Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.[Spaltenumbruch] sich dort so, dass infolge dessen die kältere Luft des Atlantischen Oceans sich über Europa verbreitet. Je wärmer nun bei uns die Temperatur im zeitigen Frühling gewesen ist, je schädlicher sind die hereinbrechenden kalten Tage, welche oft alle Hoffnungen auf eine gesegnete Ernte mit einem Schlage vernichten. Diese kalten Tage werden also mit Recht vom Landmann und Gärtner gefürchtet. Die Erscheinung derselben ist aber nach dem Gesagten eine von den verschiedenen Luftströmen herrührende, nicht eine örtlich begrenzte oder auf bestimmte Tage beschränkte. Dove (Die Rückfälle der Kälte im Mai 1857) hat diesen Gegenstand gründlich untersucht und das Irrthümliche der Ansicht Mädler's nachgewiesen, wonach die kalten Tage durch das Eisschmelzen der nordrussischen Flüsse entstehen sollen, ebenso die Ansicht Ermann's widerlegt, nach welcher in jedem Jahre um den 11. Mai der Erde ein Theil der wärmenden Sonnenstrahlen durch die um diese Zeit vor der Sonne vorüberziehenden Sternschnuppen des bekannten Novemberschwarms entzogen werde. Der Eisgang der erwähnten Flüsse trifft erst später ein. Und dann ist die Erscheinung der kalten Tage nicht eine allgemeine, wie sie bei einer kosmischen Ursache sein müsste, sondern eine von einem Orte zum andern sich verschiebende. Während in den betreffenden Tagen in ganz Russland von Irkutsk in Sibirien bis Petersburg sich kein Rückfall der Kälte im Mai zeigt, sondern erst Ende Mai, tritt derselbe mehr oder weniger hervor an den Tagen vom 9.-14. Mai in Mitau, Arys, Stettin, Berlin, Breslau, Prag, Erfurt Arnstadt, Brüssel, Utrecht, Harlem, London, Paris, nicht aber, oder nur sehr unbedeutend in Königsberg, Danzig, in ganz Süddeutschland und der Schweiz, ebenso wenig in Nordamerika. Die Erscheinung beschränkt sich also meistens auf diejenigen Gegenden von Mittel- und Westeuropa, welche zu dieser Zeit vorzugsweise dem Nordostwinde ausgesetzt sind. (Vgl. Die drei gestrengen Herren, in der Schles. Zeitung, 1867, Nr. 226.) 7 Pankraz und Urban ohne Regen, bringt dem Weine grossen Segen. - Orakel, 529; Bair. Hauskalender. In Oberösterreich sagt man: Wenn's am Pankrazitag regnet, so rinnt der Most am Stamm herab. (Baumgarten, 48.) 8 Pankraz und Urban (25. Mai) ohne Regen bringt grossen Erntesegen. (Strehlen.) - Boebel, 24. 9 Was der Pankraz übrig lässt, nimmt der Servaz weg. - Gotthelf, Erzählungen, I, 5; Schulfreund, 82, 12. 10 Was Pankraz und Servaz noch übrig lässt, dem gibt nur selten Urban den Rest. (Wohlau.) - Boebel, 26. 11 Wenn's an Pankrazi regnet, so fallen die Birnen herunter und wären sie mit Eisendraht an den Baum gebunden. *12 Hei heat Pankratius tom Paträunen1. (Westf.) 1) Patron. - Ist bankrott. Pankraztag. Pankraz- und Urbanstag ohne Regen, folgt ein grosser Weinsegen. - Orakel, 528. Pansche. *1 Er ist in einer schönen Pansche. Ironisch. In einem sehr ärgerlichen Verhältniss. *2 Er kann aus der Pansche nicht herauskommen. Holl.: Hij weet zich niet te redden uit klei. (Harrebomee, II, 413a.) *3 In die Pansche kommen. (Schles.) Pansen. Miet liäigem Panssen1 is nit gued danssen. (Iserlohn.) - Woeste, 73, 189; für Soest: Firmenich, I, 348, 189. 