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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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die mir die bedeutendsten Spracheigenheiten zu bieten schien. Dann war es mir darum zu thun, dass alle Mundarten vertreten sein möchten. Handelte es sich um die Wahl zwischen einer bereits gedruckten und einer mir handschriftlich zugegangenen Lesart, so wählte ich die letztere und verwies auf jene.

Selbstredend kamen bei einer solchen Masse von Stoff, wie ich ihn zu bewältigen habe, und bei einem an logische und sprachliche Disciplin so wenig gewöhnten Volke, wie die Sprichwörter sind, die lieber in Freischaren- als in Linien- und Garderegimentern dienen, genug Fälle vor, in denen alle Regeln zu Schanden werden.

Man hat gefragt, warum Sprichwort und nicht Sprüchwort, warum Sprichwörter-Lexikon und nicht Sprüchwörterbuch oder Sprüchwörterschatz?

Was den ersten Punkt betrifft, so scheint mir, ohne dass ich mich ausschliesslich auf die Autorität Grimm's berufe, der sich auf Grund einer Stelle im Freidank (vgl. Grammatik, I, 3, 221 und II, 679 und 682) für Sprichwort erklärt1, die Schreibung Sprichwort die allein richtige; denn Sprichwort ist nicht ein Spruch, sondern ein Wort, ein Gedanke, der dadurch ausgesprochen wird. Die Schreibung Sprüchwort ist daher, da Spruch auch einen Gedanken bezeichnet, eine Tautologie. Man hat zwar auch auf die Aehnlichkeit von Hülfe und Hilfe verwiesen, aber mit Unrecht, da sich hier für beide Schreibungen haltbare Gründe anführen lassen, während in jenem Falle alle Gründe gegen ü und alle für i sprechen. Wer Hülfe schreibt, kann sich auf Aussprache und Ableitung (hulp) berufen, sowie die Schreibung Hilfe ebenfalls Aussprache und Ableitung (helfen) für sich hat. In der Schreibung "Sprüchwort" bezeichnen aber beide Wortglieder immer dasselbe.

Was den andern Punkt betrifft, so wird weder durch Sprüchwörterbuch noch Sprüchwörterschatz - weil viel zu allgemeine Bezeichnungen - ausgedrückt, worauf es bei meiner Arbeit hauptsächlich ankommt: die alphabetische Anordnung, die aber durch "Lexikon" sofort erkannt wird. Jedes Buch, das Sprichwörter enthält, kann Sprichwörterbuch genannt werden; aber wer ein Sprichwörter-Lexikon in die Hände nimmt, weiss, dass er nicht blos Sprichwörter, sondern nach bestimmten Grundsätzen alphabetisch geordnete Sprichwörter findet.

Orthographie und Schriftform. Eine andere Frage hat ebenfalls zu einer langen und gründlichen Erwägung geführt; die, ob das Werk mit deutschen oder lateinischen Lettern gedruckt werden solle. Mehrere und nicht unwichtige Gründe sprachen für jene; dennoch ist nach der reiflichsten Prüfung für die Wahl der letztern entschieden worden, und zwar hauptsächlich aus Rücksicht für die Verbreitung im Auslande. Was die Schreibung betrifft, so erscheint das Lexikon in derjenigen, welche die Verlagshandlung für die in ihrer Officin gedruckten Werke angenommen hat2, wenn ich auch mit derselben nicht in allen Punkten einverstanden sein kann. Ich habe aber gern auf die Durchführung meiner Ansichten in dieser Hinsicht verzichtet, da sie das Wesen der Sache hier nicht berühren, die Druckerei ohnehin bei der Herstellung des Werks noch ausserordentliche Schwierigkeiten zu überwinden hat, und es eine wesentliche Erleichterung für den Setzer und Corrector ist, wenn in der Hauptsache die ihnen bekannte lieb- und eigengewordene Schreibung zur Anwendung kommt, zumal überdies noch so viel andere Abweichungen vorkommen, da die Sprichwörter und Belegstellen aus den ältern Quellenschriften in der Orthographie derselben abgedruckt werden.

