Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]
Ohrenbläser.

1 Ohrenbläser lügen gern.

Holl.: Die vele lusteren pleghen gheern te lieghen. (Tunn., 8, 11.)

Lat.: Sepe susurrantes mendacia sunt cumulantes. (Fallersleben, 193.)

2 Vor Ohrenblesern vnd verechterischem Weibe behüte Herr unser Haus und Leibe.

*3 Es ist ein Ohrenbläser.

Wer das elende Gewerbe treibt, einem allerlei Schlimmes von andern im geheimen mitzutheilen.


Ohrenflüstern.

Ohrenflüstern gilt nicht. - Simrock, 7677.


Ohrenkrauber.

Hie han die Ohrenkrauber Platz, Fuchsschwentzer dienen all der Katz. - Eyering, III, 583.


Ohrenkrauen.

Ohrenkrauen thut gar wohl. - Kirchhof, Wend Vnmuth, I, 65.


Ohrenkrauer.

1 Ohrenkrawer, Honiglehrer vnd die nur Osterpredigt thun, richten in der Kirchen nichts guts an. - Petri, II, 502.

2 Wo Ohrenkrauer auf der Kanzel stehn, müssen die Durstigen mit den Trunkenen zum Teufel gehn.

Unter Ohrenkrauern versteht Luther Prediger, die ihren Zuhörern vorreden, was ihnen angenehm zu hören ist. "Schlegt es nit zu, dass Ohrenkrauer die Cantzel einnehmen, die da predigen, was man gern höret, so wird der Trunkene mit dem Durstigen verloren werden." - "Christi Sterben, Glaube und Liebe ist alt, wir müssen neue Ohrenkrauer haben." (Luther's Werke, II, 519; VII, 274.)


Ohrenmarkt.

* Er ist auf dem Ohrenmarkte gewesen.

"Zu Schwäbisch-Hall wurden einst den Vbelthätern die Ohren abgeschnitten; noch heisst eine Stelle ausser dem Graben >auf dem Ohrenmarkte<, daher man von einem Menschen ohne Ohren zu sagen pflegt: Er ist auf dem Ohrenmarkte gewesen." (Crusius, Schwäb. Chronik, I, 956b.)


Ohrenmelken.

* Sich vom Ohrenmelken nähren. (S. Ohr 123.) - Murner, Nb., 90.

Einem schmeicheln, ihn mit süssen Worten für sich gewinnen.


Ohrenmelker.

1 Der kann der Ofenmelker Lehr, der mir nur sagt, was ich gern hör'. - Murner, Schelm., 14.

*2 Ein Ohrenmelker sein. (S. Hälmlein 3.)

Ein Schmeichler, Fuchsschwänzer; durch allerlei süsse Worte jemand für seine Wünsche und Zwecke geneigt machen. "Jedermann fluchte dem David, sonderlich wenn's der König und seine Ohrenmelker hörten." (Luther's Werke, III, 314.) "Warheit sagen bringt vil hass, orenmelcken kompt jn bass; darumb der orenmelcker lern, was sein herrchafft höret gern. Ob sie schon erlogen weren, so soltu dich daran nit keren." (Murner, Schelm., in Kloster, I, 844.) - "So sind die herren also geneigt, wo sich ein ohrenmelcker zeigt, dem gibt er lohn vnd nimpt jn an, der leugt jm dann von yederman. Das ist ein schand der oberkeit was der ohrenmelcker seit, das muss warhafftig sein mit gewolt, der andern red jm nit gefalt." (Murner, Nb. in Kloster, IV, 863.)


Ohrfeige.

1 Eine ehrliche Ohrfeige ist besser als ein falscher Kuss.

In Warschau jüdisch-deutsch: Besser an ehrlicher Patsch (Ohrfeige) eider a falscher Küsch (Kuss). Die Russen: Die Ohrfeige, die das Glück gibt, ist empfindlicher für den Narren, als der Keulenschlag, den das Unglück dem Rücken des Weisen versetzt. (Altmann VI, 431.)

2 Eine Ohrfeige erfordert die andere.

3 Eine Ohrfeige ist kein Todschlag. - Spindler, Der Jude (Stuttgart 1838), I, 43.

4 Eine Ohrfeige kostet fünf Gulden. (Böhmen.)

Nur in seltenen Fällen wird sie vom Empfänger bezahlt, wie Revillagizedo (Vicekönig von Mexico) gethan, der einem Mädchen, das ihm eine Ohrfeige gegeben hatte, eine lebenslängliche Pension von 300 Dollars verabreichte. (Vgl. Schles. Zeitung, 1843, S. 1136.)

5 Gedräute Ohrfeigen schmerzen nicht. - Winckler, XVII, 6.


[Spaltenumbruch]

6 Lieber Ohrfeigen von dem einen als Küsse von dem andern.

Frz.: J'aymeroys mieux que lung me battist, que l'autre de ses dons me remplist.

Lat.: Malim ab vno verbera, quam ab alio munera. (Bovill, III, 182.)

