Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.[Spaltenumbruch] man zwei Kammerherren zu, welche beide in der Folge bestraft wurden. In Lucä und einigen andern schlesischen Schriftstellern sind die Briefe eingerückt, welche diese Rathsherren gleich anfangs mittels Lichtschwärze niedergeschrieben hatten, worin sie ihre Unschuld versichern und ihren schrecklichen Jammer beschreiben. (Fülleborn, Breslauer Erzähler.) Hungertuch. 1 Am Hungertuch nagen, macht schwächlich zu schlagen. - Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408. "Der hungerig Wolff muss den lären Magen mit Sand füllen, dass er gewichtig sei ein Pferd niederzuziehen." (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408.) *2 Am Hungertuche nagen. - Grimmelshausen, Vogelnest, II; Ayrer, IV, 2419, 9; Schottel, 1112a; Wurzbach II, 103; Eiselein, 335; Körte, 3054c; Meinau, 103; Braun, I, 1570; für Tirol: Schöpf, 282. Sich höchst armselig behelfen, kümmerlich leben müssen, am Nothwendigsten Mangel leiden. Frisch leitet diese Redensart von dem schwarzen Tuche ab, womit in einigen Gegenden zur Fastenzeit der Altar behangen wird, was eine Anspielung auf die um diese Zeit in der katholischen Kirche übliche Enthaltung von allem Fleische sein soll. Vielleicht ist sie aber eher von der schrecklichen Erfahrung abzuleiten, welche man an bereits begrabenen Scheintodten machte, die in der wirklichen Todesangst im Sarge das Leichentuch in den Mund steckten, um nur bald aus diesem Schreckenszustande zu kommen. - Eiselein weiss keine befriedigende Erklärung dieser Redensart. - Stöber (Sagen des Elsasses, S. 63) sagt: "Im Jahre 1347 herrschte eine furchtbare Hungersnoth im ganzen Lande (Elsass) und war grosses Elend. Zur Erinnerung daran wurde das grosse Hungertuch gemacht, welches noch heutzutage von Aschermittwoch bis zum Sonntag nach Ostern über den Hauptaltar gespannt wird, um die Ornamente desselben zu verhüllen. Davon kommt der sprichwörtliche Ausdruck: Am Hungertuche nagen." "Dich soll lehren das Hungertuch, so man aufspannt (am Aschermittwoch vor dem Altarbilde) Abstinenz und Fasten." (Geiler.) - " ... Den nechsten Sonntag darnach gibet man der Fassnacht vrlaub verbutzet vnd verhüllet sich aber, trinken sich voll, spielen vnd rasseln zuletzt. Alsdan folget die trawrige Fassnacht, darin essen sie (die Römischen) viertzig Tag kein Fleysch, auch nicht Milch, Käss, Eyer, Schmaltz, dann vom Römischen Stuel vnd gnad erkaufft. Da beichten die Leut nach ordnung. Da verhüllet man die Altar vnd Heiligen mit tuch vnd lässt ein Hungertuch herab, das die sündigen Leuth die Götzen nicht ansehen noch die heiligen Bilder die Sünder" u. s. w. (Franck, Weltbuch, CXXXa.) - "So müssens offt am Hunger gnagen." (Waldis, IV, 42, 74; Ayrer, IV, 2571, 25.) (S. Hungerpfote.) Lat.: Cum exossis suum rodit pedem. (Philippi, I, 102.) *3 Am Hungertuche nehen. - Fischer, Psalter, 112a. "Vnd muss am hunger Thuch selb nehen." (H. Sachs, II, XXII, 2; XXXVII, 1; LXXX, 2; IV, CXIII, 1.) *4 Das Hungertuch auf hängen. "Der wegen wil ich auch bald im Anfange der gewöhnlichen Fastenzeit das rechte Hungertuch auffhengen." (Herberger, I, 2, 257.) - "In etlichen Städten pflegt man in der Fasten nach Alter weise das Chor (der Kirche) mit einem grossen Hungertuche zu schliessen, daran ist das gantze Passion gemalet, damit haben vnsere Vorfahren gleich also wollen sagen: Schawe, lieber Christ, wiltu das glauben, was allhier von deinem Herrn Jesu abgemalet ist, so wirst du offt müssen ins Hungerland ziehen vnd am Hungertuche nagen, aber sey getrost, so geschwind kan der Herr das Hungertuch spannen, so bald kan ers auch wieder abnehmen." (Herberger, I, 305.) - "Man soll in der Marterwochen nicht das Hungertuch, Palmschiessen, Bilderdecken und was des Gaukelwerks mehr ist, halten." (Luther's Werke, III, 303.) *5 De Hungerdok is follen. - Dähnert, 200b. Das in den Kirchchören ausgehangene Tuch zum Zeichen der angegangenen päpstlichen Fasten ist eingezogen, die Fasten sind beendigt. Hunghafen. Wen's e'n Hunghafen wier (wäre), er hetti 'n selber glecket. (Obersimmenthal.) - Schweiz, II, 188, 4. Hung = Honig, hüngeln, aushüngeln = der Biene den Honig nehmen. Ich hab' ihn ausgehüngelt = ich hab' ihn beim Spiel rein ausgeplündert. (Vgl. Stalder, II, 63.) Der Sinn der obigen Redensart ist also: Wenn's ein Gefäss mit Honig, wenn es etwas Angenehmes und Gutes wäre, er hätte es selbst behalten. Hungrig. 