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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

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[Spaltenumbruch] Alter zukommenden Verstand und dessen Lebensernst erlangt haben. Hauer (Bl. Lb) sagt dafür: kindhait verlassen. Die Alten sagten: "Die Nüsse verlassen." Aufhören mit Nüssen zu spielen, wie sie denn auch die Redensart: "Ein altes Weib beim Tanz" (Anus saltat) anwandten, wenn jemand etwas seinem Alter oder Stande Ungeziemendes that, ein (theologischer) Redner mit Floskeln spielte. (Erasm., 28.) - "O wie schlim ist es doch, wenn einer bey diesen Jahren die Kinderschuhe noch nicht ausgezogen hat. Reden sie etwas, so sind es Dinge, die alle Vögel auf den Dächern singen oder werffen das hunderste ins tausende. In dem Umgange mit andern lassen sie durchgehends von sich blicken, sie haben die Kinderschuhe noch nicht ausgezogen und das Ei wolle klüger seyn als die henne, da sie doch nicht einen hund können aus dem Ofen locken." (Keller, 143a u. 162b.)

Frz.: Etre sorti de l'enfance. (Starschedel, 418; Kritzinger, 655a.)

Lat.: Excedere ex ephebis. (Terenz.) (Eiselein, 376.)

*5 Die kinderschuh zerreissen (austreten). - Franck, II, 72b; Braun, I, 1832; Reinsberg VII, 71.

*6 Er hat die Kinderschuhe (noch nicht) ausgetreten.

*7 Er hat die Kinderschuhe noch nicht vertreten.

Frz.: Ce jeune homme est a la bavette.

Lat.: Parvus semper tuus pullus. (Seybold, 428.)

*8 Ich dächte, a hätte die Kinderschu lange zerrissen. (Schles.) - Frommann, III, 246, 173; Gomolcke, 494.

Dän.: Han har traed sine börne-sko. (Prov. dan., 87.)

Holl.: Hij heeft de kinderschoenen uitgetrokken (versleten). (Harrebomee, I, 404b.)

*9 Ich hab die kinderschuch verschlissen. - Tappius, 87b.

Lat.: Ex ephebis excessit. (Terenz.) (Philippi, I, 142; Binder I, 464; II, 1015.) - Nuces abjicere (intermittere). (Hanzely, 179; Hauer, L2.) - Nuces relinquere. (Persius.) (Tappius, 87b; Erasm., 659; Seybold, 161 u. 386; Binder I, 1223; II, 2270.)

*10 In den Kinderschuhen stecken.

"Was nur ein Jahr alt ist, steckt freilich in den Kinderschuhen." (G. von Putlitz, Was sich der Wald erzählt.)

*11 Seine Kinderschuhe noch einmal flicken.

Holl.: Verstel nog eens uw kinderluren, zij zullen nog jaartje duren. (Harrebomee, I, 407a.)


Kindersegen.

1 Kindersegen brach noch keines Hauses Dach. (Walach.) - Reinsberg VII, 5.

2 Kindersegen - Gottessegen. - Jer. Gotthelf, Leiden, I, 14.


Kinderspiel.

1 Bei 't Kinnerspill is 't Schreien dat Best. - Eichwald, 1023; Frommann, II, 390, 74; Goldschmidt, 98; hochdeutsch bei Reinsberg VII, 57.

Der Oldenburger liebt Ruhe und verzeiht ein Ueberströmen jugendlicher Lust nur Kindern. Das Sprichwort hat nur die Erwachsenen im Auge, deren Heiterkeit sich lärmend äussert. Die Engländer sagen sogar: Wehe dem Hause, wo nicht getobt wird. (Reinsberg VII, 57.)

2 Dat is ken Kinnerspill, wen oll Lüde up 'n Stocken reiden. (Mecklenburg.) - Raabe, 10; Eichwald, 1216.

3 Es ist kein Kinderspiel, wenn alte Leute auf Stecken reiten. - Simrock, 5657; Körte, 3410.

Wenn alte Leute sich kindisch geberdeu.

4 Es ist kein Kinderspiel, wenn ein alter Kerl ins Bett scheisst.

Holl.: Het is geen kinderspel, als de oude lud in het bed kakken, zei Joor, en hij schijt al de lakens vol. (Harrebomee, I, 404a.)

