richter kann niemand von seiner Klage weisen. - Graf, 426, 219.

Mhd.: Der richter mag nymande von siner clage wisen. (Daniels, Weichbildglossen, 33, 4.)

20 Der Richter kann niemand zur Klage zwingen. - Graf, 425, 203.

"Der Richter mag den Man nicht twyngen tzu clagen." (Nering, II, 64.)

Holl.: Geen regter kan partijen ooit tot een verdrag dwingen. (Harrebomee, II, 215a.)

21 Der Richter muss allen Leuten ein gleicher Richter sein. - Graf, 488, 40.

"Ein richter soll recht lassen gehn weder gab noch jemands bitt ansehn."

Mhd.: Die richter sal gelik richter sin allen luden. (Homeyer, Sachsenspiegel, III, 30, 2; Ortloff, IV, 46.)

Böhm.: Ke vsem musis rovnost miti, chces-li pravym soudcem byti. (Celakovsky, 359.)

Lat.: Judicis est recti, nec munere nec prece flecti. (Loci comm., 99.)

Poln.: Sedzia wszelaki obiema stronom jednaki. (Celakovsky, 359.)

22 Der Richter muss ein Richter sein, kein Fronbot. - Graf, 410, 73.

Man verlangte vom Richter blos, dass er das Urtheil aussprach und den Vollzug anordnete, er achtete es aber seiner Würde für unangemessen, es selbst zu vollstrecken.

Mhd.: Eyn richter sol ein richter seyn und nit eyn frohnbott. (Senckenberg, Schwabenspiegel, 95, 3.)

23 Der Richter muss richten, wie ihm ertheilt wird. - Graf, 414, 113.

Er kann an dem Ausspruch der Schöffen (s. d.) oder Geschworenen nichts ändern; was sie finden, muss er verkünden. Erfolgt ein Schuldig, so kann er nicht freisprechen.

Mhd.: Der richter sol richten, als im erteilet wirt. (Senckenberg, Schwabenspiegel, 94, 4.)

24 Der Richter muss sitzen auf seinem Stuhl wie ein griesgrämiger Löwe und ein Bein über das andere schlagen. - Graf, 410, 71; Westphal, IV, 3094.

Zu den wesentlichen Bestimmungen des altdeutschen Gerichtsverfahrens gehörte es, dass der Richter sass. "Man verlangte von ihm ein äusseres Zeichen der innern Ruhe, ein Abbild des Rechts, jedem gleich zugänglich, während er selbst sich keiner Partei annähern kann." Es war kein Urtheil rechtskräftig oder bindend, das der Richter gehend oder stehend fällte. Die Soester Gerichtsordnung gibt dem Richter bei zweifelhafter Sache die Anweisung: "Es soll der Richter auf seinem Richterstuhl sitzen als ein griesgrämender Löwe, den rechten Fuss über den linken schlagen, und wenn er aus der Sache nicht recht könne urtheilen, soll er dieselbe hundertdreiundzwanzigmal überlegen." (Gierke, Humor im deutschen Recht.)

Mhd.: Sittende sollen si ordel vinden. (Homeyer, III, 69, 2.)

25 Der Richter sitzt an Gottes Statt. (S. Gott 709, 745-746 u. 749 und Gericht 15.) - Graf, 403, 4; Klingen, 188a, 1.

26 Der Richter soll der Frauen Vormund sein. - Graf, 172, 463.

Soll ihnen in dem Falle, wenn sie über den Mann oder Vormund klagen, beistehen.

Mhd.: Der richter sol der frauen vormund sin. (Maurer, I, 39.)

27 Der Richter urtheilt niemals wohl, der von Hass und Gunst ist voll.

Lat.: Semper iniquus est judex, qui aut invidet aut favet. (Philippi, II, 174; Seybold, 549.)

28 Der Richter verdammt sich selbst, wenn er schlecht richtet.

Bei Tunnicius (1113): De richter vordomet sik sulven als he ovel wyset. (Crimine damnatur iudex, ubi iudicat aegre.)

Lat.: Malitia unius cito fit maledictio omnium. - Paucorum improbitas universis calamitas. (Publ. Syr.)

29 Des Richters Besetzung ist ein Beginnen der Klage. - Graf, 445, 400.

Bei Ausländern wurde bisweilen schon vor der Ladung (s. d. 3) das streitige Gut oder ein entsprechender Werth desselben "bekümmert", d. h. vom Gericht in Besitz genommen, womit der Rechtsstreit anhängig gemacht war.

Mhd.: Dy besitzunge des richters ist eyn begynnen der clage of des mannes gut. (Nering, II, 47.)