1 Bäst te hangrich, se läk Salz, se wirscht te uch durschtich. (Siebenbürg.-sächs.) - Schuster, 265. 2 Besser hungrig zu Bette gehn, als mit Schulden aufstehn. - Schlechta, 492. 3 Bin ich hungrig, häng' ich's Maul, bin ich satt, so bin ich faul. Faulert's Beichte. [Spaltenumbruch] 4 Der ist nicht hungrig, dem Käs' und Brot nicht schmeckt. 5 Du bist so hungrig as Mölles Hian, dei all Daug im Schrotgang geht. (Konitz.) - Frischbier2, 1765. 6 Es setzt sich offt einer Hungrig zu Tisch vnd bekombt erst den appetit zu Essen, wenn er wass guts für sich sihet. - Lehmann, 146, 96. 7 Ich bin so hungrig, dass ich nicht weiss, wo ich die Nacht schlafen soll, sagte der Loafer zum Wirth, und er bat um einen Topf Bier gegen den Durst. (Neuyork.) 8 Wenn du hungrig bist, iss; wenn du durstig bist, trink; wenn dein Topf siedet, giesse ab! 9 Wer hungerig ist, dem ist kein Brodt zu Schwartz. - Lehmann, 788, 4. Lat.: Jejunus raro stomachus vulgaria temnit. (Horaz.) (Binder I, 69.) 10 Wer hungrig aus dem Hause geht, bekommt auch im Dorfe nichts. (Lit.) 11 Wer hungrig ist und den Korb sieht, kann nicht verglichen werden mit dem, der satt ist und den Korb sieht. - Tendlau, 791. Der Satte weiss nicht, wie dem Hungrigen zu Muthe ist. 12 Wer sich hungrig legt aufs Stroh, wird keines Schlafes froh. Böhm.: Hladove oko nespava. - Liska hladova drime. (Celakovsky, 190.) Holl.: Wie zonder eten gaat te bed, dien wordt het slapen ligt belet. (Bohn I, 344.) It.: Chi va a letto senza cena, tutta la notte si dimena. (Pazzaglia, 16.) Poln.: Lis glodny drzymie. (Celakovsky, 190.) *13 Er ist hungrig wie ein Wolf. Frz.: Il est affame comme un chasseur. *14 Er ist hungrig wie eine Kirchenmaus. - Eiselein, 378. *15 Se seng heangrig wä des Melner seng Hienen. (Siebenbürg.-sächs.) - Frommann, V, 175, 175. Sie sind hungrig wie des Müllers (seine) Hühner, d. h. sie haben keinen Hunger. *16 So hungerich as 'ne Smachtlappe. (Grafschaft Mark.) - Frommann, V, 60, 81. Hungriger. 1 Beim Hungrigen muss man nicht Brot kaufen. Böhm.: U hladoveho nejdrazsi chleb. (Celakovsky, 178.) Poln.: U glodnego najdrozszy chleb. (Celakovsky, 178.) 2 Dem Hungrigen hilft keine Predigt. - Reinsberg III, 81; Lohrengel, I, 130. Böhm.: Hlad se neda slovy utisiti. - Hladovite bricho neda se slovy ani peknou reci spokojiti. (Celakovsky, 188.) Poln.: Glodnego zoladka bajka niezabawic, racya nieodbyc. (Celakovsky, 188.) 3 Dem Hungrigen ist harr' ein hartes Wort. - Simrock, 4349; Körte, 3057. Der Franzose sagt von einer langen Zeit des Wartens: Lang, wie ein Tag ohne Brot. Der Magen muss vor allem andern befriedigt, d. h. unser Bestehen gesichert sein, bevor wir für irgendetwas anderes Sinn haben. Man sagt daher in der Herzegowina: Alles ist Mutter, aber Brot ist Nahrung. In Oberschlesien: Nöthig ist Brot und Himmel. Die Letten sagen: Der Lahme vergisst das Hinken, wenn er Brot zu holen hat. Die Hindus: Fragst du den Hungrigen, wie viel zwei mal zwei ist, so antwortet er: vier Brotlaibe. (Reinsberg III, 85.) Dän.: At hungre og vente giör en utaalmodig. - Hungrig mand er ond at stille. (Prov. dan., 314.) Frz.: Long, comme un jour sans pain. (Körte, 3057.) 4 Dem Hungrigen ist nicht gut lang predigen. - Egenolff, 66b; Eyering, I, 374; Gruter, I, 12; III, 15; Petri, II, 74; Lehmann, II, 77, 50; Schottel, 1142b; Seybold, 73; Gaal, 943; Sutor, 152; Blum, 594; Bücking, 47; Simrock, 5098; Körte, 3058; Braun, I, 1574; Reinsberg III, 81. Es wäre mindestens unzeitig, einen Hungrigen durch lange Vorträge aufhalten; daher sind auch lange Gebete vor Tische am unrechten Orte, denn sie bleiben ohne Andacht, sowie Predigten, welche eine Esszeit überschreiten. Holl.: Den hongrigen is het niet goed lang te preken. (Harrebomee, I, 324.) Lat.: Famelicus non est interpellandus. (Buchler, 119; Binder I, 517; II, 1093; Seybold, 173.) - Fames et mora bilem in nasum conciunt. (Binder I, 519; II, 1095.) - Latrante stomacho omnis mora bilem movet. (Binder I, 853; II, 1634; Buchler, 121; Seybold, 273.) - Molestus interpellator venter. - Venter caret auribus.
