Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] 300 Wenn de Bur wat hat, hat he keen Fatt. - Simrock, 835.

301 Wenn de Buren wannet, dann hebt se dat Diäsken daon. (Münster.) - Frommann, VI, 430, 18.

Wenn die Bauern wannen, d. i. das Getreide reinigen, dann haben sie das Dreschen gethan, sind sie damit fertig.

302 Wenn dei Buren besopen sünd, lopen dei Pierd am besten. (Mecklenburg.)

303 Wenn den Bauern so viel Getreide wüchse, als Lügen bei ihnen aufgehen, so hätten sie das ganze Jahr zu dreschen.

304 Wenn der Bauer auf den Gaul (aufs Pferd) kommt, reitet er schärfer als der Edelmann. Simrock, 806.

It.: Chi prega il villano, s'affatica in vano. - Non e alterezza all' alterezza eguale d'un uomo basso e vil, che in alto sale.

Lat.: Asperius nil est humili, cum surgit in altum.

305 Wenn der Bauer betrunken ist, hält er sich für seinen eigenen Herrn. (Russ.)

Was die russischen Bauern früher blos im Zustande der Trunkenheit zu träumen wagten, das kann der deutsche Bauer nüchtern sein, wenn er - will. Diese verlieren im Gegensatz der russischen ihr Herrenthum, wenn sie sich betrinken.

306 Wenn der Bauer den Doctor lehrt, so ist das Ding verkehrt.

Holl.: De boer wil den dokter leeren. (Harrebomee, I, 69.)

307 Wenn der Bauer durchs Feld spaziert, dann ist sein Weizen mit Unkraut geziert.

Holl.: Daar een boer op zijne spade leunt en gaapt, is het vreemd, dat het onkruid toeneemt? (Harrebomee, I, 68.)

308 Wenn der Bauer ein Edelmann werden will, wird er ein Bettler.

Lat.: Inops potentem dum vult imitari, perit. (Phaedrus, 2, 24.)

309 Wenn der Bauer ein Edelmann wird, sterben ihm alle Freunde. - Winckler, XIII, 80.

Holl.: Een geedelde boer kent zijnen vader niet. (Harrebomee, I, 70.)

It.: Il villan nobilitato non conosce il suo parentato. (Pazzaglia, 376.)

310 Wenn der Bauer einen Hasen erwischt im Kraut, so muss er's büssen mit seiner Haut.

311 Wenn der Bauer kaan Kerb1 hätt' und der Landsmann2 kaan Pesach, kämen sie aus dem Drecke nit heraus. - Tendlau, 370, 417.

1) Kerwe, Kirwe, Kirchweih.

2) Landjude.

312 Wenn der Bauer kommt zu Ehren, pflegt er's Rauche rauszukehren.

313 Wenn der Bauer nicht krumm gehen kann, ist der Acker übel dran.

Soll der Acker wohl bearbeitet werden, so muss sich der Bauer bücken. Die Ausübung jedes Berufs kostet Anstrengung.

Lat.: Arator nisi incurvus, praevaricatur. (Plinius.) (Erasmus, 229.)

314 Wenn der Bauer nicht muss, rührt er weder Hand noch Fuss. - Eisenhart, 77; Simrock, 798; Bücking, 9; Pistor., VI, 91; Meisner, 76; Sutor, 844; Estor, I, 179; Eiselein, 59; Sailer, 255; Grimm, I, 1177.

Das Sprichwort ist ursprünglich vom Dienstzwange zu verstehen und sagt, dass sich der Bauer, wenn er zu dem Herrendienste sich einfinden soll, in der Regel erst antreiben lässt, und dass, da Bitten und gute Worte wenig helfen, dem Gutsherrn erlaubt sei, sich der gehörigen Zwangsmittel zu bedienen. Die allgemeine Bedeutung ist die, dass der Bauer überhaupt nicht gern freiwillig zur Ausführung von etwas Gutem seine Hand biete, weil er nur gewohnt ist, Befehlen einer harten Herrschaft Folge zu leisten. Seume sagt: "Man beschwert sich in Livland, dass die Bauern so unerträglich faul seien, und ich wunderte mich, dass sie nur noch so viel arbeiteten. Wozu soll ein Sklave mehr arbeiten als er muss?" (Vgl. Seume's Sämmtliche Werke von Dr. A. Wagner, Leipzig 1835, S. 247 fg.)

315 Wenn der Bauer wohlgesehen sein will, so muss er mit den Füssen in den Händen kommen. - Winckler, XVI, 55.

Er ist überall willkommen, wenn er Geschenke bringt, wenn er Hühner-, Gänse-, Entenfüsse in den Händen hat.

