Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.Manne/ der ihn zum Kinde auffgenommen / und ihm alle seine Güter bescheiden hatte/ begangen/ und kömpt in ein solch Schrecken/ daß er weder höret noch siehet/ und ihm kein Mensch ein Wort abgewinnen kan/ hat gesessen wie ein Stock und Plock/ und sich nicht gereget. Der Herr Philippus Melanchton, und Justus Menius sind zu ihm kommen/ und haben versucht/ ob sie jhn trösten köndten/ hat aber kein Wort geantwortet/ sie auch nicht angesehen/ sondern da gesessen/ als wenn er taub/ stumm/ und kein Leben in ihm were. Nach etlichen Tagen aber ist er als aus einem tieffen Schlaff auffgewacht/ da er denn berichtet/ daß er in solchen schweren Gedancken/ und in solcher Höllen-Angst gewesen/ daß er nicht gewust wo aus oder ein/ hat sich trösten lassen/ und nichts anders begehret/ denn daß man ihm sein Recht thun / und bald davon helffen wolte. 1. Ist ein Exempel eines grossen Undancks und Untreu/ dafür jederman gewarnet seyn soll. 2. Man lernet auch all hier zugleich/ was es vor ein unerträgliches Ding umb ein böses Gewissen sey/ und wie der Hund/ welcher unter der lincke Brust liegt / und bey manchem offt schläfft/ wenn er auffwacht/ zu bellen pfleget. Manne/ der ihn zum Kinde auffgenommen / und ihm alle seine Güter bescheiden hatte/ begangen/ und kömpt in ein solch Schrecken/ daß er weder höret noch siehet/ und ihm kein Mensch ein Wort abgewinnen kan/ hat gesessen wie ein Stock und Plock/ und sich nicht gereget. Der Herr Philippus Melanchton, und Justus Menius sind zu ihm kommen/ und haben versucht/ ob sie jhn trösten köndten/ hat aber kein Wort geantwortet/ sie auch nicht angesehen/ sondern da gesessen/ als wenn er taub/ stumm/ und kein Leben in ihm were. Nach etlichen Tagen aber ist er als aus einem tieffen Schlaff auffgewacht/ da er denn berichtet/ daß er in solchen schweren Gedancken/ und in solcher Höllen-Angst gewesen/ daß er nicht gewust wo aus oder ein/ hat sich trösten lassen/ und nichts anders begehret/ denn daß man ihm sein Recht thun / und bald davon helffen wolte. 1. Ist ein Exempel eines grossen Undancks und Untreu/ dafür jederman gewarnet seyn soll. 2. Man lernet auch all hier zugleich/ was es vor ein unerträgliches Ding umb ein böses Gewissen sey/ und wie der Hund/ welcher unter der linckë Brust liegt / und bey manchem offt schläfft/ wenn er auffwacht/ zu bellen pfleget. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0685" n="665"/> Manne/ der ihn zum Kinde auffgenommen / und ihm alle seine Güter bescheiden hatte/ begangen/ und kömpt in ein solch Schrecken/ daß er weder höret noch siehet/ und ihm kein Mensch ein Wort abgewinnen kan/ hat gesessen wie ein Stock und Plock/ und sich nicht gereget. Der Herr Philippus Melanchton, und Justus Menius sind zu ihm kommen/ und haben versucht/ ob sie jhn trösten köndten/ hat aber kein Wort geantwortet/ sie auch nicht angesehen/ sondern da gesessen/ als wenn er taub/ stumm/ und kein Leben in ihm were. Nach etlichen Tagen aber ist er als aus einem tieffen Schlaff auffgewacht/ da er denn berichtet/ daß er in solchen schweren Gedancken/ und in solcher Höllen-Angst gewesen/ daß er nicht gewust wo aus oder ein/ hat sich trösten lassen/ und nichts anders begehret/ denn daß man ihm sein Recht thun / und bald davon helffen wolte.</p> <p>1. Ist ein Exempel eines grossen Undancks und Untreu/ dafür jederman gewarnet seyn soll.</p> <p>2. Man lernet auch all hier zugleich/ was es vor ein unerträgliches Ding umb ein böses Gewissen sey/ und wie der Hund/ welcher unter der linckë Brust liegt / und bey manchem offt schläfft/ wenn er auffwacht/ zu bellen pfleget.</p> </div> </body> </text> </TEI> [665/0685]
Manne/ der ihn zum Kinde auffgenommen / und ihm alle seine Güter bescheiden hatte/ begangen/ und kömpt in ein solch Schrecken/ daß er weder höret noch siehet/ und ihm kein Mensch ein Wort abgewinnen kan/ hat gesessen wie ein Stock und Plock/ und sich nicht gereget. Der Herr Philippus Melanchton, und Justus Menius sind zu ihm kommen/ und haben versucht/ ob sie jhn trösten köndten/ hat aber kein Wort geantwortet/ sie auch nicht angesehen/ sondern da gesessen/ als wenn er taub/ stumm/ und kein Leben in ihm were. Nach etlichen Tagen aber ist er als aus einem tieffen Schlaff auffgewacht/ da er denn berichtet/ daß er in solchen schweren Gedancken/ und in solcher Höllen-Angst gewesen/ daß er nicht gewust wo aus oder ein/ hat sich trösten lassen/ und nichts anders begehret/ denn daß man ihm sein Recht thun / und bald davon helffen wolte.
1. Ist ein Exempel eines grossen Undancks und Untreu/ dafür jederman gewarnet seyn soll.
2. Man lernet auch all hier zugleich/ was es vor ein unerträgliches Ding umb ein böses Gewissen sey/ und wie der Hund/ welcher unter der linckë Brust liegt / und bey manchem offt schläfft/ wenn er auffwacht/ zu bellen pfleget.
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Zitationshilfe: | Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 665. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/685>, abgerufen am 29.06.2024. |