Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] 771 Wenn der Herr schläfert, so fängt sein Schmarotzer (Schmeichler) an zu gähnen (zu schnarchen). - Parömiakon, 195 u. 3057.

772 Wenn der Herr selbst flieht, bricht niemand seine Treue. - Graf, 557, 15.

Der Lehnsmann hatte gelobt, seinen Lehnsherrn bis aufs Aeusserste zu vertheidigen. Das Gelöbniss der Treue ging mitunter bis zu der Bestimmung: "Sähe ein Lehnsmann seinen leiblichen Vater und seinen Herrn in gleicher Gefahr, könnte aber nur einem helfen, so müsste er seinen Vater verlassen und dem Lehnsherrn helfen." Das obige Sprichwort sagt nun, dass die Pflicht der Treue dann nicht gebrochen wird, wenn sich der Lehnsmann zurückzieht, nachdem der Lehnsherr selbst die Flucht ergriffen.

Mhd.: So aber der herr selbst fleucht, so pricht nyemand sein trew. (Maurer, I, 38.)

773 Wenn der Herr sitzt in der Schenke, verliert das Pferd die Tränke.

774 Wenn der Herr spricht: Mich friert's, so schüttelt es den Knecht, wenn es auch Juli ist. - Parömiakon, 196.

Von Schmeichlern und Launensklaven.

775 Wenn der Herr stolpert, so bluten dem Diener die Zehen.

Aehnlich die Russen: Strauchelt der Herr, so fällt der Diener. (Altmann VI, 398.)

776 Wenn der Herr trauert, weint auch der Diener.

Der Diener ahmt in allem gern dem Herrn nach. Der Vicekönig von Irland, Lord Mulgrave, liebte die schöne Literatur und hat selbst einige gute Romane geschrieben. Natürlich waren nun Herren und Damen am irischen Hofe entschiedene Freunde der Belles-lettres und dichteten, schrieben und verselten nach Leibeskräften. Das ist immer so. Ist der Herr ein Trinker, so sind die Knechte Säufer; liebt er die Karten, so sind sie Croupiers; und ist er Freund der Pferde, so sind sie Rosskämme und Stallknechte.

777 Wenn der Herr trinkt, so saufen die Knechte.

Die Russen: Trinkt der Herr, so zecht der Diener. (Altmann VI, 401.)

778 Wenn der Herr verdampt ist, so gehen die Diener selten vngerissen auss. - Mathesius, Postilla, CLVIIb.

779 Wenn der Herr verreist ist, tanzt das Gesinde auf Tisch und Bänken.

780 Wenn der Herr versorgt ist, muss auch der Esel sein Futter kriegen.

781 Wenn der Herr vom Knecht, die Frau von der Magd lernen soll, so ziehet die Nahrung die Füss zusammen. - Sutor, 226.

782 Wenn der Herr vom Knecht lernen muss, so steht der Handel übel. - Seybold, 293.

Lat.: Male agitur cum domino, quem villicus docet. (Seybold, 293; Binder II, 1763; Schonheim, M, 3.)

783 Wenn der Herr das Land (sein Gut, Feld) verzehrt, so verzehrt das Land den Herrn.

Dän.: Naar handel opaedes af sin herre, langveys handel opaeder sin herre. (Prov. dan., 271.)

784 Wenn der Herr will, so hat der Diener leicht rechnen.

Poln.: Snadna wina, gdy Pan chce. (Lompa, 29.)

785 Wenn der Herr will, so nützt dem Knecht das Weinen nichts.

Gegen die Nothwendigkeit schützen keine Thränen.

Frz.: Ce que maeitre veut et valet pleure, sont larmes perdues. (Lendroy, 908; Cahier, 1396; Leroux, I, 68.)

786 Wenn der Herr wird zum Knecht, so steht's um die Pferde schlecht.

Dän.: Hvo der tager herrer til stald-svenne, faaer brödne sadler. (Prov. dan., 528.)

787 Wenn die Herren bauern und die Bauern herren, so gibt's Lumpen. - Simrock, 6680a; Körte, 2815 u. 3488.

788 Wenn die Herren brawer vnd becker sind, so gehet es vber arme leut. - Petri, II, 643; Henisch, 227, 58.

789 Wenn die Herren (Schwarz-)Brot schenken, wollen sie Semmel (Weissbrot) wiederhaben.

790 Wenn die Herren einander rauffen, so müssen die Vnderthanen das Haar darleihen (austhun, die Haare lassen). - Zeytbuch, CCLVa; Schottel, 1117b; Sailer, 246; Simrock, 4609.

Böhm.: Pani se drzi za pacesy, a sedlakum hlavy brni. - Pani se budou rvati, sedlaci pujcte vlasuv. - Pani se perou, sedlaci nastavte vlasuv. (Celakovsky, 325.)