[Spaltenumbruch] man zwei Kammerherren zu, welche beide in der Folge bestraft wurden. In Lucä und einigen andern schlesischen Schriftstellern sind die Briefe eingerückt, welche diese Rathsherren gleich anfangs mittels Lichtschwärze niedergeschrieben hatten, worin sie ihre Unschuld versichern und ihren schrecklichen Jammer beschreiben. (Fülleborn, Breslauer Erzähler.) Hungertuch. 1 Am Hungertuch nagen, macht schwächlich zu schlagen. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408. „Der hungerig Wolff muss den lären Magen mit Sand füllen, dass er gewichtig sei ein Pferd niederzuziehen.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408.) *2 Am Hungertuche nagen. – Grimmelshausen, Vogelnest, II; Ayrer, IV, 2419, 9; Schottel, 1112a; Wurzbach II, 103; Eiselein, 335; Körte, 3054c; Meinau, 103; Braun, I, 1570; für Tirol: Schöpf, 282. Sich höchst armselig behelfen, kümmerlich leben müssen, am Nothwendigsten Mangel leiden. Frisch leitet diese Redensart von dem schwarzen Tuche ab, womit in einigen Gegenden zur Fastenzeit der Altar behangen wird, was eine Anspielung auf die um diese Zeit in der katholischen Kirche übliche Enthaltung von allem Fleische sein soll. Vielleicht ist sie aber eher von der schrecklichen Erfahrung abzuleiten, welche man an bereits begrabenen Scheintodten machte, die in der wirklichen Todesangst im Sarge das Leichentuch in den Mund steckten, um nur bald aus diesem Schreckenszustande zu kommen. – Eiselein weiss keine befriedigende Erklärung dieser Redensart. – Stöber (Sagen des Elsasses, S. 63) sagt: „Im Jahre 1347 herrschte eine furchtbare Hungersnoth im ganzen Lande (Elsass) und war grosses Elend. Zur Erinnerung daran wurde das grosse Hungertuch gemacht, welches noch heutzutage von Aschermittwoch bis zum Sonntag nach Ostern über den Hauptaltar gespannt wird, um die Ornamente desselben zu verhüllen. Davon kommt der sprichwörtliche Ausdruck: Am Hungertuche nagen.“ „Dich soll lehren das Hungertuch, so man aufspannt (am Aschermittwoch vor dem Altarbilde) Abstinenz und Fasten.“ (Geiler.) – „ ... Den nechsten Sonntag darnach gibet man der Fassnacht vrlaub verbutzet vnd verhüllet sich aber, trinken sich voll, spielen vnd rasseln zuletzt. Alsdan folget die trawrige Fassnacht, darin essen sie (die Römischen) viertzig Tag kein Fleysch, auch nicht Milch, Käss, Eyer, Schmaltz, dann vom Römischen Stuel vnd gnad erkaufft. Da beichten die Leut nach ordnung. Da verhüllet man die Altar vnd Heiligen mit tuch vnd lässt ein Hungertuch herab, das die sündigen Leuth die Götzen nicht ansehen noch die heiligen Bilder die Sünder“ u. s. w. (Franck, Weltbuch, CXXXa.) – „So müssens offt am Hunger gnagen.“ (Waldis, IV, 42, 74; Ayrer, IV, 2571, 25.) (S. Hungerpfote.) Lat.: Cum exossis suum rodit pedem. (Philippi, I, 102.) *3 Am Hungertuche nehen. – Fischer, Psalter, 112a. „Vnd muss am hunger Thuch selb nehen.“ (H. Sachs, II, XXII, 2; XXXVII, 1; LXXX, 2; IV, CXIII, 1.) *4 Das Hungertuch auf hängen. „Der wegen wil ich auch bald im Anfange der gewöhnlichen Fastenzeit das rechte Hungertuch auffhengen.“ (Herberger, I, 2, 257.) – „In etlichen Städten pflegt man in der Fasten nach Alter weise das Chor (der Kirche) mit einem grossen Hungertuche zu schliessen, daran ist das gantze Passion gemalet, damit haben vnsere Vorfahren gleich also wollen sagen: Schawe, lieber Christ, wiltu das glauben, was allhier von deinem Herrn Jesu abgemalet ist, so wirst du offt müssen ins Hungerland ziehen vnd am Hungertuche nagen, aber sey getrost, so geschwind kan der Herr das Hungertuch spannen, so bald kan ers auch wieder abnehmen.“ (Herberger, I, 305.) – „Man soll in der Marterwochen nicht das Hungertuch, Palmschiessen, Bilderdecken und was des Gaukelwerks mehr ist, halten.“ (Luther's Werke, III, 303.) *5 De Hungerdôk is follen. – Dähnert, 200b. Das in den Kirchchören ausgehangene Tuch zum Zeichen der angegangenen päpstlichen Fasten ist eingezogen, die Fasten sind beendigt. Hunghafen. Wen's e'n Hunghafen wier (wäre), er hetti 'n selber glecket. (Obersimmenthal.) – Schweiz, II, 188, 4. Hung = Honig, hüngeln, aushüngeln = der Biene den Honig nehmen. Ich hab' ihn ausgehüngelt = ich hab' ihn beim Spiel rein ausgeplündert. (Vgl. Stalder, II, 63.) Der Sinn der obigen Redensart ist also: Wenn's ein Gefäss mit Honig, wenn es etwas Angenehmes und Gutes wäre, er hätte es selbst behalten. Hungrig. 1 Bäst te hangrich, se läk Sâlz, se wirscht te uch durschtich. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 265. 2 Besser hungrig zu Bette gehn, als mit Schulden aufstehn. – Schlechta, 492. 3 Bin ich hungrig, häng' ich's Maul, bin ich satt, so bin ich faul. Faulert's Beichte. [Spaltenumbruch] 4 Der ist nicht hungrig, dem Käs' und Brot nicht schmeckt. 5 Du bist so hungrig as Mölles Hian, dei all Daug im Schrotgang geht. (Konitz.) – Frischbier2, 1765. 6 Es setzt sich offt einer Hungrig zu Tisch vnd bekombt erst den appetit zu Essen, wenn er wass guts für sich sihet. – Lehmann, 146, 96. 7 Ich bin so hungrig, dass ich nicht weiss, wo ich die Nacht schlafen soll, sagte der Loafer zum Wirth, und er bat um einen Topf Bier gegen den Durst. (Neuyork.) 8 Wenn du hungrig bist, iss; wenn du durstig bist, trink; wenn dein Topf siedet, giesse ab! 9 Wer hungerig ist, dem ist kein Brodt zu Schwartz. – Lehmann, 788, 4. Lat.: Jejunus raro stomachus vulgaria temnit. (Horaz.) (Binder I, 69.) 