7 Ohrfeige um Ohrfeige, das ist Taxe, sagt Vater Miller. - Schiller, Kabale und Liebe, II, 6.

8 Ohrfeigen, die der Nachbar kriegt, thun einem nicht wehe.

Frz.: Mal d'autrui n'est que songe.

9 Ohrfeigen sind gute Ableiter des Zorns.

10 Wer eine Ohrfeige erhalten hat und weiss nicht von wem, der muss sie behalten.

*11 Die Ohrfeige in seidenen Handschuhen geben.

Das Unangenehme in milde Form einkleiden. "Wiltu lehren und straffen fein, so meng holdselige red mit ein." (Froschm., Bvb.)

Lat.: Objurgationi semper aliquid blandi admisce. (Froschm., Bvb.)

*12 Eine gute (starke) Ohrfeige erhalten. - Frischbier, 554; Frischbier2, 2850; Hennig, 174.

Grossen Verlust erleiden. In Schlesien sagt man auch, man habe eine Ohrfeige erhalten, wenn man sich z. B. durch Erkältung eine Krankheit zuzieht, wenn man an zugiger Stelle von einem widrigen Winde plötzlich angeblasen wird u. s. w. "Auf specielles Verlangen wollen wir eine Ohrfeige von vorzüglicher Qualität verabreichen, für deren Güte wir garantiren." (Wochenblatt der Neuyorker Staatszeitung vom 23. Nov. 1850.)

*13 Einem eine doppelte Ohrfeige geben.

Ihn auf beide Backen maulschellen.

Frz.: Donne l'aller et le venir a quelqu'un. (Kritzinger, 21a.)

*14 Einem eine Ohrfeige geben, dass ihm der Kopf brummt. (S. Fünf 6 u. 16, Fünfthalerschein und Gebot 20.)

Um der Ohrfeige den unbeliebten Charakter so weit als möglich zu nehmen, lässt man sie in einem feinen Gewande auftreten. "Ich war in heftiger Gemüthsbewegung, rief ein Gascogner, es beschimpfte mich jemand; aber ich suchte mich zu sammeln, ich setzte ihm die Backe in Schatten." (Je lui ai mis la joue a l'ombre.) Aehnlich sagte ein anderer statt: Ich gab ihm einen Backenstreich: "Je lui ai fait baiser les cinq Apotres." (Witzfunken, VIIb, 82.)

Frz.: Donner cinq et quatre, la moitie de dix-huit. - Donne un cataplasme de Venise. - Flanquer un soufflet. (Masson, 271.)

*15 Einem Ohrfeigen anbieten.

*16 Er bekam Ohrfeigen, dass er glaubte, Ostern und Pfingsten fiel auf Einen Tag.

*17 Er bekommt Ohrfeigen, dass er den Himmel für eine Bassgeige ansieht.

In Warschau sagt man jüdisch-deutsch von einer derben, Flimmern vor den Augen erzeugenden Ohrfeige. Er hot ihm gegeben a Patsch, hot er gesehen Kruke (Krakau) ün Lemberg.

*18 Er gibt mehr Ohrfeigen als bestellt sind, wie jener Brauknecht.

Frz.: Faire comme le valet du diable, plus qu'on ne lui demande. (Leroux, I, 8.)

*19 Er kriegt eine Ohrfeige, dass er das Feuer im Elsass sieht. - Jer. Gotthelf, Erzählungen, 39.

*20 Er will seine Ohrfeigen zurückgeben.

Lat.: Apostolos mittere. (Faselius, 19.)

*21 Er wird nichts damit gewinnen als eine Ohrfeige.

Engl.: Billingsgate for a box on the ear. - You shall have as much favour at. (Bohn II, 49.)

*22 Er wird sich die Ohrfeige behalten müssen.

In Warschau sagt eine jüdisch-deutsche Redensart: Behalt den Patsch (Ohrfeige) in Keschene (vom polnischen kieszen = Tasche). Wenn man eine Beleidigung einstecken muss, gleichsam eine empfangene Ohrfeige in der Tasche aufbewahren, um sie gelegentlich vergeltend zurückzugeben.

*23 Es ist (war) eine rittermässige Ohrfeige.

An die Ritterzeit erinnernd, wo der Landesherr denen, die er in den Ritterstand erhob, mit den Worten: Dieses leide von mir und von keinem mehr, eine Maulschelle gab.

*24 I geb' dir eine Ohrfeige, dass du dich zehnmal umundumdrehst. (Troppau.)

*25 Sich eine Ohrfeige holen.

Die unzufriedenen Bauern hatten sich vor dem Hause eines würtembergischen Schultheiss versammelt und forderten, er solle herauskommen, um eine Ohrfeige zu empfangen. "Ich thu' es nicht", sagte er, "und wenn ihr mir auch zwei geben wollt." (Der Freischütz, Neuyork 1849, S. 175.)


[Spaltenumbruch]
Ohrenbläser.

1 Ohrenbläser lügen gern.

Holl.: Die vele lusteren pleghen gheern te lieghen. (Tunn., 8, 11.)

