Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.[Spaltenumbruch]
16 Siehe dich selbst an und urtheil' dich, bist du ohne Schuld, so strafe mich. 17 Sieht doch die Katze den Kaiser an. Wer wird es übel nehmen, von einem Geringern betrachtet zu werden. Frz.: Un chat regarde bien l'empereur. (Starschedel.) 18 Wie es mich ansieht, danach thu' ich. Besonnenheit. *19 A seit an wesse Hund vor an Bok an. - Gomolcke, 213. *20 A seit's an wei dei Kau a noi Tor. - Gomolcke, 203. *21 Einen ansehen wie eine Galere (oder wie ein Kriegsschiff). In den Kriegsschiffen der Alten waren eine Anzahl augenähnlicher Oeffnungen, durch die man die Ruder steckte. Man gebrauchte die Redensart von denen, die jemand mit weiten und grossen, mit schielenden und drohenden Augen ansahen. Lat.: Nauphracton tueris. (Erasm., 82.) *22 Einen kaum krumm ansehen. Lat.: Digito attingere. *23 Er darf mich nit recht ansehen. Lat.: Ne dignus qui me intueatur. (Tappius, 218a.) *24 Er sieht den Himmel für eine Bassgeige an. *25 Er sieht ein Fuder Heu für 'ne Pelzmütze an. Der Betrunkene. *26 Er sieht ein Kreuz (Zeelen) für ein Aleph an. (Jüd.-deutsch.) - Tendlau, 159. Von einem Unwissenden. *27 Er sieht ein pommersches Storchnest für Salat an. *28 Er sieht ein Zero für ein O an. *29 Er sieht eine Sau für eine Turteltaube an. Ist betrunken. Die deutsche Sprache ist sehr reich an Bezeichnungen für das Betrunkensein. Durch mehrere derselben werden die ausserordentlichsten Wunder namhaft gemacht, die es hervorbringt; denn der hohlste Kopf wird voll, das leerste Haus bekommt ein Oberstübchen, der habsüchtigste Mensch bekommt zuviel, der Aermste genug, der Nackte wird zugedeckt, der Kahlkopf bezopft, der Tugendfesteste wankt und fällt, der Hagere wird baumel-, dudel-, himmelhagel-, kanonen-, knüppel-, schnepfen-, sterndick, der Trockenste nass, der, welcher sonst nie ans Ende kommt, fertig, der Gottloseste selig, der Einsamste selbander (er und der ihn führen muss), der Geradeste schief, ja sogar schief gewickelt (verkehrter Ansicht), der Gelenkigste steif, der blendend Weisse schwarz, der Schlanke dick, der Krumme strack (gerade), der Magerste fett (ein Schwein), der Blinde sieht sogar alles doppelt, dem Stummen werden die Worte leicht, dem Beredsamsten wird die Zunge schwer, der Greis lallt wie ein Kind, der Philosoph findet (in vino veritas) die Wahrheit, denn trunkner Mund - wahrer Mund, der Astronom wird sternhagelvoll, dem Schmalsten wird die breiteste Strasse zu eng, der beste Schauspieler wird ein Coulissenreisser, der fertigste Schreiber macht viele m-Striche, der tapferste Krieger übergibt sich, Müller und Friseur werden schwarz, der ärgste Sünder wird selig (s. Haarbeutel). Hier ist einer, weit vom Feuer, angebrannt (man riecht ihn von fern, wie übergesottene Milch), dort, obgleich bei keiner Jagd, angeschossen (aufgeregt, wie ein angeschossen Wild), ein anderer, bei hellem Himmel, benebelt oder im Dampf, im Gänsehimmel (ohnmächtig), der Faule in Schweiss, der