Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.[Spaltenumbruch] 6 Nüchtern ist mancher bescheiden, voll ungeberdig. - Sailer, 124. 7 Nüchtern wird kein Tanz. - Petri, II, 501. 8 Sei nüchtern und kalt, willst du werden alt. - Steiger, 137; Simrock, 7598. Dän.: Afhold er en laegedom for sundhed og lang levnet. (Prov. dan., 372.) 9 Was einer nüchtern darff dencken, das darff er voll reden oder thun. - Theatrum Diabolorum, 290b. 10 Was einer nüchtern gedenckt, dass darff er truncken thun vnd reden. - Lehmann, 756, 1. 11 Was einer nüchtern im Kopfe hat, das redet er im Rausch. Engl.: What soberness conceals, drunkenness reveals. (Gaal, 1230.) *12 Er ist so nüchtern, dass er nichts im Leibe hat als die Erbsünde. *13 Nummer nüchtern! (Köthen.) *14 So nüchtern wie d' Bettelleut am Abend. (Nürtingen.) *15 Was er nüchtern sagt, hat er trunken gedacht. Nüchterner. 1 Ein Nüchterner ist um einen Vollen zu vertauschen. 2 Was der nüchtern denckt, das redet der Folle. - Gruter, I, 75; Petri, II, 588; Henisch, 678, 64; Eyering, III, 413; Schottel, 1124a; Körte, 4603; Braun, I, 3091. Dän.: Det aedru taenker, taler den drukne. - Det man aedru taenker, tör man drukken tale og giöre. (Prov. dan., 12.) Frz.: Ce que moine pense, il ose le faire. (Bohn I, 10.) Poln.: Jezyk kiedy bladzi, prawde mowi. (Masson, 376.) 3 Was der Nüchterne denkt, das sagt der Trunkene. Holl.: Wat de nuchtere denkt, dat spreekt de dronkaard. (Harrebomee, II, 131b; Bohn I, 342.) 4 Was der Nüchterne im Herzen hat, das hat der Trunkene auf der Zunge. Wo der Wein unten liegt, da schwimmen die Worte oben. Den Nüchternen hält entweder Furcht oder Scham zurück, etwas herauszusagen, der Wein aber vertreibt Furcht und Scham. Jüdisch-deutsch in Warschau: Wus beei a Nüchternen (a Klügen) is auf der Lüng, is bei a Schicke (Trunkenen) auf der Züng. Böhm.: Co strizlivy na srdci ma, to se opilemu na jazyku vypukne. - Co strizisvy v sobe kryje, to opily z sebe ven vylije. - Co v srdci strizliveho, to na jazyku opileho. (Celakovsky, 138.) Dän.: Det aedru har i hiertet, har den drukne i munden. (Bohn I, 358; Prov. dan., 12.) Poln.: Co na sercu u trzezwego, to na jezyku u pijanego Co po trzezwemu na mysli, to po pijanemu na jezyku. (Celakovsky, 138.) 5 Was der Nüchterne im Herzensgrund, geht dem Trunkenen über den Mund. - Oec. rur., 41. *6 Den Nüchtern terbreaken. (Westf.) Etwas geniessen, um nicht mehr nüchtern zu sein. Nüchternheit. 1 Nüchternheit und Keuschheit wohnen beisammen allezeit. Lat.: De abstinentia exeunt castae et prudentes cogitationes. (Chaos, 381.) 2 Wo Nüchternheit, sucht Venus selten ihre Freud. - Chaos, 494. Nücke. 1 Dat sünt sein Nücke(n)1, sä(de) de Hatterske, do leg er Mann up't Starven. - Goldschmidt, 126; Frommann, II, 538, 176. 