Lat.: Sepe susurrantes mendacia sunt cumulantes. (Fallersleben, 193.)

2 Vor Ohrenblesern vnd verechterischem Weibe behüte Herr unser Haus und Leibe.

*3 Es ist ein Ohrenbläser.

Wer das elende Gewerbe treibt, einem allerlei Schlimmes von andern im geheimen mitzutheilen.


Ohrenflüstern.

Ohrenflüstern gilt nicht.Simrock, 7677.


Ohrenkrauber.

Hie han die Ohrenkrauber Platz, Fuchsschwentzer dienen all der Katz.Eyering, III, 583.


Ohrenkrauen.

Ohrenkrauen thut gar wohl.Kirchhof, Wend Vnmuth, I, 65.


Ohrenkrauer.

1 Ohrenkrawer, Honiglehrer vnd die nur Osterpredigt thun, richten in der Kirchen nichts guts an.Petri, II, 502.

2 Wo Ohrenkrauer auf der Kanzel stehn, müssen die Durstigen mit den Trunkenen zum Teufel gehn.

Unter Ohrenkrauern versteht Luther Prediger, die ihren Zuhörern vorreden, was ihnen angenehm zu hören ist. „Schlegt es nit zu, dass Ohrenkrauer die Cantzel einnehmen, die da predigen, was man gern höret, so wird der Trunkene mit dem Durstigen verloren werden.“ – „Christi Sterben, Glaube und Liebe ist alt, wir müssen neue Ohrenkrauer haben.“ (Luther's Werke, II, 519; VII, 274.)


Ohrenmarkt.

* Er ist auf dem Ohrenmarkte gewesen.

„Zu Schwäbisch-Hall wurden einst den Vbelthätern die Ohren abgeschnitten; noch heisst eine Stelle ausser dem Graben ›auf dem Ohrenmarkte‹, daher man von einem Menschen ohne Ohren zu sagen pflegt: Er ist auf dem Ohrenmarkte gewesen.“ (Crusius, Schwäb. Chronik, I, 956b.)


Ohrenmelken.

* Sich vom Ohrenmelken nähren. (S. Ohr 123.) – Murner, Nb., 90.

Einem schmeicheln, ihn mit süssen Worten für sich gewinnen.


Ohrenmelker.

1 Der kann der Ofenmelker Lehr, der mir nur sagt, was ich gern hör'.Murner, Schelm., 14.

*2 Ein Ohrenmelker sein. (S. Hälmlein 3.)

Ein Schmeichler, Fuchsschwänzer; durch allerlei süsse Worte jemand für seine Wünsche und Zwecke geneigt machen. „Jedermann fluchte dem David, sonderlich wenn's der König und seine Ohrenmelker hörten.“ (Luther's Werke, III, 314.) „Warheit sagen bringt vil hass, orenmelcken kompt jn bass; darumb der orenmelcker lern, was sein herrchafft höret gern. Ob sie schon erlogen weren, so soltu dich daran nit keren.“ (Murner, Schelm., in Kloster, I, 844.) – „So sind die herren also geneigt, wo sich ein ohrenmelcker zeigt, dem gibt er lohn vnd nimpt jn an, der leugt jm dann von yederman. Das ist ein schand der oberkeit was der ohrenmelcker seit, das muss warhafftig sein mit gewolt, der andern red jm nit gefalt.“ (Murner, Nb. in Kloster, IV, 863.)


Ohrfeige.

1 Eine ehrliche Ohrfeige ist besser als ein falscher Kuss.

In Warschau jüdisch-deutsch: Besser an ehrlicher Patsch (Ohrfeige) eider a falscher Küsch (Kuss). Die Russen: Die Ohrfeige, die das Glück gibt, ist empfindlicher für den Narren, als der Keulenschlag, den das Unglück dem Rücken des Weisen versetzt. (Altmann VI, 431.)

2 Eine Ohrfeige erfordert die andere.

3 Eine Ohrfeige ist kein Todschlag.Spindler, Der Jude (Stuttgart 1838), I, 43.

4 Eine Ohrfeige kostet fünf Gulden. (Böhmen.)

Nur in seltenen Fällen wird sie vom Empfänger bezahlt, wie Revillagizedo (Vicekönig von Mexico) gethan, der einem Mädchen, das ihm eine Ohrfeige gegeben hatte, eine lebenslängliche Pension von 300 Dollars verabreichte. (Vgl. Schles. Zeitung, 1843, S. 1136.)

5 Gedräute Ohrfeigen schmerzen nicht.Winckler, XVII, 6.


[Spaltenumbruch]

6 Lieber Ohrfeigen von dem einen als Küsse von dem andern.

Frz.: J'aymeroys mieux que lung me battist, que l'autre de ses dons me remplist.

Lat.: Malim ab vno verbera, quam ab alio munera. (Bovill, III, 182.)

7 Ohrfeige um Ohrfeige, das ist Taxe, sagt Vater Miller.Schiller, Kabale und Liebe, II, 6.

8 Ohrfeigen, die der Nachbar kriegt, thun einem nicht wehe.

Frz.: Mal d'autrui n'est que songe.