[Spaltenumbruch] 30 Des Richters Pferde hätschelt jeder. (Wend. Lausitz.)

31 Des Richters Zeugniss geht über alles andere. (S. Richter 108.) - Graf, 454, 465.

In Hamburg: Des haluen gheydt des richters tuichnisse vor alle ander tuchnisse. (Lappenberg, 188, 16.)

32 Eigener Richter sich zu sein, ist fürwahr eine bittere Pein.

Lat.: Poena vehemens nocte dieque suum gestare in pectore testem. (Juvenal.) (Philippi, II, 100.)

33 Ein blinder Richter hört 's Geld auch klingen.

Deutet an, dass der Richter auf die eine oder andere Weise bestochen werden könne. Von der Bestechlichkeit derselben reden namentlich die russischen Sprichwörter, so heisst es: Gib dem Richter fünf Gurken, so gibt er dir fünf Melonen. Ferner: Wenn man dem Richter nicht beide Hände versilbert, so macht man sein Herz ehern. (Altmann V, 129.)

34 Ein frommer Richter hat nicht gern die Hände fett. - Petri, II, 786.

35 Ein gerechter Richter ist des Gesetzes (Rechts) Feste.

Böhm.: Soudce spravedlivy - kamenna hradba. (Celakovsky, 359.)

It.: Un buon giudice non bada a presunzioni.

36 Ein gerechter Richter ist eine Wage, auf der Gold und Bohnen gleich wiegen.

Böhm.: Soudce bud' jako vaha, kterazto zlato a zelezo stejne vazi. (Celakovsky, 359.)

37 Ein gerechter Richter sieht erst auf die Sache und dann auf die Person.

It.: Il retto giudice piu alla giustizia ch' agl' huomini ha riguardo. (Pazzaglia, 151, 6.)

38 Ein guter Richter braucht nicht schmirben. - Chaos, 436.

39 Ein guter Richter ist willig zu hören, scharf im Prüfen und schwer im Glauben.

Dän.: Dommeren skal vaere sandru i ord, dydig i gierninger, uden frygt for nogen uden gud, uden had til nogen foruden misdaedere. - Dommeren skal vel höre sig for, maerke snart, og dömme seent.

It.: Il buon giudice spesso da udienza, raro credenza. (Pazzaglia, 151, 5.)

40 Ein guter Richter soll seyn auffrichtig im Wandel, eiffrig zur Gerechtigkeit, geduldig im schmähen, bedächtig im reden, recht im urtheilen und barmhertzig im straffen. - Wirth, II, 339.

41 Ein jeglicher hat seinen Richter. - Petri, II, 204.

42 Ein redlicher Richter siehet weder Gab noch bitt an. - Petri, II, 220.

It.: Un giudice corrotto e mal disposto a discernere il vero.

43 Ein Richter darf nicht nach Blut dürsten (riechen).

Lat.: Judex futurus sanguine humano abstine. (Seneca.) (Philippi, I, 215.)

44 Ein Richter darf niemand kennen. - Graf, 408, 42.

Persönliche Beziehungen dürfen sein Urtheil nicht beeinflussen. (S. Gott 1080.)

45 Ein Richter, dems mit geitz ist eil, ist ärger denn ein Crokodeil. - Henisch, 624, 61.

46 Ein Richter, den man nach dem Stück lohnt, gleicht dem Nachrichter. - Graf, 413; Weingarten, II, 478.

47 Ein Richter, der Diebe frei gehen lässt, ist selbst ein Dieb. - Graf, 409, 58.

Altfries.: Als een riuchter tyeff frij gaen leth, so is hij selff een tyeff. (Hettema, LX, 17 [192].)

48 Ein Richter, der nicht kennt das Recht, ist zum Hundeführen recht.

Dän.: Det er skam höy bestilling og ringe viisdom. (Prov. dan., 111.)

49 Ein Richter ist nirgend Richter als in seinem Gericht. - Graf, 454, 467; Klingen, 218b, 1.

50 Ein Richter keine Sache richten soll, er wisse denn den Handel wohl.

Lat.: Nil statuat judex, etiamsi litiget actor, sit nisi delati cognita causa rei. (Seybold, 356.)

51 Ein Richter muss keinem aufs Wort trauen, sondern beiden ins Maul schauen.

52 Ein richter ohn gerechtigkeit, ein man ohn Warheit, ein fechter ohne behendigkeit, nonnen

[Spaltenumbruch]

18 Der Richter kann kein Kläger sein. (S. Burggraf, Nachtr.) – Graf, 433, 275.

Mhd.: Der richter kein clager gesein mag. (Thüngen, 138.)