10 Wer hungrig aus dem Hause geht, bekommt auch im Dorfe nichts. (Lit.) 11 Wer hungrig ist und den Korb sieht, kann nicht verglichen werden mit dem, der satt ist und den Korb sieht. – Tendlau, 791. Der Satte weiss nicht, wie dem Hungrigen zu Muthe ist. 12 Wer sich hungrig legt aufs Stroh, wird keines Schlafes froh. Böhm.: Hladovĕ oko nespává. – Liška hladová dříme. (Čelakovsky, 190.) Holl.: Wie zonder eten gaat te bed, dien wordt het slapen ligt belet. (Bohn I, 344.) It.: Chi và a letto senza cena, tutta la notte si dimena. (Pazzaglia, 16.) Poln.: Lis głodny drzymie. (Čelakovsky, 190.) *13 Er ist hungrig wie ein Wolf. Frz.: Il est affamé comme un chasseur. *14 Er ist hungrig wie eine Kirchenmaus. – Eiselein, 378. *15 Se seng heangrig wä des Melner seng Hienen. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 175, 175. Sie sind hungrig wie des Müllers (seine) Hühner, d. h. sie haben keinen Hunger. *16 So hungerich as 'ne Smachtlappe. (Grafschaft Mark.) – Frommann, V, 60, 81. Hungriger. 1 Beim Hungrigen muss man nicht Brot kaufen. Böhm.: U hladového nejdražší chléb. (Čelakovsky, 178.) Poln.: U głodnego najdrožszy chleb. (Čelakovsky, 178.) 2 Dem Hungrigen hilft keine Predigt. – Reinsberg III, 81; Lohrengel, I, 130. Böhm.: Hlad se nedá slovy utišiti. – Hladovité břicho nedá se slovy ani pĕknou řecí spokojiti. (Čelakovsky, 188.) Poln.: Glodnego žołądka bajką niezabawić, racyą nieodbyć. (Čelakovsky, 188.) 3 Dem Hungrigen ist harr' ein hartes Wort. – Simrock, 4349; Körte, 3057. Der Franzose sagt von einer langen Zeit des Wartens: Lang, wie ein Tag ohne Brot. Der Magen muss vor allem andern befriedigt, d. h. unser Bestehen gesichert sein, bevor wir für irgendetwas anderes Sinn haben. Man sagt daher in der Herzegowina: Alles ist Mutter, aber Brot ist Nahrung. In Oberschlesien: Nöthig ist Brot und Himmel. Die Letten sagen: Der Lahme vergisst das Hinken, wenn er Brot zu holen hat. Die Hindus: Fragst du den Hungrigen, wie viel zwei mal zwei ist, so antwortet er: vier Brotlaibe. (Reinsberg III, 85.) Dän.: At hungre og vente giør en utaalmodig. – Hungrig mand er ond at stille. (Prov. dan., 314.) Frz.: Long, comme un jour sans pain. (Körte, 3057.) 4 Dem Hungrigen ist nicht gut lang predigen. – Egenolff, 66b; Eyering, I, 374; Gruter, I, 12; III, 15; Petri, II, 74; Lehmann, II, 77, 50; Schottel, 1142b; Seybold, 73; Gaal, 943; Sutor, 152; Blum, 594; Bücking, 47; Simrock, 5098; Körte, 3058; Braun, I, 1574; Reinsberg III, 81. Es wäre mindestens unzeitig, einen Hungrigen durch lange Vorträge aufhalten; daher sind auch lange Gebete vor Tische am unrechten Orte, denn sie bleiben ohne Andacht, sowie Predigten, welche eine Esszeit überschreiten. Holl.: Den hongrigen is het niet goed lang te preken. (Harrebomée, I, 324.) Lat.: Famelicus non est interpellandus. (Buchler, 119; Binder I, 517; II, 1093; Seybold, 173.) – Fames et mora bilem in nasum conciunt. (Binder I, 519; II, 1095.) – Latrante stomacho omnis mora bilem movet. (Binder I, 853; II, 1634; Buchler, 121; Seybold, 273.) – Molestus interpellator venter. – Venter caret auribus.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p rendition="#et"><pb facs="#f0467" n="[461]"/><cb n="921"/> man zwei Kammerherren zu, welche beide in der Folge bestraft wurden. In Lucä und einigen andern schlesischen Schriftstellern sind die Briefe eingerückt, welche diese Rathsherren gleich anfangs mittels Lichtschwärze niedergeschrieben hatten, worin sie ihre Unschuld versichern und ihren schrecklichen Jammer beschreiben. (<hi rendition="#i">Fülleborn, Breslauer Erzähler.</hi>)</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Hungertuch.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Am Hungertuch nagen, macht schwächlich zu schlagen.</hi> – <hi rendition="#i">Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">„Der hungerig Wolff muss den lären Magen mit Sand füllen, dass er gewichtig sei ein Pferd niederzuziehen.“ (<hi rendition="#i">Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 Am Hungertuche nagen.</hi> – <hi rendition="#i">Grimmelshausen, Vogelnest, II; Ayrer, IV, 2419, 9; Schottel, 1112<hi rendition="#sup">a</hi>; Wurzbach II, 103; Eiselein, 335; Körte, 3054<hi rendition="#sup">c</hi>; Meinau, 103; Braun, I, 1570;</hi> für Tirol: <hi rendition="#i">Schöpf, 282.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Sich höchst armselig behelfen, kümmerlich leben müssen, am Nothwendigsten Mangel leiden. <hi rendition="#i">Frisch</hi> leitet diese Redensart von dem schwarzen Tuche ab, womit in einigen Gegenden zur Fastenzeit der Altar behangen wird, was eine Anspielung auf die um diese Zeit in der katholischen Kirche übliche Enthaltung von allem Fleische sein soll. Vielleicht ist sie aber eher von der schrecklichen Erfahrung abzuleiten, welche man an bereits begrabenen Scheintodten machte, die in der wirklichen Todesangst im Sarge das Leichentuch in den Mund steckten, um nur bald aus diesem Schreckenszustande zu kommen. – <hi rendition="#i">Eiselein</hi> weiss keine befriedigende Erklärung dieser Redensart. – <hi rendition="#i">Stöber</hi> (<hi rendition="#i">Sagen des Elsasses, S. 63</hi>) sagt: „Im Jahre 1347 herrschte eine furchtbare Hungersnoth im ganzen Lande (Elsass) und war grosses Elend. Zur Erinnerung daran wurde das grosse Hungertuch gemacht, welches noch heutzutage von Aschermittwoch bis zum Sonntag nach Ostern über den Hauptaltar gespannt wird, um die Ornamente desselben zu verhüllen. Davon kommt der sprichwörtliche Ausdruck: Am Hungertuche nagen.