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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873.

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[Spaltenumbruch] 4 Aus Noth trägt mancher Mann Sammthosen. (Görlitz.)

Weil die Wochentagshosen zerrissen sind, muss er die feiertäglichen anziehen. Wird hier vielfach gebraucht, wenn man durch irgendeinen Ausputz einen Schaden verdecken will.

5 Aus Noth und Zwang fromm bleibt nicht lange fromm.

6 Auss not muss man bissweilen ein Tugend machen. - Gruter, III, 7; Lehmann, II, 37, 77.

7 Ausser der Noth ist gut weiss sein. - Petri, II, 30; Gaal, 1328.

8 Besser eine klein Not, denn ein grosser schaden. - Fischer, Psalter, 497, 3.

9 D' Neot greint. (Oberösterreich.) - Baumgarten.

Sie macht die Menschen mürrisch, zänkisch.

10 Da ist grosse Noth, viel Kinder und kein Brot.7

Dän.: Det er nöd at have börn ok ikke bröd. (Prov. dan., 430.)

11 Da ist noch keine Noth, wo ist dürr Fleisch, saurer Wein und schimmlig Brot.

12 Dai van Not to Brot koemt, dat sint de slimmsten. (Grafschaft Mark.) - Woeste, 74, 230.

13 Das ist keine Noth, wenn Brot da ist.

14 De erste Nod mut wärd wern, sä jenet old Weiv, an verbrenn den Backtrog to 't Süürn. (Süderdithmarschen.)

Der ersten Noth muss gewehrt werden.

15 De eirst Nod möt keihrt ward'n, säd' de oll Frau (oder: jenes Mädle), dorn haugt se 'n Backeltrog intwei un makt Süerwater het. (Mecklenburg.) - Hoefer, 309; Raabe, 103; Schlingmann, 467.

Süerwater = Wasser zum Ansäuern des Brotteigs. - Die erste Noth muss kihrt, gekehrt, d. h. es muss ihr vor allem andern abgeholfen werden. Wenn jemand kleine Hülfe mit grossem Schaden erkauft.

16 De Noth wier't ne, awer de bidderschte Armuoth. - Schlingmann, 34.

17 De Nuth det (lehrt) der Esel trappe. (Aachen.) - Firmenich, I, 492, 45.

Lat.: Miseris venit solertia rebus. (Gaal, 1222.)

18 Dei van Näut to Bräud kuemet, sind de häuferdigsten (hoffärtigsten, eitelsten). (Westf.)

19 Der die noth für sich hat, der hat gnugsam vrsach seines thuns. - Lehmann, 555, 12.

Lat.: Necessitas pro ratione est. (Lehmann, 555, 12.)

20 Der kommt in Nöthen wohl, der bald kommt. - Körte, 4578.

21 Der lindert nicht die Noth, der dem Hungernden gibt ein Hemd und dem Nackten ein Brot.

Die Russen: Dem Nackten ein Brot und dem Hungernden einen Mantel schenken. (Altmann VI, 514.)

22 Der Noth guckt der Teufel aus den Augen.

23 Des einen Noth gibt dem andern Brot.

Holl.: Des eenen kwel doet d'ander wel. (Harrebomee, I, 463a.)

24 Die letzte Noth ist doch der Tod.

25 Die not, die lehret ein zu hand, dass man sonst hette kein Verstand.

Lat.: Quae pro parte nocent, plurima saepe docent. (Loci comm., 37.)

26 Die not fürt den, der wil, wer nit wil, den zeucht's beym har. - Franck, II, 132a.

27 Die not hat auch morgen brot. - Franck, II, 140b; Lehmann, II, 71, 58; Sailer, 72.

28 Die not ist vber alle waffen. - Franck, II, 132a; Lehmann, II, 429, 143.

Lat.: Necessitati ne dii quidem resistunt. (Sutor, 997.)

29 Die not macht auch ein alt weib traben. - Franck, II, 131b; Gruter, I, 21; Schottel, 1142b; Gaal, 1222.

30 Die not macht füsse. - Fischer, Psalter, 21a.

31 Die not wirt einn weg finden. - Franck, II, 132a.

32 Die noth, die person vnd die Zeit machen die gebote eng vnd weit. - Lehmann, 266, 21 u. 583, 30; Faselius, 34; Simrock, 3528; Körte, 2081; Graf, 388, 526; Braun, I, 765.

Dän.: Nöd, person og tijd giör loven eng og viid. (Prov. dan., 429.)