1) Magen, Wamme, Wanst. - Mit ledigem Magen ist nicht gut tanzen. Panther. Ein Panther kann seine Flecken nicht wechseln. (Lit.) Pantje. Pantje1 warm, Pantje warm makt mennig Hausmann arm. - Hauskalender, III. 1) Tiegel, kleine Bratpfanne mit Stiel. Pantli. * Er ist en Pantli. (S. Mutsch.) - Sutermeister, 57. Pantoffel. 1 Die Pantoffeln der barfüsser Mönche sind vom Holz des verfluchten Feigenbaums gemacht. 2 Wenn der Pantoffel knarrt vnd das Weib scharrt, so ists nicht gut. - Petri, II, 637. [Spaltenumbruch] *3 Den Pantoffel küssen. Holl.: Hij kust de pantoffel. (Harrebomee, II, 170b.) *4 Der Pantoffel hurt mit dem Stiefelknecht. (Breslau.) *5 Er hat seine Pantoffeln geradezu aufs Dach geworfen. (Türk.) Sein Unglück absichtlich herbeigeführt. Findet seine Erklärung wol in der bekannten Erzählung von den unglücklichen Pantoffeln. *6 In Pantoffeln gehen. Nachlässig, vielleicht mit Anspielung auf das mit dieser Beschuhung verbundene Geräusch, besonders der Holzpantoffeln. *7 Unter dem Pantoffel stehen. - Körte, 4673; Lohrengel, I, 479; Masson, 90; Wurzbach II, 629; Braun, I, 3176. In demselben Sinne sagt man: Seine Frau hat die Hosen an. Sie führt das Regiment im Hause. Er ist Meister, wenn sie nicht daheim ist. Er parirt ihr auf ein Haar. Er tanzt nach ihrer Pfeife. Bei Henisch findet sich als damit verwandt die Redensart: Er reitet das Geckenpferd. S. auch Esel 587. Die symbolische Bedeutsamkeit des Pantoffels als Zeichen der Herrschaft, welche noch in dieser Redensart sich erhalten hat, geht in das höchste Alterthum zurück und lässt sich in einer merkwürdigen Uebereinstimmung bei den verschiedensten Völkern der Alten Welt nachweisen. Bei den Indiern deutet das Uebersenden der Sandalen auf Unterwerfung, und im Epos überträgt Romas seinem jüngern Bruder Bharatas die Regierung, indem er ihm seine Pantoffeln einhändigen lässt; denn der Indier setzt dem überwundenen Feinde den Fuss auf den Nacken. Und so ist es zu verstehen, wenn die Rasbuten einen Verbrecher mit einem Kranz von Sandalen um den Hals auf einem Esel durch die Stadt reiten lassen, als habe jeder das Recht ihn zu treten; oder, wenn die indische Jungfrau das Sandalenmal des Geliebten auf ihre Brust sich prägt. Bei der jüdischen Leviratsehe zog die Witwe dem Bruder ihres Gatten, der sie wieder zu ehelichen sich weigerte, den Schuh aus, weil er die Herrschaft über sie verlor. Denselben Gebrauch hatten nach Schlözer's Nestor auch die russischen Slawen, indem die Neuvermählte vor dem Beilager ihren Mann entschuhen musste. Die griechische Frau handhabte den Pantoffel in allem Ernste, und bei Aristophanes droht ein Weib, sie wolle den Mann mit den Sandalen auf die Backen schlagen; ja selbst der arabische Beduine sagt, wenn er von seinem Weibe sich scheidet: Ich habe meinen Pantoffel weggeworfen. Baldäus erwähnt eines Amorbildes mit dem Pantoffel in der Linken und der Inschrift: "Jus meum alteri trado." Sinnreich war auch das Mittel, welches Clemens von Alexandrien angibt, nämlich, mittels eingeprägter Charaktere in den Sandalen dem Liebhaber durch die Fussstapfen ein Stelldichein zu geben. (Vgl. Bresl. Zeitung, 1837, Nr. 79, S. 553.) Die griechische Fabel von der schönen Jungfrau, die in Thrazien