“ „Dich soll lehren das Hungertuch, so man aufspannt (am Aschermittwoch vor dem Altarbilde) Abstinenz und Fasten.“ (<hi rendition="#i">Geiler.</hi>) – „ ... Den nechsten Sonntag darnach gibet man der Fassnacht vrlaub verbutzet vnd verhüllet sich aber, trinken sich voll, spielen vnd rasseln zuletzt. Alsdan folget die trawrige Fassnacht, darin essen sie (die Römischen) viertzig Tag kein Fleysch, auch nicht Milch, Käss, Eyer, Schmaltz, dann vom Römischen Stuel vnd gnad erkaufft. Da beichten die Leut nach ordnung. Da verhüllet man die Altar vnd Heiligen mit tuch vnd lässt ein Hungertuch herab, das die sündigen Leuth die Götzen nicht ansehen noch die heiligen Bilder die Sünder“ u. s. w. (<hi rendition="#i">Franck, Weltbuch, CXXX<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi>) – „So müssens offt am Hunger gnagen.“ (<hi rendition="#i">Waldis, IV, 42, 74; Ayrer, IV, 2571, 25.</hi>) (S. Hungerpfote.)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Cum exossis suum rodit pedem. (<hi rendition="#i">Philippi, I, 102.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*3 Am Hungertuche nehen.</hi> – <hi rendition="#i">Fischer, Psalter, 112<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">„Vnd muss am hunger Thuch selb nehen.“ (<hi rendition="#i">H. Sachs, II, XXII, 2; XXXVII, 1; LXXX, 2; IV, CXIII, 1.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*4 Das Hungertuch auf hängen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">„Der wegen wil ich auch bald im Anfange der gewöhnlichen Fastenzeit das rechte Hungertuch auffhengen.“ (<hi rendition="#i">Herberger, I, 2, 257.</hi>) – „In etlichen Städten pflegt man in der Fasten nach Alter weise das Chor (der Kirche) mit einem grossen Hungertuche zu schliessen, daran ist das gantze Passion gemalet, damit haben vnsere Vorfahren gleich also wollen sagen: Schawe, lieber Christ, wiltu das glauben, was allhier von deinem Herrn Jesu abgemalet ist, so wirst du offt müssen ins Hungerland ziehen vnd am Hungertuche nagen, aber sey getrost, so geschwind kan der Herr das Hungertuch spannen, so bald kan ers auch wieder abnehmen.“ (<hi rendition="#i">Herberger, I, 305.</hi>) – „Man soll in der Marterwochen nicht das Hungertuch, Palmschiessen, Bilderdecken und was des Gaukelwerks mehr ist, halten.“ (<hi rendition="#i">Luther's Werke, III, 303.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*5 De Hungerdôk is follen.</hi> – <hi rendition="#i">Dähnert, 200<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Das in den Kirchchören ausgehangene Tuch zum Zeichen der angegangenen päpstlichen Fasten ist eingezogen, die Fasten sind beendigt.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Hunghafen.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Wen's e'n Hunghafen wier (wäre), er hetti 'n selber glecket.</hi> (<hi rendition="#i">Obersimmenthal.</hi>) – <hi rendition="#i">Schweiz, II, 188, 4.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Hung = Honig, hüngeln, aushüngeln = der Biene den Honig nehmen. Ich hab' ihn ausgehüngelt = ich hab' ihn beim Spiel rein ausgeplündert. (Vgl. <hi rendition="#i">Stalder, II, 63.</hi>) Der Sinn der obigen Redensart ist also: Wenn's ein Gefäss mit Honig, wenn es etwas Angenehmes und Gutes wäre, er hätte es selbst behalten.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Hungrig.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Bäst te hangrich, se läk Sâlz, se wirscht te uch durschtich.</hi> (<hi rendition="#i">Siebenbürg.-sächs.</hi>) – <hi rendition="#i">Schuster, 265.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Besser hungrig zu Bette gehn, als mit Schulden aufstehn.</hi> – <hi rendition="#i">Schlechta, 492.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Bin ich hungrig, häng' ich's Maul, bin ich satt, so bin ich faul.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Faulert's Beichte.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"><cb n="922"/> 4 Der ist nicht hungrig, dem Käs' und Brot nicht schmeckt.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Du bist so hungrig as Mölles Hian, dei all Daug im Schrotgang geht.</hi> (<hi rendition="#i">Konitz.</hi>) – <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 1765.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">6 Es setzt sich offt einer Hungrig zu Tisch vnd bekombt erst den appetit zu Essen, wenn er wass guts für sich sihet.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 146, 96.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Ich bin so hungrig, dass ich nicht weiss, wo ich die Nacht schlafen soll, sagte der Loafer zum Wirth, und er bat um einen Topf Bier gegen den Durst.</hi> (<hi rendition="#i">Neuyork.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Wenn du hungrig bist, iss; wenn du durstig bist, trink; wenn dein Topf siedet, giesse ab!</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Wer hungerig ist, dem ist kein Brodt zu Schwartz.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 788, 4.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Jejunus raro stomachus vulgaria temnit. (<hi rendition="#i">Horaz.</hi>) (<hi rendition="#i">Binder I, 69.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">10 Wer hungrig aus dem Hause geht, bekommt auch im Dorfe nichts.</hi> (<hi rendition="#i">Lit.