Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669.Denn da ichs wolte verschweigen/ verschmachteten meine Gebeine durch mein täglichs Heulen/ etc. Als diß der Prediger gesehen/ hat er sich darüber zum höchsten verwundert/ ihm den Daumen ergriffen/ denselbigen auffs Buch gedruckt / daß er ihn nicht weg thun können/ und gesagt: Sehet ihr/ Herr/ was für Wort ihr mir zeiget/ die ich euch lesen soll? Leset ihr sie selbst/ da der Patient sie nun zu lesen angefangen hat/ hat der Prediger zu Ihm gesagt/ diß sey durch sonderliche schickung GOttes geschehen/ daß er ihm eben solche Wort zeigen müssen/ daß er sie ihm vorlesen solle/ und dannenher Vrsach genommen mehr an ihn zu setzen/ ihm daß Gewissen schärffer zu rühren/ und desto eyveriger zur Vekäntnüß eben der Sünden/ die Ihm auff dem Gewissen sasse und also ängstigte / anzumahnen/ welches er auch mit mehren Vmbständen aus eben dieses Psalms-Worten müglichster Treu verrichtet. Was solt geschehen? Als ihm der Pfarrer dieses alles vorprediget/ wird der Patient bitterlich weinend/ daß ihm die Thränen die Backen häuffig herunter lauffen/ und spricht: Ach ich fühl es/ das meine Gebeine verschmachten und meine Krafft verdorret und verzehret wird/ drumb daß ich meine Missethat gern verschwiegen und für den Leuten micht entschuldigen wolt: Es will nicht anders sein/ ich muß bekennen/ wo ich nicht gar verzehret sein will. Beken- Denn da ichs wolte verschweigen/ verschmachteten meine Gebeine durch mein täglichs Heulen/ etc. Als diß der Prediger gesehen/ hat er sich darüber zum höchsten verwundert/ ihm den Daumen ergriffen/ denselbigen auffs Buch gedruckt / daß er ihn nicht weg thun können/ und gesagt: Sehet ihr/ Herr/ was für Wort ihr mir zeiget/ die ich euch lesen soll? Leset ihr sie selbst/ da der Patient sie nun zu lesen angefangen hat/ hat der Prediger zu Ihm gesagt/ diß sey durch sonderliche schickung GOttes geschehen/ daß er ihm eben solche Wort zeigen müssen/ daß er sie ihm vorlesen solle/ und dannenher Vrsach genommen mehr an ihn zu setzen/ ihm daß Gewissen schärffer zu rühren/ und desto eyveriger zur Vekäntnüß eben der Sünden/ die Ihm auff dem Gewissen sasse und also ängstigte / anzumahnen/ welches er auch mit mehren Vmbständen aus eben dieses Psalms-Worten müglichster Treu verrichtet. Was solt geschehen? Als ihm der Pfarrer dieses alles vorprediget/ wird der Patient bitterlich weinend/ daß ihm die Thränen die Backen häuffig herunter lauffen/ und spricht: Ach ich fühl es/ das meine Gebeine verschmachten und meine Krafft verdorret und verzehret wird/ drumb daß ich meine Missethat gern verschwiegen und für den Leuten micht entschuldigen wolt: Es will nicht anders sein/ ich muß bekennen/ wo ich nicht gar verzehret sein will. Beken- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0480" n="460"/> <p>Denn da ichs wolte verschweigen/ verschmachteten meine Gebeine durch mein täglichs Heulen/ etc. Als diß der Prediger gesehen/ hat er sich darüber zum höchsten verwundert/ ihm den Daumen ergriffen/ denselbigen auffs Buch gedruckt / daß er ihn nicht weg thun können/ und gesagt: Sehet ihr/ Herr/ was für Wort ihr mir zeiget/ die ich euch lesen soll? Leset ihr sie selbst/ da der Patient sie nun zu lesen angefangen hat/ hat der Prediger zu Ihm gesagt/ diß sey durch sonderliche schickung GOttes geschehen/ daß er ihm eben solche Wort zeigen müssen/ daß er sie ihm vorlesen solle/ und dannenher Vrsach genommen mehr an ihn zu setzen/ ihm daß Gewissen schärffer zu rühren/ und desto eyveriger zur Vekäntnüß eben der Sünden/ die Ihm auff dem Gewissen sasse und also ängstigte / anzumahnen/ welches er auch mit mehren Vmbständen aus eben dieses Psalms-Worten müglichster Treu verrichtet. Was solt geschehen? Als ihm der Pfarrer dieses alles vorprediget/ wird der Patient bitterlich weinend/ daß ihm die Thränen die Backen häuffig herunter lauffen/ und spricht: Ach ich fühl es/ das meine Gebeine verschmachten und meine Krafft verdorret und verzehret wird/ drumb daß ich meine Missethat gern verschwiegen und für den Leuten micht entschuldigen wolt: Es will nicht anders sein/ ich muß bekennen/ wo ich nicht gar verzehret sein will. Beken- </p> </div> </body> </text> </TEI> [460/0480]
Denn da ichs wolte verschweigen/ verschmachteten meine Gebeine durch mein täglichs Heulen/ etc. Als diß der Prediger gesehen/ hat er sich darüber zum höchsten verwundert/ ihm den Daumen ergriffen/ denselbigen auffs Buch gedruckt / daß er ihn nicht weg thun können/ und gesagt: Sehet ihr/ Herr/ was für Wort ihr mir zeiget/ die ich euch lesen soll? Leset ihr sie selbst/ da der Patient sie nun zu lesen angefangen hat/ hat der Prediger zu Ihm gesagt/ diß sey durch sonderliche schickung GOttes geschehen/ daß er ihm eben solche Wort zeigen müssen/ daß er sie ihm vorlesen solle/ und dannenher Vrsach genommen mehr an ihn zu setzen/ ihm daß Gewissen schärffer zu rühren/ und desto eyveriger zur Vekäntnüß eben der Sünden/ die Ihm auff dem Gewissen sasse und also ängstigte / anzumahnen/ welches er auch mit mehren Vmbständen aus eben dieses Psalms-Worten müglichster Treu verrichtet. Was solt geschehen? Als ihm der Pfarrer dieses alles vorprediget/ wird der Patient bitterlich weinend/ daß ihm die Thränen die Backen häuffig herunter lauffen/ und spricht: Ach ich fühl es/ das meine Gebeine verschmachten und meine Krafft verdorret und verzehret wird/ drumb daß ich meine Missethat gern verschwiegen und für den Leuten micht entschuldigen wolt: Es will nicht anders sein/ ich muß bekennen/ wo ich nicht gar verzehret sein will. Beken-
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Zitationshilfe: | Walther, Johann: Tempe Historica [...] Lust- und Schauplatz [...] anmuthiger und wolrichender Blumen. Jena, 1669, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walther_tempe_1669/480>, abgerufen am 16.02.2025. |