316 Wenn der Bauer wüsste, wie schwer die Krone wär', so würd' er Gott fürs Bauergut danken.

317 Wenn der Bawr Herr wirt, wenn der Narr voll wirt, wenn die Magd Fraw wird, [Spaltenumbruch] vnd die Fraw Herr wirt, das kann die Erde nicht tragen. - Henisch, 214.

318 Wenn der Paur nicht muss, regt ar wieder Hand noch Fuss. - Robinson, 688.

319 Wenn die Bauern besoffen sind, laufen die Pferde am besten. - Simrock, 7861.

320 Wenn die Bauern das Messer verlieren, stecken sie ein Hölzlein in die Scheide. - Lehmann, 15, 51.

So machen es grosse Herren mit ihren Beamten.

321 Wenn die Bauern Eis scheissen, dann muss es kalt sein. - Simrock, 8918b.

322 Wenn die Bauern reich sind, können die Herren nicht verarmen.

323 Wenn die Bauern schlafen, so wachen die Gänse.

Schon vom Capitol her ist die Wachsamkeit der Gänse bekannt; sie sind in Betreff dieser Eigenschaft nützlicher als Hunde, denn sie schlagen bei dem geringsten Geräusch an. Sinn: Auch das sonst weniger Beachtete leistet zum Bestehen eines Ganzen seinen Beitrag.

Holl.: Als de boeren slapen, waken de ganzen. (Harrebomee, I, 68.)

324 Wenn die Bauern schmeicheln, wollen sie betrügen oder haben betrogen.

325 Wenn die Bauern sitzen in der Wolle, werden sie versoffen und tolle.

326 Wenn ein Bauer verhungert, so sollen ihm Esel zu Grabe läuten.

It.: A villan, che mai si sacia non gli far torto, ni grazia. (Pazzaglia, 376.)

327 Wenn ein Bauer will edel sein, kauft er Brief und Siegel ein. - Murner, Nb., 88.

328 Wenn ma de Boaren bitt, su schwallnen de Stieffeln. - Gomolcke, 1094.

329 Wenn ma de Pauren bitt, su geschwal'nen die Stiefeln. - Robinson, 685.

330 Wenn man dem Bauer die Finger gibt, will er gar die Faust (die ganze Hand) haben. (S. Kinder.) - Henisch, 214; Lehmann, II, 830, 74.

Frz.: Si on lui en donne un doigt, il en prend long comme le bras.

It.: Porgi 'l dito al villano, ti prendera tutta la mano. (Pazzaglia, 376.)

331 Wenn man dem Bauer höfelt, trotzt er.

332 Wenn man den Bauer bittet, so grotzelt1 (schwillt) ihm der Bauch (Kamm). - Siebenkees, 125; Luther, 177; Frommann, VI, 169, 26; Simrock, 811; Henisch, 214; Lehmann, II, 862, 37.

1) In Franken: grollt. - Wird er stolz darauf.

Frz.: Qui prie le vilain, se travaille en vain.

It.: Il villan piu ch' e pregato piu vien duro, ed ostinato. (Pazzaglia, 376.)

Lat.: Collum curvatur villano, quando rogatur. - Inflati si rogentur, inflatiores fiunt. - Rusticus inflatur nimium, si saepe rogatur. - Villicus datus solet esse nimis rogitatus.

Ung.: Mennel többet kered a parasztot annal inkabb elbizza magat.

333 Wenn man den Bauer bittet, so schwellen ihm die Stiefeln. - Henisch, 214; Simrock, 810; Winckler, XIX, 13.

Lat.: Rusticus dum rogatur, intumescit ei venter. - Rusticus quanto plus rogatur, tanto magis inflatur. (Bebel.)

334 Wenn man den Bauer bittet, so wird er um eine Spanne länger. - Simrock, 812; Fallersleben, 12; Tunn., 2, 4; 5, 19.

335 Wenn man den Bauer bittet, weigert er sich meist.

Da die Bauern in der Regel zu allem gezwungen werden, so ist's nicht zu verwundern, dass sie die Miene des Verweigerns annehmen, wenn man blos bittweise etwas von ihnen verlangt.

It.: Chi prega 'l villano s' affatica in vano. (Pazzaglia, 294, 376.)

336 Wenn man den Bawern bittet, so krümmet er den Halss. - Lehmann, II, 830, 73.

337 Wenn man die bawren verderben will, so muss man einen bawren vber den andern setzen. - Henisch, 210.

338 Wenn man einem Bauer im Hintern kratzt, so thut er einem zu Lohn in die Hände. - Henisch, 215.

Holl.: Kraauw (reinig) een' boer het achterste, hij zal uwe handen bevuilen. (Harrebomee, I, 72.)

