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Walter, Marie: Das Frauenstimmrecht. Zürich, 1913.

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standen fester gefügte kleinere Gemeinwesen. Jhre Kraft ruhte in
einer Demokratie, in welcher die Gleichberechtigung der Frau mit
dem Manne je nach dem Grade ihrer wirtschaftlichen Bedeutung
zum Ausdruck kam. Ein primitiver Kommunismus in der Wirt-
schaft und im Besitz, ein einfaches Zusammenleben und Zusam-
menarbeiten hielt die Blutsverwandten beieinander. Für Bachofen
und Engels bildet schon die kommunistische Haushaltung die sach-
liche Grundlage der Vorherrschaft der Frauen im Hause. Jeden-
falls ist die aus der Aufklärungszeit des 18. Jahrhunderts her-
vorgegangene Auffassung eine ganz irrige, das Weib sei im An-
fang der Gesellschaft durchgehend die Sklavin des Mannes gewe-
sen. Bei den Wilden und Barbaren der Unter- und Mittelstufe,
teilweise noch der Oberstufe, war seine Stellung nicht selten eine
freie und gleichberechtigte. So konnte ein langjähriger Missionar,
Arthur Wright, noch von den Jrokesen berichten: "Was ihre Fa-
milien betrifft, zur Zeit, wo sie noch die alten, langen Häuser
bewohnten, beherrschte gewöhnlich der weibliche Teil das Haus.
Die Vorräte waren gemeinsam. Wehe aber dem unglücklichen Ehe-
mann oder Liebhaber, der zu träge und zu ungeschickt war, seinen
Teil zum gemeinsamen Vorrat beizutragen. Einerlei, wieviel
Kinder oder wieviel Eigenbesitz er im Hause hatte, jeden Augen-
blick konnte er des Befehls gewärtig sein, sein Bündel zu schnüren
und sich zu trollen. Und er durfte nicht versuchen, dem zu wider-
stehen. Das Haus wurde ihm zu heiß gemacht. Die Frauen waren
die große Macht in den Geschlechtsverbänden, in den Gentes und
auch sonst überall. Gelegentlich kam es ihnen nicht darauf an,
einen Häuptling abzusetzen und zum gemeinen Krieger zu degra-
dieren."

Diese Vorzugsstellung der Frauen, d. h. der Mütter, hatte
ihre besondere Grundursache. Sie resultiert letzten Endes aus
dem Gemeinschaftsleben, das wohl die leibliche Mutter untrüglich
erkennen liest, nicht aber den leiblichen Vater. Diese nur von
mütterlicher Seite mit voller Gewißheit nachweisbare Abstam-
mung bewirkte daher in manchen Geschlechtsverbänden einzig die
Anerkennung der weiblichen Stammeslinie. Wiederum gebührt
Bachofen das Verdienst, diese Entdeckung gemacht zu haben. Er
war es auch, der diese ausschließliche Anerkennung der Abstam-
mungsfolge nach der Mutter und die daraus mit der Zeit sich er-
gebenden Erbschaftsbeziehungen - die aber nicht etwa in unserem
juristischen Sinne aufzufassen sind - mit dem allerdings schiefen
Namen Mutterrecht bezeichnete.

Kommunismus und Demokratie, diese grundlegenden Formen
der Sozialwirtschaft aber mußten gesprengt werden, sobald das
Privateigentum als treibende Macht in die Geschichte eintrat.
Dies geschah mit der Erfindung neuer gesellschaftlicher Arbeits-

standen fester gefügte kleinere Gemeinwesen. Jhre Kraft ruhte in
einer Demokratie, in welcher die Gleichberechtigung der Frau mit
dem Manne je nach dem Grade ihrer wirtschaftlichen Bedeutung
zum Ausdruck kam. Ein primitiver Kommunismus in der Wirt-
schaft und im Besitz, ein einfaches Zusammenleben und Zusam-
menarbeiten hielt die Blutsverwandten beieinander. Für Bachofen
und Engels bildet schon die kommunistische Haushaltung die sach-
liche Grundlage der Vorherrschaft der Frauen im Hause. Jeden-
falls ist die aus der Aufklärungszeit des 18. Jahrhunderts her-
vorgegangene Auffassung eine ganz irrige, das Weib sei im An-
fang der Gesellschaft durchgehend die Sklavin des Mannes gewe-
sen. Bei den Wilden und Barbaren der Unter- und Mittelstufe,
teilweise noch der Oberstufe, war seine Stellung nicht selten eine
freie und gleichberechtigte. So konnte ein langjähriger Missionar,
Arthur Wright, noch von den Jrokesen berichten: „Was ihre Fa-
milien betrifft, zur Zeit, wo sie noch die alten, langen Häuser
bewohnten, beherrschte gewöhnlich der weibliche Teil das Haus.
Die Vorräte waren gemeinsam. Wehe aber dem unglücklichen Ehe-
mann oder Liebhaber, der zu träge und zu ungeschickt war, seinen
Teil zum gemeinsamen Vorrat beizutragen. Einerlei, wieviel
Kinder oder wieviel Eigenbesitz er im Hause hatte, jeden Augen-
blick konnte er des Befehls gewärtig sein, sein Bündel zu schnüren
und sich zu trollen. Und er durfte nicht versuchen, dem zu wider-
stehen. Das Haus wurde ihm zu heiß gemacht. Die Frauen waren
die große Macht in den Geschlechtsverbänden, in den Gentes und
auch sonst überall. Gelegentlich kam es ihnen nicht darauf an,
einen Häuptling abzusetzen und zum gemeinen Krieger zu degra-
dieren.“