1) Der Nück, Einzahl ungewöhnlich, Mehrzahl gewöhnlich Nücke, auch Nücken, mundartlich Nucke = Bosheit, Falschheit, ausgearteter Eigensinn, üble Laune, Tücke. (Schambach, Wb.) (S. Knöp.) *2 Em stiggt de dulle Nück up. - Dähnert, 330b. Er wird wunderlich, es ist jetzt nichts anzufangen mit ihm. Nuckel. * Das ist eine Nuckel. - Frischbier2, 2803. Auch: ein Nuckelchen, ein Kleinnutschke, ein kleines Kind, auch eine kleine Person. Nudel. *1 Die Nudeln sind ihm nicht fett genug geschmalzen. *2 So werden die Nudeln gemacht. So geht es dabei zu, so verfährt man, so ist der Gang der Welt. In Warschau jüdisch-deutsch: Kach Darkej schel Ojlem, a so kocht män die Lokschen (Nudeln). [Spaltenumbruch] *3 Was haben Nudeln mit Haaren (Haupthaaren) zu thun! Neger in Surinam, um zu sagen, das gehört nicht hierher! Was hat dies mit der Frage zu thun? Das passt wie die Faust aufs Auge! Nudelbret. Auf einem Nudelbret ist nicht gut tanzen. - H. Schmid, Almenrausch und Edelweiss. Nudeldrücker. * Es sind Nudeldrücker. In Schweidnitz ist 1870 von S. Profe eine Flugschrift unter dem Titel Das Bürgerthum. Ein Handbüchlein zur Kenntniss, Eintheilung, Klassificirung u. Charakterisirung der Bürger aller Zeiten erschienen. Der Verfasser bringt die Bürger in folgende neun Klassen: Kronenbürger, Ehrenbürger, Grossbürger (Schoppenphilister), Pfahlbürger, Spiessbürger, Pelzbürger (Klatschphilister), Cravattenfabrikanten oder Halsabschneider, Nudeldrücker und endlich Schafköpfe (Idioten, Unwissende, Dummköpfe). Ich will einige Sätze aus der Charakteristik derselben hervorheben. "Nudeldrücker", sagt Profe (S. 21), "heissen diejenigen Bürger und Personen, die in ihrem Verhalten und ihrem Charakter das Gepräge der Nudelfabrikanten besitzen. Der Begriff des Bestimmworts Nudel oder Nudeln bezeichnet sie in Handlungsart unentschlossen, drehend, vorsichtig, überlegt und langweilig, dabei stets nüchtern. Das Grundwort "drücken" deutet an, dass sie sich von jeglichen Ausgaben und Verpflichtungen fern halten, sich "drücken". Diese Klasse von Bürgern ist nächst den Cravattenfabrikanten (s. d.) die gefährlichste und verächtlichste. Den Charakter des Nudeldrückers erkennt man am Folgenden. Der Nudeldrücker ist zunächst geizig und habsüchtig. Er liebt die Gastfreundschaft, nur nicht in seinem Hause. Er isst viel und gut, wenn er nichts bezahlen darf. Er lobt die guten Weine und besitzt schon deshalb einen auffallend guten Appetit, weil Speise und Trank ihm nichts kosten. Der Nudeldrücker führt nicht gern Dose und Cigarren bei sich, er erbittet von seinen Freunden Prise und Cigarren. Vor dem Nachhausegehen aus dem Wirthshause versorgt er sich mit den nöthigen Zündhölzchen." Nudeltopf. Dort war's wie in einem Nudeltopf. - Klix, 51. Nuden. To nuden unde noden. (Mecklenburg.) Im Glück und in der Noth. (Vgl. J. Grimm in dem Berl. Jahrbuch, Dec. 1841, S. 808.) Lat.: Gaudiis et necessitatibus, prosperis et adversis. Nüff. * He gav em ens up de Nüff. - Dähnert, 331b. Er schlug es auf die Nase. Nüffke. * He hett't Nüffke all weer baven't Water. - Kern, 509. Wenn einem Naseweisen das Maul gestopft worden ist, so sagt man: he is daukt (untergetaucht); fängt er nachher wieder zu räsonniren an, so heisst es: he hett't Niffke (Nase, Schnabel, Schnauze) all weer baven't Water, worauf wieder ein Dauken (Untertauchen) folgen muss. Nulbruder. * Zu den Nulbrüdern in die Schule gehen. "Da ich mit Hans Reinecke zu der Zeit zu den Nulbrüdern in die Schule ging." (Luther's Werke, II, 129.) Null (Subst.). 1 Der Null fehlt nichts als ein Schwanz zur Neun. Damit aber auch gerade genug. 