[Spaltenumbruch] 300 Wenn de Bur wat hat, hat he keen Fatt.Simrock, 835.

301 Wenn de Buren wannet, dann hebt se dat Diäsken daon. (Münster.) – Frommann, VI, 430, 18.

Wenn die Bauern wannen, d. i. das Getreide reinigen, dann haben sie das Dreschen gethan, sind sie damit fertig.

302 Wenn dei Buren besopen sünd, lopen dei Pierd am besten. (Mecklenburg.)

303 Wenn den Bauern so viel Getreide wüchse, als Lügen bei ihnen aufgehen, so hätten sie das ganze Jahr zu dreschen.

304 Wenn der Bauer auf den Gaul (aufs Pferd) kommt, reitet er schärfer als der Edelmann. Simrock, 806.

It.: Chi prega il villano, s'affatica in vano. – Non è alterezza all' alterezza eguale d'un uomo basso e vil, che in alto sale.

Lat.: Asperius nil est humili, cum surgit in altum.

305 Wenn der Bauer betrunken ist, hält er sich für seinen eigenen Herrn. (Russ.)

Was die russischen Bauern früher blos im Zustande der Trunkenheit zu träumen wagten, das kann der deutsche Bauer nüchtern sein, wenn er – will. Diese verlieren im Gegensatz der russischen ihr Herrenthum, wenn sie sich betrinken.

306 Wenn der Bauer den Doctor lehrt, so ist das Ding verkehrt.

Holl.: De boer wil den dokter leeren. (Harrebomée, I, 69.)

307 Wenn der Bauer durchs Feld spaziert, dann ist sein Weizen mit Unkraut geziert.

Holl.: Daar een boer op zijne spade leunt en gaapt, is het vreemd, dat het onkruid toeneemt? (Harrebomée, I, 68.)

308 Wenn der Bauer ein Edelmann werden will, wird er ein Bettler.

Lat.: Inops potentem dum vult imitari, perit. (Phaedrus, 2, 24.)

309 Wenn der Bauer ein Edelmann wird, sterben ihm alle Freunde.Winckler, XIII, 80.

Holl.: Een geëdelde boer kent zijnen vader niet. (Harrebomée, I, 70.)

It.: Il villan nobilitato non conosce il suo parentato. (Pazzaglia, 376.)

310 Wenn der Bauer einen Hasen erwischt im Kraut, so muss er's büssen mit seiner Haut.

311 Wenn der Bauer kaan Kerb1 hätt' und der Landsmann2 kaan Pesach, kämen sie aus dem Drecke nit heraus.Tendlau, 370, 417.

1) Kerwe, Kirwe, Kirchweih.

2) Landjude.

312 Wenn der Bauer kommt zu Ehren, pflegt er's Rauche rauszukehren.

313 Wenn der Bauer nicht krumm gehen kann, ist der Acker übel dran.

Soll der Acker wohl bearbeitet werden, so muss sich der Bauer bücken. Die Ausübung jedes Berufs kostet Anstrengung.

Lat.: Arator nisi incurvus, praevaricatur. (Plinius.) (Erasmus, 229.)

314 Wenn der Bauer nicht muss, rührt er weder Hand noch Fuss.Eisenhart, 77; Simrock, 798; Bücking, 9; Pistor., VI, 91; Meisner, 76; Sutor, 844; Estor, I, 179; Eiselein, 59; Sailer, 255; Grimm, I, 1177.

Das Sprichwort ist ursprünglich vom Dienstzwange zu verstehen und sagt, dass sich der Bauer, wenn er zu dem Herrendienste sich einfinden soll, in der Regel erst antreiben lässt, und dass, da Bitten und gute Worte wenig helfen, dem Gutsherrn erlaubt sei, sich der gehörigen Zwangsmittel zu bedienen. Die allgemeine Bedeutung ist die, dass der Bauer überhaupt nicht gern freiwillig zur Ausführung von etwas Gutem seine Hand biete, weil er nur gewohnt ist, Befehlen einer harten Herrschaft Folge zu leisten. Seume sagt: „Man beschwert sich in Livland, dass die Bauern so unerträglich faul seien, und ich wunderte mich, dass sie nur noch so viel arbeiteten. Wozu soll ein Sklave mehr arbeiten als er muss?“ (Vgl. Seume's Sämmtliche Werke von Dr. A. Wagner, Leipzig 1835, S. 247 fg.)

315 Wenn der Bauer wohlgesehen sein will, so muss er mit den Füssen in den Händen kommen.Winckler, XVI, 55.

Er ist überall willkommen, wenn er Geschenke bringt, wenn er Hühner-, Gänse-, Entenfüsse in den Händen hat.