Lat.: Leges humanae non fundantur super impossibile. (Lehmann, 266, 21.)

[Spaltenumbruch] 33 Die Noth dient dem Menschen und bricht das Gesetz. - Graf, 389, 542; Henisch, 698, 55.

34 Die Noth geht nie (spät) zu Rüst und weiss nicht, was Bruder und Schwester ist.

Böhm.: Nouze i na macechu vzene. - Nouze neni sestra ani bratr. (Celakovsky, 175.)

Lit.: Strokas ne brolis. (Celakovsky, 175.)

35 Die noth gibt der wahr den preiss. - Lehmann, 555, 8.

36 Die Noth hat alle Stunden eine Ausgabe.

Böhm.: Nouze vselijak se krci. (Celakovsky, 175.)

Wend.: Nuza so wselko huza. - Nuza wsitko zhuza. (Celakovsky, 175.)

37 Die Noth hat Flügel.

Böhm.: Zli dnove skaci, nouze uci, a cizi chleb neda spati. (Celakovsky, 178.)

38 Die Noth hat keinen Feierabend. - Struve, 12.

39 Die Noth hebt einen Wagen auff. - Lehmann, II, 71, 56.

40 Die Noth ist erfinderisch. - Mayer, II, 75.

41 Die Noth ist nicht faul und nimmt kein Blatt vors Maul.

Dän.: Yderste nöd og fare giver frimodig tale. (Prov. dan., 429.)

Engl.: Necessity is coal-black. (Bohn II, 118.)

42 Die Noth kann nicht schweigen. (Ruth.)

43 Die Noth lässt nicht mit sich handeln.

Die Russen: Wo die Noth spricht, da befiehlt sie. (Altmann VI, 486.)

44 Die Noth leret einen reden. - Petri, II, 140.

45 Die noth macht, dass der gerechte vnrecht thut. - Lehmann, 556, 27; Grubb, 602.

Schwed.: Nöd waller at goder man giör illa. (Grubb, 602.)

46 Die Noth mag so gross seyn, es gehen tausend Freund auff ein Quentlein. - Petri, II, 140.

47 Die Noth treibt den Ochsen in den Brunnen. - Simrock, 7576.

48 Die Noth wird einen Weg finden.

Ung.: Mindent ki gondol a' szegenyseg. (Gaal, 1224.)

49 Die Noth zankt gern. - Simrock, 7581.

50 Do ich kom in Noth, do woren alle meine Freine dod; do ich kam in Wohlläben, do wollen alle meine Freine wären. (Waldeck.) - Curtze, 362, 568.

51 Echte Noth muss man sogleich beweisen. - Graf, 444, 392.

Wer einer richterlichen Ladung nicht hatte Folge leisten können, musste, um nicht von den Rechtsfolgen des Ausbleibens betroffen zu werden, dem Gericht bald die Verhinderungsursachen (Krankheit, Ueberschwemmung, Gefangenschaft u. s. w.) glaubwürdig angeben. Man nannte die Umstände, welche das Erscheinen wirklich unmöglich machten: ehehafte Noth. "Die echte not sol man zu hant beweisen." (Gaupp, 307, 111.)

52 Eine Noth jagt die andere.

Böhm.: Bida bidu plodi. - Bida bide ruku podava. - Zadna psota sama neni, jedna rada druhou honi. (Celakovsky, 174.)

Lit.: Wargas warga prispir'. (Celakovsky, 174.)

53 Einer Noth, die springt, nützt keine Hülfe, die hinkt.

54 Es hat ein jeder seine Noth.

Frz.: Chacun porte sa croix. (Kritzinger, 193a.)

55 Es hat keine Noth, ich stehe schon mit dem Fuss darauf. - Megerle.

56 Es ist eine grosse Noth, Wasserflut vnd Feuersgefahr. - Petri, II, 260.

57 Es ist genug an der Noth, wenn sie da ist. - Tendlau, 819.

Engl.: Sorrow comes unsent.

Lat.: Mala ultra adsunt.

58 Es ist keine Noth so gross, Gott kann geben Hülf' und Trost.

Lat.: Vidi saluatos, prius anxietate grauatos. (Loci comm., 35.)

59 Es ist nichts über die Noth, sie dient dem Nächsten und bricht das Gesetz.

60 Es muss grosse Noth an Männern sein, wenn man den Henker zum Bräutigam nimmt.

Dän.: Det gaaer hart til for denne mand, hvor man saetter bödelen hos brudgommen. (Prov. dan., 106.)