5 Es ist kein kinderspiel, wenn ein altes weib tantzet. - Agricola I, 727; Egenolff, 290b; Gruter, I, 34; Petri, III, 6; Schottel, 1140b; Körte, 3400; Simrock, 11362; Braun, II, 591; Reinsberg I, 201.

In Pommern: Et is ken Kinderspill, wenn olle Lüde danzen. (Dähnert, 227a.)

Dän.: Det er ei börnevaerk naar kraerling dandser. (Bohn I, 358.)

Holl.: Het is geen kinderspel, wanneer een oud wijf danst. (Harrebomee, I, 404a.)

Lat.: Inter utrumque manens stat juvenile decus. (Sutor, 894.)

*6 Das ist kein Kinderspiel. - H. Sachs, IV, LXIII, 2.

Dän.: Det er ei börneverk. (Prov. dan., 87.)

Frz.: Ce n'est pas un jeu d'enfant. (Leroux, II, 66; Kritzinger, 271a.)

*7 Es ist alles ein kinderspyl. - Etterleyn, LXXIIb.

[Spaltenumbruch] *8 Es ist nicht kinderspiel. - Agricola I, 726; Eiselein, 375.

Von schweren und anstrengenden Geschäften, ernsten Dingen.


Kinderstube.

* Er ist in der (geht in die) berliner Kinderstube.

So heisst scherzweise das Bad Kösen bei Naumburg a. S., weil sehr viel berliner Familien es zu besuchen pflegen. (Reinsberg V, 89.)


Kindertod.

Der Kindertodt der beste. - Petri, II, 97.


Kinderwärterin.

Zwischen zwei Kinderwärterinnen bleibt das Kind ohne Kopf. (S. Hebamme 4 fg.)


Kinderwerch.

Kinderwerch gibt Kindergarn. (Eifel.)

Besonders von sehr jungen Eheleuten, die aller hauswirthschaftlichen Kenntniss und Erfahrung entbehren.


Kinderwerk.

1 Bey dem Kinderwerck stehet die Welt. - Petri, II, 42.

2 Es ist Kinder- vnnd Dockenwerck auff Stecken reiten. - Lehmann, II, 140, 126.

3 Es ist nit Kindswerck was wir werben. - H. Sachs, Weltl. Hist. u. Gesch., II, CCLXXVI, 2.

4 Kindawark öss Klarwark. (Tolkemit.) - Frischbier2, 2021.

Kinderwerk ist Klarwerk, d. h. Kinderarbeit ist nicht vollgültig.


Kinderwille.

1 Kennerwelle is Drecks wart. (Henneberg.) - Frommann, II, 410, 106; Frischbier2, 2023; Mone, Anzeiger, 7, 400.

D. h. ist wenig werth; kindisches Wollen und Streben verdient keine Beachtung.

Holl.: Kinders wille en is niet weert. (Tunn., 16, 9; Harrebomee, I, 406a.)

Lat.: Velle valet pueri nihil et sic debet haberi. (Loci comm., 176; Fallersleben, 442; Sutor, 921 u. 1023.)

2 Kinderwill sitt in Moders Knappsack1. (Ostfries.) - Bueren, 786; Frommann, VI, 285, 774; Hauskalender, III.

1) Schnappsack, verschliessbare Tasche, Reisesack.

3 Kinderwille steckt mit der Ruthe hinter dem Spiegel.

Holl.: Kinderen-wil staat bij den bezemstok achter de deur. (Harrebomee, I, 406a.)

4 Kindswillen ist nit zu trawen, heut wöllens, morgen hat sie's gerawen.

5 Könnerwöllen öss Kälwerdreck, wän en daud, dän (der) öss e Geck. - Firmenich, III, 547, 39; Laven, 185, 66.


Kinderwindel.

Wer in den Kinderwindeln stirbt, der ist am glücklichsten.

Aus einer trüben Weltansicht hervorgegangen.


Kinderzeugen.

1 Kinderzeugen bricht Ehestiftung und löst eigenthümliche Gütergemeinschaft in misbräuchliche auf. - Pistor., I, 19; Eisenhart, 145; Hillebrand, 164, 228.