19 Der Richter kann niemand von seiner Klage weisen.Graf, 426, 219.

Mhd.: Der richter mag nymande von siner clage wisen. (Daniels, Weichbildglossen, 33, 4.)

20 Der Richter kann niemand zur Klage zwingen.Graf, 425, 203.

„Der Richter mag den Man nicht twyngen tzu clagen.“ (Nering, II, 64.)

Holl.: Geen regter kan partijen ooit tot een verdrag dwingen. (Harrebomée, II, 215a.)

21 Der Richter muss allen Leuten ein gleicher Richter sein.Graf, 488, 40.

„Ein richter soll recht lassen gehn weder gab noch jemands bitt ansehn.“

Mhd.: Die richter sal gelik richter sin allen luden. (Homeyer, Sachsenspiegel, III, 30, 2; Ortloff, IV, 46.)

Böhm.: Ke všem musíš rovnost mití, chceš-li pravým soudcem býti. (Čelakovsky, 359.)

Lat.: Judicis est recti, nec munere nec prece flecti. (Loci comm., 99.)

Poln.: Sędzia wszelaki obiema stronom jednaki. (Čelakovsky, 359.)

22 Der Richter muss ein Richter sein, kein Fronbot.Graf, 410, 73.

Man verlangte vom Richter blos, dass er das Urtheil aussprach und den Vollzug anordnete, er achtete es aber seiner Würde für unangemessen, es selbst zu vollstrecken.

Mhd.: Eyn richter sol ein richter seyn und nit eyn frohnbott. (Senckenberg, Schwabenspiegel, 95, 3.)

23 Der Richter muss richten, wie ihm ertheilt wird.Graf, 414, 113.

Er kann an dem Ausspruch der Schöffen (s. d.) oder Geschworenen nichts ändern; was sie finden, muss er verkünden. Erfolgt ein Schuldig, so kann er nicht freisprechen.

Mhd.: Der richter sol richten, als im erteilet wirt. (Senckenberg, Schwabenspiegel, 94, 4.)

24 Der Richter muss sitzen auf seinem Stuhl wie ein griesgrämiger Löwe und ein Bein über das andere schlagen.Graf, 410, 71; Westphal, IV, 3094.

Zu den wesentlichen Bestimmungen des altdeutschen Gerichtsverfahrens gehörte es, dass der Richter sass. „Man verlangte von ihm ein äusseres Zeichen der innern Ruhe, ein Abbild des Rechts, jedem gleich zugänglich, während er selbst sich keiner Partei annähern kann.“ Es war kein Urtheil rechtskräftig oder bindend, das der Richter gehend oder stehend fällte. Die Soester Gerichtsordnung gibt dem Richter bei zweifelhafter Sache die Anweisung: „Es soll der Richter auf seinem Richterstuhl sitzen als ein griesgrämender Löwe, den rechten Fuss über den linken schlagen, und wenn er aus der Sache nicht recht könne urtheilen, soll er dieselbe hundertdreiundzwanzigmal überlegen.“ (Gierke, Humor im deutschen Recht.)

Mhd.: Sittende sollen si ordel vinden. (Homeyer, III, 69, 2.)

25 Der Richter sitzt an Gottes Statt. (S. Gott 709, 745-746 u. 749 und Gericht 15.) – Graf, 403, 4; Klingen, 188a, 1.

26 Der Richter soll der Frauen Vormund sein.Graf, 172, 463.

Soll ihnen in dem Falle, wenn sie über den Mann oder Vormund klagen, beistehen.

Mhd.: Der richter sol der frauen vormund sin. (Maurer, I, 39.)

27 Der Richter urtheilt niemals wohl, der von Hass und Gunst ist voll.

Lat.: Semper iniquus est judex, qui aut invidet aut favet. (Philippi, II, 174; Seybold, 549.)

28 Der Richter verdammt sich selbst, wenn er schlecht richtet.

Bei Tunnicius (1113): De richter vordomet sik sulven als he ovel wyset. (Crimine damnatur iudex, ubi iudicat aegre.)

Lat.: Malitia unius cito fit maledictio omnium. – Paucorum improbitas universis calamitas. (Publ. Syr.)

29 Des Richters Besetzung ist ein Beginnen der Klage.Graf, 445, 400.

Bei Ausländern wurde bisweilen schon vor der Ladung (s. d. 3) das streitige Gut oder ein entsprechender Werth desselben „bekümmert“, d. h. vom Gericht in Besitz genommen, womit der Rechtsstreit anhängig gemacht war.

Mhd.: Dy besitzunge des richters ist eyn begynnen der clage of des mannes gut. (Nering, II, 47.)