61 Es weiss niemand des andern Noth, der sie nicht selbst erfahren hat. - Petri, II, 303.

[Spaltenumbruch] 4 Aus Noth trägt mancher Mann Sammthosen. (Görlitz.)

Weil die Wochentagshosen zerrissen sind, muss er die feiertäglichen anziehen. Wird hier vielfach gebraucht, wenn man durch irgendeinen Ausputz einen Schaden verdecken will.

5 Aus Noth und Zwang fromm bleibt nicht lange fromm.

6 Auss not muss man bissweilen ein Tugend machen.Gruter, III, 7; Lehmann, II, 37, 77.

7 Ausser der Noth ist gut weiss sein.Petri, II, 30; Gaal, 1328.

8 Besser eine klein Not, denn ein grosser schaden.Fischer, Psalter, 497, 3.

9 D' Neot greint. (Oberösterreich.) – Baumgarten.

Sie macht die Menschen mürrisch, zänkisch.

10 Da ist grosse Noth, viel Kinder und kein Brot.7

Dän.: Det er nød at have børn ok ikke brød. (Prov. dan., 430.)

11 Da ist noch keine Noth, wo ist dürr Fleisch, saurer Wein und schimmlig Brot.

12 Dai van Not to Brot koemt, dat sint de slimmsten. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 74, 230.

13 Das ist keine Noth, wenn Brot da ist.

14 De êrste Nôd mut wärd wern, sä jenet ôld Wîv, an verbrenn den Backtrog to 't Süürn. (Süderdithmarschen.)

Der ersten Noth muss gewehrt werden.

15 De îrst Nôd möt kîhrt wârd'n, säd' de oll Frû (oder: jenes Mädle), dorn haugt se 'n Backeltrog intwei un mâkt Süerwâter het. (Mecklenburg.) – Hoefer, 309; Raabe, 103; Schlingmann, 467.

Süerwater = Wasser zum Ansäuern des Brotteigs. – Die erste Noth muss kihrt, gekehrt, d. h. es muss ihr vor allem andern abgeholfen werden. Wenn jemand kleine Hülfe mit grossem Schaden erkauft.

16 De Noth wier't ne, awer de bidderschte Armuoth.Schlingmann, 34.

17 De Nuth dêt (lehrt) der Esel trappe. (Aachen.) – Firmenich, I, 492, 45.

Lat.: Miseris venit solertia rebus. (Gaal, 1222.)

18 Dei van Näut to Bräud kuemet, sind de häuferdigsten (hoffärtigsten, eitelsten). (Westf.)

19 Der die noth für sich hat, der hat gnugsam vrsach seines thuns.Lehmann, 555, 12.

Lat.: Necessitas pro ratione est. (Lehmann, 555, 12.)

20 Der kommt in Nöthen wohl, der bald kommt.Körte, 4578.

21 Der lindert nicht die Noth, der dem Hungernden gibt ein Hemd und dem Nackten ein Brot.

Die Russen: Dem Nackten ein Brot und dem Hungernden einen Mantel schenken. (Altmann VI, 514.)

22 Der Noth guckt der Teufel aus den Augen.

23 Des einen Noth gibt dem andern Brot.

Holl.: Des eenen kwel doet d'ander wel. (Harrebomée, I, 463a.)

24 Die letzte Noth ist doch der Tod.

25 Die not, die lehret ein zu hand, dass man sonst hette kein Verstand.

Lat.: Quae pro parte nocent, plurima saepe docent. (Loci comm., 37.)

26 Die not fürt den, der wil, wer nit wil, den zeucht's beym har.Franck, II, 132a.

27 Die not hat auch morgen brot.Franck, II, 140b; Lehmann, II, 71, 58; Sailer, 72.

28 Die not ist vber alle waffen.Franck, II, 132a; Lehmann, II, 429, 143.

Lat.: Necessitati ne dii quidem resistunt. (Sutor, 997.)

29 Die not macht auch ein alt weib traben.Franck, II, 131b; Gruter, I, 21; Schottel, 1142b; Gaal, 1222.

30 Die not macht füsse.Fischer, Psalter, 21a.

31 Die not wirt einn weg finden.Franck, II, 132a.

32 Die noth, die person vnd die Zeit machen die gebote eng vnd weit.Lehmann, 266, 21 u. 583, 30; Faselius, 34; Simrock, 3528; Körte, 2081; Graf, 388, 526; Braun, I, 765.