Hungrige satt. Körte hat die (hochdeutschen) sprichwörtlichen Redensarten der deutschen Zech- und Saufbrüder nicht blos gesammelt, sondern auch, und zwar von den ersten Spuren des Rausches bis zu den höchsten Wirkungen desselben aufsteigend geordnet. Körte1 hat deren 142, Körte2 167. Fr. Woeste hat die sämmtlichen Ausdrücke, welche die niederdeutsche Sprache für "Trunkensein" besitzt, in der leider eingegangenen Zeitschrift, "Deutschlands Mundarten" von Frommann (V, 67-74) zusammengestellt. Danach sagt man von einem Trunkenen: Er ist bedueseld (betäubt), berausked (berauscht), besuapen (besoffen), drüäwer (drüber), duene (eng), half elwen (halb elf), halwer siewen (halb sieben), halwer drüawer (halb drüber), recht knubbelig (steif wie ein Knittel, Knorren), knül (gefüllt), nit mär nöchtern (nüchtern), spicker (trunken), stüärtedicke (dick zum Stürzen), torechte (zurecht), feddig, ferdig (fertig), zärtlik, en Best, 'ne Suege (Sau), en rechten Swed (Schwede), en Swein, en Sweinegel, en Feärken (Ferkel), in den Bonen (s. d., seiner Geisteskräfte nicht mächtig), im Dampe (Dampf), im Duesel, im Hurra, im Iwer (Eifer), im Ried (Riet?), im Ruske (Rausch), im Sturm (heftiger Aufregung), im Swame (Schwaden), im Sweimel (Schwindel), im Sause (Saus). - Man sagt ferner: Hai head sik anen anewisked (angewischt), enen em Aar (Ohr), den Balg ful, tefiel unger de Balken keiken (beim Trinken zu sehr an die Zimmerdecke gesehen), den Bast (die Haut) ful, sik behameld (beschmuzt), sik bekleäderd (beschmuzt), sik beknüppeld, sik benöchterd, beslabbert (verunreinigt), sik besmeärd, [Spaltenumbruch] besmaudeld (besudelt), büärsseld (gebürstet, nämlich mit Rachenputzer), den Butten (Leib) ful, te daipe int Glas kieken, dat deirken (Thierchen) saihen (bezieht sich auf das Thierchensehen fertiger Säufer), den Düwel ful (den Saufteufel befriedigt), sein Genaige (Genüge), gewiss al (schon) en Glas tebruaken, glaserne Ogen, sik de Guargel (Gurgel) wasken, sik enen gunt (gegönnt), en Haken (?), en Harbül (einen Haarbeutel), te hope opbauard (zu hoch gehoben), en eitem, sik enen kneiepen (gekniffen), Koppeine (Kopfschmerz), sik enen koft, wuat in der Krone, wuat im Krül (Scheitelhaar), te fiel fam kuarten (kurzer = Branntwein), sine Ladunge, sik de Nase beguaten (begossen), nate Bene, enen am Nüsel (an der Nase), sik enen pakked (gefasst), den Pansen ful, de fiel picheld, op en Rad (also schief) geladen, schef lad (schief geladen), schef oppakked (schief aufgepackt), de Schienpeipen (Schienbeine) duene (voll), 'ne Sneie (Schnitte) nuamen, üöwer de Snuar hauen, en klainen Spits koft, wuat im Stöpsel, den klainen Finger besaihen (der beim Hochheben des Trinkglases ins Auge fällt), enen (nämlich Rausch) weäg. Hai bumeld (baumelt), wat (weiss) nit mär of hä Männeken oder Wibeken es, gad selftwedde (selbzweite), kan nit oppen Schrame (Schramme, Dielenritze) gan, hai wackeld. *30 Er sieht einen Ameisenhaufen für eine Stadt an. *31 Er sieht einen amerikanischen