[Spaltenumbruch] Lat.: Quicquid delirant reges, plectuntur Achivi. (Horaz.) (Philippi, II 127.)

Poln.: Gdy panowie za lby chodza, u poddanych wlosy trzeszcza. (Celakovsky, 325.)

Slow.: Ked' sa pani zvadia, sedlaci sa musia za vlasy ruvat'. (Celakovsky, 325.)

791 Wenn die Herren eines Diebes bedürfen, so nehmen sie ihn vom Galgen; und wenn sie seiner nicht mehr bedürfen, so hängen sie ihn wieder daran. - Sailer, 108.

792 Wenn die Herren essen, singen die Narren. - Frischbier2, 1583.

Holl.: Als de heeren eten, dan zingen de gekken. (Harrebomee, I, 204.)

793 Wenn die Herren nicht zu Haus, halten die Diener Kehr(Sauf-)aus.

794 Wenn die Herren nicht zu Haus, leben die Knecht' in Saus und Braus.

795 Wenn die Herren schiessen wollen, so spannen die Knechte. - Mathesius, Historia, XIIIb.

796 Wenn die Herren sich jucken, blutet den Bauern der Rucken.

Böhn.: Co pani zkrivi, sedlaci platii krvi. (Celakovsky, 326.)

Krain.: Kar gospoda stori krivo, kmeti morjo placat' zivo. (Celakovsky, 326.)

Kroat.: Kaj veliki zakriveju, mali platiti moraju. (Celakovsky, 326.)

797 Wenn die Herren sich raufen, müssen die Bauern die Haare verkaufen (dazu hergeben). - Pistor., IX, 12; Graf, 523, 221; Braun, I, 1325; Henisch, 213, 16.

Holl.: Als de jonkers malkander plukharen, dan moeten de boeren hun haar leenen. (Harrebomee, I, 268.)

798 Wenn die Herren sich reuffen und trecken, müssen die Bawren ihr Haar darstrecken. - Froschm., Viiii.

799 Wenn die Herren sich schlagen, bekommen die Bauern Beulen.

Böhm.: Pani se klouzaji, sedlaci si nohy lamou. (Celakovsky, 326.)

800 Wenn die Herren tagleisten, so wart der Bawer seiner Kuh. - Petri, II, 643; Henisch, 214, 56.

801 Wenn die Herren trinken, so dürsten auch die Diener.

802 Wenn die Herren vneins werden vnd bitten frembde Gast zu sich, so gehen die Königreiche vnter. - Petri, II, 643.

803 Wenn die Herren vom Rath aufgestanden, seynd sie allzeit klüger. - Sutor, 120.

804 Wenn die Herren vom Rathhaus gehen fällt jedem guter Rath ein. - Körte, 2806; Gaal, 1283.

Lat.: Rebus peractis Cleon est Prometheus. (Gaal, 1283.)

805 Wenn die Herren vom Rathhaus kommen, sind sie am klügsten (gescheit). - Sailer, 163; Simrock, 8135; Seybold, 450.

806 Wenn die Herren vom Rathhaus kommen, sind sie klüger, als sie hinaufgingen. - Körte, 2806 u. 3481; Braun, I, 1313; Philippi, I, 149.

Der Allgemeine Anzeiger der Deutschen (Gotha 1836, Nr. 74) meint, dies Sprichwort komme aus den Zeiten her, wo auf den Rathhäusern noch Bibliotheken gesammelt und von den Rathsherren fleissig studirt wurden, während die Rathsherren der neuern Zeit, die überdies zu Stadtbibliotheken kein Geld mehr haben, das Studiren nicht lieben sollen.

Lat.: Posteriores cogitationes meliores. (Seybold, 450; Sutor, 121.) - Posteriores cogitationes sapientiores. (Cicero.) (Binder II, 2627; Philippi, II, 102; Schonheim, P, 16.) - Secundae cogitationes semper sunt meliores. (Seybold, 545.)

807 Wenn die Herren zanken (sich rauffen), so muss der arme Mann das Haar herleihen. - Petri, II, 643.

808 Wenn die Herrn anfangen zu kriegen, so fangen die Leute an zu liegen. - Lehmann, 443, 118.

809 Wenn dir dein Herr auch nur Sand gibt, so stecke ihn artig in die Tasche.

810 Wenn ein Herr gegen der geringern recht vnnd freyheit sich verliebt, so verlieren sie ihre Jungfrawschafft. - Lehmann, 844, 31.

811 Wenn ein Herr nicht 2 Früling, 2 Sommer, 2 Erndten vnnd 2 Herbst machen kan, so soll er seinen vnterthanen auch nicht in einem Jahr 2 Schatzungen aufflegen. - Lehmann, 656, 48.

[Spaltenumbruch] 771 Wenn der Herr schläfert, so fängt sein Schmarotzer (Schmeichler) an zu gähnen (zu schnarchen).Parömiakon, 195 u. 3057.