im Hebrus badete, ist bekannt. Ein Adler flog mit einem ihrer Pantoffeln im Schnabel davon und liess ihn in Memphis auf den Schos des Königs fallen, der nicht eher ruhte, bis der Fuss, dem der Pantoffel, und die Schöne, welcher der Fuss gehörte, gefunden war. Sie wurde seine Gemahlin, und von ihr leitete man wol die Redensart ab, denn auf ihren Befehl musste der König die grosse Pyramide bauen. - Nach altdeutscher Sitte wurde der Schuh als Symbol der durch das Verlöbniss bewirkten Mundschaftsübertragung gebraucht. Der Bräutigam bringt den Schuh der Braut; sobald sie ihn an den Fuss gelegt hat, wird sie seiner Gewalt unterworfen betrachtet. Später war es üblich, der Braut neue Schuhe darzubringen. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 155.) Man spricht daher noch heute von einer Pantoffelherrschaft (s. Pantoffelholz), wenn der Mann in den Schuh oder Pantoffel der Frau gestiegen zu sein scheint. (Vgl. Graf, 174.) Die Holländer nennen die Frau, die ihren Mann beherrscht, Kapitän Roodhemd. Ueber Pantoffel vgl. auch Bazar, 1861, Nr. 1. Engl.: To stand upon one's pantoufles. (Bohn II, 173.) Frz.: Etre sous la pantoufle. (Starschedel, 434.) - Il deine a table de son maeitre. - Il est sous la pantoufle. - Il est sous les lois de sa femme. - La femme a la culotte. - Le mari n'a point de voix en chapitre. - Madame porte le haut de chausses. (Masson, 91.) Holl.: Hij dient onder kapitein Roodhemd. - Hij zit onder de pantoffel. (Harrebomee, I, 281b; II, 170b.) *8 Wenn man ihm den Pantoffel gibt, greift er nach dem Stiefel. Pantoffelholz. 1 Das Pantoffelholz schwimmt überall oben. - Eiselein, 503; Simrock, 7707a; Körte, 4673a; Braun, I, 3177. Die Pantoffelherrschaft soll eine allgemeine sein. Zum Beweise dessen erzählt J. H. Hayncker in seiner Chronica von Calbe, Aken vnd Wanzleben (Halberstadt 1720, S. 29a) folgendes Beispiel: "Vor dem dreissigjährigen Kriege sind Anno 1620, 54 Einwohner in dem Dorffe Brumbi (im Amte Calbe an der Saale) gezehlet [Spaltenumbruch] sich dort so, dass infolge dessen die kältere Luft des Atlantischen Oceans sich über Europa verbreitet. Je wärmer nun bei uns die Temperatur im zeitigen Frühling gewesen ist, je schädlicher sind die hereinbrechenden kalten Tage, welche oft alle Hoffnungen auf eine gesegnete Ernte mit einem Schlage vernichten. Diese kalten Tage werden also mit Recht vom Landmann und Gärtner gefürchtet. Die Erscheinung derselben ist aber nach dem Gesagten eine von den verschiedenen Luftströmen herrührende, nicht eine örtlich begrenzte oder auf bestimmte Tage beschränkte. Dove (Die Rückfälle der Kälte im Mai 1857) hat diesen Gegenstand gründlich untersucht und das Irrthümliche der Ansicht Mädler's nachgewiesen, wonach die kalten Tage durch das Eisschmelzen der nordrussischen Flüsse entstehen sollen, ebenso die Ansicht Ermann's widerlegt, nach welcher in jedem Jahre um den 11. Mai der Erde ein Theil der wärmenden Sonnenstrahlen durch die um diese Zeit vor der Sonne vorüberziehenden Sternschnuppen des bekannten Novemberschwarms entzogen werde. Der Eisgang der erwähnten Flüsse trifft erst später ein. Und dann ist die Erscheinung der kalten Tage nicht eine allgemeine, wie sie bei einer kosmischen Ursache sein müsste, sondern eine von einem Orte zum andern sich verschiebende. Während in den betreffenden Tagen in ganz Russland von Irkutsk in Sibirien bis Petersburg sich kein Rückfall der Kälte im Mai zeigt, sondern erst Ende Mai, tritt derselbe mehr oder weniger hervor an den Tagen vom 9.