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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] 46 Dafür, was das Pferd gethan, kann man doch den Stall nicht schla'n.

Holl.: Dat het paard doet, kan de zaal niet boeten. (Harrebomee, II, 161a.)

47 Das beste Pferd geht (läuft, zieht) nicht über seine Kraft.

Die Finnen: Sogar das Pferd ruht, wenn's den Weg durchlaufen hat.

Böhm.: Ani kun nad silu neskoci. (Celakovsky, 131.)

Poln.: I kon nad sile nieskoczy. (Celakovsky, 131.)

48 Das beste Pferd kann straucheln.

Schwed.: Den bästa häst kan snafva ibland. (Möller, Wb., III, 1448.)

49 Das beste Pferd stolpert und hat vier Beine. - Blum, 405; Siebenkees, 83.

In Nordfriesland: An Hingst kan snöwli üb fjaur Bian, do kan lacht un Minsk üb tau. (Ein Pferd kann straucheln auf vier Beinen, so kann leicht ein Mensch auf zwei.)

Böhm.: Nekdy i kun dobry na ctyrech nohach se potkne (podklesne). - Vsak ma kun ctyri klesy, a predce noha. - Vsak ma kun ctyri nohy a predce klesa. (Celakovsky, 71.)

Dän.: En hest snubler, og har dog fire been. (Celakovsky, 71.)

Engl.: It is a good horse, that never stumbles, and a good wife, that never grumbles. (Gaal, 1254.) - The best horse stumbles.

Frz.: Il n'est si bon cheval qui ne bronche. - Il n'y a cheval si bien ferre qui ne glisse. (Lendroy, 246.)

Holl.: Het beste paard kan zich vertreden (struikelt wel eens). (Bohn I, 321; Harrebomee, II, 162b.) - Het is geen goed paard dat nooit struikelt.

It.: E' cade un cavallo da quattro gambe. (Gaal, 1254.)

Poln.: Kon ma cztery nogi a potknie sie. - Kon na czterech nogach, a usterka sie. (Celakovsky, 71.)

Ung.: Lonak negy a' laba, meg-is megbotlik. - Neha a' jo lo is megbotlik. (Gaal, 1254.)

50 Das beste Pferd wird einmal zur Mähre.

Das Alter schwächt den stärksten Körper, den lebhaftesten Geist.

Holl.: Ook het beste paard wordt een knol. (Harrebomee, II, 166a.)

51 Das grösste Pferd ist oft zur Arbeit wenig werth.

Holl.: Het grootste paard van stal werkt veeltijds mindst van al. (Harrebomee, II, 163a.)

52 Das gute Pferd will den Sporen und das schlechte doppelt, so will gut Weib und böses den Stock.

53 Das hinkende Pferd kommt hintennach. (S. Bote 4-7.)

In Bezug auf Nachreu.

Holl.: Het hinkende paard komt achteraan. (Harrebomee, II, 161a.)

54 Das ist wol ein dummes Pferd, das an der vollen Krippe verhungert.

55 Das ist wol ein faules (stolzes) Pferd, das nicht sein eigenes Futter tragen will. - Winckler, VII, 30.

Holl.: Het is een lui (trotsch) paard, dat zijne haver niet wil dragen. (Harrebomee, II, 163a.)

56 Das kleine Pferd muss am tiefsten ins Wasser.

Dän.: Lav hest er meest i vandet. (Prov. dan., 285.)

57 Das mittelste Pferd muss den Wagen ziehen.

Holl.: Het middelste paard moet den wagen trekken. (Harrebomee, II, 163a.)

58 Das Pferd beim Zaume, den Mann beim Worte. - Simrock, 7853; Körte, 4758; Braun, I, 3270; Masson, 357.

Ebenso die Türken, vgl. Nordmann.

59 Das Pferd bläst den Hafer erst, ehe es ihn frisst.

Die Russen: Bliese das Pferd nicht auch den Hafer, müsste es viel Staub hinunterschlucken. (Altmann VI, 417.)

60 Das Pferd, das am meisten zieht, bekommt am wenigsten Hafer. - Lausitzer Magazin, 30, 252.

Böhm.: Kun, ktery nejvice tahne, nevzdy take nejvice ovsa dostava. - Kun, kteryz ovsa dobyva, nejmene ho ji. (Celakowsky, 129.)

