Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.Weib / mit welcher er allezeit in Fried und Einigkeit gelebet/ daß sie ihm was Gutes zu essen machte/ und sagte/ es wäre ihm nicht gar recht/ und befinde sich beschwehret/ daß er diesen Tag solte helffen ein Blut-Vrtheil fällen. Als er aus der Messe wider heim kommen/ sagte man ihm/ er hätte zum Frühstücke einen Kalbes-Kopff/ da von er gern esse. Als er ihn nun gern sehen wolte/ machte er den Schranck auff/ darinnen der Kopffistunde: Aber aus grosser Furcht und Schrecken/ fieng er an zu klagen / und fragen: Wer einen Menschen Kopff da hinein geschlossen hätte? Sein Weib redete ihm freundlich zu/ wie daß er sich irrete: Er hielte an sich/ aß geschwinde/ gieng in die Raths-Stube/ und satzte sich an seine Stelle. Als es nun an ihm kam/ daß er solte seine Meinung sagen/ erklärete er sich / daß nach dem Gesetzen der Mörder solte enthäupter werden: Vnd darauff stunde er auff/ und fieng an: Er hätte eben diese Lebens-Straffe selber verdienet. Vber diß erzehlete er nach der Länge alle Vmbstände seiner begangenen Mordthat in dem Hause seines seeligen Herrn/ und alles/ was dar auff ersolget wäre: Bat mit gefaltenen Händen/ daß die Gerichtliche Obrigkeit ihn nicht wolten mit einer schändlichen Straffe/ als mit der Enthanptung abstraffen. Etliche meineten/ eine Melancholey bewegete ihn also zu reden: Riethen ihm/ er solte in sein Hauß gehen/ und sich den Aertzten in die Cur ge- Weib / mit welcher er allezeit in Fried und Einigkeit gelebet/ daß sie ihm was Gutes zu essen machte/ und sagte/ es wäre ihm nicht gar recht/ und befinde sich beschwehret/ daß er diesen Tag solte helffen ein Blut-Vrtheil fällen. Als er aus der Messe wider heim kommen/ sagte man ihm/ er hätte zum Frühstücke einen Kalbes-Kopff/ da von er gern esse. Als er ihn nun gern sehen wolte/ machte er den Schranck auff/ darinnen der Kopffistunde: Aber aus grosser Furcht und Schrecken/ fieng er an zu klagen / und fragen: Wer einen Menschen Kopff da hinein geschlossen hätte? Sein Weib redete ihm freundlich zu/ wie daß er sich irrete: Er hielte an sich/ aß geschwinde/ gieng in die Raths-Stube/ und satzte sich an seine Stelle. Als es nun an ihm kam/ daß er solte seine Meinung sagen/ erklärete er sich / daß nach dem Gesetzen der Mörder solte enthäupter werden: Vnd darauff stunde er auff/ und fieng an: Er hätte eben diese Lebens-Straffe selber verdienet. Vber diß erzehlete er nach der Länge alle Vmbstände seiner begangenen Mordthat in dem Hause seines seeligen Herrn/ und alles/ was dar auff ersolget wäre: Bat mit gefaltenen Händen/ daß die Gerichtliche Obrigkeit ihn nicht wolten mit einer schändlichẽ Straffe/ als mit der Enthanptung abstraffen. Etliche meinetẽ/ eine Melancholey bewegete ihn also zu reden: Riethen ihm/ er solte in sein Hauß gehen/ und sich den Aertzten in die Cur ge- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0870" n="850"/> Weib / mit welcher er allezeit in Fried und Einigkeit gelebet/ daß sie ihm was Gutes zu essen machte/ und sagte/ es wäre ihm nicht gar recht/ und befinde sich beschwehret/ daß er diesen Tag solte helffen ein Blut-Vrtheil fällen.</p> <p>Als er aus der Messe wider heim kommen/ sagte man ihm/ er hätte zum Frühstücke einen Kalbes-Kopff/ da von er gern esse.</p> <p>Als er ihn nun gern sehen wolte/ machte er den Schranck auff/ darinnen der Kopffistunde: Aber aus grosser Furcht und Schrecken/ fieng er an zu klagen / und fragen: Wer einen Menschen Kopff da hinein geschlossen hätte? Sein Weib redete ihm freundlich zu/ wie daß er sich irrete: Er hielte an sich/ aß geschwinde/ gieng in die Raths-Stube/ und satzte sich an seine Stelle.</p> <p>Als es nun an ihm kam/ daß er solte seine Meinung sagen/ erklärete er sich / daß nach dem Gesetzen der Mörder solte enthäupter werden: Vnd darauff stunde er auff/ und fieng an: Er hätte eben diese Lebens-Straffe selber verdienet. Vber diß erzehlete er nach der Länge alle Vmbstände seiner begangenen Mordthat in dem Hause seines seeligen Herrn/ und alles/ was dar auff ersolget wäre: Bat mit gefaltenen Händen/ daß die Gerichtliche Obrigkeit ihn nicht wolten mit einer schändlichẽ Straffe/ als mit der Enthanptung abstraffen. Etliche meinetẽ/ eine Melancholey bewegete ihn also zu reden: Riethen ihm/ er solte in sein Hauß gehen/ und sich den Aertzten in die Cur ge- </p> </div> </body> </text> </TEI> [850/0870]
Weib / mit welcher er allezeit in Fried und Einigkeit gelebet/ daß sie ihm was Gutes zu essen machte/ und sagte/ es wäre ihm nicht gar recht/ und befinde sich beschwehret/ daß er diesen Tag solte helffen ein Blut-Vrtheil fällen.
Als er aus der Messe wider heim kommen/ sagte man ihm/ er hätte zum Frühstücke einen Kalbes-Kopff/ da von er gern esse.
Als er ihn nun gern sehen wolte/ machte er den Schranck auff/ darinnen der Kopffistunde: Aber aus grosser Furcht und Schrecken/ fieng er an zu klagen / und fragen: Wer einen Menschen Kopff da hinein geschlossen hätte? Sein Weib redete ihm freundlich zu/ wie daß er sich irrete: Er hielte an sich/ aß geschwinde/ gieng in die Raths-Stube/ und satzte sich an seine Stelle.
Als es nun an ihm kam/ daß er solte seine Meinung sagen/ erklärete er sich / daß nach dem Gesetzen der Mörder solte enthäupter werden: Vnd darauff stunde er auff/ und fieng an: Er hätte eben diese Lebens-Straffe selber verdienet. Vber diß erzehlete er nach der Länge alle Vmbstände seiner begangenen Mordthat in dem Hause seines seeligen Herrn/ und alles/ was dar auff ersolget wäre: Bat mit gefaltenen Händen/ daß die Gerichtliche Obrigkeit ihn nicht wolten mit einer schändlichẽ Straffe/ als mit der Enthanptung abstraffen. Etliche meinetẽ/ eine Melancholey bewegete ihn also zu reden: Riethen ihm/ er solte in sein Hauß gehen/ und sich den Aertzten in die Cur ge-
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Zitationshilfe: | Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 850. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/870>, abgerufen am 16.07.2024. |