Nussbaum für einen deutschen Handwerksburschen an. (Deutsch-amerikanisch.) *32 Er sieht einen Eichbaum für einen Kometen an. *33 Er sieht einen weissen Hund für einen Bäckergesellen an. Der Betrunkene. *34 Er sieht es einem an der Nase an. *35 Er sieht es schief an, wie die Gänse den Hafer. *36 Er sieht ihn an, wie der Hut die Kappe. *37 Er sieht's an, wie die Kuh das neue Stadelthor. - Frommann, III, 354. Von der dummen Verwunderung, die etwas Neues oder Unbekanntes gedankenlos anstarrt. *38 Er sieht's an, wie ein Gaul, der den Karren umgeworfen hat. *39 Es ist blos zum Ansehen da. Frz.: Cela n'est que pour la montre. *40 Es ist langweilig anzusehen, wie eine alte Badereiberin. - Fischart. Die jungen mögen sich kurzweiliger ansehen. *41 Hai sühd de hilgen dre Küeninge füär Spitsbauwen an. (Iserlohn.) *42 Hai sühd de Katte füärn Lülink (Sperling) an. *43 Hai sühd den Hiemel füärn Daudelsak an. (Iserlohn.) *44 Hai sühd den Hiemel fürn Twegroskenstücke an. *45 Hai sühd et an as de Gous 'et Weärlüchten (Wetterleuchten). (Iserlohn.) *46 Hai süt de Mügge vor'n Elefanten an. (Paderborn.) Diese Redensarten gebraucht man ebenfalls meist, um das Betrunkensein zu bezeichnen. *47 Hei süt uesen Heargoed balle vöer siynes Gliyken an. (Westf.) *48 He seeg mi an, as de Koh den Knakenhauer. *49 He süt et an, ässe de Kau de nigge Schürendör. (Westf.) *50 Ich sah'n nich durch en löchrigen Zaun oan. - Gomolcke, 557. *51 Jemanden ansehen, als ob man vom Kröhn- (Meerrettich-)reiben käme. (Schles.) *52 Jemanden ansehen, wie die Kuh das Grüne Thor in Königsberg. *53 Jemanden ansehen, wie eine Krähe ein krankes Ferkel. (Königsberg.) *54 Man sieht ihn an, wie den Hund in den Fleischbänken. *55 Man sieht ihn an, wie den Schinken auf einer Judenhochzeit. Wo noch an den mosaischen Speisegesetzen festgehalten wird. *56 Man sieht ihn an, wie die Katze den Hund. *57 Man sieht's einem (ihm) an den Augen (an der Nase) an, was er im Sinne hat. Engl.: In the fore-head and the eye the index of the mind does lie. Lat.: In fronte cogitationes inscriptae sunt. *58 Man sieht's ihm an, dass er nicht aus dem kleinsten Glase getrunken hat.
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16 Siehe dich selbst an und urtheil' dich, bist du ohne Schuld, so strafe mich. 17 Sieht doch die Katze den Kaiser an. Wer wird es übel nehmen, von einem Geringern betrachtet zu werden. Frz.: Un chat regarde bien l'empereur. (Starschedel.) 18 Wie es mich ansieht, danach thu' ich. Besonnenheit. *19 A sît an wêsse Hund vor an Bôk an. – Gomolcke, 213. *20 A sît's an wî dî Kû a noi Tôr. – Gomolcke, 203. *21 Einen ansehen wie eine Galere (oder wie ein Kriegsschiff). In den Kriegsschiffen der Alten waren eine Anzahl augenähnlicher Oeffnungen, durch die man die Ruder steckte. Man gebrauchte die Redensart von denen, die jemand mit weiten und grossen, mit schielenden und drohenden Augen ansahen. Lat.: Nauphracton tueris. (Erasm., 82.) *22 Einen kaum krumm ansehen. Lat.: Digito attingere. *23 Er darf mich nit recht ansehen. Lat.: Ne dignus qui me intueatur. (Tappius, 218a.) *24 Er sieht den Himmel für eine Bassgeige an. *25 Er sieht ein Fuder Heu für 'ne Pelzmütze an. 