Wend.: Kon, kiz najwjacy cehnje, dostanje zwjetsoh' najmenje wowsa. (Celakovsky, 126.)

61 Das Pferd, das den Hafer verdient, bekommt ihn nicht. (S. Busch 5, Esel 134 und Hase 12 u. 52.) - Mayer, II, 39; Lohrengel, I, 114; Braun, I, 3269; Masson, 275.

Altfries.: De Hingster, dear dit Haawer fuartiine faat ek altid. (Hansen, 18.)

Engl.: The horse that draws most, is most whipped. (Masson, 276.)

Frz.: Celui qui travaille mange la paille, celui qui ne fait rien mange le foin. - Ce n'est pas celui a qui la terre [Spaltenumbruch] appartient qui en mange les chapons. - Les chevaux courent les benefices et les anes les attrapent. (Masson, 276.)

Lat.: Alii sementem faciunt, alii metunt. (Masson, 276.) - Omnis est misera servitus. (Philippi, II, 72.)

62 Das Pferd, das sich wider den Sporn sträubt, wird zweimal gestochen.

63 Das Pferd der Gemein hat die schlechtesten (stumpfesten) Eisen.

Engl.: The common horse is worst shod. (Bohn II, 104.)

64 Das Pferd fällt um, der Sattel bleibt; der Mensch stirbt, aber sein Name dauert. (Türk.)

65 Das Pferd fasst man beim Zaum, den Ochsen bei den Hörnern, den Mann beim Wort. - Simrock, 11890.

Holl.: Men vangt het paard bij den breidel, en den man bij zijn woord. (Bohn I, 333; Harrebomee, I, 165b.)

Schwed.: Styr häst med betsel, och kona med kjäpp. (Grubb, 770.)

66 Das Pferd geht seinen Schritt, es achtet der Hunde Belfern nicht.

Bei Waldis: "Ein grosses Pferd aus hohem Mut, das duncket sich gar viel zu gut, wenn es ein böser Hund bilt an, stillschweigend thuts fürüber gahn."

67 Das Pferd geht zur Krippe, aber die Krippe nicht zum Pferde.

68 Das Pferd hat Fett am Leibe, wenn man ihm für einen Dreier Speck unter den Schwanz bindet, sagte der Eckensteher zum Droschkenkutscher.

69 Das Pferd hat Recht wie das Vieh. - Graf, 116, 300.

D. h. es ist bei Flurbeschädigungen dem Pfändungsrecht unterworfen wie anderes Vieh. Eine Beschränkung desselben fand nur zu Gunsten des Hengstes (s. d. 6), des Farren (Zuchtstiers) und der Sau statt; denn "alles Zielvieh ist gefreit; geht es dem Mann zu Schaden, er darf es nur mit einem Sommerladen aus dem Korn treiben". (Grimm, Weisth., I, 758.)