Dän.: Nød, person og tijd giør loven eng og viid. (Prov. dan., 429.)

Lat.: Leges humanae non fundantur super impossibile. (Lehmann, 266, 21.)

[Spaltenumbruch] 33 Die Noth dient dem Menschen und bricht das Gesetz.Graf, 389, 542; Henisch, 698, 55.

34 Die Noth geht nie (spät) zu Rüst und weiss nicht, was Bruder und Schwester ist.

Böhm.: Nouze i na macechu vžene. – Nouze není sestra ani bratr. (Čelakovský, 175.)

Lit.: Strokas ne brolis. (Čelakovský, 175.)

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36 Die Noth hat alle Stunden eine Ausgabe.

Böhm.: Nouze všelijak se krčí. (Čelakovský, 175.)

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37 Die Noth hat Flügel.

Böhm.: Zlí dnové skáčí, nouze učí, a cizí chléb nedá spáti. (Čelakovský, 178.)

38 Die Noth hat keinen Feierabend.Struve, 12.

39 Die Noth hebt einen Wagen auff.Lehmann, II, 71, 56.

40 Die Noth ist erfinderisch.Mayer, II, 75.

41 Die Noth ist nicht faul und nimmt kein Blatt vors Maul.

Dän.: Yderste nød og fare giver frimodig tale. (Prov. dan., 429.)

Engl.: Necessity is coal-black. (Bohn II, 118.)

42 Die Noth kann nicht schweigen. (Ruth.)

43 Die Noth lässt nicht mit sich handeln.

Die Russen: Wo die Noth spricht, da befiehlt sie. (Altmann VI, 486.)

44 Die Noth leret einen reden.Petri, II, 140.

45 Die noth macht, dass der gerechte vnrecht thut.Lehmann, 556, 27; Grubb, 602.

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46 Die Noth mag so gross seyn, es gehen tausend Freund auff ein Quentlein.Petri, II, 140.

47 Die Noth treibt den Ochsen in den Brunnen.Simrock, 7576.

48 Die Noth wird einen Weg finden.

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49 Die Noth zankt gern.Simrock, 7581.

50 Dô ich kôm in Noth, dô wôren alle meine Freine dôd; dô ich kâm in Wohlläben, dô wollen alle meine Freine wären. (Waldeck.) – Curtze, 362, 568.

51 Echte Noth muss man sogleich beweisen.Graf, 444, 392.

Wer einer richterlichen Ladung nicht hatte Folge leisten können, musste, um nicht von den Rechtsfolgen des Ausbleibens betroffen zu werden, dem Gericht bald die Verhinderungsursachen (Krankheit, Ueberschwemmung, Gefangenschaft u. s. w.) glaubwürdig angeben. Man nannte die Umstände, welche das Erscheinen wirklich unmöglich machten: ehehafte Noth. „Die echte not sol man zu hant beweisen.“ (Gaupp, 307, 111.)

52 Eine Noth jagt die andere.

Böhm.: Bída bídu plodí. – Bída bídĕ ruku podává. – Žádná psota sama není, jedna ráda druhou honi. (Čelakovský, 174.)

Lit.: Wargas warga prispir'. (Čelakovský, 174.)

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54 Es hat ein jeder seine Noth.

Frz.: Chacun porte sa croix. (Kritzinger, 193a.)

55 Es hat keine Noth, ich stehe schon mit dem Fuss darauf.Megerle.

56 Es ist eine grosse Noth, Wasserflut vnd Feuersgefahr.Petri, II, 260.

57 Es ist genug an der Noth, wenn sie da ist.Tendlau, 819.

Engl.: Sorrow comes unsent.

Lat.: Mala ultra adsunt.

58 Es ist keine Noth so gross, Gott kann geben Hülf' und Trost.

Lat.: Vidi saluatos, prius anxietate grauatos. (Loci comm., 35.)

59 Es ist nichts über die Noth, sie dient dem Nächsten und bricht das Gesetz.

60 Es muss grosse Noth an Männern sein, wenn man den Henker zum Bräutigam nimmt.

Dän.: Det gaaer hart til for denne mand, hvor man sætter bødelen hos brudgommen. (Prov. dan., 106.)