772 Wenn der Herr selbst flieht, bricht niemand seine Treue.Graf, 557, 15.

Der Lehnsmann hatte gelobt, seinen Lehnsherrn bis aufs Aeusserste zu vertheidigen. Das Gelöbniss der Treue ging mitunter bis zu der Bestimmung: „Sähe ein Lehnsmann seinen leiblichen Vater und seinen Herrn in gleicher Gefahr, könnte aber nur einem helfen, so müsste er seinen Vater verlassen und dem Lehnsherrn helfen.“ Das obige Sprichwort sagt nun, dass die Pflicht der Treue dann nicht gebrochen wird, wenn sich der Lehnsmann zurückzieht, nachdem der Lehnsherr selbst die Flucht ergriffen.

Mhd.: So aber der herr selbst fleucht, so pricht nyemand sein trew. (Maurer, I, 38.)

773 Wenn der Herr sitzt in der Schenke, verliert das Pferd die Tränke.

774 Wenn der Herr spricht: Mich friert's, so schüttelt es den Knecht, wenn es auch Juli ist.Parömiakon, 196.

Von Schmeichlern und Launensklaven.

775 Wenn der Herr stolpert, so bluten dem Diener die Zehen.

Aehnlich die Russen: Strauchelt der Herr, so fällt der Diener. (Altmann VI, 398.)

776 Wenn der Herr trauert, weint auch der Diener.

Der Diener ahmt in allem gern dem Herrn nach. Der Vicekönig von Irland, Lord Mulgrave, liebte die schöne Literatur und hat selbst einige gute Romane geschrieben. Natürlich waren nun Herren und Damen am irischen Hofe entschiedene Freunde der Belles-lettres und dichteten, schrieben und verselten nach Leibeskräften. Das ist immer so. Ist der Herr ein Trinker, so sind die Knechte Säufer; liebt er die Karten, so sind sie Croupiers; und ist er Freund der Pferde, so sind sie Rosskämme und Stallknechte.

777 Wenn der Herr trinkt, so saufen die Knechte.

Die Russen: Trinkt der Herr, so zecht der Diener. (Altmann VI, 401.)

778 Wenn der Herr verdampt ist, so gehen die Diener selten vngerissen auss.Mathesius, Postilla, CLVIIb.

779 Wenn der Herr verreist ist, tanzt das Gesinde auf Tisch und Bänken.

780 Wenn der Herr versorgt ist, muss auch der Esel sein Futter kriegen.

781 Wenn der Herr vom Knecht, die Frau von der Magd lernen soll, so ziehet die Nahrung die Füss zusammen.Sutor, 226.

782 Wenn der Herr vom Knecht lernen muss, so steht der Handel übel.Seybold, 293.

Lat.: Male agitur cum domino, quem villicus docet. (Seybold, 293; Binder II, 1763; Schonheim, M, 3.)

783 Wenn der Herr das Land (sein Gut, Feld) verzehrt, so verzehrt das Land den Herrn.

Dän.: Naar handel opædes af sin herre, langveys handel opæder sin herre. (Prov. dan., 271.)

784 Wenn der Herr will, so hat der Diener leicht rechnen.

Poln.: Snadna wina, gdy Pan chce. (Lompa, 29.)

785 Wenn der Herr will, so nützt dem Knecht das Weinen nichts.

Gegen die Nothwendigkeit schützen keine Thränen.

Frz.: Ce que maître veut et valet pleure, sont larmes perdues. (Lendroy, 908; Cahier, 1396; Leroux, I, 68.)

786 Wenn der Herr wird zum Knecht, so steht's um die Pferde schlecht.

Dän.: Hvo der tager herrer til stald-svenne, faaer brødne sadler. (Prov. dan., 528.)

787 Wenn die Herren bauern und die Bauern herren, so gibt's Lumpen.Simrock, 6680a; Körte, 2815 u. 3488.

788 Wenn die Herren brawer vnd becker sind, so gehet es vber arme leut.Petri, II, 643; Henisch, 227, 58.

789 Wenn die Herren (Schwarz-)Brot schenken, wollen sie Semmel (Weissbrot) wiederhaben.

790 Wenn die Herren einander rauffen, so müssen die Vnderthanen das Haar darleihen (austhun, die Haare lassen).Zeytbuch, CCLVa; Schottel, 1117b; Sailer, 246; Simrock, 4609.

Böhm.: Páni se drži za pačesy, a sedlákům hlavy brní. – Páni se budou rvati, sedlaci půjčte vlasův. – Páni se perou, sedláci nastavte vlasův. (Čelakovsky, 325.)

[Spaltenumbruch] Lat.: Quicquid delirant reges, plectuntur Achivi. (Horaz.) (Philippi, II 127.)