9 Ohrfeigen sind gute Ableiter des Zorns.

10 Wer eine Ohrfeige erhalten hat und weiss nicht von wem, der muss sie behalten.

*11 Die Ohrfeige in seidenen Handschuhen geben.

Das Unangenehme in milde Form einkleiden. „Wiltu lehren und straffen fein, so meng holdselige red mit ein.“ (Froschm., Bvb.)

Lat.: Objurgationi semper aliquid blandi admisce. (Froschm., Bvb.)

*12 Eine gute (starke) Ohrfeige erhalten.Frischbier, 554; Frischbier2, 2850; Hennig, 174.

Grossen Verlust erleiden. In Schlesien sagt man auch, man habe eine Ohrfeige erhalten, wenn man sich z. B. durch Erkältung eine Krankheit zuzieht, wenn man an zugiger Stelle von einem widrigen Winde plötzlich angeblasen wird u. s. w. „Auf specielles Verlangen wollen wir eine Ohrfeige von vorzüglicher Qualität verabreichen, für deren Güte wir garantiren.“ (Wochenblatt der Neuyorker Staatszeitung vom 23. Nov. 1850.)

*13 Einem eine doppelte Ohrfeige geben.

Ihn auf beide Backen maulschellen.

Frz.: Donne l'aller et le venir à quelqu'un. (Kritzinger, 21a.)

*14 Einem eine Ohrfeige geben, dass ihm der Kopf brummt. (S. Fünf 6 u. 16, Fünfthalerschein und Gebot 20.)

Um der Ohrfeige den unbeliebten Charakter so weit als möglich zu nehmen, lässt man sie in einem feinen Gewande auftreten. „Ich war in heftiger Gemüthsbewegung, rief ein Gascogner, es beschimpfte mich jemand; aber ich suchte mich zu sammeln, ich setzte ihm die Backe in Schatten.“ (Je lui ai mis la joue à l'ombre.) Aehnlich sagte ein anderer statt: Ich gab ihm einen Backenstreich: „Je lui ai fait baiser les cinq Apôtres.“ (Witzfunken, VIIb, 82.)

Frz.: Donner cinq et quatre, la moitié de dix-huit. – Donne un cataplasme de Venise. – Flanquer un soufflet. (Masson, 271.)

*15 Einem Ohrfeigen anbieten.

*16 Er bekam Ohrfeigen, dass er glaubte, Ostern und Pfingsten fiel auf Einen Tag.

*17 Er bekommt Ohrfeigen, dass er den Himmel für eine Bassgeige ansieht.

In Warschau sagt man jüdisch-deutsch von einer derben, Flimmern vor den Augen erzeugenden Ohrfeige. Er hot ihm gegeben a Patsch, hot er gesehen Kruke (Krakau) ün Lemberg.

*18 Er gibt mehr Ohrfeigen als bestellt sind, wie jener Brauknecht.

Frz.: Faire comme le valet du diable, plus qu'on ne lui demande. (Leroux, I, 8.)

*19 Er kriegt eine Ohrfeige, dass er das Feuer im Elsass sieht.Jer. Gotthelf, Erzählungen, 39.

*20 Er will seine Ohrfeigen zurückgeben.

Lat.: Apostolos mittere. (Faselius, 19.)

*21 Er wird nichts damit gewinnen als eine Ohrfeige.

Engl.: Billingsgate for a box on the ear. – You shall have as much favour at. (Bohn II, 49.)

*22 Er wird sich die Ohrfeige behalten müssen.

In Warschau sagt eine jüdisch-deutsche Redensart: Behalt den Patsch (Ohrfeige) in Keschene (vom polnischen kieszen = Tasche). Wenn man eine Beleidigung einstecken muss, gleichsam eine empfangene Ohrfeige in der Tasche aufbewahren, um sie gelegentlich vergeltend zurückzugeben.

*23 Es ist (war) eine rittermässige Ohrfeige.

An die Ritterzeit erinnernd, wo der Landesherr denen, die er in den Ritterstand erhob, mit den Worten: Dieses leide von mir und von keinem mehr, eine Maulschelle gab.

*24 I geb' dir eine Ohrfeige, dass du dich zehnmal umundumdrehst. (Troppau.)

*25 Sich eine Ohrfeige holen.

Die unzufriedenen Bauern hatten sich vor dem Hause eines würtembergischen Schultheiss versammelt und forderten, er solle herauskommen, um eine Ohrfeige zu empfangen. „Ich thu' es nicht“, sagte er, „und wenn ihr mir auch zwei geben wollt.“ (Der Freischütz, Neuyork 1849, S. 175.)