-14. 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(Wohlau.) – Boebel, 26. 11 Wenn's an Pankrazi regnet, so fallen die Birnen herunter und wären sie mit Eisendraht an den Baum gebunden. *12 Hei heat Pankratius tom Paträunen1. (Westf.) 1) Patron. – Ist bankrott. Pankraztag. Pankraz- und Urbanstag ohne Regen, folgt ein grosser Weinsegen. – Orakel, 528. Pansche. *1 Er ist in einer schönen Pansche. Ironisch. In einem sehr ärgerlichen Verhältniss. *2 Er kann aus der Pansche nicht herauskommen. Holl.: Hij weet zich niet te redden uit klei. (Harrebomée, II, 413a.) *3 In die Pansche kommen. (Schles.) Pansen. Miet liäigem Panssen1 is nit gued danssen. (Iserlohn.) – Woeste, 73, 189; für Soest: Firmenich, I, 348, 189. 1) Magen, Wamme, Wanst. – Mit ledigem Magen ist nicht gut tanzen. Panther. Ein Panther kann seine Flecken nicht wechseln. (Lit.) Pantje. Pantje1 warm, Pantje warm mâkt mennig Hûsmann arm. – Hauskalender, III. 1) Tiegel, kleine Bratpfanne mit Stiel. Pantli. * Er ist en Pantli. (S. Mutsch.) – Sutermeister, 57. 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Bei Henisch findet sich als damit verwandt die Redensart: Er reitet das Geckenpferd. S. auch Esel 587. Die symbolische Bedeutsamkeit des Pantoffels als Zeichen der Herrschaft, welche noch in dieser Redensart sich erhalten hat, geht in das höchste Alterthum zurück und lässt sich in einer merkwürdigen Uebereinstimmung bei den verschiedensten Völkern der Alten Welt nachweisen. Bei den Indiern deutet das Uebersenden der Sandalen auf Unterwerfung, und im Epos überträgt Romas seinem jüngern Bruder Bharatas die Regierung, indem er ihm seine Pantoffeln einhändigen lässt; denn der Indier setzt dem überwundenen Feinde den Fuss auf den Nacken. Und so ist es zu verstehen, wenn die Rasbuten einen Verbrecher mit einem Kranz von Sandalen um den Hals auf einem Esel durch die Stadt reiten lassen, als habe jeder das Recht ihn zu treten; oder, wenn die indische Jungfrau das Sandalenmal des Geliebten auf ihre Brust sich prägt. 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Während in den betreffenden Tagen in ganz Russland von Irkutsk in Sibirien bis Petersburg sich kein Rückfall der Kälte im Mai zeigt, sondern erst Ende Mai, tritt derselbe mehr oder weniger hervor an den Tagen vom 9.-14. Mai in Mitau, Arys, Stettin, Berlin, Breslau, Prag, Erfurt Arnstadt, Brüssel, Utrecht, Harlem, London, Paris, nicht aber, oder nur sehr unbedeutend in Königsberg, Danzig, in ganz Süddeutschland und der Schweiz, ebenso wenig in Nordamerika. Die Erscheinung beschränkt sich also meistens auf diejenigen Gegenden von Mittel- und Westeuropa, welche zu dieser Zeit vorzugsweise dem Nordostwinde ausgesetzt sind. (Vgl. <hi rendition="#i">Die drei gestrengen Herren, in der Schles. Zeitung, 1867, Nr. 226.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Pankraz und Urban ohne Regen, bringt dem Weine grossen Segen.