Poln.: Gdy panowie za łby chodzą, u poddanych włosy trzeszczą. (Čelakovsky, 325.)

Slow.: Ked' sa páni zvádiá, sedláci sa musiá za vlasy rúvat'. (Čelakovsky, 325.)

791 Wenn die Herren eines Diebes bedürfen, so nehmen sie ihn vom Galgen; und wenn sie seiner nicht mehr bedürfen, so hängen sie ihn wieder daran.Sailer, 108.

792 Wenn die Herren essen, singen die Narren.Frischbier2, 1583.

Holl.: Als de heeren eten, dan zingen de gekken. (Harrebomée, I, 204.)

793 Wenn die Herren nicht zu Haus, halten die Diener Kehr(Sauf-)aus.

794 Wenn die Herren nicht zu Haus, leben die Knecht' in Saus und Braus.

795 Wenn die Herren schiessen wollen, so spannen die Knechte.Mathesius, Historia, XIIIb.

796 Wenn die Herren sich jucken, blutet den Bauern der Rucken.

Böhn.: Co páni zkřiví, sedláci platií krví. (Čelakovsky, 326.)

Krain.: Kar gospoda stori krivo, kmeti morjo plačat' živo. (Čelakovsky, 326.)

Kroat.: Kaj veliki zakriveju, mali platiti moraju. (Čelakovsky, 326.)

797 Wenn die Herren sich raufen, müssen die Bauern die Haare verkaufen (dazu hergeben).Pistor., IX, 12; Graf, 523, 221; Braun, I, 1325; Henisch, 213, 16.

Holl.: Als de jonkers malkander plukharen, dan moeten de boeren hun haar leenen. (Harrebomée, I, 268.)

798 Wenn die Herren sich reuffen und trecken, müssen die Bawren ihr Haar darstrecken.Froschm., Viiii.

799 Wenn die Herren sich schlagen, bekommen die Bauern Beulen.

Böhm.: Páni se klouzají, sedláci si nohy lámou. (Čelakovsky, 326.)

800 Wenn die Herren tagleisten, so wart der Bawer seiner Kuh.Petri, II, 643; Henisch, 214, 56.

801 Wenn die Herren trinken, so dürsten auch die Diener.

802 Wenn die Herren vneins werden vnd bitten frembde Gast zu sich, so gehen die Königreiche vnter.Petri, II, 643.

803 Wenn die Herren vom Rath aufgestanden, seynd sie allzeit klüger.Sutor, 120.

804 Wenn die Herren vom Rathhaus gehen fällt jedem guter Rath ein.Körte, 2806; Gaal, 1283.

Lat.: Rebus peractis Cleon est Prometheus. (Gaal, 1283.)

805 Wenn die Herren vom Rathhaus kommen, sind sie am klügsten (gescheit).Sailer, 163; Simrock, 8135; Seybold, 450.

806 Wenn die Herren vom Rathhaus kommen, sind sie klüger, als sie hinaufgingen.Körte, 2806 u. 3481; Braun, I, 1313; Philippi, I, 149.

Der Allgemeine Anzeiger der Deutschen (Gotha 1836, Nr. 74) meint, dies Sprichwort komme aus den Zeiten her, wo auf den Rathhäusern noch Bibliotheken gesammelt und von den Rathsherren fleissig studirt wurden, während die Rathsherren der neuern Zeit, die überdies zu Stadtbibliotheken kein Geld mehr haben, das Studiren nicht lieben sollen.

Lat.: Posteriores cogitationes meliores. (Seybold, 450; Sutor, 121.) – Posteriores cogitationes sapientiores. (Cicero.) (Binder II, 2627; Philippi, II, 102; Schonheim, P, 16.) – Secundae cogitationes semper sunt meliores. (Seybold, 545.)

807 Wenn die Herren zanken (sich rauffen), so muss der arme Mann das Haar herleihen.Petri, II, 643.

808 Wenn die Herrn anfangen zu kriegen, so fangen die Leute an zu liegen.Lehmann, 443, 118.

809 Wenn dir dein Herr auch nur Sand gibt, so stecke ihn artig in die Tasche.

810 Wenn ein Herr gegen der geringern recht vnnd freyheit sich verliebt, so verlieren sie ihre Jungfrawschafft.Lehmann, 844, 31.