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">11 Wer hungrig ist und den Korb sieht, kann nicht verglichen werden mit dem, der satt ist und den Korb sieht.</hi> – <hi rendition="#i">Tendlau, 791.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Der Satte weiss nicht, wie dem Hungrigen zu Muthe ist.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Wer sich hungrig legt aufs Stroh, wird keines Schlafes froh.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Hladovĕ oko nespává. – Liška hladová dříme. (<hi rendition="#i">Čelakovsky, 190.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Wie zonder eten gaat te bed, dien wordt het slapen ligt belet. (<hi rendition="#i">Bohn I, 344.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Chi và a letto senza cena, tutta la notte si dimena. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 16.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Lis głodny drzymie. (<hi rendition="#i">Čelakovsky, 190.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*13 Er ist hungrig wie ein Wolf.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Il est affamé comme un chasseur.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*14 Er ist hungrig wie eine Kirchenmaus.</hi> – <hi rendition="#i">Eiselein, 378.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*15 Se seng heangrig wä des Melner seng Hienen.</hi> (<hi rendition="#i">Siebenbürg.-sächs.</hi>) – <hi rendition="#i">Frommann, V, 175, 175.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Sie sind hungrig wie des Müllers (seine) Hühner, d. h. sie haben keinen Hunger.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*16 So hungerich as 'ne Smachtlappe.</hi> (<hi rendition="#i">Grafschaft Mark.</hi>) – <hi rendition="#i">Frommann, V, 60, 81.</hi></p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Hungriger.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Beim Hungrigen muss man nicht Brot kaufen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: U hladového nejdražší chléb. (<hi rendition="#i">Čelakovsky, 178.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: U głodnego najdrožszy chleb. (<hi rendition="#i">Čelakovsky, 178.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Dem Hungrigen hilft keine Predigt.</hi> – <hi rendition="#i">Reinsberg III, 81; Lohrengel, I, 130.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Hlad se nedá slovy utišiti. – Hladovité břicho nedá se slovy ani pĕknou řecí spokojiti. (<hi rendition="#i">Čelakovsky, 188.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Glodnego žołądka bajką niezabawić, racyą nieodbyć. (<hi rendition="#i">Čelakovsky, 188.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Dem Hungrigen ist harr' ein hartes Wort.</hi> – <hi rendition="#i">Simrock, 4349; Körte, 3057.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Der Franzose sagt von einer langen Zeit des Wartens: Lang, wie ein Tag ohne Brot. Der Magen muss vor allem andern befriedigt, d. h. unser Bestehen gesichert sein, bevor wir für irgendetwas anderes Sinn haben. Man sagt daher in der Herzegowina: Alles ist Mutter, aber Brot ist Nahrung. In Oberschlesien: Nöthig ist Brot und Himmel. Die Letten sagen: Der Lahme vergisst das Hinken, wenn er Brot zu holen hat. Die Hindus: Fragst du den Hungrigen, wie viel zwei mal zwei ist, so antwortet er: vier Brotlaibe. (<hi rendition="#i">Reinsberg III, 85.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: At hungre og vente giør en utaalmodig. – Hungrig mand er ond at stille. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 314.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Long, comme un jour sans pain. (<hi rendition="#i">Körte, 3057.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Dem Hungrigen ist nicht gut lang predigen.</hi> – <hi rendition="#i">Egenolff, 66<hi rendition="#sup">b</hi>; Eyering, I, 374; Gruter, I, 12; III, 15; Petri, II, 74; Lehmann, II, 77, 50; Schottel, 1142<hi rendition="#sup">b</hi>; Seybold, 73; Gaal, 943; Sutor, 152; Blum, 594; Bücking, 47; Simrock, 5098; Körte, 3058; Braun, I, 1574; Reinsberg III, 81.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Es wäre mindestens unzeitig, einen Hungrigen durch lange Vorträge aufhalten; daher sind auch lange Gebete vor Tische am unrechten Orte, denn sie bleiben ohne Andacht, sowie Predigten, welche eine Esszeit überschreiten.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Den hongrigen is het niet goed lang te preken. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 324.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Famelicus non est interpellandus. (<hi rendition="#i">Buchler, 119; Binder I, 517; II, 1093; Seybold, 173.</hi>) – Fames et mora bilem in nasum conciunt. (<hi rendition="#i">Binder I, 519; II, 1095.</hi>) – Latrante stomacho omnis mora bilem movet. (<hi rendition="#i">Binder I, 853; II, 1634; Buchler, 121; Seybold, 273.</hi>) – Molestus interpellator venter. – Venter caret auribus.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"> </hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[461]/0467]
man zwei Kammerherren zu, welche beide in der Folge bestraft wurden. In Lucä und einigen andern schlesischen Schriftstellern sind die Briefe eingerückt, welche diese Rathsherren gleich anfangs mittels Lichtschwärze niedergeschrieben hatten, worin sie ihre Unschuld versichern und ihren schrecklichen Jammer beschreiben. (Fülleborn, Breslauer Erzähler.)