2 Ein Noll gilt nichts; setzt man aber ein starcke Ziffer darzu, so gilt sie sehr viel. - Lehmann, 262, 7; Törning, 12. Man spricht in der Regel sehr verächtlich von der Null, weil sich nur wenige dessen bewusst sind, dass an dem ungeheuern Umschwunge, der durch Einführung der arabischen Ziffern in der allgemeinen Bildung stattgefunden hat, die Null einen sehr wesentlichen Antheil hat. In einem Artikel: Zur Geschichte der Zahlen und Ziffern (Schles. Zeitung, 1871, Nr. 259) heisst es: "Gibt es im Himmel goldene Kronen für die hehren Wohlthäter der Menschheit, dann flimmert auf deinem Haupte, du herrlicher Null- Entdecker, das von Engeln aus Licht und Sternenglanz gegossene Diadem im Ruhmesschein; dann kreisest du mit denen, die der Menschheit das Beste vom Himmel heruntergeholt haben. Denn dass der ungeheuere Fortschritt der Civilisation in den letzten Jahrhunderten, die stolzen Entdeckungen im Bereiche der Natur und ihrer Geheimnisse, die unermesslichen Errungenschaften im Fache der Mechanik, welche die Kräfte tausendfach vervielfältigen; dass alles dies ohne die sogenannten arabischen Ziffern so gut wie unmöglich gewesen wäre, springt in die Augen. Zwei Momente sind es, wodurch sie diese ausserordentliche Wirkung hervorbringen: das eine ist der Stellenwerth, das andere - die Null mit ihrer selbstlos bescheidenen Allmacht. Sie ist selbst nichts, und kann doch jedes einzelne bis zur Grösse [Spaltenumbruch] 6 Nüchtern ist mancher bescheiden, voll ungeberdig. – Sailer, 124. 7 Nüchtern wird kein Tanz. – Petri, II, 501. 8 Sei nüchtern und kalt, willst du werden alt. – Steiger, 137; Simrock, 7598. Dän.: Afhold er en lægedom for sundhed og lang levnet. 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6 Nüchtern ist mancher bescheiden, voll ungeberdig. – Sailer, 124.
7 Nüchtern wird kein Tanz. – Petri, II, 501.
8 Sei nüchtern und kalt, willst du werden alt. – Steiger, 137; Simrock, 7598.
Dän.: Afhold er en lægedom for sundhed og lang levnet. (Prov. dan., 372.)
9 Was einer nüchtern darff dencken, das darff er voll reden oder thun. – Theatrum Diabolorum, 290b.
10 Was einer nüchtern gedenckt, dass darff er truncken thun vnd reden. – Lehmann, 756, 1.
11 Was einer nüchtern im Kopfe hat, das redet er im Rausch.
Engl.: What soberness conceals, drunkenness reveals. (Gaal, 1230.)
*12 Er ist so nüchtern, dass er nichts im Leibe hat als die Erbsünde.
*13 Nummer nüchtern! (Köthen.)
*14 So nüchtern wie d' Bettelleut am Abend. (Nürtingen.)
*15 Was er nüchtern sagt, hat er trunken gedacht.
Nüchterner.
1 Ein Nüchterner ist um einen Vollen zu vertauschen.
2 Was der nüchtern denckt, das redet der Folle. – Gruter, I, 75; Petri, II, 588; Henisch, 678, 64; Eyering, III, 413; Schottel, 1124a; Körte, 4603; Braun, I, 3091.
Dän.: Det ædru tænker, taler den drukne. – Det man ædru tænker, tør man drukken tale og giøre. (Prov. dan., 12.)
Frz.: Ce que moine pense, il ose le faire. (Bohn I, 10.)
Poln.: Język kiedy bładzi, prawdę mówi. (Masson, 376.)
3 Was der Nüchterne denkt, das sagt der Trunkene.
Holl.: Wat de nuchtere denkt, dat spreekt de dronkaard. (Harrebomée, II, 131b; Bohn I, 342.)