Diese Vorzugsstellung der Frauen, d. h. der Mütter, hatte
ihre besondere Grundursache. Sie resultiert letzten Endes aus
dem Gemeinschaftsleben, das wohl die leibliche Mutter untrüglich
erkennen liest, nicht aber den leiblichen Vater. Diese nur von
mütterlicher Seite mit voller Gewißheit nachweisbare Abstam-
mung bewirkte daher in manchen Geschlechtsverbänden einzig die
Anerkennung der weiblichen Stammeslinie. Wiederum gebührt
Bachofen das Verdienst, diese Entdeckung gemacht zu haben. Er
war es auch, der diese ausschließliche Anerkennung der Abstam-
mungsfolge nach der Mutter und die daraus mit der Zeit sich er-
gebenden Erbschaftsbeziehungen – die aber nicht etwa in unserem
juristischen Sinne aufzufassen sind – mit dem allerdings schiefen
Namen Mutterrecht bezeichnete.

Kommunismus und Demokratie, diese grundlegenden Formen
der Sozialwirtschaft aber mußten gesprengt werden, sobald das
Privateigentum als treibende Macht in die Geschichte eintrat.
Dies geschah mit der Erfindung neuer gesellschaftlicher Arbeits-

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[5/0005] standen fester gefügte kleinere Gemeinwesen. Jhre Kraft ruhte in einer Demokratie, in welcher die Gleichberechtigung der Frau mit dem Manne je nach dem Grade ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zum Ausdruck kam. Ein primitiver Kommunismus in der Wirt- schaft und im Besitz, ein einfaches Zusammenleben und Zusam- menarbeiten hielt die Blutsverwandten beieinander. Für Bachofen und Engels bildet schon die kommunistische Haushaltung die sach- liche Grundlage der Vorherrschaft der Frauen im Hause. Jeden- falls ist die aus der Aufklärungszeit des 18. Jahrhunderts her- vorgegangene Auffassung eine ganz irrige, das Weib sei im An- fang der Gesellschaft durchgehend die Sklavin des Mannes gewe- sen. Bei den Wilden und Barbaren der Unter- und Mittelstufe, teilweise noch der Oberstufe, war seine Stellung nicht selten eine freie und gleichberechtigte. So konnte ein langjähriger Missionar, Arthur Wright, noch von den Jrokesen berichten: „Was ihre Fa- milien betrifft, zur Zeit, wo sie noch die alten, langen Häuser bewohnten, beherrschte gewöhnlich der weibliche Teil das Haus. Die Vorräte waren gemeinsam. Wehe aber dem unglücklichen Ehe- mann oder Liebhaber, der zu träge und zu ungeschickt war, seinen Teil zum gemeinsamen Vorrat beizutragen. Einerlei, wieviel Kinder oder wieviel Eigenbesitz er im Hause hatte, jeden Augen- blick konnte er des Befehls gewärtig sein, sein Bündel zu schnüren und sich zu trollen. Und er durfte nicht versuchen, dem zu wider- stehen. Das Haus wurde ihm zu heiß gemacht. Die Frauen waren die große Macht in den Geschlechtsverbänden, in den Gentes und auch sonst überall. Gelegentlich kam es ihnen nicht darauf an, einen Häuptling abzusetzen und zum gemeinen Krieger zu degra- dieren.“ Diese Vorzugsstellung der Frauen, d. h. der Mütter, hatte ihre besondere Grundursache. Sie resultiert letzten Endes aus dem Gemeinschaftsleben, das wohl die leibliche Mutter untrüglich erkennen liest, nicht aber den leiblichen Vater. Diese nur von mütterlicher Seite mit voller Gewißheit nachweisbare Abstam- mung bewirkte daher in manchen Geschlechtsverbänden einzig die Anerkennung der weiblichen Stammeslinie. Wiederum gebührt Bachofen das Verdienst, diese Entdeckung gemacht zu haben. Er war es auch, der diese ausschließliche Anerkennung der Abstam- mungsfolge nach der Mutter und die daraus mit der Zeit sich er- gebenden Erbschaftsbeziehungen – die aber nicht etwa in unserem juristischen Sinne aufzufassen sind – mit dem allerdings schiefen Namen Mutterrecht bezeichnete. Kommunismus und Demokratie, diese grundlegenden Formen der Sozialwirtschaft aber mußten gesprengt werden, sobald das Privateigentum als treibende Macht in die Geschichte eintrat. Dies geschah mit der Erfindung neuer gesellschaftlicher Arbeits-  

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2018-04-10T14:18:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-04-10T14:18:39Z)

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Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Walter, Marie: Das Frauenstimmrecht. Zürich, 1913, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walter_frauenstimmrecht_1913/5>, abgerufen am 24.11.2024.