Unter Ehestiftungen werden die Verträge verstanden, welche die Ehegatten vor der wirklichen Vollziehung der Ehe miteinander gemacht haben und worin besonders über die gegenseitige Beerbung die nöthigen Bestimmungen enthalten sind. Diese Verträge konnten nur mit beider Bewilligung geschehen. Davon enthält nun das Sprichwort die Ausnahme, indem es sagt, dass, wenn auch in der Ehestiftung ein Ehegatte den andern auf den Fall des Todes zu seinem Erben ernannt hätte, diese Bestimmung ausser Kraft treten würde, sobald ihre Ehe mit einem Kinde gesegnet worden sei, weil man dadurch vielleicht hat sagen wollen, dass die Kinder gleichsam ihr Erbrecht mit auf die Welt brächten. Jetzt findet das Sprichwort nur dann seine Anwendung, wenn in der Ehestiftung der Kinder gar nicht Erwähnung geschehen ist, die etwa in der Ehe gezeugt werden könnten, sonst macht Kinderzeugen gegen ausdrückliche Bestimmungen die Ehestiftung nicht ungültig. (Vgl. über dies Sprichwort auch G. A. von Halem in den Blättern vermischten Inhalts, Oldenburg 1791, Bd. 1, Hft. 3.) Das Sprichwort drückt sich auch zu unbestimmt aus. Nicht das Kinderzeugen, sondern die Geburt des Kindes bricht, und zwar nicht die Ehestiftung überhaupt, sondern nur die vorher abgeschlossenen Erbverträge. (S. Kindtaufe 2.)

Lat.: Liberorum procreatio rumpit pacta dotalia. (Pistor., I, 19.)

[Spaltenumbruch] Alter zukommenden Verstand und dessen Lebensernst erlangt haben. Hauer (Bl. Lb) sagt dafür: kindhait verlassen. Die Alten sagten: „Die Nüsse verlassen.“ Aufhören mit Nüssen zu spielen, wie sie denn auch die Redensart: „Ein altes Weib beim Tanz“ (Anus saltat) anwandten, wenn jemand etwas seinem Alter oder Stande Ungeziemendes that, ein (theologischer) Redner mit Floskeln spielte. (Erasm., 28.) – „O wie schlim ist es doch, wenn einer bey diesen Jahren die Kinderschuhe noch nicht ausgezogen hat. Reden sie etwas, so sind es Dinge, die alle Vögel auf den Dächern singen oder werffen das hunderste ins tausende. In dem Umgange mit andern lassen sie durchgehends von sich blicken, sie haben die Kinderschuhe noch nicht ausgezogen und das Ei wolle klüger seyn als die henne, da sie doch nicht einen hund können aus dem Ofen locken.“ (Keller, 143a u. 162b.)

Frz.: Être sorti de l'enfance. (Starschedel, 418; Kritzinger, 655a.)

Lat.: Excedere ex ephebis. (Terenz.) (Eiselein, 376.)

*5 Die kinderschuh zerreissen (austreten).Franck, II, 72b; Braun, I, 1832; Reinsberg VII, 71.

*6 Er hat die Kinderschuhe (noch nicht) ausgetreten.

*7 Er hat die Kinderschuhe noch nicht vertreten.

Frz.: Ce jeune homme est à la bavette.

Lat.: Parvus semper tuus pullus. (Seybold, 428.)

*8 Ich dächte, a hätte die Kinderschu lange zerrissen. (Schles.) – Frommann, III, 246, 173; Gomolcke, 494.

Dän.: Han har træd sine børne-sko. (Prov. dan., 87.)

Holl.: Hij heeft de kinderschoenen uitgetrokken (versleten). (Harrebomée, I, 404b.)

*9 Ich hab die kinderschuch verschlissen.Tappius, 87b.

Lat.: Ex ephebis excessit. (Terenz.) (Philippi, I, 142; Binder I, 464; II, 1015.) – Nuces abjicere (intermittere). (Hanzely, 179; Hauer, L2.) – Nuces relinquere. (Persius.) (Tappius, 87b; Erasm., 659; Seybold, 161 u. 386; Binder I, 1223; II, 2270.)

*10 In den Kinderschuhen stecken.

„Was nur ein Jahr alt ist, steckt freilich in den Kinderschuhen.“ (G. von Putlitz, Was sich der Wald erzählt.)

*11 Seine Kinderschuhe noch einmal flicken.