4 Was der Nüchterne im Herzen hat, das hat der Trunkene auf der Zunge.
Wo der Wein unten liegt, da schwimmen die Worte oben. Den Nüchternen hält entweder Furcht oder Scham zurück, etwas herauszusagen, der Wein aber vertreibt Furcht und Scham. Jüdisch-deutsch in Warschau: Wus beî a Nüchternen (a Klügen) is auf der Lüng, is bei a Schicke (Trunkenen) auf der Züng.
Böhm.: Co střízlivý na srdci má, to se opilému na jazyku vypukne. – Co střízisvý v sobĕ kryje, to opilý z sebe ven vylije. – Co v srdci střízlivého, to na jazyku opilého. (Čelakovský, 138.)
Dän.: Det ædru har i hiertet, har den drukne i munden. (Bohn I, 358; Prov. dan., 12.)
Poln.: Co na sercu u trzeźwego, to na języku u pijanego Co po trzeźwemu na myśli, to po pijanemu na języku. (Čelakovský, 138.)
5 Was der Nüchterne im Herzensgrund, geht dem Trunkenen über den Mund. – Oec. rur., 41.
*6 Den Nüchtern terbreaken. (Westf.)
Etwas geniessen, um nicht mehr nüchtern zu sein.
Nüchternheit.
1 Nüchternheit und Keuschheit wohnen beisammen allezeit.
Lat.: De abstinentia exeunt castae et prudentes cogitationes. (Chaos, 381.)
2 Wo Nüchternheit, sucht Venus selten ihre Freud. – Chaos, 494.
Nücke.
1 Dat sünt sîn Nücke(n)1, sä(de) de Hatterske, dô lêg er Mann up't Starven. – Goldschmidt, 126; Frommann, II, 538, 176.
1) Der Nück, Einzahl ungewöhnlich, Mehrzahl gewöhnlich Nücke, auch Nücken, mundartlich Nucke = Bosheit, Falschheit, ausgearteter Eigensinn, üble Laune, Tücke. (Schambach, Wb.) (S. Knöp.)
*2 Em stiggt de dulle Nück up. – Dähnert, 330b.
Er wird wunderlich, es ist jetzt nichts anzufangen mit ihm.
Nuckel.
* Das ist eine Nuckel. – Frischbier2, 2803.
Auch: ein Nuckelchen, ein Kleinnutschke, ein kleines Kind, auch eine kleine Person.
Nudel.
*1 Die Nudeln sind ihm nicht fett genug geschmalzen.
*2 So werden die Nudeln gemacht.
So geht es dabei zu, so verfährt man, so ist der Gang der Welt. In Warschau jüdisch-deutsch: Kach Darkej schel Ojlem, a so kocht män die Lokschen (Nudeln).
*3 Was haben Nudeln mit Haaren (Haupthaaren) zu thun!
Neger in Surinam, um zu sagen, das gehört nicht hierher! Was hat dies mit der Frage zu thun? Das passt wie die Faust aufs Auge!
Nudelbret.
Auf einem Nudelbret ist nicht gut tanzen. – H. Schmid, Almenrausch und Edelweiss.
Nudeldrücker.
* Es sind Nudeldrücker.