811 Wenn ein Herr nicht 2 Früling, 2 Sommer, 2 Erndten vnnd 2 Herbst machen kan, so soll er seinen vnterthanen auch nicht in einem Jahr 2 Schatzungen aufflegen.Lehmann, 656, 48.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><pb facs="#f0291" n="[285]"/><cb n="569"/>
771 Wenn der Herr schläfert, so fängt sein Schmarotzer (Schmeichler) an zu gähnen (zu schnarchen).</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Parömiakon, 195 u. 3057.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">772 Wenn der Herr selbst flieht, bricht niemand seine Treue.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Graf, 557, 15.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Der Lehnsmann hatte gelobt, seinen Lehnsherrn bis aufs Aeusserste zu vertheidigen. Das Gelöbniss der Treue ging mitunter bis zu der Bestimmung: &#x201E;Sähe ein Lehnsmann seinen leiblichen Vater und seinen Herrn in gleicher Gefahr, könnte aber nur einem helfen, so müsste er seinen Vater verlassen und dem Lehnsherrn helfen.&#x201C; Das obige Sprichwort sagt nun, dass die Pflicht der Treue dann nicht gebrochen wird, wenn sich der Lehnsmann zurückzieht, nachdem der Lehnsherr selbst die Flucht ergriffen.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: So aber der herr selbst fleucht, so pricht nyemand sein trew. (<hi rendition="#i">Maurer, I, 38.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">773 Wenn der Herr sitzt in der Schenke, verliert das Pferd die Tränke.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">774 Wenn der Herr spricht: Mich friert's, so schüttelt es den Knecht, wenn es auch Juli ist.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Parömiakon, 196.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von Schmeichlern und Launensklaven.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">775 Wenn der Herr stolpert, so bluten dem Diener die Zehen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Aehnlich die Russen: Strauchelt der Herr, so fällt der Diener. (<hi rendition="#i">Altmann VI, 398.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">776 Wenn der Herr trauert, weint auch der Diener.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Der Diener ahmt in allem gern dem Herrn nach. Der Vicekönig von Irland, Lord Mulgrave, liebte die schöne Literatur und hat selbst einige gute Romane geschrieben. Natürlich waren nun Herren und Damen am irischen Hofe entschiedene Freunde der Belles-lettres und dichteten, schrieben und verselten nach Leibeskräften. Das ist immer so. Ist der Herr ein Trinker, so sind die Knechte Säufer; liebt er die Karten, so sind sie Croupiers; und ist er Freund der Pferde, so sind sie Rosskämme und Stallknechte.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">777 Wenn der Herr trinkt, so saufen die Knechte.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Russen: Trinkt der Herr, so zecht der Diener. (<hi rendition="#i">Altmann VI, 401.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">778 Wenn der Herr verdampt ist, so gehen die Diener selten vngerissen auss.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Mathesius, Postilla, CLVII<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">779 Wenn der Herr verreist ist, tanzt das Gesinde auf Tisch und Bänken.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">780 Wenn der Herr versorgt ist, muss auch der Esel sein Futter kriegen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">781 Wenn der Herr vom Knecht, die Frau von der Magd lernen soll, so ziehet die Nahrung die Füss zusammen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutor, 226.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">782 Wenn der Herr vom Knecht lernen muss, so steht der Handel übel.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Seybold, 293.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Male agitur cum domino, quem villicus docet. (<hi rendition="#i">Seybold, 293; Binder II, 1763; Schonheim, M, 3.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">783 Wenn der Herr das Land (sein Gut, Feld) verzehrt, so verzehrt das Land den Herrn.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Naar handel opædes af sin herre, langveys handel opæder sin herre. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 271.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">784 Wenn der Herr will, so hat der Diener leicht rechnen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Snadna wina, gdy Pan chce. (<hi rendition="#i">Lompa, 29.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">785 Wenn der Herr will, so nützt dem Knecht das Weinen nichts.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Gegen die Nothwendigkeit schützen keine Thränen.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Ce que maître veut et valet pleure, sont larmes perdues. (<hi rendition="#i">Lendroy, 908; Cahier, 1396; Leroux, I, 68.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">786 Wenn der Herr wird zum Knecht, so steht's um die Pferde schlecht.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Hvo der tager herrer til stald-svenne, faaer brødne sadler. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 528.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">787 Wenn die Herren bauern und die Bauern herren, so gibt's Lumpen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 6680<hi rendition="#sup">a</hi>; Körte, 2815 u. 3488.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">788 Wenn die Herren brawer vnd becker sind, so gehet es vber arme leut.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 643; Henisch, 227, 58.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">789 Wenn die Herren (Schwarz-)Brot schenken, wollen sie Semmel (Weissbrot) wiederhaben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">790 Wenn die Herren einander rauffen, so müssen die Vnderthanen das Haar darleihen (austhun, die Haare lassen).</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Zeytbuch, CCLV<hi rendition="#sup">a</hi>; Schottel, 1117<hi rendition="#sup">b</hi>; Sailer, 246; Simrock, 4609.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Páni se dr&#x017E;i za pa&#x010D;esy, a sedlák&#x016F;m hlavy brní. &#x2013; Páni se budou rvati, sedlaci p&#x016F;j&#x010D;te vlas&#x016F;v. &#x2013; Páni se perou, sedláci nastavte vlas&#x016F;v. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 325.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i"><cb n="570"/>
Lat.</hi>: Quicquid delirant reges, plectuntur Achivi. (<hi rendition="#i">Horaz.</hi>) (<hi rendition="#i">Philippi, II 127.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Gdy panowie za &#x0142;by chodz&#x0105;, u poddanych w&#x0142;osy trzeszcz&#x0105;. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 325.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Slow.</hi>: Ked' sa páni zvádiá, sedláci sa musiá za vlasy rúvat'. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 325.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">791 Wenn die Herren eines Diebes bedürfen, so nehmen sie ihn vom Galgen; und wenn sie seiner nicht mehr bedürfen, so hängen sie ihn wieder daran.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sailer, 108.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">792 Wenn die Herren essen, singen die Narren.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frischbier<hi rendition="#sup">2</hi>, 1583.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Als de heeren eten, dan zingen de gekken. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 204.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">793 Wenn die Herren nicht zu Haus, halten die Diener Kehr(Sauf-)aus.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">794 Wenn die Herren nicht zu Haus, leben die Knecht' in Saus und Braus.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">795 Wenn die Herren schiessen wollen, so spannen die Knechte.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Mathesius, Historia, XIII<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">796 Wenn die Herren sich jucken, blutet den Bauern der Rucken.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhn.</hi>: Co páni zk&#x0159;iví, sedláci platií krví. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 326.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Krain.</hi>: Kar gospoda stori krivo, kmeti morjo pla&#x010D;at' &#x017E;ivo. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 326.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Kroat.</hi>: Kaj veliki zakriveju, mali platiti moraju. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 326.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">797 Wenn die Herren sich raufen, müssen die Bauern die Haare verkaufen (dazu hergeben).</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Pistor., IX, 12; Graf, 523, 221; Braun, I, 1325; Henisch, 213, 16.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Als de jonkers malkander plukharen, dan moeten de boeren hun haar leenen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 268.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">798 Wenn die Herren sich reuffen und trecken, müssen die Bawren ihr Haar darstrecken.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Froschm., Viiii.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">799 Wenn die Herren sich schlagen, bekommen die Bauern Beulen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Páni se klouzají, sedláci si nohy lámou. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovsky, 326.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">800 Wenn die Herren tagleisten, so wart der Bawer seiner Kuh.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 643; Henisch, 214, 56.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">801 Wenn die Herren trinken, so dürsten auch die Diener.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">802 Wenn die Herren vneins werden vnd bitten frembde Gast zu sich, so gehen die Königreiche vnter.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 643.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">803 Wenn die Herren vom Rath aufgestanden, seynd sie allzeit klüger.