Holl.: Verstel nog eens uw kinderluren, zij zullen nog jaartje duren. (Harrebomée, I, 407a.)


Kindersegen.

1 Kindersegen brach noch keines Hauses Dach. (Walach.) – Reinsberg VII, 5.

2 Kindersegen – Gottessegen.Jer. Gotthelf, Leiden, I, 14.


Kinderspiel.

1 Bî 't Kinnerspill is 't Schreien dat Best.Eichwald, 1023; Frommann, II, 390, 74; Goldschmidt, 98; hochdeutsch bei Reinsberg VII, 57.

Der Oldenburger liebt Ruhe und verzeiht ein Ueberströmen jugendlicher Lust nur Kindern. Das Sprichwort hat nur die Erwachsenen im Auge, deren Heiterkeit sich lärmend äussert. Die Engländer sagen sogar: Wehe dem Hause, wo nicht getobt wird. (Reinsberg VII, 57.)

2 Dat is kên Kinnerspill, wen oll Lüde up 'n Stocken rîden. (Mecklenburg.) – Raabe, 10; Eichwald, 1216.

3 Es ist kein Kinderspiel, wenn alte Leute auf Stecken reiten.Simrock, 5657; Körte, 3410.

Wenn alte Leute sich kindisch geberdeu.

4 Es ist kein Kinderspiel, wenn ein alter Kerl ins Bett scheisst.

Holl.: Het is geen kinderspel, als de oude lud in het bed kakken, zei Joor, en hij schijt al de lakens vol. (Harrebomée, I, 404a.)

5 Es ist kein kinderspiel, wenn ein altes weib tantzet.Agricola I, 727; Egenolff, 290b; Gruter, I, 34; Petri, III, 6; Schottel, 1140b; Körte, 3400; Simrock, 11362; Braun, II, 591; Reinsberg I, 201.

In Pommern: Et is kên Kinderspill, wenn olle Lüde danzen. (Dähnert, 227a.)

Dän.: Det er ei børneværk naar krærling dandser. (Bohn I, 358.)

Holl.: Het is geen kinderspel, wanneer een oud wijf danst. (Harrebomée, I, 404a.)

Lat.: Inter utrumque manens stat juvenile decus. (Sutor, 894.)

*6 Das ist kein Kinderspiel.H. Sachs, IV, LXIII, 2.

Dän.: Det er ei børneverk. (Prov. dan., 87.)

Frz.: Ce n'est pas un jeu d'enfant. (Leroux, II, 66; Kritzinger, 271a.)

*7 Es ist alles ein kinderspyl.Etterleyn, LXXIIb.

[Spaltenumbruch] *8 Es ist nicht kinderspiel.Agricola I, 726; Eiselein, 375.

Von schweren und anstrengenden Geschäften, ernsten Dingen.


Kinderstube.

* Er ist in der (geht in die) berliner Kinderstube.

So heisst scherzweise das Bad Kösen bei Naumburg a. S., weil sehr viel berliner Familien es zu besuchen pflegen. (Reinsberg V, 89.)


Kindertod.

Der Kindertodt der beste.Petri, II, 97.


Kinderwärterin.

Zwischen zwei Kinderwärterinnen bleibt das Kind ohne Kopf. (S. Hebamme 4 fg.)


Kinderwerch.

Kinderwerch gibt Kindergarn. (Eifel.)

Besonders von sehr jungen Eheleuten, die aller hauswirthschaftlichen Kenntniss und Erfahrung entbehren.


Kinderwerk.

1 Bey dem Kinderwerck stehet die Welt.Petri, II, 42.

2 Es ist Kinder- vnnd Dockenwerck auff Stecken reiten.Lehmann, II, 140, 126.

3 Es ist nit Kindswerck was wir werben.H. Sachs, Weltl. Hist. u. Gesch., II, CCLXXVI, 2.

4 Kindawark öss Klarwark. (Tolkemit.) – Frischbier2, 2021.

Kinderwerk ist Klarwerk, d. h. Kinderarbeit ist nicht vollgültig.


Kinderwille.

1 Kennerwelle is Drecks wart. (Henneberg.) – Frommann, II, 410, 106; Frischbier2, 2023; Mone, Anzeiger, 7, 400.

D. h. ist wenig werth; kindisches Wollen und Streben verdient keine Beachtung.

Holl.: Kinders wille en is niet weert. (Tunn., 16, 9; Harrebomée, I, 406a.)