70 Das Pferd ist am gefährlichsten hinten, das Weib vorn, der Wagen an der Seite, ein Pfaff überall. (Sauerland.)

71 Das Pferd ist dessen, der es reitet. - Schlechta, 3.

72 Das Pferd ist oft gescheiter als sein Reiter. - Eiselein, 510; Simrock, 7368.

Das Pferd ist edler und vornehmer als der Hund; es empfindet brutale Behandlung und wehrt sich dagegen mit Biss und Schlag. Abweichend von der Ausdrucksweise über viele andere Hausthiere, die meist aus Injurien besteht, spricht man vom Pferde fast immer nur in schmeichelhaften, dem menschlichen Verkehr entlehnten Wendungen. Des alten Zachariä Bemerkungen: "Pferde sehen oft, was keine Menschen sehen", wird durch eine Menge oft staunenswerther Beispiele geistigen Lebens bekräftigt. Der Fabeldichter Lieberkühn (1750) dichtete: "Caligula erhob sein Pferd zum Bürgermeister. Warum verlachen ihn doch unsere feinen Geister? Das war so schlimm noch nicht; jetzt nimmt ja mancher Staat gar Ochsen in den Rath." Aehnliches sagt ein Epigramm von Göckingk und dasselbe K. E. Reckert (1770), nur dass dieser statt des Ochsen den Esel gesetzt hat. (Vgl. Europa, Leipzig 1870, Nr. 19, S. 597.) Nicht blos den anerkannt dummen oder auch widerwärtigen Thieren gegenüber wird Klugheit und Adel des Pferdes hervorgehoben. Das alte Thierepos, welches sonst alle Thiere sich der Schlauheit Reineke's unterwerfen lässt, stellt ihm allein das Pferd ebenbürtig gegenüber. Darum achtet der Fuchs aber auch das Pferd so hoch, dass dies, als es alt und verlassen ist, an ihm noch einen Freund findet und erzählt: "Und ist niemand, der nach mir frag oder Mitleiden mit mir trag ohn' dass Reinick den Fliegen wehrt, das ich doch nicht von ihm begehrt." (Rollenhagen, Froschm.) Wie ihm das Pferd so sehr imponiren konnte, erzählt Reineke selbst in seiner Beichte an Grimbart. Er traf nämlich einmal eine Stute nebst Fohlen. Der ihn begleitende hungrige Isegrimm bat ihn, der Mutter das Füllen abzukaufen. Reineke liess sich sofort in Kaufunterhandlungen ein. Die Stute erklärte sich zum Verkauf bereit gegen die Summe, die an einen ihrer Hinterfüsse angeschrieben sei. Reineke merkte, worauf es hinausging und sagte, er könne nur nothdürftig lesen, der Wolf verstehe das besser. Dieser erbot sich sofort dazu. Die Stute hob den mit sechs Nägeln beschlagenen Fuss empor und versetzte ihm einen Schlag an den Kopf, dass er betäubt zur Erde stürzte, indess sie mit dem Füllen davonging. Aehnlich dieser ist die Fabel Boner's Vom falschen Ruhme (1330). Dort erbietet sich der hungrige Löwe dem Pferde einen Dorn aus dem Fusse zu ziehen, aber es ergeht ihm ebenso wie dem Isegrimm. Diese Fabel ist alt und viel verbreitet. Wir finden sie bei Steinhöwel, Von dem Fartzenden Wolff; bei Hans Sachs, Von dem stoltzen Wolff; auch bei Eyering, Hagedorn u. a. ebenso tritt

[Spaltenumbruch] 46 Dafür, was das Pferd gethan, kann man doch den Stall nicht schla'n.

Holl.: Dat het paard doet, kan de zaâl niet boeten. (Harrebomée, II, 161a.)

47 Das beste Pferd geht (läuft, zieht) nicht über seine Kraft.

Die Finnen: Sogar das Pferd ruht, wenn's den Weg durchlaufen hat.

Böhm.: Ani kůň nad sílu neskočí. (Čelakovský, 131.)

Poln.: I koń nad silę nieskoczy. (Čelakovský, 131.)

48 Das beste Pferd kann straucheln.

Schwed.: Den bästa häst kan snafva ibland. (Möller, Wb., III, 1448.)

49 Das beste Pferd stolpert und hat vier Beine.Blum, 405; Siebenkees, 83.

In Nordfriesland: An Hingst kan snöwli üb fjaur Bian, do kan lacht un Minsk üb tau. (Ein Pferd kann straucheln auf vier Beinen, so kann leicht ein Mensch auf zwei.)

Böhm.: Nĕkdy i kůň dobrý na čtyřech nohách se potkne (podklesne). – Však má kůň čtyři klesy, a předce nohá. – Však má kůň čtyři nohy a předce klesá. (Čelakovský, 71.)

Dän.: En hest snubler, og har dog fire been. (Čelakovský, 71.)

Engl.: It is a good horse, that never stumbles, and a good wife, that never grumbles. (Gaal, 1254.) – The best horse stumbles.

Frz.: Il n'est si bon cheval qui ne bronche. – Il n'y a cheval si bien ferré qui ne glisse. (Lendroy, 246.)

Holl.: Het beste paard kan zich vertreden (struikelt wel eens). (Bohn I, 321; Harrebomée, II, 162b.) – Het is geen goed paard dat nooit struikelt.

It.: E' cade un cavallo da quattro gambe. (Gaal, 1254.)

Poln.: Koń ma cztery nogi a potknie się. – Koń na czterech nogach, a usterka się. (Čelakovský, 71.)

Ung.: Lónak négy a' lába, még-is megbotlik. – Néha a' jó ló is megbotlik. (Gaal, 1254.)

50 Das beste Pferd wird einmal zur Mähre.

Das Alter schwächt den stärksten Körper, den lebhaftesten Geist.

Holl.: Ook het beste paard wordt een knol. (Harrebomée, II, 166a.)