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0583" n="[569]"/>
        <cb n="1137"/>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ohrenbläser.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Ohrenbläser lügen gern.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Die vele lusteren pleghen gheern te lieghen. (<hi rendition="#i">Tunn., 8, 11.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Sepe susurrantes mendacia sunt cumulantes. (<hi rendition="#i">Fallersleben, 193.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Vor Ohrenblesern vnd verechterischem Weibe behüte Herr unser Haus und Leibe.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*3 Es ist ein Ohrenbläser.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Wer das elende Gewerbe treibt, einem allerlei Schlimmes von andern im geheimen mitzutheilen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ohrenflüstern.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Ohrenflüstern gilt nicht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 7677.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ohrenkrauber.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Hie han die Ohrenkrauber Platz, Fuchsschwentzer dienen all der Katz.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eyering, III, 583.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ohrenkrauen.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Ohrenkrauen thut gar wohl.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Kirchhof, Wend Vnmuth, I, 65.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ohrenkrauer.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Ohrenkrawer, Honiglehrer vnd die nur Osterpredigt thun, richten in der Kirchen nichts guts an.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 502.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Wo Ohrenkrauer auf der Kanzel stehn, müssen die Durstigen mit den Trunkenen zum Teufel gehn.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Unter Ohrenkrauern versteht Luther Prediger, die ihren Zuhörern vorreden, was ihnen angenehm zu hören ist. &#x201E;Schlegt es nit zu, dass Ohrenkrauer die Cantzel einnehmen, die da predigen, was man gern höret, so wird der Trunkene mit dem Durstigen verloren werden.&#x201C; &#x2013; &#x201E;Christi Sterben, Glaube und Liebe ist alt, wir müssen neue Ohrenkrauer haben.&#x201C; (<hi rendition="#i">Luther's Werke, II, 519; VII, 274.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ohrenmarkt.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Er ist auf dem Ohrenmarkte gewesen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Zu Schwäbisch-Hall wurden einst den Vbelthätern die Ohren abgeschnitten; noch heisst eine Stelle ausser dem Graben &#x203A;auf dem Ohrenmarkte&#x2039;, daher man von einem Menschen ohne Ohren zu sagen pflegt: Er ist auf dem Ohrenmarkte gewesen.&#x201C; (<hi rendition="#i">Crusius, Schwäb. Chronik, I, 956<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ohrenmelken.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Sich vom Ohrenmelken nähren.</hi> (S.  Ohr 123.) &#x2013; <hi rendition="#i">Murner, Nb., 90.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Einem schmeicheln, ihn mit süssen Worten für sich gewinnen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ohrenmelker.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Der kann der Ofenmelker Lehr, der mir nur sagt, was ich gern hör'.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Murner, Schelm., 14.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 Ein Ohrenmelker sein.</hi> (S.  Hälmlein 3.)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Ein Schmeichler, Fuchsschwänzer; durch allerlei süsse Worte jemand für seine Wünsche und Zwecke geneigt machen. &#x201E;Jedermann fluchte dem David, sonderlich wenn's der König und seine Ohrenmelker hörten.&#x201C; (<hi rendition="#i">Luther's Werke, III, 314.</hi>) &#x201E;Warheit sagen bringt vil hass, orenmelcken kompt jn bass; darumb der orenmelcker lern, was sein herrchafft höret gern. Ob sie schon erlogen weren, so soltu dich daran nit keren.&#x201C; (<hi rendition="#i">Murner, Schelm., in Kloster, I, 844.</hi>) &#x2013; &#x201E;So sind die herren also geneigt, wo sich ein ohrenmelcker zeigt, dem gibt er lohn vnd nimpt jn an, der leugt jm dann von yederman. Das ist ein schand der oberkeit was der ohrenmelcker seit, das muss warhafftig sein mit gewolt, der andern red jm nit gefalt.&#x201C; (<hi rendition="#i">Murner, Nb. in Kloster, IV, 863.</hi>)</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Ohrfeige.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Eine ehrliche Ohrfeige ist besser als ein falscher Kuss.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In Warschau jüdisch-deutsch: Besser an ehrlicher Patsch (Ohrfeige) eider a falscher Küsch (Kuss). Die Russen: Die Ohrfeige, die das Glück gibt, ist empfindlicher für den Narren, als der Keulenschlag, den das Unglück dem Rücken des Weisen versetzt. (<hi rendition="#i">Altmann VI, 431.