Lat.: Velle valet pueri nihil et sic debet haberi. (Loci comm., 176; Fallersleben, 442; Sutor, 921 u. 1023.)

2 Kinderwill sitt in Moders Knappsack1. (Ostfries.) – Bueren, 786; Frommann, VI, 285, 774; Hauskalender, III.

1) Schnappsack, verschliessbare Tasche, Reisesack.

3 Kinderwille steckt mit der Ruthe hinter dem Spiegel.

Holl.: Kinderen-wil staat bij den bezemstok achter de deur. (Harrebomée, I, 406a.)

4 Kindswillen ist nit zu trawen, heut wöllens, morgen hat sie's gerawen.

5 Könnerwöllen öss Kälwerdreck, wän en dûd, dän (der) öss e Geck.Firmenich, III, 547, 39; Laven, 185, 66.


Kinderwindel.

Wer in den Kinderwindeln stirbt, der ist am glücklichsten.

Aus einer trüben Weltansicht hervorgegangen.


Kinderzeugen.

1 Kinderzeugen bricht Ehestiftung und löst eigenthümliche Gütergemeinschaft in misbräuchliche auf.Pistor., I, 19; Eisenhart, 145; Hillebrand, 164, 228.

Unter Ehestiftungen werden die Verträge verstanden, welche die Ehegatten vor der wirklichen Vollziehung der Ehe miteinander gemacht haben und worin besonders über die gegenseitige Beerbung die nöthigen Bestimmungen enthalten sind. Diese Verträge konnten nur mit beider Bewilligung geschehen. Davon enthält nun das Sprichwort die Ausnahme, indem es sagt, dass, wenn auch in der Ehestiftung ein Ehegatte den andern auf den Fall des Todes zu seinem Erben ernannt hätte, diese Bestimmung ausser Kraft treten würde, sobald ihre Ehe mit einem Kinde gesegnet worden sei, weil man dadurch vielleicht hat sagen wollen, dass die Kinder gleichsam ihr Erbrecht mit auf die Welt brächten. Jetzt findet das Sprichwort nur dann seine Anwendung, wenn in der Ehestiftung der Kinder gar nicht Erwähnung geschehen ist, die etwa in der Ehe gezeugt werden könnten, sonst macht Kinderzeugen gegen ausdrückliche Bestimmungen die Ehestiftung nicht ungültig. (Vgl. über dies Sprichwort auch G. A. von Halem in den Blättern vermischten Inhalts, Oldenburg 1791, Bd. 1, Hft. 3.) Das Sprichwort drückt sich auch zu unbestimmt aus. Nicht das Kinderzeugen, sondern die Geburt des Kindes bricht, und zwar nicht die Ehestiftung überhaupt, sondern nur die vorher abgeschlossenen Erbverträge. (S. Kindtaufe 2.)