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sutor, 120.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">804 Wenn die Herren vom Rathhaus gehen fällt jedem guter Rath ein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Körte, 2806; Gaal, 1283.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Rebus peractis Cleon est Prometheus. (<hi rendition="#i">Gaal, 1283.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">805 Wenn die Herren vom Rathhaus kommen, sind sie am klügsten (gescheit).</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Sailer, 163; Simrock, 8135; Seybold, 450.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">806 Wenn die Herren vom Rathhaus kommen, sind sie klüger, als sie hinaufgingen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Körte, 2806 u. 3481; Braun, I, 1313; Philippi, I, 149.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Der <hi rendition="#i">Allgemeine Anzeiger der Deutschen</hi> (Gotha 1836, Nr. 74) meint, dies Sprichwort komme aus den Zeiten her, wo auf den Rathhäusern noch Bibliotheken gesammelt und von den Rathsherren fleissig studirt wurden, während die Rathsherren der neuern Zeit, die überdies zu Stadtbibliotheken kein Geld mehr haben, das Studiren nicht lieben sollen.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Posteriores cogitationes meliores. (<hi rendition="#i">Seybold, 450; Sutor, 121.</hi>) &#x2013; Posteriores cogitationes sapientiores. (<hi rendition="#i">Cicero.</hi>) (<hi rendition="#i">Binder II, 2627; Philippi, II, 102; Schonheim, P, 16.</hi>) &#x2013; Secundae cogitationes semper sunt meliores. (<hi rendition="#i">Seybold, 545.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">807 Wenn die Herren zanken (sich rauffen), so muss der arme Mann das Haar herleihen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Petri, II, 643.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">808 Wenn die Herrn anfangen zu kriegen, so fangen die Leute an zu liegen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 443, 118.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">809 Wenn dir dein Herr auch nur Sand gibt, so stecke ihn artig in die Tasche.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">810 Wenn ein Herr gegen der geringern recht vnnd freyheit sich verliebt, so verlieren sie ihre Jungfrawschafft.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 844, 31.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">811 Wenn ein Herr nicht 2 Früling, 2 Sommer, 2 Erndten vnnd 2 Herbst machen kan, so soll er seinen vnterthanen auch nicht in einem Jahr 2 Schatzungen aufflegen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 656, 48.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[285]/0291] 771 Wenn der Herr schläfert, so fängt sein Schmarotzer (Schmeichler) an zu gähnen (zu schnarchen). – Parömiakon, 195 u. 3057. 772 Wenn der Herr selbst flieht, bricht niemand seine Treue. – Graf, 557, 15. Der Lehnsmann hatte gelobt, seinen Lehnsherrn bis aufs Aeusserste zu vertheidigen. Das Gelöbniss der Treue ging mitunter bis zu der Bestimmung: „Sähe ein Lehnsmann seinen leiblichen Vater und seinen Herrn in gleicher Gefahr, könnte aber nur einem helfen, so müsste er seinen Vater verlassen und dem Lehnsherrn helfen.“ Das obige Sprichwort sagt nun, dass die Pflicht der Treue dann nicht gebrochen wird, wenn sich der Lehnsmann zurückzieht, nachdem der Lehnsherr selbst die Flucht ergriffen. Mhd.: So aber der herr selbst fleucht, so pricht nyemand sein trew. (Maurer, I, 38.) 773 Wenn der Herr sitzt in der Schenke, verliert das Pferd die Tränke. 774 Wenn der Herr spricht: Mich friert's, so schüttelt es den Knecht, wenn es auch Juli ist. – Parömiakon, 196. Von Schmeichlern und Launensklaven. 775 Wenn der Herr stolpert, so bluten dem Diener die Zehen. Aehnlich die Russen: Strauchelt der Herr, so fällt der Diener. (Altmann VI, 398.) 776 Wenn der Herr trauert, weint auch der Diener. Der Diener ahmt in allem gern dem Herrn nach. Der Vicekönig von Irland, Lord Mulgrave, liebte die schöne Literatur und hat selbst einige gute Romane geschrieben. Natürlich waren nun Herren und Damen am irischen Hofe entschiedene Freunde der Belles-lettres und dichteten, schrieben und verselten nach Leibeskräften. Das ist immer so. Ist der Herr ein Trinker, so sind die Knechte Säufer; liebt er die Karten, so sind sie Croupiers; und ist er Freund der Pferde, so sind sie Rosskämme und Stallknechte. 777 Wenn der Herr trinkt, so saufen die Knechte. Die Russen: Trinkt der Herr, so zecht der Diener. (Altmann VI, 401.) 778 Wenn der Herr verdampt ist, so gehen die Diener selten vngerissen auss. – Mathesius, Postilla, CLVIIb. 779 Wenn der Herr verreist ist, tanzt das Gesinde auf Tisch und Bänken. 780 Wenn der Herr versorgt ist, muss auch der Esel sein Futter kriegen. 781 Wenn der Herr vom Knecht, die Frau von der Magd lernen soll, so ziehet die Nahrung die Füss zusammen. – Sutor, 226. 782 Wenn der Herr vom Knecht lernen muss, so steht der Handel übel. – Seybold, 293. Lat.: Male agitur cum domino, quem villicus docet. (Seybold, 293; Binder II, 1763; Schonheim, M, 3.) 