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Eine Ohrfeige erfordert die andere.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Eine Ohrfeige ist kein Todschlag.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Spindler, Der Jude (Stuttgart 1838), I, 43.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Eine Ohrfeige kostet fünf Gulden.</hi> (<hi rendition="#i">Böhmen.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Nur in seltenen Fällen wird sie vom Empfänger bezahlt, wie Revillagizedo (Vicekönig von Mexico) gethan, der einem Mädchen, das ihm eine Ohrfeige gegeben hatte, eine lebenslängliche Pension von 300 Dollars verabreichte. (Vgl. <hi rendition="#i">Schles. Zeitung, 1843, S. 1136.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Gedräute Ohrfeigen schmerzen nicht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Winckler, XVII, 6.</hi></p><lb/>
          <cb n="1138"/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Lieber Ohrfeigen von dem einen als Küsse von dem andern.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: J'aymeroys mieux que lung me battist, que l'autre de ses dons me remplist.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Malim ab vno verbera, quam ab alio munera. (<hi rendition="#i">Bovill, III, 182.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Ohrfeige um Ohrfeige, das ist Taxe, sagt Vater Miller.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schiller, Kabale und Liebe, II, 6.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Ohrfeigen, die der Nachbar kriegt, thun einem nicht wehe.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Mal d'autrui n'est que songe.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">9 Ohrfeigen sind gute Ableiter des Zorns.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">10 Wer eine Ohrfeige erhalten hat und weiss nicht von wem, der muss sie behalten.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*11 Die Ohrfeige in seidenen Handschuhen geben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Das Unangenehme in milde Form einkleiden. &#x201E;Wiltu lehren und straffen fein, so meng holdselige red mit ein.&#x201C; (<hi rendition="#i">Froschm., Bv<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Objurgationi semper aliquid blandi admisce. (<hi rendition="#i">Froschm., Bv<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*12 Eine gute (starke) Ohrfeige erhalten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier, 554; Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 2850; Hennig, 174.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Grossen Verlust erleiden. In Schlesien sagt man auch, man habe eine Ohrfeige erhalten, wenn man sich z. B. durch Erkältung eine Krankheit zuzieht, wenn man an zugiger Stelle von einem widrigen Winde plötzlich angeblasen wird u. s. w. &#x201E;Auf specielles Verlangen wollen wir eine Ohrfeige von vorzüglicher Qualität verabreichen, für deren Güte wir garantiren.&#x201C; (<hi rendition="#i">Wochenblatt der Neuyorker Staatszeitung vom 23. Nov. 1850.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*13 Einem eine doppelte Ohrfeige geben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Ihn auf beide Backen maulschellen.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Donne l'aller et le venir à quelqu'un. (<hi rendition="#i">Kritzinger, 21<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*14 Einem eine Ohrfeige geben, dass ihm der Kopf brummt.</hi> (S. Fünf  6 u.  16,  Fünfthalerschein und  Gebot 20.)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Um der Ohrfeige den unbeliebten Charakter so weit als möglich zu nehmen, lässt man sie in einem feinen Gewande auftreten. &#x201E;Ich war in heftiger Gemüthsbewegung, rief ein Gascogner, es beschimpfte mich jemand; aber ich suchte mich zu sammeln, ich setzte ihm die Backe in Schatten.&#x201C; (Je lui ai mis la joue à l'ombre.) Aehnlich sagte ein anderer statt: Ich gab ihm einen Backenstreich: &#x201E;Je lui ai fait baiser les cinq Apôtres.&#x201C; (<hi rendition="#i">Witzfunken, VII<hi rendition="#sup">b</hi>, 82.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Donner cinq et quatre, la moitié de dix-huit. &#x2013; Donne un cataplasme de Venise. &#x2013; Flanquer un soufflet. (<hi rendition="#i">Masson, 271.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*15 Einem Ohrfeigen anbieten.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*16 Er bekam Ohrfeigen, dass er glaubte, Ostern und Pfingsten fiel auf Einen Tag.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*17 Er bekommt Ohrfeigen, dass er den Himmel für eine Bassgeige ansieht.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In Warschau sagt man jüdisch-deutsch von einer derben, Flimmern vor den Augen erzeugenden Ohrfeige. Er hot ihm gegeben a Patsch, hot er gesehen Kruke (Krakau) ün Lemberg.