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[[666]/0672] Alter zukommenden Verstand und dessen Lebensernst erlangt haben. Hauer (Bl. Lb) sagt dafür: kindhait verlassen. Die Alten sagten: „Die Nüsse verlassen.“ Aufhören mit Nüssen zu spielen, wie sie denn auch die Redensart: „Ein altes Weib beim Tanz“ (Anus saltat) anwandten, wenn jemand etwas seinem Alter oder Stande Ungeziemendes that, ein (theologischer) Redner mit Floskeln spielte. (Erasm., 28.) – „O wie schlim ist es doch, wenn einer bey diesen Jahren die Kinderschuhe noch nicht ausgezogen hat. Reden sie etwas, so sind es Dinge, die alle Vögel auf den Dächern singen oder werffen das hunderste ins tausende. In dem Umgange mit andern lassen sie durchgehends von sich blicken, sie haben die Kinderschuhe noch nicht ausgezogen und das Ei wolle klüger seyn als die henne, da sie doch nicht einen hund können aus dem Ofen locken.“ (Keller, 143a u. 162b.) Frz.: Être sorti de l'enfance. (Starschedel, 418; Kritzinger, 655a.) Lat.: Excedere ex ephebis. (Terenz.) (Eiselein, 376.) *5 Die kinderschuh zerreissen (austreten). – Franck, II, 72b; Braun, I, 1832; Reinsberg VII, 71. *6 Er hat die Kinderschuhe (noch nicht) ausgetreten. *7 Er hat die Kinderschuhe noch nicht vertreten. Frz.: Ce jeune homme est à la bavette. Lat.: Parvus semper tuus pullus. (Seybold, 428.) *8 Ich dächte, a hätte die Kinderschu lange zerrissen. (Schles.) – Frommann, III, 246, 173; Gomolcke, 494. Dän.: Han har træd sine børne-sko. (Prov. dan., 87.) Holl.: Hij heeft de kinderschoenen uitgetrokken (versleten). (Harrebomée, I, 404b.) *9 Ich hab die kinderschuch verschlissen. – Tappius, 87b. Lat.: Ex ephebis excessit. (Terenz.) (Philippi, I, 142; Binder I, 464; II, 1015.) – Nuces abjicere (intermittere). (Hanzely, 179; Hauer, L2.) – Nuces relinquere. (Persius.) (Tappius, 87b; Erasm., 659; Seybold, 161 u. 386; Binder I, 1223; II, 2270.) *10 In den Kinderschuhen stecken. „Was nur ein Jahr alt ist, steckt freilich in den Kinderschuhen.“ (G. von Putlitz, Was sich der Wald erzählt.) *11 Seine Kinderschuhe noch einmal flicken. Holl.: Verstel nog eens uw kinderluren, zij zullen nog jaartje duren. (Harrebomée, I, 407a.) Kindersegen. 1 Kindersegen brach noch keines Hauses Dach. (Walach.) – Reinsberg VII, 5. 2 Kindersegen – Gottessegen. – Jer. Gotthelf, Leiden, I, 14. Kinderspiel. 1 Bî 't Kinnerspill is 't Schreien dat Best. – Eichwald, 1023; Frommann, II, 390, 74; Goldschmidt, 98; hochdeutsch bei Reinsberg VII, 57. Der Oldenburger liebt Ruhe und verzeiht ein Ueberströmen jugendlicher Lust nur Kindern. Das Sprichwort hat nur die Erwachsenen im Auge, deren Heiterkeit sich lärmend äussert. Die Engländer sagen sogar: Wehe dem Hause, wo nicht getobt wird. (Reinsberg VII, 57.) 2 Dat is kên Kinnerspill, wen oll Lüde up 'n Stocken rîden. (Mecklenburg.) – Raabe, 10; Eichwald, 1216. 3 Es ist kein Kinderspiel, wenn alte Leute auf Stecken reiten. – Simrock, 5657; Körte, 3410. Wenn alte Leute sich kindisch geberdeu. 4 Es ist kein Kinderspiel, wenn ein alter Kerl ins Bett scheisst. Holl.: Het is geen kinderspel, als de oude lud in het bed kakken, zei Joor, en hij schijt al de lakens vol. (Harrebomée, I, 404a.) 5 Es ist kein kinderspiel, wenn ein altes weib tantzet. – Agricola I, 727; Egenolff, 290b; Gruter, I, 34; Petri, III, 6; Schottel, 1140b; Körte, 3400; Simrock, 11362; Braun, II, 591; Reinsberg I, 201. In Pommern: Et is kên Kinderspill, wenn olle Lüde danzen. (Dähnert, 227a.) Dän.: Det er ei børneværk naar krærling dandser. (Bohn I, 358.) Holl.: Het is geen kinderspel, wanneer een oud wijf danst. (Harrebomée, I, 404a.) Lat.: Inter utrumque manens stat juvenile decus. (Sutor, 894.) *6 Das ist kein Kinderspiel. – H. Sachs, IV, LXIII, 2. Dän.: Det er ei børneverk. (Prov. dan., 87.) Frz.: Ce n'est pas un jeu d'enfant. (Leroux, II, 66; Kritzinger, 271a.) *7 Es ist alles ein kinderspyl. – Etterleyn, LXXIIb. *8 Es ist nicht kinderspiel. – Agricola I, 726; Eiselein, 375. Von schweren und anstrengenden Geschäften, ernsten Dingen. Kinderstube. * Er ist in der (geht in die) berliner Kinderstube. So heisst scherzweise das Bad Kösen bei Naumburg a. S., weil sehr viel berliner Familien es zu besuchen pflegen. (Reinsberg V, 89.) Kindertod. Der Kindertodt der beste. – Petri, II, 97. Kinderwärterin. Zwischen zwei Kinderwärterinnen bleibt das Kind ohne Kopf. (S. Hebamme 4 fg.) Kinderwerch. Kinderwerch gibt Kindergarn. (Eifel.) Besonders von sehr jungen Eheleuten, die aller hauswirthschaftlichen Kenntniss und Erfahrung entbehren. Kinderwerk. 1 Bey dem Kinderwerck stehet die Welt. – Petri, II, 42. 2 Es ist Kinder- vnnd Dockenwerck auff Stecken reiten. – Lehmann, II, 140, 126. 3 Es ist nit Kindswerck was wir werben. – H. Sachs, Weltl. Hist. u. Gesch., II, CCLXXVI, 2. 4 Kindawark öss Klarwark. (Tolkemit.) – Frischbier2, 2021. Kinderwerk ist Klarwerk, d. h. Kinderarbeit ist nicht vollgültig. Kinderwille. 1 Kennerwelle is Drecks wart. (Henneberg.) – Frommann, II, 410, 106; Frischbier2, 2023; Mone, Anzeiger, 7, 400. D. h. ist wenig werth; kindisches Wollen und Streben verdient keine Beachtung. Holl.: Kinders wille en is niet weert. (Tunn., 16, 9; Harrebomée, I, 406a.) Lat.: Velle valet pueri nihil et sic debet haberi. (Loci comm., 176; Fallersleben, 442; Sutor, 921 u. 1023.) 2 Kinderwill sitt in Moders Knappsack1. (Ostfries.) – Bueren, 786; Frommann, VI, 285, 774; Hauskalender, III. 1) Schnappsack, verschliessbare Tasche, Reisesack. 3 Kinderwille steckt mit der Ruthe hinter dem Spiegel. Holl.: Kinderen-wil staat bij den bezemstok achter de deur. (Harrebomée, I, 406a.) 4 Kindswillen ist nit zu trawen, heut wöllens, morgen hat sie's gerawen. 5 Könnerwöllen öss Kälwerdreck, wän en dûd, dän (der) öss e Geck. – Firmenich, III, 547, 39; Laven, 185, 66. Kinderwindel. Wer in den Kinderwindeln stirbt, der ist am glücklichsten. Aus einer trüben Weltansicht hervorgegangen. Kinderzeugen. 1 Kinderzeugen bricht Ehestiftung und löst eigenthümliche Gütergemeinschaft in misbräuchliche auf. – Pistor., I, 19; Eisenhart, 145; Hillebrand, 164, 228. Unter Ehestiftungen werden die Verträge verstanden, welche die Ehegatten vor der wirklichen Vollziehung der Ehe miteinander gemacht haben und worin besonders über die gegenseitige Beerbung die nöthigen Bestimmungen enthalten sind. Diese Verträge konnten nur mit beider Bewilligung geschehen. Davon enthält nun das Sprichwort die Ausnahme, indem es sagt, dass, wenn auch in der Ehestiftung ein Ehegatte den andern auf den Fall des Todes zu seinem Erben ernannt hätte, diese Bestimmung ausser Kraft treten würde, sobald ihre Ehe mit einem Kinde gesegnet worden sei, weil man dadurch vielleicht hat sagen wollen, dass die Kinder gleichsam ihr Erbrecht mit auf die Welt brächten. Jetzt findet das Sprichwort nur dann seine Anwendung, wenn in der Ehestiftung der Kinder gar nicht Erwähnung geschehen ist, die etwa in der Ehe gezeugt werden könnten, sonst macht Kinderzeugen gegen ausdrückliche Bestimmungen die Ehestiftung nicht ungültig. (Vgl. über dies Sprichwort auch G. A. von Halem in den Blättern vermischten Inhalts, Oldenburg 1791, Bd. 1, Hft. 3.) Das Sprichwort drückt sich auch zu unbestimmt aus. Nicht das Kinderzeugen, sondern die Geburt des Kindes bricht, und zwar nicht die Ehestiftung überhaupt, sondern nur die vorher abgeschlossenen Erbverträge. (S. Kindtaufe 2.) Lat.: Liberorum procreatio rumpit pacta dotalia. (Pistor., I, 19.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [666]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/672>, abgerufen am 25.11.2024.