Eine besondere Schwierigkeit bietet die Schreibart der mundartlichen Sprichwörter. Die Lautverschiedenheiten und Lautübergänge sind so zahlreich und mannichfach, dass die hochdeutschen Schriftzeichen bei weitem nicht zur Bezeichnung derselben ausreichen; solange es an einer dialektischen Orthographie fehlt, wird das Mundartliche durch hochdeutsche Schriftzeichen nur annäherungsweise ausgedrückt werden können. Soweit als es ohne besondere sprachliche Erläuterungen möglich ist, bin ich der Schreibung in den Deutschen Mundarten von Frommann oder den Schriftstellern, aus deren Schriften ich die Sprichwörter entlehnt habe, gefolgt. Auf ein besonderes mundartliches Schreibsystem einzugehen, war hier nicht zulässig, da ein solches ohne Anweisung, die hier nicht gegeben werden kann, unverständlich ist. Es wird überhaupt schwerlich je gelingen, selbst bei Hinzufügung einer grossen Anzahl neuer Schriftzeichen, die dialektische Aussprache zum treuen Ausdruck zu bringen, da diese in jedem einzelnen Orte unendlich verschieden ist.

Noch mehr als den Mangel einer dialektischen Orthographie habe ich ein allgemeines Wörterbuch der deutschen Dialekte vermisst. Ich verkenne die Schwierigkeiten der Bearbeitung eines solchen nicht; es kann aber schwerlich irgendjemand den Mangel eines solchen schmerzlicher empfinden als ich, der ich oft in einer Stunde ein Dutzend nur erdenkliche Wörterbücher nachzuschlagen habe, um zuletzt das betreffende Wort doch nicht zu finden oder über dessen Bedeutung zweifelhaft zu bleiben. Die Bearbeitung eines solchen Werks würde natürlich eine Reihe von Jahren in Anspruch nehmen und die Kräfte eines einzelnen bei weitem übersteigen; aber ich halte sie nach den gegenwärtigen Vorarbeiten und Hülfsmitteln

1 Ueber die Stellen, in welchen am frühesten das Wort "Sprichwort" gebraucht ist, sowie über die früher zur Bezeichnung eines Sprichworts dienenden Ausdrücke vgl. Vridank's Bescheidenheit ( Göttingen 1834, S. LXXXIX und XC); Zeitschrift für deutsches Alterthum, VIII, 376-384; Schulze, Biblische. Sprichwörter, S. 3-5; Eiselein, S. XIX.
2 Orthographisches Hülfsbuch zum Gebrauche der Schriftsetzer und Correctoren in der Officin von F. A. Brockhaus in Leipzig. Zweiter durchgesehener Abdruck. (Als Handschrift gedruckt.) 1864.

die mir die bedeutendsten Spracheigenheiten zu bieten schien. Dann war es mir darum zu thun, dass alle Mundarten vertreten sein möchten. Handelte es sich um die Wahl zwischen einer bereits gedruckten und einer mir handschriftlich zugegangenen Lesart, so wählte ich die letztere und verwies auf jene.

Selbstredend kamen bei einer solchen Masse von Stoff, wie ich ihn zu bewältigen habe, und bei einem an logische und sprachliche Disciplin so wenig gewöhnten Volke, wie die Sprichwörter sind, die lieber in Freischaren- als in Linien- und Garderegimentern dienen, genug Fälle vor, in denen alle Regeln zu Schanden werden.

Man hat gefragt, warum Sprichwort und nicht Sprüchwort, warum Sprichwörter-Lexikon und nicht Sprüchwörterbuch oder Sprüchwörterschatz?

Was den ersten Punkt betrifft, so scheint mir, ohne dass ich mich ausschliesslich auf die Autorität Grimm's berufe, der sich auf Grund einer Stelle im Freidank (vgl. Grammatik, I, 3, 221 und II, 679 und 682) für Sprichwort erklärt1, die Schreibung Sprichwort die allein richtige; denn Sprichwort ist nicht ein Spruch, sondern ein Wort, ein Gedanke, der dadurch ausgesprochen wird. Die Schreibung Sprüchwort ist daher, da Spruch auch einen Gedanken bezeichnet, eine Tautologie. Man hat zwar auch auf die Aehnlichkeit von Hülfe und Hilfe verwiesen, aber mit Unrecht, da sich hier für beide Schreibungen haltbare Gründe anführen lassen, während in jenem Falle alle Gründe gegen ü und alle für i sprechen. Wer Hülfe schreibt, kann sich auf Aussprache und Ableitung (hulp) berufen, sowie die Schreibung Hilfe ebenfalls Aussprache und Ableitung (helfen) für sich hat. In der Schreibung „Sprüchwort“ bezeichnen aber beide Wortglieder immer dasselbe.