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*18 Er gibt mehr Ohrfeigen als bestellt sind, wie jener Brauknecht.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Faire comme le valet du diable, plus qu'on ne lui demande. (<hi rendition="#i">Leroux, I, 8.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*19 Er kriegt eine Ohrfeige, dass er das Feuer im Elsass sieht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Jer. Gotthelf, Erzählungen, 39.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*20 Er will seine Ohrfeigen zurückgeben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Apostolos mittere. (<hi rendition="#i">Faselius, 19.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*21 Er wird nichts damit gewinnen als eine Ohrfeige.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Engl.</hi>: Billingsgate for a box on the ear. &#x2013; You shall have as much favour at. (<hi rendition="#i">Bohn II, 49.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*22 Er wird sich die Ohrfeige behalten müssen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In Warschau sagt eine jüdisch-deutsche Redensart: Behalt den Patsch (Ohrfeige) in Keschene (vom polnischen kieszen = Tasche). Wenn man eine Beleidigung einstecken muss, gleichsam eine empfangene Ohrfeige in der Tasche aufbewahren, um sie gelegentlich vergeltend zurückzugeben.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*23 Es ist (war) eine rittermässige Ohrfeige.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">An die Ritterzeit erinnernd, wo der Landesherr denen, die er in den Ritterstand erhob, mit den Worten: Dieses leide von mir und von keinem mehr, eine Maulschelle gab.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*24 I geb' dir eine Ohrfeige, dass du dich zehnmal umundumdrehst.</hi> (<hi rendition="#i">Troppau.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*25 Sich eine Ohrfeige holen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die unzufriedenen Bauern hatten sich vor dem Hause eines würtembergischen Schultheiss versammelt und forderten, er solle herauskommen, um eine Ohrfeige zu empfangen. &#x201E;Ich thu' es nicht&#x201C;, sagte er, &#x201E;und wenn ihr mir auch zwei geben wollt.&#x201C; (<hi rendition="#i">Der Freischütz, Neuyork 1849, S. 175.</hi>)</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[569]/0583] Ohrenbläser. 1 Ohrenbläser lügen gern. Holl.: Die vele lusteren pleghen gheern te lieghen. (Tunn., 8, 11.) Lat.: Sepe susurrantes mendacia sunt cumulantes. (Fallersleben, 193.) 2 Vor Ohrenblesern vnd verechterischem Weibe behüte Herr unser Haus und Leibe. *3 Es ist ein Ohrenbläser. Wer das elende Gewerbe treibt, einem allerlei Schlimmes von andern im geheimen mitzutheilen. Ohrenflüstern. Ohrenflüstern gilt nicht. – Simrock, 7677. Ohrenkrauber. Hie han die Ohrenkrauber Platz, Fuchsschwentzer dienen all der Katz. – Eyering, III, 583. Ohrenkrauen. Ohrenkrauen thut gar wohl. – Kirchhof, Wend Vnmuth, I, 65. Ohrenkrauer. 1 Ohrenkrawer, Honiglehrer vnd die nur Osterpredigt thun, richten in der Kirchen nichts guts an. – Petri, II, 502. 2 Wo Ohrenkrauer auf der Kanzel stehn, müssen die Durstigen mit den Trunkenen zum Teufel gehn. Unter Ohrenkrauern versteht Luther Prediger, die ihren Zuhörern vorreden, was ihnen angenehm zu hören ist. „Schlegt es nit zu, dass Ohrenkrauer die Cantzel einnehmen, die da predigen, was man gern höret, so wird der Trunkene mit dem Durstigen verloren werden.“ – „Christi Sterben, Glaube und Liebe ist alt, wir müssen neue Ohrenkrauer haben.“ (Luther's Werke, II, 519; VII, 274.) Ohrenmarkt. * Er ist auf dem Ohrenmarkte gewesen. „Zu Schwäbisch-Hall wurden einst den Vbelthätern die Ohren abgeschnitten; noch heisst eine Stelle ausser dem Graben ›auf dem Ohrenmarkte‹, daher man von einem Menschen ohne Ohren zu sagen pflegt: Er ist auf dem Ohrenmarkte gewesen.“ (Crusius, Schwäb. Chronik, I, 956b.) Ohrenmelken. * Sich vom Ohrenmelken nähren. (S. Ohr 123.) – Murner, Nb., 90. Einem schmeicheln, ihn mit süssen Worten für sich gewinnen. Ohrenmelker. 1 Der kann der Ofenmelker Lehr, der mir nur sagt, was ich gern hör'. – Murner, Schelm., 14. *2 Ein Ohrenmelker sein. (S. Hälmlein 3.) Ein Schmeichler, Fuchsschwänzer; durch allerlei süsse Worte jemand für seine Wünsche und Zwecke geneigt machen. „Jedermann fluchte dem David, sonderlich wenn's der König und seine Ohrenmelker hörten.“ (Luther's Werke, III, 314.) „Warheit sagen bringt vil hass, orenmelcken kompt jn bass; darumb der orenmelcker lern, was sein herrchafft höret gern. Ob sie schon erlogen weren, so soltu dich daran nit keren.“ (Murner, Schelm., in Kloster, I, 844.) – „So sind die herren also geneigt, wo sich ein ohrenmelcker zeigt, dem gibt er lohn vnd nimpt jn an, der leugt jm dann von yederman. Das ist ein schand der oberkeit was der ohrenmelcker seit, das muss warhafftig sein mit gewolt, der andern red jm nit gefalt.“ (Murner, Nb. in Kloster, IV, 863.) Ohrfeige. 