</hi> – <hi rendition="#i">Orakel, 529; Bair. 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Ein Adler flog mit einem ihrer Pantoffeln im Schnabel davon und liess ihn in Memphis auf den Schos des Königs fallen, der nicht eher ruhte, bis der Fuss, dem der Pantoffel, und die Schöne, welcher der Fuss gehörte, gefunden war. Sie wurde seine Gemahlin, und von ihr leitete man wol die Redensart ab, denn auf ihren Befehl musste der König die grosse Pyramide bauen. – Nach altdeutscher Sitte wurde der Schuh als Symbol der durch das Verlöbniss bewirkten Mundschaftsübertragung gebraucht. Der Bräutigam bringt den Schuh der Braut; sobald sie ihn an den Fuss gelegt hat, wird sie seiner Gewalt unterworfen betrachtet. Später war es üblich, der Braut neue Schuhe darzubringen. (Vgl. <hi rendition="#i">Grimm, Rechtsalt., 155.</hi>) Man spricht daher noch heute von einer Pantoffelherrschaft (s. Pantoffelholz), wenn der Mann in den Schuh oder Pantoffel der Frau gestiegen zu sein scheint. 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sich dort so, dass infolge dessen die kältere Luft des Atlantischen Oceans sich über Europa verbreitet. Je wärmer nun bei uns die Temperatur im zeitigen Frühling gewesen ist, je schädlicher sind die hereinbrechenden kalten Tage, welche oft alle Hoffnungen auf eine gesegnete Ernte mit einem Schlage vernichten. Diese kalten Tage werden also mit Recht vom Landmann und Gärtner gefürchtet. Die Erscheinung derselben ist aber nach dem Gesagten eine von den verschiedenen Luftströmen herrührende, nicht eine örtlich begrenzte oder auf bestimmte Tage beschränkte. Dove (Die Rückfälle der Kälte im Mai 1857) hat diesen Gegenstand gründlich untersucht und das Irrthümliche der Ansicht Mädler's nachgewiesen, wonach die kalten Tage durch das Eisschmelzen der nordrussischen Flüsse entstehen sollen, ebenso die Ansicht Ermann's widerlegt, nach welcher in jedem Jahre um den 11. Mai der Erde ein Theil der wärmenden Sonnenstrahlen durch die um diese Zeit vor der Sonne vorüberziehenden Sternschnuppen des bekannten Novemberschwarms entzogen werde. Der Eisgang der erwähnten Flüsse trifft erst später ein. Und dann ist die Erscheinung der kalten Tage nicht eine allgemeine, wie sie bei einer kosmischen Ursache sein müsste, sondern eine von einem Orte zum andern sich verschiebende. Während in den betreffenden Tagen in ganz Russland von Irkutsk in Sibirien bis Petersburg sich kein Rückfall der Kälte im Mai zeigt, sondern erst Ende Mai, tritt derselbe mehr oder weniger hervor an den Tagen vom 9.-14. Mai in Mitau, Arys, Stettin, Berlin, Breslau, Prag, Erfurt Arnstadt, Brüssel, Utrecht, Harlem, London, Paris, nicht aber, oder nur sehr unbedeutend in Königsberg, Danzig, in ganz Süddeutschland und der Schweiz, ebenso wenig in Nordamerika. Die Erscheinung beschränkt sich also meistens auf diejenigen Gegenden von Mittel- und Westeuropa, welche zu dieser Zeit vorzugsweise dem Nordostwinde ausgesetzt sind. (Vgl. Die drei gestrengen Herren, in der Schles. Zeitung, 1867, Nr. 226.)
7 Pankraz und Urban ohne Regen, bringt dem Weine grossen Segen. – Orakel, 529; Bair. Hauskalender.
In Oberösterreich sagt man: Wenn's am Pankrazitag regnet, so rinnt der Most am Stamm herab. (Baumgarten, 48.)