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Durch mehrere derselben werden die ausserordentlichsten Wunder namhaft gemacht, die es hervorbringt; denn der hohlste Kopf wird voll, das leerste Haus bekommt ein Oberstübchen, der habsüchtigste Mensch bekommt zuviel, der Aermste genug, der Nackte wird zugedeckt, der Kahlkopf bezopft, der Tugendfesteste wankt und fällt, der Hagere wird baumel-, dudel-, himmelhagel-, kanonen-, knüppel-, schnepfen-, sterndick, der Trockenste nass, der, welcher sonst nie ans Ende kommt, fertig, der Gottloseste selig, der Einsamste selbander (er und der ihn führen muss), der Geradeste schief, ja sogar schief gewickelt (verkehrter Ansicht), der Gelenkigste steif, der blendend Weisse schwarz, der Schlanke dick, der Krumme strack (gerade), der Magerste fett (ein Schwein), der Blinde sieht sogar alles doppelt, dem Stummen werden die Worte leicht, dem Beredsamsten wird die Zunge schwer, der Greis lallt wie ein Kind, der Philosoph findet (in vino veritas) die Wahrheit, denn trunkner Mund – wahrer Mund, der Astronom wird sternhagelvoll, dem Schmalsten wird die breiteste Strasse zu eng, der beste Schauspieler wird ein Coulissenreisser, der fertigste Schreiber macht viele m-Striche, der tapferste Krieger übergibt sich, Müller und Friseur werden schwarz, der ärgste Sünder wird selig (s. 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Danach sagt man von einem Trunkenen: Er ist bedueseld (betäubt), berûsked (berauscht), besuàpen (besoffen), drüäwer (drüber), duene (eng), half elwen (halb elf), halwer siewen (halb sieben), halwer drüawer (halb drüber), recht knubbelig (steif wie ein Knittel, Knorren), knül (gefüllt), nit mär nöchtern (nüchtern), spicker (trunken), stüärtedicke (dick zum Stürzen), torechte (zurecht), feddig, ferdig (fertig), zärtlik, en Bêst, 'ne Suege (Sau), en rechten Swêd (Schwede), en Swîn, en Swînegel, en Féärken (Ferkel), in den Bônen (s. d., seiner Geisteskräfte nicht mächtig), im Dampe (Dampf), im Duesel, im Hurra, im Iwer (Eifer), im Ried (Riet?), im Ruske (Rausch), im Sturm (heftiger Aufregung), im Swâme (Schwaden), im Swîmel (Schwindel), im Sûse (Saus). – Man sagt ferner: Hai heâd sik ânen ânewisked (angewischt), ênen em Aar (Ohr), den Balg ful, tefiel unger de Balken kîken (beim Trinken zu sehr an die Zimmerdecke gesehen), den Bast (die Haut) ful, sik behameld (beschmuzt), sik bekleäderd (beschmuzt), sik beknüppeld, sik benöchterd, beslabbert (verunreinigt), sik besmeärd, [Spaltenumbruch] besmûdeld (besudelt), büärsseld (gebürstet, nämlich mit Rachenputzer), den Butten (Leib) ful, te daipe int Glas kieken, dat dîrken (Thierchen) saihen (bezieht sich auf das Thierchensehen fertiger Säufer), den Düwel ful (den Saufteufel befriedigt), sîn Genaige (Genüge), gewiss al (schon) en Glas tebruaken, glâserne