Hungertuch.
1 Am Hungertuch nagen, macht schwächlich zu schlagen. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408.
„Der hungerig Wolff muss den lären Magen mit Sand füllen, dass er gewichtig sei ein Pferd niederzuziehen.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408.)
*2 Am Hungertuche nagen. – Grimmelshausen, Vogelnest, II; Ayrer, IV, 2419, 9; Schottel, 1112a; Wurzbach II, 103; Eiselein, 335; Körte, 3054c; Meinau, 103; Braun, I, 1570; für Tirol: Schöpf, 282.
Sich höchst armselig behelfen, kümmerlich leben müssen, am Nothwendigsten Mangel leiden. Frisch leitet diese Redensart von dem schwarzen Tuche ab, womit in einigen Gegenden zur Fastenzeit der Altar behangen wird, was eine Anspielung auf die um diese Zeit in der katholischen Kirche übliche Enthaltung von allem Fleische sein soll. Vielleicht ist sie aber eher von der schrecklichen Erfahrung abzuleiten, welche man an bereits begrabenen Scheintodten machte, die in der wirklichen Todesangst im Sarge das Leichentuch in den Mund steckten, um nur bald aus diesem Schreckenszustande zu kommen. – Eiselein weiss keine befriedigende Erklärung dieser Redensart. – Stöber (Sagen des Elsasses, S. 63) sagt: „Im Jahre 1347 herrschte eine furchtbare Hungersnoth im ganzen Lande (Elsass) und war grosses Elend. Zur Erinnerung daran wurde das grosse Hungertuch gemacht, welches noch heutzutage von Aschermittwoch bis zum Sonntag nach Ostern über den Hauptaltar gespannt wird, um die Ornamente desselben zu verhüllen. Davon kommt der sprichwörtliche Ausdruck: Am Hungertuche nagen.“ „Dich soll lehren das Hungertuch, so man aufspannt (am Aschermittwoch vor dem Altarbilde) Abstinenz und Fasten.“ (Geiler.) – „ ... Den nechsten Sonntag darnach gibet man der Fassnacht vrlaub verbutzet vnd verhüllet sich aber, trinken sich voll, spielen vnd rasseln zuletzt. Alsdan folget die trawrige Fassnacht, darin essen sie (die Römischen) viertzig Tag kein Fleysch, auch nicht Milch, Käss, Eyer, Schmaltz, dann vom Römischen Stuel vnd gnad erkaufft. Da beichten die Leut nach ordnung. Da verhüllet man die Altar vnd Heiligen mit tuch vnd lässt ein Hungertuch herab, das die sündigen Leuth die Götzen nicht ansehen noch die heiligen Bilder die Sünder“ u. s. w. (Franck, Weltbuch, CXXXa.) – „So müssens offt am Hunger gnagen.“ (Waldis, IV, 42, 74; Ayrer, IV, 2571, 25.) (S. Hungerpfote.)
Lat.: Cum exossis suum rodit pedem. (Philippi, I, 102.)
*3 Am Hungertuche nehen. – Fischer, Psalter, 112a.
„Vnd muss am hunger Thuch selb nehen.“ (H. Sachs, II, XXII, 2; XXXVII, 1; LXXX, 2; IV, CXIII, 1.)
*4 Das Hungertuch auf hängen.
„Der wegen wil ich auch bald im Anfange der gewöhnlichen Fastenzeit das rechte Hungertuch auffhengen.“ (Herberger, I, 2, 257.) – „In etlichen Städten pflegt man in der Fasten nach Alter weise das Chor (der Kirche) mit einem grossen Hungertuche zu schliessen, daran ist das gantze Passion gemalet, damit haben vnsere Vorfahren gleich also wollen sagen: Schawe, lieber Christ, wiltu das glauben, was allhier von deinem Herrn Jesu abgemalet ist, so wirst du offt müssen ins Hungerland ziehen vnd am Hungertuche nagen, aber sey getrost, so geschwind kan der Herr das Hungertuch spannen, so bald kan ers auch wieder abnehmen.“ (Herberger, I, 305.) – „Man soll in der Marterwochen nicht das Hungertuch, Palmschiessen, Bilderdecken und was des Gaukelwerks mehr ist, halten.“ (Luther's Werke, III, 303.)
*5 De Hungerdôk is follen. – Dähnert, 200b.
Das in den Kirchchören ausgehangene Tuch zum Zeichen der angegangenen päpstlichen Fasten ist eingezogen, die Fasten sind beendigt.
Hunghafen.
Wen's e'n Hunghafen wier (wäre), er hetti 'n selber glecket. (Obersimmenthal.) – Schweiz, II, 188, 4.
Hung = Honig, hüngeln, aushüngeln = der Biene den Honig nehmen. Ich hab' ihn ausgehüngelt = ich hab' ihn beim Spiel rein ausgeplündert. (Vgl. Stalder, II, 63.) Der Sinn der obigen Redensart ist also: Wenn's ein Gefäss mit Honig, wenn es etwas Angenehmes und Gutes wäre, er hätte es selbst behalten.