8 Pankraz und Urban (25. Mai) ohne Regen bringt grossen Erntesegen. (Strehlen.) – Boebel, 24.
9 Was der Pankraz übrig lässt, nimmt der Servaz weg. – Gotthelf, Erzählungen, I, 5; Schulfreund, 82, 12.
10 Was Pankraz und Servaz noch übrig lässt, dem gibt nur selten Urban den Rest. (Wohlau.) – Boebel, 26.
11 Wenn's an Pankrazi regnet, so fallen die Birnen herunter und wären sie mit Eisendraht an den Baum gebunden.
*12 Hei heat Pankratius tom Paträunen1. (Westf.)
1) Patron. – Ist bankrott.
Pankraztag.
Pankraz- und Urbanstag ohne Regen, folgt ein grosser Weinsegen. – Orakel, 528.
Pansche.
*1 Er ist in einer schönen Pansche.
Ironisch. In einem sehr ärgerlichen Verhältniss.
*2 Er kann aus der Pansche nicht herauskommen.
Holl.: Hij weet zich niet te redden uit klei. (Harrebomée, II, 413a.)
*3 In die Pansche kommen. (Schles.)
Pansen.
Miet liäigem Panssen1 is nit gued danssen. (Iserlohn.) – Woeste, 73, 189; für Soest: Firmenich, I, 348, 189.
1) Magen, Wamme, Wanst. – Mit ledigem Magen ist nicht gut tanzen.
Panther.
Ein Panther kann seine Flecken nicht wechseln. (Lit.)
Pantje.
Pantje1 warm, Pantje warm mâkt mennig Hûsmann arm. – Hauskalender, III.
1) Tiegel, kleine Bratpfanne mit Stiel.
Pantli.
* Er ist en Pantli. (S. Mutsch.) – Sutermeister, 57.
Pantoffel.
1 Die Pantoffeln der barfüsser Mönche sind vom Holz des verfluchten Feigenbaums gemacht.
2 Wenn der Pantoffel knarrt vnd das Weib scharrt, so ists nicht gut. – Petri, II, 637.
*3 Den Pantoffel küssen.
Holl.: Hij kust de pantoffel. (Harrebomée, II, 170b.)
*4 Der Pantoffel hurt mit dem Stiefelknecht. (Breslau.)
*5 Er hat seine Pantoffeln geradezu aufs Dach geworfen. (Türk.)
Sein Unglück absichtlich herbeigeführt. Findet seine Erklärung wol in der bekannten Erzählung von den unglücklichen Pantoffeln.
*6 In Pantoffeln gehen.
Nachlässig, vielleicht mit Anspielung auf das mit dieser Beschuhung verbundene Geräusch, besonders der Holzpantoffeln.
*7 Unter dem Pantoffel stehen. – Körte, 4673; Lohrengel, I, 479; Masson, 90; Wurzbach II, 629; Braun, I, 3176.