[Spaltenumbruch] 30 Des Richters Pferde hätschelt jeder. (Wend. Lausitz.)

31 Des Richters Zeugniss geht über alles andere. (S. Richter 108.) – Graf, 454, 465.

In Hamburg: Des haluen gheydt des richters tuichnisse vor alle ander tuchnisse. (Lappenberg, 188, 16.)

32 Eigener Richter sich zu sein, ist fürwahr eine bittere Pein.

Lat.: Poena vehemens nocte dieque suum gestare in pectore testem. (Juvenal.) (Philippi, II, 100.)

33 Ein blinder Richter hört 's Geld auch klingen.

Deutet an, dass der Richter auf die eine oder andere Weise bestochen werden könne. Von der Bestechlichkeit derselben reden namentlich die russischen Sprichwörter, so heisst es: Gib dem Richter fünf Gurken, so gibt er dir fünf Melonen. Ferner: Wenn man dem Richter nicht beide Hände versilbert, so macht man sein Herz ehern. (Altmann V, 129.)

34 Ein frommer Richter hat nicht gern die Hände fett.Petri, II, 786.

35 Ein gerechter Richter ist des Gesetzes (Rechts) Feste.

Böhm.: Soudce spravedlivý – kamenná hradba. (Čelakovsky, 359.)

It.: Un buon giudice non bada a presunzioni.

36 Ein gerechter Richter ist eine Wage, auf der Gold und Bohnen gleich wiegen.

Böhm.: Soudce bud' jako váha, kterážto zlato a železo stejnĕ váží. (Čelakovsky, 359.)

37 Ein gerechter Richter sieht erst auf die Sache und dann auf die Person.

It.: Il retto giudice più alla giustizia ch' agl' huomini hà riguardo. (Pazzaglia, 151, 6.)

38 Ein guter Richter braucht nicht schmirben.Chaos, 436.

39 Ein guter Richter ist willig zu hören, scharf im Prüfen und schwer im Glauben.

Dän.: Dommeren skal være sandru i ord, dydig i gierninger, uden frygt for nogen uden gud, uden had til nogen foruden misdædere. – Dommeren skal vel høre sig for, mærke snart, og dømme seent.

It.: Il buon giudice spesso dà udienza, raro credenza. (Pazzaglia, 151, 5.)

40 Ein guter Richter soll seyn auffrichtig im Wandel, eiffrig zur Gerechtigkeit, geduldig im schmähen, bedächtig im reden, recht im urtheilen und barmhertzig im straffen.Wirth, II, 339.

41 Ein jeglicher hat seinen Richter.Petri, II, 204.

42 Ein redlicher Richter siehet weder Gab noch bitt an.Petri, II, 220.

It.: Un giudice corrotto è mal disposto a discernere il vero.

43 Ein Richter darf nicht nach Blut dürsten (riechen).

Lat.: Judex futurus sanguine humano abstine. (Seneca.) (Philippi, I, 215.)

44 Ein Richter darf niemand kennen.Graf, 408, 42.

Persönliche Beziehungen dürfen sein Urtheil nicht beeinflussen. (S. Gott 1080.)

45 Ein Richter, dems mit geitz ist eil, ist ärger denn ein Crokodeil.Henisch, 624, 61.

46 Ein Richter, den man nach dem Stück lohnt, gleicht dem Nachrichter.Graf, 413; Weingarten, II, 478.

47 Ein Richter, der Diebe frei gehen lässt, ist selbst ein Dieb.Graf, 409, 58.

Altfries.: Als een riuchter tyeff frij gaen leth, so is hij selff een tyeff. (Hettema, LX, 17 [192].)

48 Ein Richter, der nicht kennt das Recht, ist zum Hundeführen recht.

Dän.: Det er skam høy bestilling og ringe viisdom. (Prov. dan., 111.)

49 Ein Richter ist nirgend Richter als in seinem Gericht.Graf, 454, 467; Klingen, 218b, 1.

50 Ein Richter keine Sache richten soll, er wisse denn den Handel wohl.

Lat.: Nil statuat judex, etiamsi litiget actor, sit nisi delati cognita causa rei. (Seybold, 356.)

51 Ein Richter muss keinem aufs Wort trauen, sondern beiden ins Maul schauen.

52 Ein richter ohn gerechtigkeit, ein man ohn Warheit, ein fechter ohne behendigkeit, nonnen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <pb facs="#f0850" n="[836]"/>
          <cb n="1671"/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">18 Der Richter kann kein Kläger sein.</hi> (S.  Burggraf, Nachtr.) &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 433, 275.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Der richter kein clager gesein mag. (<hi rendition="#i">Thüngen, 138.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">19 Der Richter kann niemand von seiner Klage weisen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 426, 219.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Der richter mag nymande von siner clage wisen. (<hi rendition="#i">Daniels, Weichbildglossen, 33, 4.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">20 Der Richter kann niemand zur Klage zwingen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 425, 203.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Der Richter mag den Man nicht twyngen tzu clagen.&#x201C; (<hi rendition="#i">Nering, II, 64.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Geen regter kan partijen ooit tot een verdrag dwingen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, II, 215<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">21 Der Richter muss allen Leuten ein gleicher Richter sein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 488, 40.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Ein richter soll recht lassen gehn weder gab noch jemands bitt ansehn.&#x201C;</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Die richter sal gelik richter sin allen luden. (<hi rendition="#i">Homeyer, Sachsenspiegel, III, 30, 2; Ortloff, IV, 46.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Ke v&#x0161;em musí&#x0161; rovnost mití, chce&#x0161;-li pravým soudcem býti. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 359.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Judicis est recti, nec munere nec prece flecti. (<hi rendition="#i">Loci comm., 99.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: S&#x0119;dzia wszelaki obiema stronom jednaki. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 359.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">22 Der Richter muss ein Richter sein, kein Fronbot.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 410, 73.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Man verlangte vom Richter blos, dass er das Urtheil aussprach und den Vollzug anordnete, er achtete es aber seiner Würde für unangemessen, es selbst zu vollstrecken.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Eyn richter sol ein richter seyn und nit eyn frohnbott. (<hi rendition="#i">Senckenberg, Schwabenspiegel, 95, 3.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">23 Der Richter muss richten, wie ihm ertheilt wird.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 414, 113.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Er kann an dem Ausspruch der  Schöffen (s. d.) oder Geschworenen nichts ändern; was sie finden, muss er verkünden. Erfolgt ein Schuldig, so kann er nicht freisprechen.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Der richter sol richten, als im erteilet wirt. (<hi rendition="#i">Senckenberg, Schwabenspiegel, 94, 4.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">24 Der Richter muss sitzen auf seinem Stuhl wie ein griesgrämiger Löwe und ein Bein über das andere schlagen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 410, 71; Westphal, IV, 3094.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Zu den wesentlichen Bestimmungen des altdeutschen Gerichtsverfahrens gehörte es, dass der Richter sass. &#x201E;Man verlangte von ihm ein äusseres Zeichen der innern Ruhe, ein Abbild des Rechts, jedem gleich zugänglich, während er selbst sich keiner Partei annähern kann.&#x201C; Es war kein Urtheil rechtskräftig oder bindend, das der Richter gehend oder stehend fällte. Die <hi rendition="#i">Soester Gerichtsordnung</hi> gibt dem Richter bei zweifelhafter Sache die Anweisung: &#x201E;Es soll der Richter auf seinem Richterstuhl sitzen als ein griesgrämender Löwe, den rechten Fuss über den linken schlagen, und wenn er aus der Sache nicht recht könne urtheilen, soll er dieselbe hundertdreiundzwanzigmal überlegen.&#x201C; (<hi rendition="#i">Gierke, Humor im deutschen Recht.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Sittende sollen si ordel vinden. (<hi rendition="#i">Homeyer, III, 69, 2.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">25 Der Richter sitzt an Gottes Statt. (S. Go</hi>tt  709,  745-746 u.  749 und  Gericht 15.) &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 403, 4; Klingen, 188<hi rendition="#sup">a</hi>, 1.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">26 Der Richter soll der Frauen Vormund sein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 172, 463.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Soll ihnen in dem Falle, wenn sie über den Mann oder Vormund klagen, beistehen.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Der richter sol der frauen vormund sin. (<hi rendition="#i">Maurer, I, 39.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">27 Der Richter urtheilt niemals wohl, der von Hass und Gunst ist voll.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Semper iniquus est judex, qui aut invidet aut favet. (<hi rendition="#i">Philippi, II, 174; Seybold, 549.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">28 Der Richter verdammt sich selbst, wenn er schlecht richtet.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Bei <hi rendition="#i">Tunnicius (1113)</hi>: De richter vordomet sik sulven als he ovel wyset. (Crimine damnatur iudex, ubi iudicat aegre.)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Malitia unius cito fit maledictio omnium. &#x2013; Paucorum improbitas universis calamitas. (<hi rendition="#i">Publ. Syr.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">29 Des Richters Besetzung ist ein Beginnen der Klage.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 445, 400.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Bei Ausländern wurde bisweilen schon vor der  Ladung (s. d. 3) das streitige Gut oder ein entsprechender Werth desselben &#x201E;bekümmert&#x201C;, d. h. vom Gericht in Besitz genommen, womit der Rechtsstreit anhängig gemacht war.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Dy besitzunge des richters ist eyn begynnen der clage of des mannes gut. (<hi rendition="#i">Nering, II, 47.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><cb n="1672"/>
30 Des Richters Pferde hätschelt jeder.</hi> (<hi rendition="#i">Wend. Lausitz.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">31 Des Richters Zeugniss geht über alles andere.</hi> (S.  Richter 108.) &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 454, 465.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">In Hamburg: Des haluen gheydt des richters tuichnisse vor alle ander tuchnisse. (<hi rendition="#i">Lappenberg, 188, 16.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">32 Eigener Richter sich zu sein, ist fürwahr eine bittere Pein.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Poena vehemens nocte dieque suum gestare in pectore testem. (<hi rendition="#i">Juvenal.</hi>) (<hi rendition="#i">Philippi, II, 100.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">33 Ein blinder Richter hört 's Geld auch klingen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Deutet an, dass der Richter auf die eine oder andere Weise bestochen werden könne. Von der Bestechlichkeit derselben reden namentlich die russischen Sprichwörter, so heisst es: Gib dem Richter fünf Gurken, so gibt er dir fünf Melonen. Ferner: Wenn man dem Richter nicht beide Hände versilbert, so macht man sein Herz ehern. (<hi rendition="#i">Altmann V, 129.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">34 Ein frommer Richter hat nicht gern die Hände fett.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 786.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">35 Ein gerechter Richter ist des Gesetzes (Rechts) Feste.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Soudce spravedlivý &#x2013; kamenná hradba. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 359.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Un buon giudice non bada a presunzioni.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">36 Ein gerechter Richter ist eine Wage, auf der Gold und Bohnen gleich wiegen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Soudce bud' jako váha, která&#x017E;to zlato a &#x017E;elezo stejn&#x0115;&#x017E;í. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 359.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">37 Ein gerechter Richter sieht erst auf die Sache und dann auf die Person.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Il retto giudice più alla giustizia ch' agl' huomini hà riguardo. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 151, 6.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">38 Ein guter Richter braucht nicht schmirben.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Chaos, 436.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">39 Ein guter Richter ist willig zu hören, scharf im Prüfen und schwer im Glauben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Dommeren skal være sandru i ord, dydig i gierninger, uden frygt for nogen uden gud, uden had til nogen foruden misdædere. &#x2013; Dommeren skal vel høre sig for, mærke snart, og dømme seent.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Il buon giudice spesso dà udienza, raro credenza. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 151, 5.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">40 Ein guter Richter soll seyn auffrichtig im Wandel, eiffrig zur Gerechtigkeit, geduldig im schmähen, bedächtig im reden, recht im urtheilen und barmhertzig im straffen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Wirth, II, 339.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">41 Ein jeglicher hat seinen Richter.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 204.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">42 Ein redlicher Richter siehet weder Gab noch bitt an.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 220.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Un giudice corrotto è mal disposto a discernere il vero.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">43 Ein Richter darf nicht nach Blut dürsten (riechen).</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Judex futurus sanguine humano abstine. (<hi rendition="#i">Seneca.</hi>) (<hi rendition="#i">Philippi, I, 215.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">44 Ein Richter darf niemand kennen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 408, 42.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Persönliche Beziehungen dürfen sein Urtheil nicht beeinflussen. (S.  Gott 1080.)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">45 Ein Richter, dems mit geitz ist eil, ist ärger denn ein Crokodeil.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 624, 61.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">46 Ein Richter, den man nach dem Stück lohnt, gleicht dem Nachrichter.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 413; Weingarten, II, 478.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">47 Ein Richter, der Diebe frei gehen lässt, ist selbst ein Dieb.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 409, 58.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Altfries.</hi>: Als een riuchter tyeff frij gaen leth, so is hij selff een tyeff. (<hi rendition="#i">Hettema, LX, 17 [192].</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">48 Ein Richter, der nicht kennt das Recht, ist zum Hundeführen recht.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Det er skam høy bestilling og ringe viisdom. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 111.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">49 Ein Richter ist nirgend Richter als in seinem Gericht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 454, 467; Klingen, 218<hi rendition="#sup">b</hi>, 1.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">50 Ein Richter keine Sache richten soll, er wisse denn den Handel wohl.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Nil statuat judex, etiamsi litiget actor, sit nisi delati cognita causa rei. (<hi rendition="#i">Seybold, 356.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">51 Ein Richter muss keinem aufs Wort trauen, sondern beiden ins Maul schauen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">52 Ein richter ohn gerechtigkeit, ein man ohn Warheit, ein fechter ohne behendigkeit, nonnen
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[836]/0850] 18 Der Richter kann kein Kläger sein. (S. Burggraf, Nachtr.) – Graf, 433, 275. Mhd.: Der richter kein clager gesein mag. (Thüngen, 138.) 19 Der Richter kann niemand von seiner Klage weisen. – Graf, 426, 219. Mhd.: Der richter mag nymande von siner clage wisen. (Daniels, Weichbildglossen, 33, 4.) 20 Der Richter kann niemand zur Klage zwingen. – Graf, 425, 203. „Der Richter mag den Man nicht twyngen tzu clagen.“ (Nering, II, 64.) Holl.: Geen regter kan partijen ooit tot een verdrag dwingen. (Harrebomée, II, 215a.) 21 Der Richter muss allen Leuten ein gleicher Richter sein. – Graf, 488, 40. „Ein richter soll recht lassen gehn weder gab noch jemands bitt ansehn.“ Mhd.: Die richter sal gelik richter sin allen luden. (Homeyer, Sachsenspiegel, III, 30, 2; Ortloff, IV, 46.) Böhm.: Ke všem musíš rovnost mití, chceš-li pravým soudcem býti. (Čelakovsky, 359.) Lat.: Judicis est recti, nec munere nec prece flecti. (Loci comm., 99.) Poln.: Sędzia wszelaki obiema stronom jednaki. (Čelakovsky, 359.) 22 Der Richter muss ein Richter sein, kein Fronbot. – Graf, 410, 73. Man verlangte vom Richter blos, dass er das Urtheil aussprach und den Vollzug anordnete, er achtete es aber seiner Würde für unangemessen, es selbst zu vollstrecken. Mhd.: Eyn richter sol ein richter seyn und nit eyn frohnbott. (Senckenberg, Schwabenspiegel, 95, 3.) 23 Der Richter muss richten, wie ihm ertheilt wird. – Graf, 414, 113. Er kann an dem Ausspruch der Schöffen (s. d.) oder Geschworenen nichts ändern; was sie finden, muss er verkünden. Erfolgt ein Schuldig, so kann er nicht freisprechen. Mhd.: Der richter sol richten, als im erteilet wirt. (Senckenberg, Schwabenspiegel, 94, 4.) 24 Der Richter muss sitzen auf seinem Stuhl wie ein griesgrämiger Löwe und ein Bein über das andere schlagen. – Graf, 410, 71; Westphal, IV, 3094. Zu den wesentlichen Bestimmungen des altdeutschen Gerichtsverfahrens gehörte es, dass der Richter sass. „Man verlangte von ihm ein äusseres Zeichen der innern Ruhe, ein Abbild des Rechts, jedem gleich zugänglich, während er selbst sich keiner Partei annähern kann.“ Es war kein Urtheil rechtskräftig oder bindend, das der Richter gehend oder stehend fällte. Die Soester Gerichtsordnung gibt dem Richter bei zweifelhafter Sache die Anweisung: „Es soll der Richter auf seinem Richterstuhl sitzen als ein griesgrämender Löwe, den rechten Fuss über den linken schlagen, und wenn er aus der Sache nicht recht könne urtheilen, soll er dieselbe hundertdreiundzwanzigmal überlegen.“ (Gierke, Humor im deutschen Recht.) Mhd.: Sittende sollen si ordel vinden. (Homeyer, III, 69, 2.) 25 Der Richter sitzt an Gottes Statt. (S. Gott 709, 745-746 u. 749 und Gericht 15.) – Graf, 403, 4; Klingen, 188a, 1. 26 Der Richter soll der Frauen Vormund sein. – Graf, 172, 463. Soll ihnen in dem Falle, wenn sie über den Mann oder Vormund klagen, beistehen. Mhd.: Der richter sol der frauen vormund sin. (Maurer, I, 39.) 27 Der Richter urtheilt niemals wohl, der von Hass und Gunst ist voll. Lat.: Semper iniquus est judex, qui aut invidet aut favet. (Philippi, II, 174; Seybold, 549.) 28 Der Richter verdammt sich selbst, wenn er schlecht richtet. Bei Tunnicius (1113): De richter vordomet sik sulven als he ovel wyset. (Crimine damnatur iudex, ubi iudicat aegre.) Lat.: Malitia unius cito fit maledictio omnium. – Paucorum improbitas universis calamitas. (Publ. Syr.) 29 Des Richters Besetzung ist ein Beginnen der Klage. – Graf, 445, 400. Bei Ausländern wurde bisweilen schon vor der Ladung (s. d. 3) das streitige Gut oder ein entsprechender Werth desselben „bekümmert“, d. h. vom Gericht in Besitz genommen, womit der Rechtsstreit anhängig gemacht war. Mhd.: Dy besitzunge des richters ist eyn begynnen der clage of des mannes gut. (Nering, II, 47.) 30 Des Richters Pferde hätschelt jeder. (Wend. Lausitz.) 31 Des Richters Zeugniss geht über alles andere. (S. Richter 108.) – Graf, 454, 465. In Hamburg: Des haluen gheydt des richters tuichnisse vor alle ander tuchnisse. (Lappenberg, 188, 16.) 32 Eigener Richter sich zu sein, ist fürwahr eine bittere Pein. Lat.: Poena vehemens nocte dieque suum gestare in pectore testem. (Juvenal.) (Philippi, II, 100.) 33 Ein blinder Richter hört 's Geld auch klingen. Deutet an, dass der Richter auf die eine oder andere Weise bestochen werden könne. Von der Bestechlichkeit derselben reden namentlich die russischen Sprichwörter, so heisst es: Gib dem Richter fünf Gurken, so gibt er dir fünf Melonen. Ferner: Wenn man dem Richter nicht beide Hände versilbert, so macht man sein Herz ehern. (Altmann V, 129.) 34 Ein frommer Richter hat nicht gern die Hände fett. – Petri, II, 786. 35 Ein gerechter Richter ist des Gesetzes (Rechts) Feste. Böhm.: Soudce spravedlivý – kamenná hradba. (Čelakovsky, 359.) It.: Un buon giudice non bada a presunzioni. 36 Ein gerechter Richter ist eine Wage, auf der Gold und Bohnen gleich wiegen. Böhm.: Soudce bud' jako váha, kterážto zlato a železo stejnĕ váží. (Čelakovsky, 359.) 37 Ein gerechter Richter sieht erst auf die Sache und dann auf die Person. It.: Il retto giudice più alla giustizia ch' agl' huomini hà riguardo. (Pazzaglia, 151, 6.) 38 Ein guter Richter braucht nicht schmirben. – Chaos, 436. 39 Ein guter Richter ist willig zu hören, scharf im Prüfen und schwer im Glauben. Dän.: Dommeren skal være sandru i ord, dydig i gierninger, uden frygt for nogen uden gud, uden had til nogen foruden misdædere. – Dommeren skal vel høre sig for, mærke snart, og dømme seent. It.: Il buon giudice spesso dà udienza, raro credenza. (Pazzaglia, 151, 5.) 40 Ein guter Richter soll seyn auffrichtig im Wandel, eiffrig zur Gerechtigkeit, geduldig im schmähen, bedächtig im reden, recht im urtheilen und barmhertzig im straffen. – Wirth, II, 339. 41 Ein jeglicher hat seinen Richter. – Petri, II, 204. 42 Ein redlicher Richter siehet weder Gab noch bitt an. – Petri, II, 220. It.: Un giudice corrotto è mal disposto a discernere il vero. 43 Ein Richter darf nicht nach Blut dürsten (riechen). Lat.: Judex futurus sanguine humano abstine. (Seneca.) (Philippi, I, 215.) 44 Ein Richter darf niemand kennen. – Graf, 408, 42. Persönliche Beziehungen dürfen sein Urtheil nicht beeinflussen. (S. Gott 1080.) 45 Ein Richter, dems mit geitz ist eil, ist ärger denn ein Crokodeil. – Henisch, 624, 61. 46 Ein Richter, den man nach dem Stück lohnt, gleicht dem Nachrichter. – Graf, 413; Weingarten, II, 478. 47 Ein Richter, der Diebe frei gehen lässt, ist selbst ein Dieb. – Graf, 409, 58. Altfries.: Als een riuchter tyeff frij gaen leth, so is hij selff een tyeff. (Hettema, LX, 17 [192].) 48 Ein Richter, der nicht kennt das Recht, ist zum Hundeführen recht. Dän.: Det er skam høy bestilling og ringe viisdom. (Prov. dan., 111.) 49 Ein Richter ist nirgend Richter als in seinem Gericht. – Graf, 454, 467; Klingen, 218b, 1. 50 Ein Richter keine Sache richten soll, er wisse denn den Handel wohl. Lat.: Nil statuat judex, etiamsi litiget actor, sit nisi delati cognita causa rei. (Seybold, 356.) 51 Ein Richter muss keinem aufs Wort trauen, sondern beiden ins Maul schauen. 52 Ein richter ohn gerechtigkeit, ein man ohn Warheit, ein fechter ohne behendigkeit, nonnen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/850
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [836]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/850>, abgerufen am 22.11.2024.