51 Das grösste Pferd ist oft zur Arbeit wenig werth.

Holl.: Het grootste paard van stal werkt veeltijds mindst van al. (Harrebomée, II, 163a.)

52 Das gute Pferd will den Sporen und das schlechte doppelt, so will gut Weib und böses den Stock.

53 Das hinkende Pferd kommt hintennach. (S. Bote 4-7.)

In Bezug auf Nachreu.

Holl.: Het hinkende paard komt achteraan. (Harrebomée, II, 161a.)

54 Das ist wol ein dummes Pferd, das an der vollen Krippe verhungert.

55 Das ist wol ein faules (stolzes) Pferd, das nicht sein eigenes Futter tragen will.Winckler, VII, 30.

Holl.: Het is een lui (trotsch) paard, dat zijne haver niet wil dragen. (Harrebomée, II, 163a.)

56 Das kleine Pferd muss am tiefsten ins Wasser.

Dän.: Lav hest er meest i vandet. (Prov. dan., 285.)

57 Das mittelste Pferd muss den Wagen ziehen.

Holl.: Het middelste paard moet den wagen trekken. (Harrebomée, II, 163a.)

58 Das Pferd beim Zaume, den Mann beim Worte.Simrock, 7853; Körte, 4758; Braun, I, 3270; Masson, 357.

Ebenso die Türken, vgl. Nordmann.

59 Das Pferd bläst den Hafer erst, ehe es ihn frisst.

Die Russen: Bliese das Pferd nicht auch den Hafer, müsste es viel Staub hinunterschlucken. (Altmann VI, 417.)

60 Das Pferd, das am meisten zieht, bekommt am wenigsten Hafer.Lausitzer Magazin, 30, 252.

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61 Das Pferd, das den Hafer verdient, bekommt ihn nicht. (S. Busch 5, Esel 134 und Hase 12 u. 52.) – Mayer, II, 39; Lohrengel, I, 114; Braun, I, 3269; Masson, 275.

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Frz.: Celui qui travaille mange la paille, celui qui ne fait rien mange le foin. – Ce n'est pas celui à qui la terre [Spaltenumbruch] appartient qui en mange les chapons. – Les chevaux courent les bénéfices et les ânes les attrapent. (Masson, 276.)

Lat.: Alii sementem faciunt, alii metunt. (Masson, 276.) – Omnis est misera servitus. (Philippi, II, 72.)

62 Das Pferd, das sich wider den Sporn sträubt, wird zweimal gestochen.

63 Das Pferd der Gemein hat die schlechtesten (stumpfesten) Eisen.

Engl.: The common horse is worst shod. (Bohn II, 104.)

64 Das Pferd fällt um, der Sattel bleibt; der Mensch stirbt, aber sein Name dauert. (Türk.)

65 Das Pferd fasst man beim Zaum, den Ochsen bei den Hörnern, den Mann beim Wort.Simrock, 11890.

Holl.: Men vangt het paard bij den breidel, en den man bij zijn woord. (Bohn I, 333; Harrebomée, I, 165b.)

Schwed.: Styr häst med betsel, och kona med kjäpp. (Grubb, 770.)

66 Das Pferd geht seinen Schritt, es achtet der Hunde Belfern nicht.

Bei Waldis: „Ein grosses Pferd aus hohem Mut, das duncket sich gar viel zu gut, wenn es ein böser Hund bilt an, stillschweigend thuts fürüber gahn.“

67 Das Pferd geht zur Krippe, aber die Krippe nicht zum Pferde.

68 Das Pferd hat Fett am Leibe, wenn man ihm für einen Dreier Speck unter den Schwanz bindet, sagte der Eckensteher zum Droschkenkutscher.

69 Das Pferd hat Recht wie das Vieh.Graf, 116, 300.

D. h. es ist bei Flurbeschädigungen dem Pfändungsrecht unterworfen wie anderes Vieh. Eine Beschränkung desselben fand nur zu Gunsten des Hengstes (s. d. 6), des Farren (Zuchtstiers) und der Sau statt; denn „alles Zielvieh ist gefreit; geht es dem Mann zu Schaden, er darf es nur mit einem Sommerladen aus dem Korn treiben“. (Grimm, Weisth., I, 758.)