1 Eine ehrliche Ohrfeige ist besser als ein falscher Kuss. In Warschau jüdisch-deutsch: Besser an ehrlicher Patsch (Ohrfeige) eider a falscher Küsch (Kuss). Die Russen: Die Ohrfeige, die das Glück gibt, ist empfindlicher für den Narren, als der Keulenschlag, den das Unglück dem Rücken des Weisen versetzt. (Altmann VI, 431.) 2 Eine Ohrfeige erfordert die andere. 3 Eine Ohrfeige ist kein Todschlag. – Spindler, Der Jude (Stuttgart 1838), I, 43. 4 Eine Ohrfeige kostet fünf Gulden. (Böhmen.) Nur in seltenen Fällen wird sie vom Empfänger bezahlt, wie Revillagizedo (Vicekönig von Mexico) gethan, der einem Mädchen, das ihm eine Ohrfeige gegeben hatte, eine lebenslängliche Pension von 300 Dollars verabreichte. (Vgl. Schles. Zeitung, 1843, S. 1136.) 5 Gedräute Ohrfeigen schmerzen nicht. – Winckler, XVII, 6. 6 Lieber Ohrfeigen von dem einen als Küsse von dem andern. Frz.: J'aymeroys mieux que lung me battist, que l'autre de ses dons me remplist. Lat.: Malim ab vno verbera, quam ab alio munera. (Bovill, III, 182.) 7 Ohrfeige um Ohrfeige, das ist Taxe, sagt Vater Miller. – Schiller, Kabale und Liebe, II, 6. 8 Ohrfeigen, die der Nachbar kriegt, thun einem nicht wehe. Frz.: Mal d'autrui n'est que songe. 9 Ohrfeigen sind gute Ableiter des Zorns. 10 Wer eine Ohrfeige erhalten hat und weiss nicht von wem, der muss sie behalten. *11 Die Ohrfeige in seidenen Handschuhen geben. Das Unangenehme in milde Form einkleiden. „Wiltu lehren und straffen fein, so meng holdselige red mit ein.“ (Froschm., Bvb.) Lat.: Objurgationi semper aliquid blandi admisce. (Froschm., Bvb.) *12 Eine gute (starke) Ohrfeige erhalten. – Frischbier, 554; Frischbier2, 2850; Hennig, 174. Grossen Verlust erleiden. In Schlesien sagt man auch, man habe eine Ohrfeige erhalten, wenn man sich z. B. durch Erkältung eine Krankheit zuzieht, wenn man an zugiger Stelle von einem widrigen Winde plötzlich angeblasen wird u. s. w. „Auf specielles Verlangen wollen wir eine Ohrfeige von vorzüglicher Qualität verabreichen, für deren Güte wir garantiren.“ (Wochenblatt der Neuyorker Staatszeitung vom 23. Nov. 1850.) *13 Einem eine doppelte Ohrfeige geben. Ihn auf beide Backen maulschellen. Frz.: Donne l'aller et le venir à quelqu'un. (Kritzinger, 21a.) *14 Einem eine Ohrfeige geben, dass ihm der Kopf brummt. (S. Fünf 6 u. 16, Fünfthalerschein und Gebot 20.) Um der Ohrfeige den unbeliebten Charakter so weit als möglich zu nehmen, lässt man sie in einem feinen Gewande auftreten. „Ich war in heftiger Gemüthsbewegung, rief ein Gascogner, es beschimpfte mich jemand; aber ich suchte mich zu sammeln, ich setzte ihm die Backe in Schatten.“ (Je lui ai mis la joue à l'ombre.) Aehnlich sagte ein anderer statt: Ich gab ihm einen Backenstreich: „Je lui ai fait baiser les cinq Apôtres.“ (Witzfunken, VIIb, 82.) Frz.: Donner cinq et quatre, la moitié de dix-huit. – Donne un cataplasme de Venise. – Flanquer un soufflet. (Masson, 271.) *15 Einem Ohrfeigen anbieten. *16 Er bekam Ohrfeigen, dass er glaubte, Ostern und Pfingsten fiel auf Einen Tag. *17 Er bekommt Ohrfeigen, dass er den Himmel für eine Bassgeige ansieht. In Warschau sagt man jüdisch-deutsch von einer derben, Flimmern vor den Augen erzeugenden Ohrfeige. Er hot ihm gegeben a Patsch, hot er gesehen Kruke (Krakau) ün Lemberg. *18 Er gibt mehr Ohrfeigen als bestellt sind, wie jener Brauknecht. Frz.: Faire comme le valet du diable, plus qu'on ne lui demande. (Leroux, I, 8.) *19 Er kriegt eine Ohrfeige, dass er das Feuer im Elsass sieht. – Jer. Gotthelf, Erzählungen, 39. *20 Er will seine Ohrfeigen zurückgeben. Lat.: Apostolos mittere. (Faselius, 19.) *21 Er wird nichts damit gewinnen als eine Ohrfeige. Engl.: Billingsgate for a box on the ear. – You shall have as much favour at. (Bohn II, 49.) *22 Er wird sich die Ohrfeige behalten müssen. In Warschau sagt eine jüdisch-deutsche Redensart: Behalt den Patsch (Ohrfeige) in Keschene (vom polnischen kieszen = Tasche). Wenn man eine Beleidigung einstecken muss, gleichsam eine empfangene Ohrfeige in der Tasche aufbewahren, um sie gelegentlich vergeltend zurückzugeben. *23 Es ist (war) eine rittermässige Ohrfeige. An die Ritterzeit erinnernd, wo der Landesherr denen, die er in den Ritterstand erhob, mit den Worten: Dieses leide von mir und von keinem mehr, eine Maulschelle gab. *24 I geb' dir eine Ohrfeige, dass du dich zehnmal umundumdrehst. (Troppau.) *25 Sich eine Ohrfeige holen. Die unzufriedenen Bauern hatten sich vor dem Hause eines würtembergischen Schultheiss versammelt und forderten, er solle herauskommen, um eine Ohrfeige zu empfangen. „Ich thu' es nicht“, sagte er, „und wenn ihr mir auch zwei geben wollt.“ (Der Freischütz, Neuyork 1849, S. 175.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:39:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:39:28Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/583
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [569]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/583>, abgerufen am 22.11.2024.