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[[523]/0537] 4 Aus Noth trägt mancher Mann Sammthosen. (Görlitz.) Weil die Wochentagshosen zerrissen sind, muss er die feiertäglichen anziehen. Wird hier vielfach gebraucht, wenn man durch irgendeinen Ausputz einen Schaden verdecken will. 5 Aus Noth und Zwang fromm bleibt nicht lange fromm. 6 Auss not muss man bissweilen ein Tugend machen. – Gruter, III, 7; Lehmann, II, 37, 77. 7 Ausser der Noth ist gut weiss sein. – Petri, II, 30; Gaal, 1328. 8 Besser eine klein Not, denn ein grosser schaden. – Fischer, Psalter, 497, 3. 9 D' Neot greint. (Oberösterreich.) – Baumgarten. Sie macht die Menschen mürrisch, zänkisch. 10 Da ist grosse Noth, viel Kinder und kein Brot.7 Dän.: Det er nød at have børn ok ikke brød. (Prov. dan., 430.) 11 Da ist noch keine Noth, wo ist dürr Fleisch, saurer Wein und schimmlig Brot. 12 Dai van Not to Brot koemt, dat sint de slimmsten. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 74, 230. 13 Das ist keine Noth, wenn Brot da ist. 14 De êrste Nôd mut wärd wern, sä jenet ôld Wîv, an verbrenn den Backtrog to 't Süürn. (Süderdithmarschen.) Der ersten Noth muss gewehrt werden. 15 De îrst Nôd möt kîhrt wârd'n, säd' de oll Frû (oder: jenes Mädle), dorn haugt se 'n Backeltrog intwei un mâkt Süerwâter het. (Mecklenburg.) – Hoefer, 309; Raabe, 103; Schlingmann, 467. Süerwater = Wasser zum Ansäuern des Brotteigs. – Die erste Noth muss kihrt, gekehrt, d. h. es muss ihr vor allem andern abgeholfen werden. Wenn jemand kleine Hülfe mit grossem Schaden erkauft. 16 De Noth wier't ne, awer de bidderschte Armuoth. – Schlingmann, 34. 17 De Nuth dêt (lehrt) der Esel trappe. (Aachen.) – Firmenich, I, 492, 45. Lat.: Miseris venit solertia rebus. (Gaal, 1222.) 18 Dei van Näut to Bräud kuemet, sind de häuferdigsten (hoffärtigsten, eitelsten). (Westf.) 19 Der die noth für sich hat, der hat gnugsam vrsach seines thuns. – Lehmann, 555, 12. Lat.: Necessitas pro ratione est. (Lehmann, 555, 12.) 20 Der kommt in Nöthen wohl, der bald kommt. – Körte, 4578. 21 Der lindert nicht die Noth, der dem Hungernden gibt ein Hemd und dem Nackten ein Brot. Die Russen: Dem Nackten ein Brot und dem Hungernden einen Mantel schenken. (Altmann VI, 514.) 22 Der Noth guckt der Teufel aus den Augen. 23 Des einen Noth gibt dem andern Brot. Holl.: Des eenen kwel doet d'ander wel. (Harrebomée, I, 463a.) 24 Die letzte Noth ist doch der Tod. 25 Die not, die lehret ein zu hand, dass man sonst hette kein Verstand. Lat.: Quae pro parte nocent, plurima saepe docent. (Loci comm., 37.) 26 Die not fürt den, der wil, wer nit wil, den zeucht's beym har. – Franck, II, 132a. 27 Die not hat auch morgen brot. – Franck, II, 140b; Lehmann, II, 71, 58; Sailer, 72. 28 Die not ist vber alle waffen. – Franck, II, 132a; Lehmann, II, 429, 143. Lat.: Necessitati ne dii quidem resistunt. (Sutor, 997.) 29 Die not macht auch ein alt weib traben. – Franck, II, 131b; Gruter, I, 21; Schottel, 1142b; Gaal, 1222. 30 Die not macht füsse. – Fischer, Psalter, 21a. 31 Die not wirt einn weg finden. – Franck, II, 132a. 32 Die noth, die person vnd die Zeit machen die gebote eng vnd weit. – Lehmann, 266, 21 u. 583, 30; Faselius, 34; Simrock, 3528; Körte, 2081; Graf, 388, 526; Braun, I, 765. Dän.: Nød, person og tijd giør loven eng og viid. (Prov. dan., 429.) Lat.: Leges humanae non fundantur super impossibile. (Lehmann, 266, 21.) 