70 Das Pferd ist am gefährlichsten hinten, das Weib vorn, der Wagen an der Seite, ein Pfaff überall. (Sauerland.)

71 Das Pferd ist dessen, der es reitet.Schlechta, 3.

72 Das Pferd ist oft gescheiter als sein Reiter.Eiselein, 510; Simrock, 7368.

Das Pferd ist edler und vornehmer als der Hund; es empfindet brutale Behandlung und wehrt sich dagegen mit Biss und Schlag. Abweichend von der Ausdrucksweise über viele andere Hausthiere, die meist aus Injurien besteht, spricht man vom Pferde fast immer nur in schmeichelhaften, dem menschlichen Verkehr entlehnten Wendungen. Des alten Zachariä Bemerkungen: „Pferde sehen oft, was keine Menschen sehen“, wird durch eine Menge oft staunenswerther Beispiele geistigen Lebens bekräftigt. Der Fabeldichter Lieberkühn (1750) dichtete: „Caligula erhob sein Pferd zum Bürgermeister. Warum verlachen ihn doch unsere feinen Geister? Das war so schlimm noch nicht; jetzt nimmt ja mancher Staat gar Ochsen in den Rath.“ Aehnliches sagt ein Epigramm von Göckingk und dasselbe K. E. Reckert (1770), nur dass dieser statt des Ochsen den Esel gesetzt hat. (Vgl. Europa, Leipzig 1870, Nr. 19, S. 597.) Nicht blos den anerkannt dummen oder auch widerwärtigen Thieren gegenüber wird Klugheit und Adel des Pferdes hervorgehoben. Das alte Thierepos, welches sonst alle Thiere sich der Schlauheit Reineke's unterwerfen lässt, stellt ihm allein das Pferd ebenbürtig gegenüber. Darum achtet der Fuchs aber auch das Pferd so hoch, dass dies, als es alt und verlassen ist, an ihm noch einen Freund findet und erzählt: „Und ist niemand, der nach mir frag oder Mitleiden mit mir trag ohn' dass Reinick den Fliegen wehrt, das ich doch nicht von ihm begehrt.“ (Rollenhagen, Froschm.) Wie ihm das Pferd so sehr imponiren konnte, erzählt Reineke selbst in seiner Beichte an Grimbart. Er traf nämlich einmal eine Stute nebst Fohlen. Der ihn begleitende hungrige Isegrimm bat ihn, der Mutter das Füllen abzukaufen. Reineke liess sich sofort in Kaufunterhandlungen ein. Die Stute erklärte sich zum Verkauf bereit gegen die Summe, die an einen ihrer Hinterfüsse angeschrieben sei. Reineke merkte, worauf es hinausging und sagte, er könne nur nothdürftig lesen, der Wolf verstehe das besser. Dieser erbot sich sofort dazu. Die Stute hob den mit sechs Nägeln beschlagenen Fuss empor und versetzte ihm einen Schlag an den Kopf, dass er betäubt zur Erde stürzte, indess sie mit dem Füllen davonging. Aehnlich dieser ist die Fabel Boner's Vom falschen Ruhme (1330). Dort erbietet sich der hungrige Löwe dem Pferde einen Dorn aus dem Fusse zu ziehen, aber es ergeht ihm ebenso wie dem Isegrimm. Diese Fabel ist alt und viel verbreitet. Wir finden sie bei Steinhöwel, Von dem Fartzenden Wolff; bei Hans Sachs, Von dem stoltzen Wolff; auch bei Eyering, Hagedorn u. a. ebenso tritt

