Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.sen und einem thörichten / begeben hat. Diese wurden auff eine Zeit mit einander Raths eine Reise für zunehmen/ und als sie sich auff das Feld begeben/ kamen sie zu einer Wegscheid / und wusten nicht welchen Weg sie gehen solten. Dem thörichten Bruder gefiel der schöne ebene Weg/ dem Weisen aber der rauhe und harte/ den hielt er für sicherer. Da sie nun lange mit einander gezancket/ wolte endlich der weise Bruder lieber weichen/ denn sich länger also zerhadern. Darüber fallen sie beyde unter die Räuber/ werdeu von denselben gefangen/ mit Stricken gebunden/ und jeder in ein absonderlich Gefängnüß geworffen. Als sie nun für dem Richter gesühret werden/ verklagte der verständige Bruder den Thörichten / und gab Ihm die Schuld/ weiln er ihm weichen müssen. Der thörichte hingegen beschuldigte den Weisen und sagte/ er hette es besser verstehen und ihm nicht folgen sollen. Der Richter hörere sie beyde nach der länge/ endlich fällete Er ein solch Vrtheil: Ihr habt beyde Schuld. Der Thörichte/ denn er hette den Weisen billig folgen sollen: Der Weise/ denn er hette den Thörichten nicht weichen sollen. 1. Dieses Gedicht läst sich gar artig auff des Menschen Seel und Leib ziehen / und die Seele dem Klugen/ den Leib aber dem Thörichten Bruder vergleichen/ und wenn der Mensch verdampt wird/ sein diese beyde Brüder Schuld daran/ die sen und einem thörichten / begeben hat. Diese wurden auff eine Zeit mit einander Raths eine Reise für zunehmen/ und als sie sich auff das Feld begeben/ kamen sie zu einer Wegscheid / und wusten nicht welchen Weg sie gehen solten. Dem thörichten Bruder gefiel der schöne ebene Weg/ dem Weisen aber der rauhe und harte/ den hielt er für sicherer. Da sie nun lange mit einander gezancket/ wolte endlich der weise Bruder lieber weichen/ deñ sich länger also zerhadern. Darüber fallen sie beyde unter die Räuber/ werdeu von denselben gefangen/ mit Stricken gebunden/ und jeder in ein absonderlich Gefängnüß geworffen. Als sie nun für dem Richter gesühret werden/ verklagte der verständige Bruder den Thörichten / und gab Ihm die Schuld/ weiln er ihm weichen müssen. Der thörichte hingegen beschuldigte den Weisen und sagte/ er hette es besser verstehen und ihm nicht folgen sollen. Der Richter hörere sie beyde nach der länge/ endlich fällete Er ein solch Vrtheil: Ihr habt beyde Schuld. Der Thörichte/ denn er hette den Weisen billig folgen sollen: Der Weise/ denn er hette den Thörichten nicht weichen sollen. 1. Dieses Gedicht läst sich gar artig auff des Menschen Seel und Leib ziehen / und die Seele dem Klugen/ den Leib aber dem Thörichten Bruder vergleichen/ und wenn der Mensch verdampt wird/ sein diese beyde Brüder Schuld daran/ die <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0526" n="506"/> sen und einem thörichten / begeben hat. Diese wurden auff eine Zeit mit einander Raths eine Reise für zunehmen/ und als sie sich auff das Feld begeben/ kamen sie zu einer Wegscheid / und wusten nicht welchen Weg sie gehen solten. Dem thörichten Bruder gefiel der schöne ebene Weg/ dem Weisen aber der rauhe und harte/ den hielt er für sicherer. Da sie nun lange mit einander gezancket/ wolte endlich der weise Bruder lieber weichen/ deñ sich länger also zerhadern. Darüber fallen sie beyde unter die Räuber/ werdeu von denselben gefangen/ mit Stricken gebunden/ und jeder in ein absonderlich Gefängnüß geworffen. Als sie nun für dem Richter gesühret werden/ verklagte der verständige Bruder den Thörichten / und gab Ihm die Schuld/ weiln er ihm weichen müssen. Der thörichte hingegen beschuldigte den Weisen und sagte/ er hette es besser verstehen und ihm nicht folgen sollen. Der Richter hörere sie beyde nach der länge/ endlich fällete Er ein solch Vrtheil: Ihr habt beyde Schuld. Der Thörichte/ denn er hette den Weisen billig folgen sollen: Der Weise/ denn er hette den Thörichten nicht weichen sollen.</p> <p>1. Dieses Gedicht läst sich gar artig auff des Menschen Seel und Leib ziehen / und die Seele dem Klugen/ den Leib aber dem Thörichten Bruder vergleichen/ und wenn der Mensch verdampt wird/ sein diese beyde Brüder Schuld daran/ die </p> </div> </body> </text> </TEI> [506/0526]
sen und einem thörichten / begeben hat. Diese wurden auff eine Zeit mit einander Raths eine Reise für zunehmen/ und als sie sich auff das Feld begeben/ kamen sie zu einer Wegscheid / und wusten nicht welchen Weg sie gehen solten. Dem thörichten Bruder gefiel der schöne ebene Weg/ dem Weisen aber der rauhe und harte/ den hielt er für sicherer. Da sie nun lange mit einander gezancket/ wolte endlich der weise Bruder lieber weichen/ deñ sich länger also zerhadern. Darüber fallen sie beyde unter die Räuber/ werdeu von denselben gefangen/ mit Stricken gebunden/ und jeder in ein absonderlich Gefängnüß geworffen. Als sie nun für dem Richter gesühret werden/ verklagte der verständige Bruder den Thörichten / und gab Ihm die Schuld/ weiln er ihm weichen müssen. Der thörichte hingegen beschuldigte den Weisen und sagte/ er hette es besser verstehen und ihm nicht folgen sollen. Der Richter hörere sie beyde nach der länge/ endlich fällete Er ein solch Vrtheil: Ihr habt beyde Schuld. Der Thörichte/ denn er hette den Weisen billig folgen sollen: Der Weise/ denn er hette den Thörichten nicht weichen sollen.
1. Dieses Gedicht läst sich gar artig auff des Menschen Seel und Leib ziehen / und die Seele dem Klugen/ den Leib aber dem Thörichten Bruder vergleichen/ und wenn der Mensch verdampt wird/ sein diese beyde Brüder Schuld daran/ die
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