In demselben Sinne sagt man: Seine Frau hat die Hosen an. Sie führt das Regiment im Hause. Er ist Meister, wenn sie nicht daheim ist. Er parirt ihr auf ein Haar. Er tanzt nach ihrer Pfeife. Bei Henisch findet sich als damit verwandt die Redensart: Er reitet das Geckenpferd. S. auch Esel 587. Die symbolische Bedeutsamkeit des Pantoffels als Zeichen der Herrschaft, welche noch in dieser Redensart sich erhalten hat, geht in das höchste Alterthum zurück und lässt sich in einer merkwürdigen Uebereinstimmung bei den verschiedensten Völkern der Alten Welt nachweisen. Bei den Indiern deutet das Uebersenden der Sandalen auf Unterwerfung, und im Epos überträgt Romas seinem jüngern Bruder Bharatas die Regierung, indem er ihm seine Pantoffeln einhändigen lässt; denn der Indier setzt dem überwundenen Feinde den Fuss auf den Nacken. Und so ist es zu verstehen, wenn die Rasbuten einen Verbrecher mit einem Kranz von Sandalen um den Hals auf einem Esel durch die Stadt reiten lassen, als habe jeder das Recht ihn zu treten; oder, wenn die indische Jungfrau das Sandalenmal des Geliebten auf ihre Brust sich prägt. Bei der jüdischen Leviratsehe zog die Witwe dem Bruder ihres Gatten, der sie wieder zu ehelichen sich weigerte, den Schuh aus, weil er die Herrschaft über sie verlor. Denselben Gebrauch hatten nach Schlözer's Nestor auch die russischen Slawen, indem die Neuvermählte vor dem Beilager ihren Mann entschuhen musste. Die griechische Frau handhabte den Pantoffel in allem Ernste, und bei Aristophanes droht ein Weib, sie wolle den Mann mit den Sandalen auf die Backen schlagen; ja selbst der arabische Beduine sagt, wenn er von seinem Weibe sich scheidet: Ich habe meinen Pantoffel weggeworfen. Baldäus erwähnt eines Amorbildes mit dem Pantoffel in der Linken und der Inschrift: „Jus meum alteri trado.“ Sinnreich war auch das Mittel, welches Clemens von Alexandrien angibt, nämlich, mittels eingeprägter Charaktere in den Sandalen dem Liebhaber durch die Fussstapfen ein Stelldichein zu geben. (Vgl. Bresl. Zeitung, 1837, Nr. 79, S. 553.) Die griechische Fabel von der schönen Jungfrau, die in Thrazien im Hebrus badete, ist bekannt. Ein Adler flog mit einem ihrer Pantoffeln im Schnabel davon und liess ihn in Memphis auf den Schos des Königs fallen, der nicht eher ruhte, bis der Fuss, dem der Pantoffel, und die Schöne, welcher der Fuss gehörte, gefunden war. Sie wurde seine Gemahlin, und von ihr leitete man wol die Redensart ab, denn auf ihren Befehl musste der König die grosse Pyramide bauen. – Nach altdeutscher Sitte wurde der Schuh als Symbol der durch das Verlöbniss bewirkten Mundschaftsübertragung gebraucht. Der Bräutigam bringt den Schuh der Braut; sobald sie ihn an den Fuss gelegt hat, wird sie seiner Gewalt unterworfen betrachtet. Später war es üblich, der Braut neue Schuhe darzubringen. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 155.) Man spricht daher noch heute von einer Pantoffelherrschaft (s. Pantoffelholz), wenn der Mann in den Schuh oder Pantoffel der Frau gestiegen zu sein scheint. (Vgl. Graf, 174.) Die Holländer nennen die Frau, die ihren Mann beherrscht, Kapitän Roodhemd. Ueber Pantoffel vgl. auch Bazar, 1861, Nr. 1.
Engl.: To stand upon one's pantoufles. (Bohn II, 173.)
Frz.: Être sous la pantoufle. (Starschedel, 434.) – Il dîne à table de son maître. – Il est sous la pantoufle. – Il est sous les lois de sa femme. – La femme a la culotte. – Le mari n'a point de voix en chapitre. – Madame porte le haut de chausses. (Masson, 91.)
Holl.: Hij dient onder kapitein Roodhemd. – Hij zit onder de pantoffel. (Harrebomée, I, 281b; II, 170b.)
*8 Wenn man ihm den Pantoffel gibt, greift er nach dem Stiefel.
Pantoffelholz.
1 Das Pantoffelholz schwimmt überall oben. – Eiselein, 503; Simrock, 7707a; Körte, 4673a; Braun, I, 3177.
Die Pantoffelherrschaft soll eine allgemeine sein. Zum Beweise dessen erzählt J. H. Hayncker in seiner Chronica von Calbe, Aken vnd Wanzleben (Halberstadt 1720, S. 29a) folgendes Beispiel: „Vor dem dreissigjährigen Kriege sind Anno 1620, 54 Einwohner in dem Dorffe Brumbi (im Amte Calbe an der Saale) gezehlet
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