33 Die Noth dient dem Menschen und bricht das Gesetz. – Graf, 389, 542; Henisch, 698, 55. 34 Die Noth geht nie (spät) zu Rüst und weiss nicht, was Bruder und Schwester ist. Böhm.: Nouze i na macechu vžene. – Nouze není sestra ani bratr. (Čelakovský, 175.) Lit.: Strokas ne brolis. (Čelakovský, 175.) 35 Die noth gibt der wahr den preiss. – Lehmann, 555, 8. 36 Die Noth hat alle Stunden eine Ausgabe. Böhm.: Nouze všelijak se krčí. (Čelakovský, 175.) Wend.: Nuza so wšelko huza. – Nuza wšitko zhuza. (Čelakovský, 175.) 37 Die Noth hat Flügel. Böhm.: Zlí dnové skáčí, nouze učí, a cizí chléb nedá spáti. (Čelakovský, 178.) 38 Die Noth hat keinen Feierabend. – Struve, 12. 39 Die Noth hebt einen Wagen auff. – Lehmann, II, 71, 56. 40 Die Noth ist erfinderisch. – Mayer, II, 75. 41 Die Noth ist nicht faul und nimmt kein Blatt vors Maul. Dän.: Yderste nød og fare giver frimodig tale. (Prov. dan., 429.) Engl.: Necessity is coal-black. (Bohn II, 118.) 42 Die Noth kann nicht schweigen. (Ruth.) 43 Die Noth lässt nicht mit sich handeln. Die Russen: Wo die Noth spricht, da befiehlt sie. (Altmann VI, 486.) 44 Die Noth leret einen reden. – Petri, II, 140. 45 Die noth macht, dass der gerechte vnrecht thut. – Lehmann, 556, 27; Grubb, 602. Schwed.: Nöd wåller at goder man giör illa. (Grubb, 602.) 46 Die Noth mag so gross seyn, es gehen tausend Freund auff ein Quentlein. – Petri, II, 140. 47 Die Noth treibt den Ochsen in den Brunnen. – Simrock, 7576. 48 Die Noth wird einen Weg finden. Ung.: Mindent ki gondol a' szégenýseg. (Gaal, 1224.) 49 Die Noth zankt gern. – Simrock, 7581. 50 Dô ich kôm in Noth, dô wôren alle meine Freine dôd; dô ich kâm in Wohlläben, dô wollen alle meine Freine wären. (Waldeck.) – Curtze, 362, 568. 51 Echte Noth muss man sogleich beweisen. – Graf, 444, 392. Wer einer richterlichen Ladung nicht hatte Folge leisten können, musste, um nicht von den Rechtsfolgen des Ausbleibens betroffen zu werden, dem Gericht bald die Verhinderungsursachen (Krankheit, Ueberschwemmung, Gefangenschaft u. s. w.) glaubwürdig angeben. Man nannte die Umstände, welche das Erscheinen wirklich unmöglich machten: ehehafte Noth. „Die echte not sol man zu hant beweisen.“ (Gaupp, 307, 111.) 52 Eine Noth jagt die andere. Böhm.: Bída bídu plodí. – Bída bídĕ ruku podává. – Žádná psota sama není, jedna ráda druhou honi. (Čelakovský, 174.) Lit.: Wargas warga prispir'. (Čelakovský, 174.) 53 Einer Noth, die springt, nützt keine Hülfe, die hinkt. 54 Es hat ein jeder seine Noth. Frz.: Chacun porte sa croix. (Kritzinger, 193a.) 55 Es hat keine Noth, ich stehe schon mit dem Fuss darauf. – Megerle. 56 Es ist eine grosse Noth, Wasserflut vnd Feuersgefahr. – Petri, II, 260. 57 Es ist genug an der Noth, wenn sie da ist. – Tendlau, 819. Engl.: Sorrow comes unsent. Lat.: Mala ultra adsunt. 58 Es ist keine Noth so gross, Gott kann geben Hülf' und Trost. Lat.: Vidi saluatos, prius anxietate grauatos. (Loci comm., 35.) 59 Es ist nichts über die Noth, sie dient dem Nächsten und bricht das Gesetz. 60 Es muss grosse Noth an Männern sein, wenn man den Henker zum Bräutigam nimmt. Dän.: Det gaaer hart til for denne mand, hvor man sætter bødelen hos brudgommen. (Prov. dan., 106.) 61 Es weiss niemand des andern Noth, der sie nicht selbst erfahren hat. – Petri, II, 303.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 3. Leipzig, 1873, S. [523]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon03_1873/537>, abgerufen am 25.11.2024.