In Schweidnitz ist 1870 von S. Profe eine Flugschrift unter dem Titel Das Bürgerthum. Ein Handbüchlein zur Kenntniss, Eintheilung, Klassificirung u. Charakterisirung der Bürger aller Zeiten erschienen. Der Verfasser bringt die Bürger in folgende neun Klassen: Kronenbürger, Ehrenbürger, Grossbürger (Schoppenphilister), Pfahlbürger, Spiessbürger, Pelzbürger (Klatschphilister), Cravattenfabrikanten oder Halsabschneider, Nudeldrücker und endlich Schafköpfe (Idioten, Unwissende, Dummköpfe). Ich will einige Sätze aus der Charakteristik derselben hervorheben. „Nudeldrücker“, sagt Profe (S. 21), „heissen diejenigen Bürger und Personen, die in ihrem Verhalten und ihrem Charakter das Gepräge der Nudelfabrikanten besitzen. Der Begriff des Bestimmworts Nudel oder Nudeln bezeichnet sie in Handlungsart unentschlossen, drehend, vorsichtig, überlegt und langweilig, dabei stets nüchtern. Das Grundwort “drücken„ deutet an, dass sie sich von jeglichen Ausgaben und Verpflichtungen fern halten, sich “drücken„. Diese Klasse von Bürgern ist nächst den Cravattenfabrikanten (s. d.) die gefährlichste und verächtlichste. Den Charakter des Nudeldrückers erkennt man am Folgenden. Der Nudeldrücker ist zunächst geizig und habsüchtig. Er liebt die Gastfreundschaft, nur nicht in seinem Hause. Er isst viel und gut, wenn er nichts bezahlen darf. Er lobt die guten Weine und besitzt schon deshalb einen auffallend guten Appetit, weil Speise und Trank ihm nichts kosten. Der Nudeldrücker führt nicht gern Dose und Cigarren bei sich, er erbittet von seinen Freunden Prise und Cigarren. Vor dem Nachhausegehen aus dem Wirthshause versorgt er sich mit den nöthigen Zündhölzchen.“
Nudeltopf.
Dort war's wie in einem Nudeltopf. – Klix, 51.
Nuden.
To nuden unde nôden. (Mecklenburg.)
Im Glück und in der Noth. (Vgl. J. Grimm in dem Berl. Jahrbuch, Dec. 1841, S. 808.)
Lat.: Gaudiis et necessitatibus, prosperis et adversis.
Nüff.
* He gav em êns up de Nüff. – Dähnert, 331b.
Er schlug es auf die Nase.
Nüffke.
* He hett't Nüffke all wêer baven't Water. – Kern, 509.
Wenn einem Naseweisen das Maul gestopft worden ist, so sagt man: he is dûkt (untergetaucht); fängt er nachher wieder zu räsonniren an, so heisst es: he hett't Niffke (Nase, Schnabel, Schnauze) all wêer baven't Water, worauf wieder ein Dûken (Untertauchen) folgen muss.
Nulbruder.
* Zu den Nulbrüdern in die Schule gehen.
„Da ich mit Hans Reinecke zu der Zeit zu den Nulbrüdern in die Schule ging.“ (Luther's Werke, II, 129.)
Null (Subst.).
1 Der Null fehlt nichts als ein Schwanz zur Neun.
Damit aber auch gerade genug.
2 Ein Noll gilt nichts; setzt man aber ein starcke Ziffer darzu, so gilt sie sehr viel. – Lehmann, 262, 7; Törning, 12.
Man spricht in der Regel sehr verächtlich von der Null, weil sich nur wenige dessen bewusst sind, dass an dem ungeheuern Umschwunge, der durch Einführung der arabischen Ziffern in der allgemeinen Bildung stattgefunden hat, die Null einen sehr wesentlichen Antheil hat. In einem Artikel: Zur Geschichte der Zahlen und Ziffern (Schles. Zeitung, 1871, Nr. 259) heisst es: „Gibt es im Himmel goldene Kronen für die hehren Wohlthäter der Menschheit, dann flimmert auf deinem Haupte, du herrlicher Null- Entdecker, das von Engeln aus Licht und Sternenglanz gegossene Diadem im Ruhmesschein; dann kreisest du mit denen, die der Menschheit das Beste vom Himmel heruntergeholt haben. Denn dass der ungeheuere Fortschritt der Civilisation in den letzten Jahrhunderten, die stolzen Entdeckungen im Bereiche der Natur und ihrer Geheimnisse, die unermesslichen Errungenschaften im Fache der Mechanik, welche die Kräfte tausendfach vervielfältigen; dass alles dies ohne die sogenannten arabischen Ziffern so gut wie unmöglich gewesen wäre, springt in die Augen. Zwei Momente sind es, wodurch sie diese ausserordentliche Wirkung hervorbringen: das eine ist der Stellenwerth, das andere – die Null mit ihrer selbstlos bescheidenen Allmacht. Sie ist selbst nichts, und kann doch jedes einzelne bis zur Grösse
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