Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

436.

Ein König gibt seinem Sohn vor seinem Tode einen Apffel befiehlt denselben/ ehe er die Regierung antrete/ den grösten Narren zu geben.

ALs ein König sterben wolt/ und sahe seinen Sohn noch zu jung zum Regiment zu seyn/ ließ er einen grossen güldenen Apffel machen/ gab ihn dem Sohn/ und sprach/ er solte umbher ziehen/ und der Leute Sitten erforschen/ und wo er den grösten Narren finden würd/ solte er ihm den Apffel geben/ und hernacher Land und Leut regieren. Da er nun überall herumb gezogen war/ kam er übers Meer in ein Land zu einem König/ der that was ihm gelüstet/ es war gleich wieder GOtt/ wieder sein Wort/ natürliche und weltliche Gesetz/ alle Zucht und Erbarkeit; Diß sahe der junge Herr mit verwunderung an/ trat zu dem Kämmerling und fragte/ was es vor eine Gelegenheit mit dem König hette: Der sagte zu ihm / wir haben in diesem Lande eine solche Gewohnheit/ daß wir in erwehlung eines Königes nicht sehen auff groß Geschlecht/ Kunst/ Gunst oder Weißheit/ sondern nehmen einen aus dem gemeinen Volck/ doch mit diesem Bescheid/ daß er nur ein einiges Jahr regiere/ und dasselbige Jahr über in seiner Regierung macht

436.

Ein König gibt seinem Sohn vor seinem Tode einen Apffel befiehlt denselben/ ehe er die Regierung antrete/ den grösten Narren zu geben.

ALs ein König sterben wolt/ und sahe seinen Sohn noch zu jung zum Regiment zu seyn/ ließ er einen grossen güldenen Apffel machen/ gab ihn dem Sohn/ und sprach/ er solte umbher ziehen/ und der Leuté Sitten erforschen/ und wo er den grösten Narren finden würd/ solte er ihm den Apffel geben/ und hernacher Land und Leut regieren. Da er nun überall herumb gezogen war/ kam er übers Meer in ein Land zu einem König/ der that was ihm gelüstet/ es war gleich wieder GOtt/ wieder sein Wort/ natürliche und weltliche Gesetz/ alle Zucht und Erbarkeit; Diß sahe der junge Herr mit verwunderung an/ trat zu dem Kämmerling und fragte/ was es vor eine Gelegenheit mit dem König hette: Der sagte zu ihm / wir haben in diesem Lande eine solche Gewohnheit/ daß wir in erwehlung eines Königes nicht sehen auff groß Geschlecht/ Kunst/ Gunst oder Weißheit/ sondern nehmen einen aus dem gemeinen Volck/ doch mit diesem Bescheid/ daß er nur ein einiges Jahr regiere/ und dasselbige Jahr über in seiner Regierung macht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0837" n="817"/>
        <p>436.</p>
        <p>Ein König gibt seinem Sohn vor seinem Tode einen Apffel befiehlt denselben/ ehe                      er die Regierung antrete/ den grösten Narren zu geben.</p>
        <p>ALs ein König sterben wolt/ und sahe seinen Sohn noch zu jung zum Regiment zu                      seyn/ ließ er einen grossen güldenen Apffel machen/ gab ihn dem Sohn/ und                      sprach/ er solte umbher ziehen/ und der Leuté Sitten erforschen/ und wo er                      den grösten Narren finden würd/ solte er ihm den Apffel geben/ und hernacher                      Land und Leut regieren. Da er nun überall herumb gezogen war/ kam er übers Meer                      in ein Land zu einem König/ der that was ihm gelüstet/ es war gleich wieder                      GOtt/ wieder sein Wort/ natürliche und weltliche Gesetz/ alle Zucht und                      Erbarkeit; Diß sahe der junge Herr mit verwunderung an/ trat zu dem Kämmerling                      und fragte/ was es vor eine Gelegenheit mit dem König hette: Der sagte zu ihm /                      wir haben in diesem Lande eine solche Gewohnheit/ daß wir in erwehlung eines                      Königes nicht sehen auff groß Geschlecht/ Kunst/ Gunst oder Weißheit/ sondern                      nehmen einen aus dem gemeinen Volck/ doch mit diesem Bescheid/ daß er nur ein                      einiges Jahr regiere/ und dasselbige Jahr über in seiner Regierung macht
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[817/0837] 436. Ein König gibt seinem Sohn vor seinem Tode einen Apffel befiehlt denselben/ ehe er die Regierung antrete/ den grösten Narren zu geben. ALs ein König sterben wolt/ und sahe seinen Sohn noch zu jung zum Regiment zu seyn/ ließ er einen grossen güldenen Apffel machen/ gab ihn dem Sohn/ und sprach/ er solte umbher ziehen/ und der Leuté Sitten erforschen/ und wo er den grösten Narren finden würd/ solte er ihm den Apffel geben/ und hernacher Land und Leut regieren. Da er nun überall herumb gezogen war/ kam er übers Meer in ein Land zu einem König/ der that was ihm gelüstet/ es war gleich wieder GOtt/ wieder sein Wort/ natürliche und weltliche Gesetz/ alle Zucht und Erbarkeit; Diß sahe der junge Herr mit verwunderung an/ trat zu dem Kämmerling und fragte/ was es vor eine Gelegenheit mit dem König hette: Der sagte zu ihm / wir haben in diesem Lande eine solche Gewohnheit/ daß wir in erwehlung eines Königes nicht sehen auff groß Geschlecht/ Kunst/ Gunst oder Weißheit/ sondern nehmen einen aus dem gemeinen Volck/ doch mit diesem Bescheid/ daß er nur ein einiges Jahr regiere/ und dasselbige Jahr über in seiner Regierung macht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/837
Zitationshilfe: Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 817. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/837>, abgerufen am 22.11.2024.