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[[641]/0655] 46 Dafür, was das Pferd gethan, kann man doch den Stall nicht schla'n. Holl.: Dat het paard doet, kan de zaâl niet boeten. (Harrebomée, II, 161a.) 47 Das beste Pferd geht (läuft, zieht) nicht über seine Kraft. Die Finnen: Sogar das Pferd ruht, wenn's den Weg durchlaufen hat. Böhm.: Ani kůň nad sílu neskočí. (Čelakovský, 131.) Poln.: I koń nad silę nieskoczy. (Čelakovský, 131.) 48 Das beste Pferd kann straucheln. Schwed.: Den bästa häst kan snafva ibland. (Möller, Wb., III, 1448.) 49 Das beste Pferd stolpert und hat vier Beine. – Blum, 405; Siebenkees, 83. In Nordfriesland: An Hingst kan snöwli üb fjaur Bian, do kan lacht un Minsk üb tau. (Ein Pferd kann straucheln auf vier Beinen, so kann leicht ein Mensch auf zwei.) Böhm.: Nĕkdy i kůň dobrý na čtyřech nohách se potkne (podklesne). – Však má kůň čtyři klesy, a předce nohá. – Však má kůň čtyři nohy a předce klesá. (Čelakovský, 71.) Dän.: En hest snubler, og har dog fire been. (Čelakovský, 71.) Engl.: It is a good horse, that never stumbles, and a good wife, that never grumbles. (Gaal, 1254.) – The best horse stumbles. Frz.: Il n'est si bon cheval qui ne bronche. – Il n'y a cheval si bien ferré qui ne glisse. (Lendroy, 246.) Holl.: Het beste paard kan zich vertreden (struikelt wel eens). (Bohn I, 321; Harrebomée, II, 162b.) – Het is geen goed paard dat nooit struikelt. It.: E' cade un cavallo da quattro gambe. (Gaal, 1254.) Poln.: Koń ma cztery nogi a potknie się. – Koń na czterech nogach, a usterka się. (Čelakovský, 71.) Ung.: Lónak négy a' lába, még-is megbotlik. – Néha a' jó ló is megbotlik. (Gaal, 1254.) 50 Das beste Pferd wird einmal zur Mähre. Das Alter schwächt den stärksten Körper, den lebhaftesten Geist. Holl.: Ook het beste paard wordt een knol. (Harrebomée, II, 166a.) 51 Das grösste Pferd ist oft zur Arbeit wenig werth. Holl.: Het grootste paard van stal werkt veeltijds mindst van al. (Harrebomée, II, 163a.) 52 Das gute Pferd will den Sporen und das schlechte doppelt, so will gut Weib und böses den Stock. 53 Das hinkende Pferd kommt hintennach. (S. Bote 4-7.) In Bezug auf Nachreu. Holl.: Het hinkende paard komt achteraan. (Harrebomée, II, 161a.) 54 Das ist wol ein dummes Pferd, das an der vollen Krippe verhungert. 55 Das ist wol ein faules (stolzes) Pferd, das nicht sein eigenes Futter tragen will. – Winckler, VII, 30. Holl.: Het is een lui (trotsch) paard, dat zijne haver niet wil dragen. (Harrebomée, II, 163a.) 56 Das kleine Pferd muss am tiefsten ins Wasser. Dän.: Lav hest er meest i vandet. (Prov. dan., 285.) 57 Das mittelste Pferd muss den Wagen ziehen. Holl.: Het middelste paard moet den wagen trekken. (Harrebomée, II, 163a.) 58 Das Pferd beim Zaume, den Mann beim Worte. – Simrock, 7853; Körte, 4758; Braun, I, 3270; Masson, 357. Ebenso die Türken, vgl. Nordmann. 59 Das Pferd bläst den Hafer erst, ehe es ihn frisst. Die Russen: Bliese das Pferd nicht auch den Hafer, müsste es viel Staub hinunterschlucken. (Altmann VI, 417.) 60 Das Pferd, das am meisten zieht, bekommt am wenigsten Hafer. – Lausitzer Magazin, 30, 252. Böhm.: Kůň, který nejvíce táhne, nevždy také nejvíce ovsa dostává. – Kůň, kterýž ovsa dobývá, nejménĕ ho jí. (Čelakowsky, 129.) Wend.: Koň, kiz najwjacy cehnje, dostanje zwjetšoh' najmenje wowsa. (Čelakovský, 126.) 61 Das Pferd, das den Hafer verdient, bekommt ihn nicht. (S. Busch 5, Esel 134 und Hase 12 u. 52.) – Mayer, II, 39; Lohrengel, I, 114; Braun, I, 3269; Masson, 275. Altfries.: De Hingster, dear dit Haawer fuartiine faat ek altid. (Hansen, 18.) Engl.: The horse that draws most, is most whipped. (Masson, 276.) Frz.: Celui qui travaille mange la paille, celui qui ne fait rien mange le foin. – Ce n'est pas celui à qui la terre appartient qui en mange les chapons. – Les chevaux courent les bénéfices et les ânes les attrapent. (Masson, 276.) Lat.: Alii sementem faciunt, alii metunt. (Masson, 276.) – Omnis est misera servitus. (Philippi, II, 72.) 