Was den andern Punkt betrifft, so wird weder durch Sprüchwörterbuch noch Sprüchwörterschatz – weil viel zu allgemeine Bezeichnungen – ausgedrückt, worauf es bei meiner Arbeit hauptsächlich ankommt: die alphabetische Anordnung, die aber durch „Lexikon“ sofort erkannt wird. Jedes Buch, das Sprichwörter enthält, kann Sprichwörterbuch genannt werden; aber wer ein Sprichwörter-Lexikon in die Hände nimmt, weiss, dass er nicht blos Sprichwörter, sondern nach bestimmten Grundsätzen alphabetisch geordnete Sprichwörter findet.

Orthographie und Schriftform. Eine andere Frage hat ebenfalls zu einer langen und gründlichen Erwägung geführt; die, ob das Werk mit deutschen oder lateinischen Lettern gedruckt werden solle. Mehrere und nicht unwichtige Gründe sprachen für jene; dennoch ist nach der reiflichsten Prüfung für die Wahl der letztern entschieden worden, und zwar hauptsächlich aus Rücksicht für die Verbreitung im Auslande. Was die Schreibung betrifft, so erscheint das Lexikon in derjenigen, welche die Verlagshandlung für die in ihrer Officin gedruckten Werke angenommen hat2, wenn ich auch mit derselben nicht in allen Punkten einverstanden sein kann. Ich habe aber gern auf die Durchführung meiner Ansichten in dieser Hinsicht verzichtet, da sie das Wesen der Sache hier nicht berühren, die Druckerei ohnehin bei der Herstellung des Werks noch ausserordentliche Schwierigkeiten zu überwinden hat, und es eine wesentliche Erleichterung für den Setzer und Corrector ist, wenn in der Hauptsache die ihnen bekannte lieb- und eigengewordene Schreibung zur Anwendung kommt, zumal überdies noch so viel andere Abweichungen vorkommen, da die Sprichwörter und Belegstellen aus den ältern Quellenschriften in der Orthographie derselben abgedruckt werden.

Eine besondere Schwierigkeit bietet die Schreibart der mundartlichen Sprichwörter. Die Lautverschiedenheiten und Lautübergänge sind so zahlreich und mannichfach, dass die hochdeutschen Schriftzeichen bei weitem nicht zur Bezeichnung derselben ausreichen; solange es an einer dialektischen Orthographie fehlt, wird das Mundartliche durch hochdeutsche Schriftzeichen nur annäherungsweise ausgedrückt werden können. Soweit als es ohne besondere sprachliche Erläuterungen möglich ist, bin ich der Schreibung in den Deutschen Mundarten von Frommann oder den Schriftstellern, aus deren Schriften ich die Sprichwörter entlehnt habe, gefolgt. Auf ein besonderes mundartliches Schreibsystem einzugehen, war hier nicht zulässig, da ein solches ohne Anweisung, die hier nicht gegeben werden kann, unverständlich ist. Es wird überhaupt schwerlich je gelingen, selbst bei Hinzufügung einer grossen Anzahl neuer Schriftzeichen, die dialektische Aussprache zum treuen Ausdruck zu bringen, da diese in jedem einzelnen Orte unendlich verschieden ist.

Noch mehr als den Mangel einer dialektischen Orthographie habe ich ein allgemeines Wörterbuch der deutschen Dialekte vermisst. Ich verkenne die Schwierigkeiten der Bearbeitung eines solchen nicht; es kann aber schwerlich irgendjemand den Mangel eines solchen schmerzlicher empfinden als ich, der ich oft in einer Stunde ein Dutzend nur erdenkliche Wörterbücher nachzuschlagen habe, um zuletzt das betreffende Wort doch nicht zu finden oder über dessen Bedeutung zweifelhaft zu bleiben. Die Bearbeitung eines solchen Werks würde natürlich eine Reihe von Jahren in Anspruch nehmen und die Kräfte eines einzelnen bei weitem übersteigen; aber ich halte sie nach den gegenwärtigen Vorarbeiten und Hülfsmitteln