783 Wenn der Herr das Land (sein Gut, Feld) verzehrt, so verzehrt das Land den Herrn. Dän.: Naar handel opædes af sin herre, langveys handel opæder sin herre. (Prov. dan., 271.) 784 Wenn der Herr will, so hat der Diener leicht rechnen. Poln.: Snadna wina, gdy Pan chce. (Lompa, 29.) 785 Wenn der Herr will, so nützt dem Knecht das Weinen nichts. Gegen die Nothwendigkeit schützen keine Thränen. Frz.: Ce que maître veut et valet pleure, sont larmes perdues. (Lendroy, 908; Cahier, 1396; Leroux, I, 68.) 786 Wenn der Herr wird zum Knecht, so steht's um die Pferde schlecht. Dän.: Hvo der tager herrer til stald-svenne, faaer brødne sadler. (Prov. dan., 528.) 787 Wenn die Herren bauern und die Bauern herren, so gibt's Lumpen. – Simrock, 6680a; Körte, 2815 u. 3488. 788 Wenn die Herren brawer vnd becker sind, so gehet es vber arme leut. – Petri, II, 643; Henisch, 227, 58. 789 Wenn die Herren (Schwarz-)Brot schenken, wollen sie Semmel (Weissbrot) wiederhaben. 790 Wenn die Herren einander rauffen, so müssen die Vnderthanen das Haar darleihen (austhun, die Haare lassen). – Zeytbuch, CCLVa; Schottel, 1117b; Sailer, 246; Simrock, 4609. Böhm.: Páni se drži za pačesy, a sedlákům hlavy brní. – Páni se budou rvati, sedlaci půjčte vlasův. – Páni se perou, sedláci nastavte vlasův. (Čelakovsky, 325.) Lat.: Quicquid delirant reges, plectuntur Achivi. (Horaz.) (Philippi, II 127.) Poln.: Gdy panowie za łby chodzą, u poddanych włosy trzeszczą. (Čelakovsky, 325.) Slow.: Ked' sa páni zvádiá, sedláci sa musiá za vlasy rúvat'. (Čelakovsky, 325.) 791 Wenn die Herren eines Diebes bedürfen, so nehmen sie ihn vom Galgen; und wenn sie seiner nicht mehr bedürfen, so hängen sie ihn wieder daran. – Sailer, 108. 792 Wenn die Herren essen, singen die Narren. – Frischbier2, 1583. Holl.: Als de heeren eten, dan zingen de gekken. (Harrebomée, I, 204.) 793 Wenn die Herren nicht zu Haus, halten die Diener Kehr(Sauf-)aus. 794 Wenn die Herren nicht zu Haus, leben die Knecht' in Saus und Braus. 795 Wenn die Herren schiessen wollen, so spannen die Knechte. – Mathesius, Historia, XIIIb. 796 Wenn die Herren sich jucken, blutet den Bauern der Rucken. Böhn.: Co páni zkřiví, sedláci platií krví. (Čelakovsky, 326.) Krain.: Kar gospoda stori krivo, kmeti morjo plačat' živo. (Čelakovsky, 326.) Kroat.: Kaj veliki zakriveju, mali platiti moraju. (Čelakovsky, 326.) 797 Wenn die Herren sich raufen, müssen die Bauern die Haare verkaufen (dazu hergeben). – Pistor., IX, 12; Graf, 523, 221; Braun, I, 1325; Henisch, 213, 16. Holl.: Als de jonkers malkander plukharen, dan moeten de boeren hun haar leenen. (Harrebomée, I, 268.) 798 Wenn die Herren sich reuffen und trecken, müssen die Bawren ihr Haar darstrecken. – Froschm., Viiii. 799 Wenn die Herren sich schlagen, bekommen die Bauern Beulen. Böhm.: Páni se klouzají, sedláci si nohy lámou. (Čelakovsky, 326.) 800 Wenn die Herren tagleisten, so wart der Bawer seiner Kuh. – Petri, II, 643; Henisch, 214, 56. 801 Wenn die Herren trinken, so dürsten auch die Diener. 802 Wenn die Herren vneins werden vnd bitten frembde Gast zu sich, so gehen die Königreiche vnter. – Petri, II, 643. 803 Wenn die Herren vom Rath aufgestanden, seynd sie allzeit klüger. – Sutor, 120. 804 Wenn die Herren vom Rathhaus gehen fällt jedem guter Rath ein. – Körte, 2806; Gaal, 1283. Lat.: Rebus peractis Cleon est Prometheus. (Gaal, 1283.) 805 Wenn die Herren vom Rathhaus kommen, sind sie am klügsten (gescheit). – Sailer, 163; Simrock, 8135; Seybold, 450. 806 Wenn die Herren vom Rathhaus kommen, sind sie klüger, als sie hinaufgingen. – Körte, 2806 u. 3481; Braun, I, 1313; Philippi, I, 149. Der Allgemeine Anzeiger der Deutschen (Gotha 1836, Nr. 74) meint, dies Sprichwort komme aus den Zeiten her, wo auf den Rathhäusern noch Bibliotheken gesammelt und von den Rathsherren fleissig studirt wurden, während die Rathsherren der neuern Zeit, die überdies zu Stadtbibliotheken kein Geld mehr haben, das Studiren nicht lieben sollen. Lat.: Posteriores cogitationes meliores. (Seybold, 450; Sutor, 121.) – Posteriores cogitationes sapientiores. (Cicero.) (Binder II, 2627; Philippi, II, 102; Schonheim, P, 16.) – Secundae cogitationes semper sunt meliores. (Seybold, 545.) 807 Wenn die Herren zanken (sich rauffen), so muss der arme Mann das Haar herleihen. – Petri, II, 643. 808 Wenn die Herrn anfangen zu kriegen, so fangen die Leute an zu liegen. – Lehmann, 443, 118. 809 Wenn dir dein Herr auch nur Sand gibt, so stecke ihn artig in die Tasche. 810 Wenn ein Herr gegen der geringern recht vnnd freyheit sich verliebt, so verlieren sie ihre Jungfrawschafft. – Lehmann, 844, 31. 811 Wenn ein Herr nicht 2 Früling, 2 Sommer, 2 Erndten vnnd 2 Herbst machen kan, so soll er seinen vnterthanen auch nicht in einem Jahr 2 Schatzungen aufflegen. – Lehmann, 656, 48.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:54:47Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:54:47Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/291
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870, S. [285]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon02_1870/291>, abgerufen am 26.08.2024.