316 Wenn der Bauer wüsste, wie schwer die Krone wär', so würd' er Gott fürs Bauergut danken.

317 Wenn der Bawr Herr wirt, wenn der Narr voll wirt, wenn die Magd Fraw wird, [Spaltenumbruch] vnd die Fraw Herr wirt, das kann die Erde nicht tragen.Henisch, 214.

318 Wenn der Paur nicht muss, regt ar wieder Hand noch Fuss.Robinson, 688.

319 Wenn die Bauern besoffen sind, laufen die Pferde am besten.Simrock, 7861.

320 Wenn die Bauern das Messer verlieren, stecken sie ein Hölzlein in die Scheide.Lehmann, 15, 51.

So machen es grosse Herren mit ihren Beamten.

321 Wenn die Bauern Eis scheissen, dann muss es kalt sein.Simrock, 8918b.

322 Wenn die Bauern reich sind, können die Herren nicht verarmen.

323 Wenn die Bauern schlafen, so wachen die Gänse.

Schon vom Capitol her ist die Wachsamkeit der Gänse bekannt; sie sind in Betreff dieser Eigenschaft nützlicher als Hunde, denn sie schlagen bei dem geringsten Geräusch an. Sinn: Auch das sonst weniger Beachtete leistet zum Bestehen eines Ganzen seinen Beitrag.

Holl.: Als de boeren slapen, waken de ganzen. (Harrebomée, I, 68.)

324 Wenn die Bauern schmeicheln, wollen sie betrügen oder haben betrogen.

325 Wenn die Bauern sitzen in der Wolle, werden sie versoffen und tolle.

326 Wenn ein Bauer verhungert, so sollen ihm Esel zu Grabe läuten.

It.: A villan, che mai si sacia non gli far torto, ni grazia. (Pazzaglia, 376.)

327 Wenn ein Bauer will edel sein, kauft er Brief und Siegel ein.Murner, Nb., 88.

328 Wenn ma de Boaren bitt, su schwallnen de Stieffeln.Gomolcke, 1094.

329 Wenn ma de Pauren bitt, su geschwal'nen die Stiefeln.Robinson, 685.

330 Wenn man dem Bauer die Finger gibt, will er gar die Faust (die ganze Hand) haben. (S. Kinder.)Henisch, 214; Lehmann, II, 830, 74.

Frz.: Si on lui en donne un doigt, il en prend long comme le bras.

It.: Porgi 'l dito al villano, ti prenderà tutta la mano. (Pazzaglia, 376.)

331 Wenn man dem Bauer höfelt, trotzt er.

332 Wenn man den Bauer bittet, so grotzelt1 (schwillt) ihm der Bauch (Kamm).Siebenkees, 125; Luther, 177; Frommann, VI, 169, 26; Simrock, 811; Henisch, 214; Lehmann, II, 862, 37.

1) In Franken: grollt. – Wird er stolz darauf.

Frz.: Qui prie le vilain, se travaille en vain.

It.: Il villan più ch' è pregato più vien duro, ed ostinato. (Pazzaglia, 376.)

Lat.: Collum curvatur villano, quando rogatur. – Inflati si rogentur, inflatiores fiunt. – Rusticus inflatur nimium, si saepe rogatur. – Villicus datus solet esse nimis rogitatus.

Ung.: Mennél többet kéred a parasztot annál inkább elbízza magát.

333 Wenn man den Bauer bittet, so schwellen ihm die Stiefeln.Henisch, 214; Simrock, 810; Winckler, XIX, 13.

Lat.: Rusticus dum rogatur, intumescit ei venter. – Rusticus quanto plus rogatur, tanto magis inflatur. (Bebel.)

334 Wenn man den Bauer bittet, so wird er um eine Spanne länger.Simrock, 812; Fallersleben, 12; Tunn., 2, 4; 5, 19.

335 Wenn man den Bauer bittet, weigert er sich meist.

Da die Bauern in der Regel zu allem gezwungen werden, so ist's nicht zu verwundern, dass sie die Miene des Verweigerns annehmen, wenn man blos bittweise etwas von ihnen verlangt.

It.: Chi prega 'l villano s' affatica in vano. (Pazzaglia, 294, 376.)

336 Wenn man den Bawern bittet, so krümmet er den Halss.Lehmann, II, 830, 73.

337 Wenn man die bawren verderben will, so muss man einen bawren vber den andern setzen.Henisch, 210.

338 Wenn man einem Bauer im Hintern kratzt, so thut er einem zu Lohn in die Hände.Henisch, 215.

Holl.: Kraauw (reinig) een' boer het achterste, hij zal uwe handen bevuilen. (Harrebomée, I, 72.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><pb facs="#f0162" n="[134]"/><cb n="267"/>
300 Wenn de Bur wat hat, hat he keen Fatt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 835.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">301 Wenn de Buren wannet, dann hebt se dat Diäsken daon.</hi> (<hi rendition="#i">Münster.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Frommann, VI, 430, 18.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn die Bauern wannen, d. i. das Getreide reinigen, dann haben sie das Dreschen gethan, sind sie damit fertig.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">302 Wenn dei Buren besopen sünd, lopen dei Pierd am besten.</hi> (<hi rendition="#i">Mecklenburg.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">303 Wenn den Bauern so viel Getreide wüchse, als Lügen bei ihnen aufgehen, so hätten sie das ganze Jahr zu dreschen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">304 Wenn der Bauer auf den Gaul (aufs Pferd) kommt, reitet er schärfer als der Edelmann.</hi> <hi rendition="#i">Simrock, 806.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Chi prega il villano, s'affatica in vano. &#x2013; Non è alterezza all' alterezza eguale d'un uomo basso e vil, che in alto sale.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Asperius nil est humili, cum surgit in altum.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">305 Wenn der Bauer betrunken ist, hält er sich für seinen eigenen Herrn.</hi> (<hi rendition="#i">Russ.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Was die russischen Bauern früher blos im Zustande der Trunkenheit zu träumen wagten, das kann der deutsche Bauer nüchtern sein, wenn er &#x2013; will. Diese verlieren im Gegensatz der russischen ihr Herrenthum, wenn sie sich betrinken.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">306 Wenn der Bauer den Doctor lehrt, so ist das Ding verkehrt.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: De boer wil den dokter leeren. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 69.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">307 Wenn der Bauer durchs Feld spaziert, dann ist sein Weizen mit Unkraut geziert.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Daar een boer op zijne spade leunt en gaapt, is het vreemd, dat het onkruid toeneemt? (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 68.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">308 Wenn der Bauer ein Edelmann werden will, wird er ein Bettler.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Inops potentem dum vult imitari, perit. (<hi rendition="#i">Phaedrus, 2, 24.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">309 Wenn der Bauer ein Edelmann wird, sterben ihm alle Freunde.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Winckler, XIII, 80.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Een geëdelde boer kent zijnen vader niet. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 70.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Il villan nobilitato non conosce il suo parentato. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 376.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">310 Wenn der Bauer einen Hasen erwischt im Kraut, so muss er's büssen mit seiner Haut.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">311 Wenn der Bauer kaan Kerb<hi rendition="#sup">1</hi> hätt' und der Landsmann<hi rendition="#sup">2</hi> kaan Pesach, kämen sie aus dem Drecke nit heraus.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Tendlau, 370, 417.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Kerwe, Kirwe, Kirchweih.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">2</hi>) Landjude.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">312 Wenn der Bauer kommt zu Ehren, pflegt er's Rauche rauszukehren.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">313 Wenn der Bauer nicht krumm gehen kann, ist der Acker übel dran.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Soll der Acker wohl bearbeitet werden, so muss sich der Bauer bücken. Die Ausübung jedes Berufs kostet Anstrengung.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Arator nisi incurvus, praevaricatur. (<hi rendition="#i">Plinius.</hi>) (<hi rendition="#i">Erasmus, 229.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">314 Wenn der Bauer nicht muss, rührt er weder Hand noch Fuss.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eisenhart, 77; Simrock, 798; Bücking, 9; Pistor., VI, 91; Meisner, 76; Sutor, 844; Estor, I, 179; Eiselein, 59; Sailer, 255; Grimm, I, 1177.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Das Sprichwort ist ursprünglich vom Dienstzwange zu verstehen und sagt, dass sich der Bauer, wenn er zu dem Herrendienste sich einfinden soll, in der Regel erst antreiben lässt, und dass, da Bitten und gute Worte wenig helfen, dem Gutsherrn erlaubt sei, sich der gehörigen Zwangsmittel zu bedienen. Die allgemeine Bedeutung ist die, dass der Bauer überhaupt nicht gern freiwillig zur Ausführung von etwas Gutem seine Hand biete, weil er nur gewohnt ist, Befehlen einer harten Herrschaft Folge zu leisten. Seume sagt: &#x201E;Man beschwert sich in Livland, dass die Bauern so unerträglich faul seien, und ich wunderte mich, dass sie nur noch so viel arbeiteten. Wozu soll ein Sklave mehr arbeiten als er muss?&#x201C; (Vgl. <hi rendition="#i">Seume's Sämmtliche Werke von Dr. A. Wagner, Leipzig 1835, S. 247 fg.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">315 Wenn der Bauer wohlgesehen sein will, so muss er mit den Füssen in den Händen kommen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Winckler, XVI, 55.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Er ist überall willkommen, wenn er Geschenke bringt, wenn er Hühner-, Gänse-, Entenfüsse in den Händen hat.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">316 Wenn der Bauer wüsste, wie schwer die Krone wär', so würd' er Gott fürs Bauergut danken.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">317 Wenn der Bawr Herr wirt, wenn der Narr voll wirt, wenn die Magd Fraw wird, <cb n="268"/>
vnd die Fraw Herr wirt, das kann die Erde nicht tragen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 214.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">318 Wenn der Paur nicht muss, regt ar wieder Hand noch Fuss.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Robinson, 688.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">319 Wenn die Bauern besoffen sind, laufen die Pferde am besten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 7861.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">320 Wenn die Bauern das Messer verlieren, stecken sie ein Hölzlein in die Scheide.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 15, 51.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">So machen es grosse Herren mit ihren Beamten.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">321 Wenn die Bauern Eis scheissen, dann muss es kalt sein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 8918<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">322 Wenn die Bauern reich sind, können die Herren nicht verarmen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">323 Wenn die Bauern schlafen, so wachen die Gänse.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Schon vom Capitol her ist die Wachsamkeit der Gänse bekannt; sie sind in Betreff dieser Eigenschaft nützlicher als Hunde, denn sie schlagen bei dem geringsten Geräusch an. Sinn: Auch das sonst weniger Beachtete leistet zum Bestehen eines Ganzen seinen Beitrag.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Als de boeren slapen, waken de ganzen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 68.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">324 Wenn die Bauern schmeicheln, wollen sie betrügen oder haben betrogen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">325 Wenn die Bauern sitzen in der Wolle, werden sie versoffen und tolle.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">326 Wenn ein Bauer verhungert, so sollen ihm Esel zu Grabe läuten.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: A villan, che mai si sacia non gli far torto, ni grazia. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 376.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">327 Wenn ein Bauer will edel sein, kauft er Brief und Siegel ein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Murner, Nb., 88.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">328 Wenn ma de Boaren bitt, su schwallnen de Stieffeln.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gomolcke, 1094.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">329 Wenn ma de Pauren bitt, su geschwal'nen die Stiefeln.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Robinson, 685.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">330 Wenn man dem Bauer die Finger gibt, will er gar die Faust (die ganze Hand) haben. (S.  Kinder.)</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 214; Lehmann, II, 830, 74.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Si on lui en donne un doigt, il en prend long comme le bras.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Porgi 'l dito al villano, ti prenderà tutta la mano. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 376.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">331 Wenn man dem Bauer höfelt, trotzt er.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">332 Wenn man den Bauer bittet, so grotzelt<hi rendition="#sup">1</hi> (schwillt) ihm der Bauch (Kamm).</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Siebenkees, 125; Luther, 177; Frommann, VI, 169, 26; Simrock, 811; Henisch, 214; Lehmann, II, 862, 37.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) In Franken: grollt. &#x2013; Wird er stolz darauf.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Qui prie le vilain, se travaille en vain.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Il villan più ch' è pregato più vien duro, ed ostinato. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 376.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Collum curvatur villano, quando rogatur. &#x2013; Inflati si rogentur, inflatiores fiunt. &#x2013; Rusticus inflatur nimium, si saepe rogatur. &#x2013; Villicus datus solet esse nimis rogitatus.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Ung.</hi>: Mennél többet kéred a parasztot annál inkább elbízza magát.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">333 Wenn man den Bauer bittet, so schwellen ihm die Stiefeln.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 214; Simrock, 810; Winckler, XIX, 13.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Rusticus dum rogatur, intumescit ei venter. &#x2013; Rusticus quanto plus rogatur, tanto magis inflatur. (<hi rendition="#i">Bebel.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">334 Wenn man den Bauer bittet, so wird er um eine Spanne länger.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Simrock, 812; Fallersleben, 12; Tunn., 2, 4; 5, 19.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">335 Wenn man den Bauer bittet, weigert er sich meist.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Da die Bauern in der Regel zu allem gezwungen werden, so ist's nicht zu verwundern, dass sie die Miene des Verweigerns annehmen, wenn man blos bittweise etwas von ihnen verlangt.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Chi prega 'l villano s' affatica in vano. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 294, 376.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">336 Wenn man den Bawern bittet, so krümmet er den Halss.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, II, 830, 73.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">337 Wenn man die bawren verderben will, so muss man einen bawren vber den andern setzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 210.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">338 Wenn man einem Bauer im Hintern kratzt, so thut er einem zu Lohn in die Hände.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 215.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Kraauw (reinig) een' boer het achterste, hij zal uwe handen bevuilen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 72.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[134]/0162] 300 Wenn de Bur wat hat, hat he keen Fatt. – Simrock, 835. 301 Wenn de Buren wannet, dann hebt se dat Diäsken daon. (Münster.) – Frommann, VI, 430, 18. Wenn die Bauern wannen, d. i. das Getreide reinigen, dann haben sie das Dreschen gethan, sind sie damit fertig. 302 Wenn dei Buren besopen sünd, lopen dei Pierd am besten. (Mecklenburg.) 303 Wenn den Bauern so viel Getreide wüchse, als Lügen bei ihnen aufgehen, so hätten sie das ganze Jahr zu dreschen. 304 Wenn der Bauer auf den Gaul (aufs Pferd) kommt, reitet er schärfer als der Edelmann. Simrock, 806. It.: Chi prega il villano, s'affatica in vano. – Non è alterezza all' alterezza eguale d'un uomo basso e vil, che in alto sale. Lat.: Asperius nil est humili, cum surgit in altum. 305 Wenn der Bauer betrunken ist, hält er sich für seinen eigenen Herrn. (Russ.) Was die russischen Bauern früher blos im Zustande der Trunkenheit zu träumen wagten, das kann der deutsche Bauer nüchtern sein, wenn er – will. Diese verlieren im Gegensatz der russischen ihr Herrenthum, wenn sie sich betrinken. 306 Wenn der Bauer den Doctor lehrt, so ist das Ding verkehrt. Holl.: De boer wil den dokter leeren. (Harrebomée, I, 69.) 307 Wenn der Bauer durchs Feld spaziert, dann ist sein Weizen mit Unkraut geziert. Holl.: Daar een boer op zijne spade leunt en gaapt, is het vreemd, dat het onkruid toeneemt? (Harrebomée, I, 68.) 308 Wenn der Bauer ein Edelmann werden will, wird er ein Bettler. Lat.: Inops potentem dum vult imitari, perit. (Phaedrus, 2, 24.) 309 Wenn der Bauer ein Edelmann wird, sterben ihm alle Freunde. – Winckler, XIII, 80. Holl.: Een geëdelde boer kent zijnen vader niet. (Harrebomée, I, 70.) It.: Il villan nobilitato non conosce il suo parentato. (Pazzaglia, 376.) 310 Wenn der Bauer einen Hasen erwischt im Kraut, so muss er's büssen mit seiner Haut. 311 Wenn der Bauer kaan Kerb1 hätt' und der Landsmann2 kaan Pesach, kämen sie aus dem Drecke nit heraus. – Tendlau, 370, 417. 1) Kerwe, Kirwe, Kirchweih. 2) Landjude. 312 Wenn der Bauer kommt zu Ehren, pflegt er's Rauche rauszukehren. 313 Wenn der Bauer nicht krumm gehen kann, ist der Acker übel dran. Soll der Acker wohl bearbeitet werden, so muss sich der Bauer bücken. Die Ausübung jedes Berufs kostet Anstrengung. Lat.: Arator nisi incurvus, praevaricatur. (Plinius.) (Erasmus, 229.) 314 Wenn der Bauer nicht muss, rührt er weder Hand noch Fuss. – Eisenhart, 77; Simrock, 798; Bücking, 9; Pistor., VI, 91; Meisner, 76; Sutor, 844; Estor, I, 179; Eiselein, 59; Sailer, 255; Grimm, I, 1177. Das Sprichwort ist ursprünglich vom Dienstzwange zu verstehen und sagt, dass sich der Bauer, wenn er zu dem Herrendienste sich einfinden soll, in der Regel erst antreiben lässt, und dass, da Bitten und gute Worte wenig helfen, dem Gutsherrn erlaubt sei, sich der gehörigen Zwangsmittel zu bedienen. Die allgemeine Bedeutung ist die, dass der Bauer überhaupt nicht gern freiwillig zur Ausführung von etwas Gutem seine Hand biete, weil er nur gewohnt ist, Befehlen einer harten Herrschaft Folge zu leisten. Seume sagt: „Man beschwert sich in Livland, dass die Bauern so unerträglich faul seien, und ich wunderte mich, dass sie nur noch so viel arbeiteten. Wozu soll ein Sklave mehr arbeiten als er muss?“ (Vgl. Seume's Sämmtliche Werke von Dr. A. Wagner, Leipzig 1835, S. 247 fg.) 315 Wenn der Bauer wohlgesehen sein will, so muss er mit den Füssen in den Händen kommen. – Winckler, XVI, 55. Er ist überall willkommen, wenn er Geschenke bringt, wenn er Hühner-, Gänse-, Entenfüsse in den Händen hat. 316 Wenn der Bauer wüsste, wie schwer die Krone wär', so würd' er Gott fürs Bauergut danken. 317 Wenn der Bawr Herr wirt, wenn der Narr voll wirt, wenn die Magd Fraw wird, vnd die Fraw Herr wirt, das kann die Erde nicht tragen. – Henisch, 214. 318 Wenn der Paur nicht muss, regt ar wieder Hand noch Fuss. – Robinson, 688. 319 Wenn die Bauern besoffen sind, laufen die Pferde am besten. – Simrock, 7861. 320 Wenn die Bauern das Messer verlieren, stecken sie ein Hölzlein in die Scheide. – Lehmann, 15, 51. So machen es grosse Herren mit ihren Beamten. 321 Wenn die Bauern Eis scheissen, dann muss es kalt sein. – Simrock, 8918b. 322 Wenn die Bauern reich sind, können die Herren nicht verarmen. 323 Wenn die Bauern schlafen, so wachen die Gänse. Schon vom Capitol her ist die Wachsamkeit der Gänse bekannt; sie sind in Betreff dieser Eigenschaft nützlicher als Hunde, denn sie schlagen bei dem geringsten Geräusch an. Sinn: Auch das sonst weniger Beachtete leistet zum Bestehen eines Ganzen seinen Beitrag. Holl.: Als de boeren slapen, waken de ganzen. (Harrebomée, I, 68.) 324 Wenn die Bauern schmeicheln, wollen sie betrügen oder haben betrogen. 325 Wenn die Bauern sitzen in der Wolle, werden sie versoffen und tolle. 326 Wenn ein Bauer verhungert, so sollen ihm Esel zu Grabe läuten. It.: A villan, che mai si sacia non gli far torto, ni grazia. (Pazzaglia, 376.) 327 Wenn ein Bauer will edel sein, kauft er Brief und Siegel ein. – Murner, Nb., 88. 328 Wenn ma de Boaren bitt, su schwallnen de Stieffeln. – Gomolcke, 1094. 329 Wenn ma de Pauren bitt, su geschwal'nen die Stiefeln. – Robinson, 685. 330 Wenn man dem Bauer die Finger gibt, will er gar die Faust (die ganze Hand) haben. (S. Kinder.) – Henisch, 214; Lehmann, II, 830, 74. Frz.: Si on lui en donne un doigt, il en prend long comme le bras. It.: Porgi 'l dito al villano, ti prenderà tutta la mano. (Pazzaglia, 376.) 331 Wenn man dem Bauer höfelt, trotzt er. 332 Wenn man den Bauer bittet, so grotzelt1 (schwillt) ihm der Bauch (Kamm). – Siebenkees, 125; Luther, 177; Frommann, VI, 169, 26; Simrock, 811; Henisch, 214; Lehmann, II, 862, 37. 1) In Franken: grollt. – Wird er stolz darauf. Frz.: Qui prie le vilain, se travaille en vain. It.: Il villan più ch' è pregato più vien duro, ed ostinato. (Pazzaglia, 376.) Lat.: Collum curvatur villano, quando rogatur. – Inflati si rogentur, inflatiores fiunt. – Rusticus inflatur nimium, si saepe rogatur. – Villicus datus solet esse nimis rogitatus. Ung.: Mennél többet kéred a parasztot annál inkább elbízza magát. 333 Wenn man den Bauer bittet, so schwellen ihm die Stiefeln. – Henisch, 214; Simrock, 810; Winckler, XIX, 13. Lat.: Rusticus dum rogatur, intumescit ei venter. – Rusticus quanto plus rogatur, tanto magis inflatur. (Bebel.) 334 Wenn man den Bauer bittet, so wird er um eine Spanne länger. – Simrock, 812; Fallersleben, 12; Tunn., 2, 4; 5, 19. 335 Wenn man den Bauer bittet, weigert er sich meist. Da die Bauern in der Regel zu allem gezwungen werden, so ist's nicht zu verwundern, dass sie die Miene des Verweigerns annehmen, wenn man blos bittweise etwas von ihnen verlangt. It.: Chi prega 'l villano s' affatica in vano. (Pazzaglia, 294, 376.) 336 Wenn man den Bawern bittet, so krümmet er den Halss. – Lehmann, II, 830, 73. 337 Wenn man die bawren verderben will, so muss man einen bawren vber den andern setzen. – Henisch, 210. 338 Wenn man einem Bauer im Hintern kratzt, so thut er einem zu Lohn in die Hände. – Henisch, 215. Holl.: Kraauw (reinig) een' boer het achterste, hij zal uwe handen bevuilen. (Harrebomée, I, 72.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:54:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:54:38Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/162
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [134]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/162>, abgerufen am 23.11.2024.