1 Ueber die Stellen, in welchen am frühesten das Wort „Sprichwort“ gebraucht ist, sowie über die früher zur Bezeichnung eines Sprichworts dienenden Ausdrücke vgl. Vridank's Bescheidenheit ( Göttingen 1834, S. LXXXIX und XC); Zeitschrift für deutsches Alterthum, VIII, 376-384; Schulze, Biblische. Sprichwörter, S. 3-5; Eiselein, S. XIX.
2 Orthographisches Hülfsbuch zum Gebrauche der Schriftsetzer und Correctoren in der Officin von F. A. Brockhaus in Leipzig. Zweiter durchgesehener Abdruck. (Als Handschrift gedruckt.) 1864.
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Grammatik, I, 3, 221 und II, 679 und 682) für Sprichwort erklärt 1, die Schreibung Sprichwort die allein richtige; denn Sprichwort ist nicht ein Spruch, sondern ein Wort, ein Gedanke, der dadurch ausgesprochen wird. Die Schreibung Sprüchwort ist daher, da Spruch auch einen Gedanken bezeichnet, eine Tautologie. Man hat zwar auch auf die Aehnlichkeit von Hülfe und Hilfe verwiesen, aber mit Unrecht, da sich hier für beide Schreibungen haltbare Gründe anführen lassen, während in jenem Falle alle Gründe gegen ü und alle für i sprechen. Wer Hülfe schreibt, kann sich auf Aussprache und Ableitung (hulp) berufen, sowie die Schreibung Hilfe ebenfalls Aussprache und Ableitung (helfen) für sich hat. In der Schreibung „Sprüchwort“ bezeichnen aber beide Wortglieder immer dasselbe. 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Was die Schreibung betrifft, so erscheint das Lexikon in derjenigen, welche die Verlagshandlung für die in ihrer Officin gedruckten Werke angenommen hat 2, wenn ich auch mit derselben nicht in allen Punkten einverstanden sein kann. Ich habe aber gern auf die Durchführung meiner Ansichten in dieser Hinsicht verzichtet, da sie das Wesen der Sache hier nicht berühren, die Druckerei ohnehin bei der Herstellung des Werks noch ausserordentliche Schwierigkeiten zu überwinden hat, und es eine wesentliche Erleichterung für den Setzer und Corrector ist, wenn in der Hauptsache die ihnen bekannte lieb- und eigengewordene Schreibung zur Anwendung kommt, zumal überdies noch so viel andere Abweichungen vorkommen, da die Sprichwörter und Belegstellen aus den ältern Quellenschriften in der Orthographie derselben abgedruckt werden. Eine besondere Schwierigkeit bietet die Schreibart der mundartlichen Sprichwörter. Die Lautverschiedenheiten und Lautübergänge sind so zahlreich und mannichfach, dass die hochdeutschen Schriftzeichen bei weitem nicht zur Bezeichnung derselben ausreichen; solange es an einer dialektischen Orthographie fehlt, wird das Mundartliche durch hochdeutsche Schriftzeichen nur annäherungsweise ausgedrückt werden können. Soweit als es ohne besondere sprachliche Erläuterungen möglich ist, bin ich der Schreibung in den Deutschen Mundarten von Frommann oder den Schriftstellern, aus deren Schriften ich die Sprichwörter entlehnt habe, gefolgt. Auf ein besonderes mundartliches Schreibsystem einzugehen, war hier nicht zulässig, da ein solches ohne Anweisung, die hier nicht gegeben werden kann, unverständlich ist. Es wird überhaupt schwerlich je gelingen, selbst bei Hinzufügung einer grossen Anzahl neuer Schriftzeichen, die dialektische Aussprache zum treuen Ausdruck zu bringen, da diese in jedem einzelnen Orte unendlich verschieden ist. Noch mehr als den Mangel einer dialektischen Orthographie habe ich ein allgemeines Wörterbuch der deutschen Dialekte vermisst. Ich verkenne die Schwierigkeiten der Bearbeitung eines solchen nicht; es kann aber schwerlich irgendjemand den Mangel eines solchen schmerzlicher empfinden als ich, der ich oft in einer Stunde ein Dutzend nur erdenkliche Wörterbücher nachzuschlagen habe, um zuletzt das betreffende Wort doch nicht zu finden oder über dessen Bedeutung zweifelhaft zu bleiben. Die Bearbeitung eines solchen Werks würde natürlich eine Reihe von Jahren in Anspruch nehmen und die Kräfte eines einzelnen bei weitem übersteigen; aber ich halte sie nach den gegenwärtigen Vorarbeiten und Hülfsmitteln 1 Ueber die Stellen, in welchen am frühesten das Wort „Sprichwort“ gebraucht ist, sowie über die früher zur Bezeichnung eines Sprichworts dienenden Ausdrücke vgl. Vridank's Bescheidenheit ( Göttingen 1834, S. LXXXIX und XC); Zeitschrift für deutsches Alterthum, VIII, 376-384; Schulze, Biblische. Sprichwörter, S. 3-5; Eiselein, S. XIX. 2 Orthographisches Hülfsbuch zum Gebrauche der Schriftsetzer und Correctoren in der Officin von F. A. Brockhaus in Leipzig. Zweiter durchgesehener Abdruck. (Als Handschrift gedruckt.) 1864.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. XII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/10>, abgerufen am 22.11.2024.