62 Das Pferd, das sich wider den Sporn sträubt, wird zweimal gestochen. 63 Das Pferd der Gemein hat die schlechtesten (stumpfesten) Eisen. Engl.: The common horse is worst shod. (Bohn II, 104.) 64 Das Pferd fällt um, der Sattel bleibt; der Mensch stirbt, aber sein Name dauert. (Türk.) 65 Das Pferd fasst man beim Zaum, den Ochsen bei den Hörnern, den Mann beim Wort. – Simrock, 11890. Holl.: Men vangt het paard bij den breidel, en den man bij zijn woord. (Bohn I, 333; Harrebomée, I, 165b.) Schwed.: Styr häst med betsel, och kona med kjäpp. (Grubb, 770.) 66 Das Pferd geht seinen Schritt, es achtet der Hunde Belfern nicht. Bei Waldis: „Ein grosses Pferd aus hohem Mut, das duncket sich gar viel zu gut, wenn es ein böser Hund bilt an, stillschweigend thuts fürüber gahn.“ 67 Das Pferd geht zur Krippe, aber die Krippe nicht zum Pferde. 68 Das Pferd hat Fett am Leibe, wenn man ihm für einen Dreier Speck unter den Schwanz bindet, sagte der Eckensteher zum Droschkenkutscher. 69 Das Pferd hat Recht wie das Vieh. – Graf, 116, 300. D. h. es ist bei Flurbeschädigungen dem Pfändungsrecht unterworfen wie anderes Vieh. Eine Beschränkung desselben fand nur zu Gunsten des Hengstes (s. d. 6), des Farren (Zuchtstiers) und der Sau statt; denn „alles Zielvieh ist gefreit; geht es dem Mann zu Schaden, er darf es nur mit einem Sommerladen aus dem Korn treiben“. (Grimm, Weisth., I, 758.) 70 Das Pferd ist am gefährlichsten hinten, das Weib vorn, der Wagen an der Seite, ein Pfaff überall. (Sauerland.) 71 Das Pferd ist dessen, der es reitet. – Schlechta, 3. 72 Das Pferd ist oft gescheiter als sein Reiter. – Eiselein, 510; Simrock, 7368. Das Pferd ist edler und vornehmer als der Hund; es empfindet brutale Behandlung und wehrt sich dagegen mit Biss und Schlag. Abweichend von der Ausdrucksweise über viele andere Hausthiere, die meist aus Injurien besteht, spricht man vom Pferde fast immer nur in schmeichelhaften, dem menschlichen Verkehr entlehnten Wendungen. Des alten Zachariä Bemerkungen: „Pferde sehen oft, was keine Menschen sehen“, wird durch eine Menge oft staunenswerther Beispiele geistigen Lebens bekräftigt. Der Fabeldichter Lieberkühn (1750) dichtete: „Caligula erhob sein Pferd zum Bürgermeister. Warum verlachen ihn doch unsere feinen Geister? Das war so schlimm noch nicht; jetzt nimmt ja mancher Staat gar Ochsen in den Rath.“ Aehnliches sagt ein Epigramm von Göckingk und dasselbe K. E. Reckert (1770), nur dass dieser statt des Ochsen den Esel gesetzt hat. (Vgl. Europa, Leipzig 1870, Nr. 19, S. 597.) Nicht blos den anerkannt dummen oder auch widerwärtigen Thieren gegenüber wird Klugheit und Adel des Pferdes hervorgehoben. Das alte Thierepos, welches sonst alle Thiere sich der Schlauheit Reineke's unterwerfen lässt, stellt ihm allein das Pferd ebenbürtig gegenüber. Darum achtet der Fuchs aber auch das Pferd so hoch, dass dies, als es alt und verlassen ist, an ihm noch einen Freund findet und erzählt: „Und ist niemand, der nach mir frag oder Mitleiden mit mir trag ohn' dass Reinick den Fliegen wehrt, das ich doch nicht von ihm begehrt.“ (Rollenhagen, Froschm.) Wie ihm das Pferd so sehr imponiren konnte, erzählt Reineke selbst in seiner Beichte an Grimbart. Er traf nämlich einmal eine Stute nebst Fohlen. Der ihn begleitende hungrige Isegrimm bat ihn, der Mutter das Füllen abzukaufen. Reineke liess sich sofort in Kaufunterhandlungen ein. Die Stute erklärte sich zum Verkauf bereit gegen die Summe, die an einen ihrer Hinterfüsse angeschrieben sei. 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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [641]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/655>, abgerufen am 22.11.2024.