Hungrig.
1 Bäst te hangrich, se läk Sâlz, se wirscht te uch durschtich. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 265.
2 Besser hungrig zu Bette gehn, als mit Schulden aufstehn. – Schlechta, 492.
3 Bin ich hungrig, häng' ich's Maul, bin ich satt, so bin ich faul.
Faulert's Beichte.
4 Der ist nicht hungrig, dem Käs' und Brot nicht schmeckt.
5 Du bist so hungrig as Mölles Hian, dei all Daug im Schrotgang geht. (Konitz.) – Frischbier2, 1765.
6 Es setzt sich offt einer Hungrig zu Tisch vnd bekombt erst den appetit zu Essen, wenn er wass guts für sich sihet. – Lehmann, 146, 96.
7 Ich bin so hungrig, dass ich nicht weiss, wo ich die Nacht schlafen soll, sagte der Loafer zum Wirth, und er bat um einen Topf Bier gegen den Durst. (Neuyork.)
8 Wenn du hungrig bist, iss; wenn du durstig bist, trink; wenn dein Topf siedet, giesse ab!
9 Wer hungerig ist, dem ist kein Brodt zu Schwartz. – Lehmann, 788, 4.
Lat.: Jejunus raro stomachus vulgaria temnit. (Horaz.) (Binder I, 69.)
10 Wer hungrig aus dem Hause geht, bekommt auch im Dorfe nichts. (Lit.)
11 Wer hungrig ist und den Korb sieht, kann nicht verglichen werden mit dem, der satt ist und den Korb sieht. – Tendlau, 791.
Der Satte weiss nicht, wie dem Hungrigen zu Muthe ist.
12 Wer sich hungrig legt aufs Stroh, wird keines Schlafes froh.
Böhm.: Hladovĕ oko nespává. – Liška hladová dříme. (Čelakovsky, 190.)
Holl.: Wie zonder eten gaat te bed, dien wordt het slapen ligt belet. (Bohn I, 344.)
It.: Chi và a letto senza cena, tutta la notte si dimena. (Pazzaglia, 16.)
Poln.: Lis głodny drzymie. (Čelakovsky, 190.)
*13 Er ist hungrig wie ein Wolf.
Frz.: Il est affamé comme un chasseur.
*14 Er ist hungrig wie eine Kirchenmaus. – Eiselein, 378.
*15 Se seng heangrig wä des Melner seng Hienen. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 175, 175.
Sie sind hungrig wie des Müllers (seine) Hühner, d. h. sie haben keinen Hunger.
*16 So hungerich as 'ne Smachtlappe. (Grafschaft Mark.) – Frommann, V, 60, 81.
Hungriger.
1 Beim Hungrigen muss man nicht Brot kaufen.
Böhm.: U hladového nejdražší chléb. (Čelakovsky, 178.)
Poln.: U głodnego najdrožszy chleb. (Čelakovsky, 178.)
2 Dem Hungrigen hilft keine Predigt. – Reinsberg III, 81; Lohrengel, I, 130.
Böhm.: Hlad se nedá slovy utišiti. – Hladovité břicho nedá se slovy ani pĕknou řecí spokojiti. (Čelakovsky, 188.)
Poln.: Glodnego žołądka bajką niezabawić, racyą nieodbyć. (Čelakovsky, 188.)
3 Dem Hungrigen ist harr' ein hartes Wort. – Simrock, 4349; Körte, 3057.
Der Franzose sagt von einer langen Zeit des Wartens: Lang, wie ein Tag ohne Brot. Der Magen muss vor allem andern befriedigt, d. h. unser Bestehen gesichert sein, bevor wir für irgendetwas anderes Sinn haben. Man sagt daher in der Herzegowina: Alles ist Mutter, aber Brot ist Nahrung. In Oberschlesien: Nöthig ist Brot und Himmel. Die Letten sagen: Der Lahme vergisst das Hinken, wenn er Brot zu holen hat. Die Hindus: Fragst du den Hungrigen, wie viel zwei mal zwei ist, so antwortet er: vier Brotlaibe. (Reinsberg III, 85.)
Dän.: At hungre og vente giør en utaalmodig. – Hungrig mand er ond at stille. (Prov. dan., 314.)
Frz.: Long, comme un jour sans pain. (Körte, 3057.)
4 Dem Hungrigen ist nicht gut lang predigen. – Egenolff, 66b; Eyering, I, 374; Gruter, I, 12; III, 15; Petri, II, 74; Lehmann, II, 77, 50; Schottel, 1142b; Seybold, 73; Gaal, 943; Sutor, 152; Blum, 594; Bücking, 47; Simrock, 5098; Körte, 3058; Braun, I, 1574; Reinsberg III, 81.
Es wäre mindestens unzeitig, einen Hungrigen durch lange Vorträge aufhalten; daher sind auch lange Gebete vor Tische am unrechten Orte, denn sie bleiben ohne Andacht, sowie Predigten, welche eine Esszeit überschreiten.
Holl.: Den hongrigen is het niet goed lang te preken. (Harrebomée, I, 324.)
Lat.: Famelicus non est interpellandus. (Buchler, 119; Binder I, 517; II, 1093; Seybold, 173.) – Fames et mora bilem in nasum conciunt. (Binder I, 519; II, 1095.) – Latrante stomacho omnis mora bilem movet. (Binder I, 853; II, 1634; Buchler, 121; Seybold, 273.) – Molestus interpellator venter. – Venter caret auribus.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-09-18T08:54:47Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-09-18T08:54:47Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |