Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.[Spaltenumbruch] 330 Wer Rechts darbt, soll Lehnrechts darben. Durch unehrenhafte Handlungen geht der Lehnsmann des Anspruchs auf Lehnrecht verlustig. (S. Lehnrecht 4.) 331 Wer sein Recht gebraucht, beleidigt niemand. "Wer das Falsche vertheidigen will, hat alle Ursache leise aufzutreten und sich zu einer feinen Lebensart zu bekennen. Wer aber das Recht auf seiner Seite fühlt, muss derb auftreten; ein höfliches Recht will gar nichts heissen." (Loeper, Goethe's Sprüche, 1012.) Holl.: Die van zijn regt gebruik maakt, beleedigt niemand. (Harrebomee, II, 213b.) Lat.: Quisquis suo jure utitur, injuriam nulli facit. (Binder II, 2856; Schamelius, 59, 6.) 332 Wer sein Recht kaufen soll, der stehet damit nicht wol. - Petri, II, 754. 333 Wer sein Recht nicht braucht, verliert es. Böhm.: Kdo pravo zle neb neuziva, snadno o ne pricha ziva. (Celakovsky, 341.) 334 Wer sich seines Rechts bald erholen sol gegen einen Mächtigen, dazu gehört ein starck Beweisung, schwerer Beutel, gnedige Richter vnd eine gute Stunde. - Petri, II, 762. 335 Wer sich seines Rechts bedient, thut niemand Unrecht. - Schamelius, 59, 6; Petri, II, 762. Gutachten des Criminalsenats des berliner Kammergerichts in der Müller Arnold'schen Sache vom 26. Dec. 1779. 336 Wer sich vor dem Recht verbirgt, der lässt sich finden. - Graf, 425, 217. Unbekannte Verbrecher werden entdeckt, flüchtige ergriffen. (S. Finden 11 und Kommen 85.) Mhd.: Wer sich birget vor dem rechten, der leszt sich finden. (Endemann, I, 30 [31].) 337 Wer über das Recht greift, thut wider den Kaiser. - Graf, 424, 195. Aus der Zeit, in der bereits die Selbsthülfe verboten war. (S. Recht 292.) In Westfalen: Wie oever dat Recht gripet, de dot widder den Keyser. (Steinen, I, 1744.) 338 Wer will Recht behalten beim Haufen, darf vorm letzten Wort nicht laufen. Er muss das letzte Wort zu behalten suchen. 339 Wer will vnd muss zu rechte gahn, der soll drey grosse beutel han, den einen voll gerechtigkeit, den andern voll langmütigkeit, den dritten golds vnd geltes voll, das er kan jmmer geben wol. - Henisch, 357, 16; Petri, II, 781. 340 Wer zuerst Recht begehrt, soll zuerst sprechen. - Graf, 432, 253. Wenn nicht Gründe oder Bestimmungen für eine andere Aufeinanderfolge sprechen, so soll die Sache zuerst behandelt werden, die zuerst beantragt ist. (S. Kaiser 43.) Altfries.: Deer arst riucht byjareth, dij schel aerst sprecka. (Hettema, I, 30, 10.) 341 Wer zweierlei Recht hat, ist besser als wer nur einerlei hat. - Graf, 201, 140. Wer von seiten des Vaters und der Mutter gleichberechtigt zum Erbe ist (Vollgeschwister), hat grösseres Recht zum Erbe, als wer nur vom Vater oder der Mutter berechtigt ist (Halb- und Stiefgeschwister). Mhd.: Wer zweierleie reht zu einem ding hat, der is nehir wen der nur eynerley reht hat. 342 Wer zweierlei Recht hat, ist der unsere. - Graf, 201, 141. Im Klevischen: Wie (tot eynen ding) twyerley Recht heaet di is der naere. (Kamptz, III, 38; Kleve, 82, 1.) 343 Wider gut recht geschihet alles vnrecht. - Henisch, 1535, 36; Petri, II, 786. 344 Wie das Recht wird in die Mühl' gebracht, so wird es auch gemahlen. "Oberkeit hat ein sprichwort gemacht, sie sagen, wie es (das recht) wirt in die mül gebracht, also wirt's auch gemalen." (Schade, I, 161, 262.) 345 Wie einer recht hat zu nemen, so hat er auch glück zu behalten. - Lehmann, 548, 34; Grubb, 380. 346 Wir haben gleiche Rechte, sagte der Zwerg zum Riesen, und langte nach seinen Schuhen. 347 Wo das Recht endet, da mag vnser wille nicht stadt haben. - Klingen, 50a, 2; Graf, 3, 45. 348 Wo das Recht hält Hut, da steht's mit Land und Leuten gut. Schwed.: Hvar rätt och lag trifz land och stad. (Grubb, 848.) 349 Wo das Recht nur einen Finger zeigt, da hat das Unrecht leichtes Spiel. [Spaltenumbruch] 350 Wo das Recht redlich ist, da weicht die Gewohnheit. - Graf, 14, 194. Altfries.: Al deer dat riucht redelyc is, deer wyct dy pligo. (Richthofen, 435, 16.) 351 Wo das Recht wird verkehrt, da werden Land vnd Leut verstört. - Petri, II, 800. 352 Wo das recht zweiffelhaftig ist, da sol man nach der gewonheit richten. - Klingen, 218b, 1; Graf, 12, 157. 353 Wo ein Recht über das andere gegeben wird, muss das ältere weichen. - Graf, 18, 234. Mhd.: Wo denne eyn recht ober eyn ander gegebin wird, do muz daz eldiste wichen. (Daniels, 182, 7.) 354 Wo einer Recht fordert, da soll er Recht pflegen. - Eisenhart, 516; Eiselein, 528; Hassl., 18; Hillebrand, 219. Dies Sprichwort handelt von der Gegenklage und zeigt an, dass der Kläger mit wenig Ausnahmen vor demselben Gericht, bei dem er seine Klage angebracht hat, auch auf die Gegenklage sich einlassen müsse. 355 Wo man das lichte Recht haben kann, da soll man das finster Recht meiden. Unter dem "finstern Recht" scheint das peinliche Rechtsverfahren mittels Torturen gemeint zu sein. Luther (Werke, VII, 360) nannte es auch das Nothrecht und sagt: "Man muss solch Nothrecht haben, wo man mit dem lichten Recht nicht kann hinkommen." 356 Wo man das Recht einging, da soll man das Unrecht suchen. - Graf, 437, 314. Verbindlichkeiten aus eingegangenen Verträgen sollen da eingeklagt werden, wo der entsprechende Vertrag zu Stande gekommen ist. Mhd.: Do man das recht ingit, do sol man daz unrecht suochen. (Grimm, I, 416.) 357 Wo man das Recht nicht vernimpt (versteht), da sol man es deuten nach der gewonheit. - Klingen, 5b, 1; Graf, 12, 158. Dän.: Eth er ret, og et andet er seth. (Prov. dan., 147.) 358 Wo Recht ist, da wohnen keine Leute. (Westf.) 359 Wo Recht keine Gewalt hat, da hat (wird) Gewalt Recht. Kroat.: Ako pravda nepomoze krivda nece pomoci. 360 Wo Recht und Sitten wenden, da wendet auch ein Herr mit Land und Leuten. - Graf, 13, 168. 361 Wo recht vnnd Gerechtigkeit mangelt, da liegt der Fried kranck. - Lehmann, 635, 87. 362 Wo recht vnnd gerechtigkeit vor nichts wird gehalten, do gildt Weissheit nichts. - Lehmann, 885, 62. Holl.: Waar het regt te gronde gaat, onstaat niet dan onraad. (Harrebomee, II, 214b.) Lat.: Vbi nil valet iustitia, ibi imbecillis est prudentia. (Lehmann, 885, 62.) 363 Wo sie das Recht nach Ellen schneiden, muss man Unrecht geduldig leiden. 364 Zu einer Tasche voll Recht gehört eine Tasche voll Geld. Böhm.: Mej ty i pravo a vzdy v kapse zasvrbi. (Celakovsky, 348.) 365 Zu scharff recht verleurt gnad. - Petri, II, 827. 366 Zu viel Recht hat manchen Herrn gemacht zum Knecht. - Simrock, 8214; Körte, 4967. 367 Zu viel Recht schadet nicht. Man kann nicht ein zu wohlbegründetes Recht haben. Frz.: Trop abondance de droit ne nuit pas. 368 Zu vil recht ist vnrecht. - Franck, II, 82a u. 187b; Egenolff, 268a; Eyering, I, 159; Petri, II, 828; Lehmann, II, 902, 21; Latendorf II, 33; Luther, 263; Sutor, 349; Eisenhart, 19; Hillebrand, 4, 2; Pistor., VII, 4; Mayer I, 170; Sailer, 240; Körte, 4966; Körte2, 6216; Venedey, 136; Braun, I, 3492; für Bremen: Köster, 254; für Oldenburg: Goldschmidt, 81. Dies Sprichwort will keineswegs den Richter durch Erregung eines sträflichen Mitleids zu einer schädlichen Billigkeit verführen; es will nur sagen, dass in vielen Fällen die buchstäbliche Auslegung der Gesetze, welche auf die Absichten des Gesetzgebers keine Rücksicht nimmt, eine Ungerechtigkeit ist. Der Richter soll die Vernunft, die ja die Quelle der Gesetze ist, bei der Anwendung derselben zu Hülfe nehmen. Lat.: Summum jus, summa crux. (Columbus.) (Binder I, 3243; Seybold, 587.)
[Spaltenumbruch] 330 Wer Rechts darbt, soll Lehnrechts darben. Durch unehrenhafte Handlungen geht der Lehnsmann des Anspruchs auf Lehnrecht verlustig. (S. Lehnrecht 4.) 331 Wer sein Recht gebraucht, beleidigt niemand. „Wer das Falsche vertheidigen will, hat alle Ursache leise aufzutreten und sich zu einer feinen Lebensart zu bekennen. Wer aber das Recht auf seiner Seite fühlt, muss derb auftreten; ein höfliches Recht will gar nichts heissen.“ (Loeper, Goethe's Sprüche, 1012.) Holl.: Die van zijn regt gebruik maakt, beleedigt niemand. (Harrebomée, II, 213b.) Lat.: Quisquis suo jure utitur, injuriam nulli facit. (Binder II, 2856; Schamelius, 59, 6.) 332 Wer sein Recht kaufen soll, der stehet damit nicht wol. – Petri, II, 754. 333 Wer sein Recht nicht braucht, verliert es. Böhm.: Kdo právo zle neb neužívá, snadno o nĕ přichá zívá. 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330 Wer Rechts darbt, soll Lehnrechts darben.
Durch unehrenhafte Handlungen geht der Lehnsmann des Anspruchs auf Lehnrecht verlustig. (S. Lehnrecht 4.)
331 Wer sein Recht gebraucht, beleidigt niemand.
„Wer das Falsche vertheidigen will, hat alle Ursache leise aufzutreten und sich zu einer feinen Lebensart zu bekennen. Wer aber das Recht auf seiner Seite fühlt, muss derb auftreten; ein höfliches Recht will gar nichts heissen.“ (Loeper, Goethe's Sprüche, 1012.)
Holl.: Die van zijn regt gebruik maakt, beleedigt niemand. (Harrebomée, II, 213b.)
Lat.: Quisquis suo jure utitur, injuriam nulli facit. (Binder II, 2856; Schamelius, 59, 6.)
332 Wer sein Recht kaufen soll, der stehet damit nicht wol. – Petri, II, 754.
333 Wer sein Recht nicht braucht, verliert es.
Böhm.: Kdo právo zle neb neužívá, snadno o nĕ přichá zívá. (Čelakovský, 341.)
334 Wer sich seines Rechts bald erholen sol gegen einen Mächtigen, dazu gehört ein starck Beweisung, schwerer Beutel, gnedige Richter vnd eine gute Stunde. – Petri, II, 762.
335 Wer sich seines Rechts bedient, thut niemand Unrecht. – Schamelius, 59, 6; Petri, II, 762.
Gutachten des Criminalsenats des berliner Kammergerichts in der Müller Arnold'schen Sache vom 26. Dec. 1779.
336 Wer sich vor dem Recht verbirgt, der lässt sich finden. – Graf, 425, 217.
Unbekannte Verbrecher werden entdeckt, flüchtige ergriffen. (S. Finden 11 und Kommen 85.)
Mhd.: Wer sich birget vor dem rechten, der leszt sich finden. (Endemann, I, 30 [31].)
337 Wer über das Recht greift, thut wider den Kaiser. – Graf, 424, 195.
Aus der Zeit, in der bereits die Selbsthülfe verboten war. (S. Recht 292.) In Westfalen: Wie oever dat Recht gripet, de dot widder den Keyser. (Steinen, I, 1744.)
338 Wer will Recht behalten beim Haufen, darf vorm letzten Wort nicht laufen.
Er muss das letzte Wort zu behalten suchen.
339 Wer will vnd muss zu rechte gahn, der soll drey grosse beutel han, den einen voll gerechtigkeit, den andern voll langmütigkeit, den dritten golds vnd geltes voll, das er kan jmmer geben wol. – Henisch, 357, 16; Petri, II, 781.
340 Wer zuerst Recht begehrt, soll zuerst sprechen. – Graf, 432, 253.
Wenn nicht Gründe oder Bestimmungen für eine andere Aufeinanderfolge sprechen, so soll die Sache zuerst behandelt werden, die zuerst beantragt ist. (S. Kaiser 43.)
Altfries.: Deer arst riucht byjareth, dij schel aerst sprecka. (Hettema, I, 30, 10.)
341 Wer zweierlei Recht hat, ist besser als wer nur einerlei hat. – Graf, 201, 140.
Wer von seiten des Vaters und der Mutter gleichberechtigt zum Erbe ist (Vollgeschwister), hat grösseres Recht zum Erbe, als wer nur vom Vater oder der Mutter berechtigt ist (Halb- und Stiefgeschwister).
Mhd.: Wer zweierleie reht zu einem ding hat, der is nehir wen der nur eynerley reht hat.
342 Wer zweierlei Recht hat, ist der unsere. – Graf, 201, 141.
Im Klevischen: Wie (tot eynen ding) twyerley Recht heaet di is der naere. (Kamptz, III, 38; Kleve, 82, 1.)
343 Wider gut recht geschihet alles vnrecht. – Henisch, 1535, 36; Petri, II, 786.
344 Wie das Recht wird in die Mühl' gebracht, so wird es auch gemahlen.
„Oberkeit hat ein sprichwort gemacht, sie sagen, wie es (das recht) wirt in die mül gebracht, also wirt's auch gemalen.“ (Schade, I, 161, 262.)
345 Wie einer recht hat zu nemen, so hat er auch glück zu behalten. – Lehmann, 548, 34; Grubb, 380.
346 Wir haben gleiche Rechte, sagte der Zwerg zum Riesen, und langte nach seinen Schuhen.
347 Wo das Recht endet, da mag vnser wille nicht stadt haben. – Klingen, 50a, 2; Graf, 3, 45.
348 Wo das Recht hält Hut, da steht's mit Land und Leuten gut.
Schwed.: Hvar rätt och lag trifz land och stad. (Grubb, 848.)
349 Wo das Recht nur einen Finger zeigt, da hat das Unrecht leichtes Spiel.
350 Wo das Recht redlich ist, da weicht die Gewohnheit. – Graf, 14, 194.
Altfries.: Al deer dat riucht redelyc is, deer wyct dy pligo. (Richthofen, 435, 16.)
351 Wo das Recht wird verkehrt, da werden Land vnd Leut verstört. – Petri, II, 800.
352 Wo das recht zweiffelhaftig ist, da sol man nach der gewonheit richten. – Klingen, 218b, 1; Graf, 12, 157.
353 Wo ein Recht über das andere gegeben wird, muss das ältere weichen. – Graf, 18, 234.
Mhd.: Wo denne eyn recht ober eyn ander gegebin wird, do muz daz eldiste wichen. (Daniels, 182, 7.)