Ogen, sik de Guargel (Gurgel) wasken, sik ênen gunt (gegönnt), en Hâken (?), en Hârbül (einen Haarbeutel), te hôpe opbûard (zu hoch gehoben), en îtem, sik ênen knîepen (gekniffen), Koppîne (Kopfschmerz), sik ênen koft, wuat in der Krone, wuat im Krül (Scheitelhaar), te fiel fam kuarten (kurzer = Branntwein), sine Ladunge, sik de Náse beguaten (begossen), nâte Bêne, ênen am Nüsel (an der Nase), sik ênen pakked (gefasst), den Pansen ful, de fiel picheld, op ên Rad (also schief) geladen, schêf lad (schief geladen), schêf oppakked (schief aufgepackt), de Schienpîpen (Schienbeine) duene (voll), 'ne Snîe (Schnitte) nuamen, üöwer de Snuar hauen, en klainen Spits koft, wuat im Stöpsel, den klainen Finger besaihen (der beim Hochheben des Trinkglases ins Auge fällt), ênen (nämlich Rausch) weäg. 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Haarbeutel). Hier ist einer, weit vom Feuer, angebrannt (man riecht ihn von fern, wie übergesottene Milch), dort, obgleich bei keiner Jagd, angeschossen (aufgeregt, wie ein angeschossen Wild), ein anderer, bei hellem Himmel, benebelt oder im Dampf, im Gänsehimmel (ohnmächtig), der Faule in Schweiss, der Hungrige satt. Körte hat die (hochdeutschen) sprichwörtlichen Redensarten der deutschen Zech- und Saufbrüder nicht blos gesammelt, sondern auch, und zwar von den ersten Spuren des Rausches bis zu den höchsten Wirkungen desselben aufsteigend geordnet. Körte<hi rendition="#sup">1</hi> hat deren 142, Körte<hi rendition="#sup">2</hi> 167. Fr. Woeste hat die sämmtlichen Ausdrücke, welche die niederdeutsche Sprache für „Trunkensein“ besitzt, in der leider eingegangenen Zeitschrift, „Deutschlands Mundarten“ von Frommann (V, 67-74) zusammengestellt. 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16 Siehe dich selbst an und urtheil' dich, bist du ohne Schuld, so strafe mich.
17 Sieht doch die Katze den Kaiser an.
Wer wird es übel nehmen, von einem Geringern betrachtet zu werden.
Frz.: Un chat regarde bien l'empereur. (Starschedel.)
18 Wie es mich ansieht, danach thu' ich.
Besonnenheit.
*19 A sît an wêsse Hund vor an Bôk an. – Gomolcke, 213.
*20 A sît's an wî dî Kû a noi Tôr. – Gomolcke, 203.
*21 Einen ansehen wie eine Galere (oder wie ein Kriegsschiff).
In den Kriegsschiffen der Alten waren eine Anzahl augenähnlicher Oeffnungen, durch die man die Ruder steckte. Man gebrauchte die Redensart von denen, die jemand mit weiten und grossen, mit schielenden und drohenden Augen ansahen.
Lat.: Nauphracton tueris. (Erasm., 82.)
*22 Einen kaum krumm ansehen.
Lat.: Digito attingere.
*23 Er darf mich nit recht ansehen.
Lat.: Ne dignus qui me intueatur. (Tappius, 218a.)
*24 Er sieht den Himmel für eine Bassgeige an.
*25 Er sieht ein Fuder Heu für 'ne Pelzmütze an.
Der Betrunkene.
*26 Er sieht ein Kreuz (Zeelen) für ein Aleph an. (Jüd.-deutsch.) – Tendlau, 159.
Von einem Unwissenden.
*27 Er sieht ein pommersches Storchnest für Salat an.
*28 Er sieht ein Zero für ein O an.
*29 Er sieht eine Sau für eine Turteltaube an.
Ist betrunken. Die deutsche Sprache ist sehr reich an Bezeichnungen für das Betrunkensein. Durch mehrere derselben werden die ausserordentlichsten Wunder namhaft gemacht, die es hervorbringt; denn der hohlste Kopf wird voll, das leerste Haus bekommt ein Oberstübchen, der habsüchtigste Mensch bekommt zuviel, der Aermste genug, der Nackte wird zugedeckt, der Kahlkopf bezopft, der Tugendfesteste wankt und fällt, der Hagere wird baumel-, dudel-, himmelhagel-, kanonen-, knüppel-, schnepfen-, sterndick, der Trockenste nass, der, welcher sonst nie ans Ende kommt, fertig, der Gottloseste selig, der Einsamste selbander (er und der ihn führen muss), der Geradeste schief, ja sogar schief gewickelt (verkehrter Ansicht), der Gelenkigste steif, der blendend Weisse schwarz, der Schlanke dick, der Krumme strack (gerade), der Magerste fett (ein Schwein), der Blinde sieht sogar alles doppelt, dem Stummen werden die Worte leicht, dem Beredsamsten wird die Zunge schwer, der Greis lallt wie ein Kind, der Philosoph findet (in vino veritas) die Wahrheit, denn trunkner Mund – wahrer Mund, der Astronom wird sternhagelvoll, dem Schmalsten wird die breiteste Strasse zu eng, der beste Schauspieler wird ein Coulissenreisser, der fertigste Schreiber macht viele m-Striche, der tapferste Krieger übergibt sich, Müller und Friseur werden schwarz, der ärgste Sünder wird selig (s. Haarbeutel). Hier ist einer, weit vom Feuer, angebrannt (man riecht ihn von fern, wie übergesottene Milch), dort, obgleich bei keiner Jagd, angeschossen (aufgeregt, wie ein angeschossen Wild), ein anderer, bei hellem Himmel, benebelt oder im Dampf, im Gänsehimmel (ohnmächtig), der Faule in Schweiss, der Hungrige satt. Körte hat die (hochdeutschen) sprichwörtlichen Redensarten der deutschen Zech- und Saufbrüder nicht blos gesammelt, sondern auch, und zwar von den ersten Spuren des Rausches bis zu den höchsten Wirkungen desselben aufsteigend geordnet. Körte1 hat deren 142, Körte2 167. Fr. Woeste hat die sämmtlichen Ausdrücke, welche die niederdeutsche Sprache für „Trunkensein“ besitzt, in der leider eingegangenen Zeitschrift, „Deutschlands Mundarten“ von Frommann (V, 67-74) zusammengestellt. Danach sagt man von einem Trunkenen: Er ist bedueseld (betäubt), berûsked (berauscht), besuàpen (besoffen), drüäwer (drüber), duene (eng), half elwen (halb elf), halwer siewen (halb sieben), halwer drüawer (halb drüber), recht knubbelig (steif wie ein Knittel, Knorren), knül (gefüllt), nit mär nöchtern (nüchtern), spicker (trunken), stüärtedicke (dick zum Stürzen), torechte (zurecht), feddig, ferdig (fertig), zärtlik, en Bêst, 'ne Suege (Sau), en rechten Swêd (Schwede), en Swîn, en Swînegel, en Féärken (Ferkel), in den Bônen (s. d., seiner Geisteskräfte nicht mächtig), im Dampe (Dampf), im Duesel, im Hurra, im Iwer (Eifer), im Ried (Riet?), im Ruske (Rausch), im Sturm (heftiger Aufregung), im Swâme (Schwaden), im Swîmel (Schwindel), im Sûse (Saus). – Man sagt ferner: Hai heâd sik ânen ânewisked (angewischt), ênen em Aar (Ohr), den Balg ful, tefiel unger de Balken kîken (beim Trinken zu sehr an die Zimmerdecke gesehen), den Bast (die Haut) ful, sik behameld (beschmuzt), sik bekleäderd (beschmuzt), sik beknüppeld, sik benöchterd, beslabbert (verunreinigt), sik besmeärd,
besmûdeld (besudelt), büärsseld (gebürstet, nämlich mit Rachenputzer), den Butten (Leib) ful, te daipe int Glas kieken, dat dîrken (Thierchen) saihen (bezieht sich auf das Thierchensehen fertiger Säufer), den Düwel ful (den Saufteufel befriedigt), sîn Genaige (Genüge), gewiss al (schon) en Glas tebruaken, glâserne Ogen, sik de Guargel (Gurgel) wasken, sik ênen gunt (gegönnt), en Hâken (?), en Hârbül (einen Haarbeutel), te hôpe opbûard (zu hoch gehoben), en îtem, sik ênen knîepen (gekniffen), Koppîne (Kopfschmerz), sik ênen koft, wuat in der Krone, wuat im Krül (Scheitelhaar), te fiel fam kuarten (kurzer = Branntwein), sine Ladunge, sik de Náse beguaten (begossen), nâte Bêne, ênen am Nüsel (an der Nase), sik ênen pakked (gefasst), den Pansen ful, de fiel picheld, op ên Rad (also schief) geladen, schêf lad (schief geladen), schêf oppakked (schief aufgepackt), de Schienpîpen (Schienbeine) duene (voll), 'ne Snîe (Schnitte) nuamen, üöwer de Snuar hauen, en klainen Spits koft, wuat im Stöpsel, den klainen Finger besaihen (der beim Hochheben des Trinkglases ins Auge fällt), ênen (nämlich Rausch) weäg. Hai bumeld (baumelt), wât (weiss) nit mär of hä Männeken oder Wibeken es, gâd selftwedde (selbzweite), kan nit oppen Schrame (Schramme, Dielenritze) gan, hai wackeld.
*30 Er sieht einen Ameisenhaufen für eine Stadt an.
*31 Er sieht einen amerikanischen Nussbaum für einen deutschen Handwerksburschen an. (Deutsch-amerikanisch.)
*32 Er sieht einen Eichbaum für einen Kometen an.
*33 Er sieht einen weissen Hund für einen Bäckergesellen an.
Der Betrunkene.
*34 Er sieht es einem an der Nase an.
*35 Er sieht es schief an, wie die Gänse den Hafer.
*36 Er sieht ihn an, wie der Hut die Kappe.
*37 Er sieht's an, wie die Kuh das neue Stadelthor. – Frommann, III, 354.
Von der dummen Verwunderung, die etwas Neues oder Unbekanntes gedankenlos anstarrt.
*38 Er sieht's an, wie ein Gaul, der den Karren umgeworfen hat.
*39 Es ist blos zum Ansehen da.
Frz.: Cela n'est que pour la montre.
*40 Es ist langweilig anzusehen, wie eine alte Badereiberin. – Fischart.
Die jungen mögen sich kurzweiliger ansehen.
*41 Hai sühd de hilgen dre Küeninge füär Spitsbauwen ân. (Iserlohn.)
*42 Hai sühd de Katte füärn Lülink (Sperling) ân.
*43 Hai sühd den Hiemel füärn Dûdelsak ân. (Iserlohn.)
*44 Hai sühd den Hiemel fürn Twêgroskenstücke ân.
*45 Hai sühd et ân as de Gous 'et Weärlüchten (Wetterleuchten). (Iserlohn.)
*46 Hai süt de Mügge vôr'n Elefanten an. (Paderborn.)
Diese Redensarten gebraucht man ebenfalls meist, um das Betrunkensein zu bezeichnen.
*47 Hei süt uesen Heargoed balle vöer siynes Gliyken an. (Westf.)
*48 He seeg mi an, as de Koh den Knakenhauer.
*49 He süt et an, ässe de Kau de nigge Schürendör. (Westf.)
*50 Ich sah'n nich durch en löchrigen Zaun oan. – Gomolcke, 557.
*51 Jemanden ansehen, als ob man vom Kröhn- (Meerrettich-)reiben käme. (Schles.)
*52 Jemanden ansehen, wie die Kuh das Grüne Thor in Königsberg.
*53 Jemanden ansehen, wie eine Krähe ein krankes Ferkel. (Königsberg.)
*54 Man sieht ihn an, wie den Hund in den Fleischbänken.
*55 Man sieht ihn an, wie den Schinken auf einer Judenhochzeit.
Wo noch an den mosaischen Speisegesetzen festgehalten wird.
*56 Man sieht ihn an, wie die Katze den Hund.
*57 Man sieht's einem (ihm) an den Augen (an der Nase) an, was er im Sinne hat.
Engl.: In the fore-head and the eye the index of the mind does lie.
Lat.: In fronte cogitationes inscriptae sunt.
*58 Man sieht's ihm an, dass er nicht aus dem kleinsten Glase getrunken hat.
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