354 Wo einer Recht fordert, da soll er Recht pflegen. – Eisenhart, 516; Eiselein, 528; Hassl., 18; Hillebrand, 219.
Dies Sprichwort handelt von der Gegenklage und zeigt an, dass der Kläger mit wenig Ausnahmen vor demselben Gericht, bei dem er seine Klage angebracht hat, auch auf die Gegenklage sich einlassen müsse.
355 Wo man das lichte Recht haben kann, da soll man das finster Recht meiden.
Unter dem „finstern Recht“ scheint das peinliche Rechtsverfahren mittels Torturen gemeint zu sein. Luther (Werke, VII, 360) nannte es auch das Nothrecht und sagt: „Man muss solch Nothrecht haben, wo man mit dem lichten Recht nicht kann hinkommen.“
356 Wo man das Recht einging, da soll man das Unrecht suchen. – Graf, 437, 314.
Verbindlichkeiten aus eingegangenen Verträgen sollen da eingeklagt werden, wo der entsprechende Vertrag zu Stande gekommen ist.
Mhd.: Do man das recht ingit, do sol man daz unrecht suochen. (Grimm, I, 416.)
357 Wo man das Recht nicht vernimpt (versteht), da sol man es deuten nach der gewonheit. – Klingen, 5b, 1; Graf, 12, 158.
Dän.: Eth er ret, og et andet er seth. (Prov. dan., 147.)
358 Wo Recht ist, da wohnen keine Leute. (Westf.)
359 Wo Recht keine Gewalt hat, da hat (wird) Gewalt Recht.
Kroat.: Ako pravda nepomože krivda neče pomoči.
360 Wo Recht und Sitten wenden, da wendet auch ein Herr mit Land und Leuten. – Graf, 13, 168.
361 Wo recht vnnd Gerechtigkeit mangelt, da liegt der Fried kranck. – Lehmann, 635, 87.
362 Wo recht vnnd gerechtigkeit vor nichts wird gehalten, do gildt Weissheit nichts. – Lehmann, 885, 62.
Holl.: Waar het regt te gronde gaat, onstaat niet dan onraad. (Harrebomée, II, 214b.)
Lat.: Vbi nil valet iustitia, ibi imbecillis est prudentia. (Lehmann, 885, 62.)
363 Wo sie das Recht nach Ellen schneiden, muss man Unrecht geduldig leiden.
364 Zu einer Tasche voll Recht gehört eine Tasche voll Geld.
Böhm.: Mĕj ty i právo a vždy v kapsę zasvrbí. (Čelakovský, 348.)
365 Zu scharff recht verleurt gnad. – Petri, II, 827.
366 Zu viel Recht hat manchen Herrn gemacht zum Knecht. – Simrock, 8214; Körte, 4967.
367 Zu viel Recht schadet nicht.
Man kann nicht ein zu wohlbegründetes Recht haben.
Frz.: Trop abondance de droit ne nuit pas.
368 Zu vil recht ist vnrecht. – Franck, II, 82a u. 187b; Egenolff, 268a; Eyering, I, 159; Petri, II, 828; Lehmann, II, 902, 21; Latendorf II, 33; Luther, 263; Sutor, 349; Eisenhart, 19; Hillebrand, 4, 2; Pistor., VII, 4; Mayer I, 170; Sailer, 240; Körte, 4966; Körte2, 6216; Venedey, 136; Braun, I, 3492; für Bremen: Köster, 254; für Oldenburg: Goldschmidt, 81.
Dies Sprichwort will keineswegs den Richter durch Erregung eines sträflichen Mitleids zu einer schädlichen Billigkeit verführen; es will nur sagen, dass in vielen Fällen die buchstäbliche Auslegung der Gesetze, welche auf die Absichten des Gesetzgebers keine Rücksicht nimmt, eine Ungerechtigkeit ist. Der Richter soll die Vernunft, die ja die Quelle der Gesetze ist, bei der Anwendung derselben zu Hülfe nehmen.
Lat.: Summum jus, summa crux. (Columbus.) (Binder I, 3243; Seybold, 587.)
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