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Walter, Marie: Das Frauenstimmrecht. Zürich, 1913.

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hier nur kurz an die Sklavenkriege im Altertum, an die Kämpfe
der Handwerkerzünfte gegen das Patriziat der Städte im Mittel-
alter, an die Aufstände der unterdrückten Bauern im 16., die Re-
ligionskriege im 17., die Revolutionen im 18. und 19. Jahrhundert,
denen in der Neuzeit die modernen Klassenkämpfe zwischen Pro-
letariat und Unternehmertum sich anreihen. Die kapitalistische
Weltordnung erzittert in ihrem vielgestaltigen Gefüge. Kommu-
nismus und Demokratie, jene soliden Grundvesten ursprünglicher
Menschengemeinschaft, winken in höher entwickelter Form als Er-
löser, als Befreier von den Schmerzen und Qualen, welche die
Klassenherrschaft geboren. Jn diesem Schöpfergang der Geschichte,
in diesem Menschheitswerden bildet die Befreiung des Weibes
eine Etappe, eine Stufe von höchster Bedeutung. Wiederum ist es
die Sozialwirtschaft, sind es die gesellschaftlichen Produktions-
bedingungen, welche mit ihren dem Weibe aufgebürdeten Pflichten
ihm das Anrecht auf wirtschaftliche und soziale Gleichberechtigung
schaffen.

Mit der Entwicklung der Privatwirtschaft wurde der Weg
bereitet, der die Frau aus der geschlossenen Hauswirtschaft wieder
hinausführte in die öffentliche gesellschaftliche Arbeit. Dies ge-
schah um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Der durch die Ent-
deckungen der überseeischen Länder von Amerika und Australien
rasch emporblühende Außenhandel hatte zur Wertmessung der
Güter, der Waren, zur Erfindung eines allgemeinen praktischen
Tauschmittels, der geprägten Münze, des Metallgeldes, geführt. Der
über große Kapitalien verfügende Kaufmann, der Händler, wan-
delte sich, zur sicheren Gewinnung von Mehrwert, um in den kapi-
talistischen Unternehmer. Er fing an, außerhalb seiner eigenen
Betriebsstätte regelmäßig eine größere Zahl von Arbeitern und
Arbeiterinnen zu beschäftigen. Bald übermittelte er diesen den
Rohstoff selbst und zahlte dann Stücklohn, oder er bediente sich
ihrer Arbeitskraft, indem sie das Rohmaterial, Flachs und Hanf
zum Spinnen, Garn zum Weben lieferten. Jm letzteren Falle
schoß er den Kaufpreis vor.

Neben dieser einen Form kapitalistischen Betriebes, dem Ver-
lagssystem, das die gleichartigen Arbeitskräfte nur lose zusammen-
hält, erstand die Manufaktur, die Fabrik. Diese organisiert den
ganzen Produktionsprozeß durch eine zweckdienliche Arbeits-
teilung. Durch diese kapitalistischen Produktionsweisen wurden
wichtige wirtschaftliche Funktionen der familiären Wirtschafts-
-gemeinschaft entzogen, was ihre Schwächung und Zersetzung her-
beiführte. Dieser Auflösungsprozeß setzt sich fort bis in die heu-
tige Zeit.

Schon in diesem Vorstadium des Kapitalismus treten männ-

hier nur kurz an die Sklavenkriege im Altertum, an die Kämpfe
der Handwerkerzünfte gegen das Patriziat der Städte im Mittel-
alter, an die Aufstände der unterdrückten Bauern im 16., die Re-
ligionskriege im 17., die Revolutionen im 18. und 19. Jahrhundert,
denen in der Neuzeit die modernen Klassenkämpfe zwischen Pro-
letariat und Unternehmertum sich anreihen. Die kapitalistische
Weltordnung erzittert in ihrem vielgestaltigen Gefüge. Kommu-
nismus und Demokratie, jene soliden Grundvesten ursprünglicher
Menschengemeinschaft, winken in höher entwickelter Form als Er-
löser, als Befreier von den Schmerzen und Qualen, welche die
Klassenherrschaft geboren. Jn diesem Schöpfergang der Geschichte,
in diesem Menschheitswerden bildet die Befreiung des Weibes
eine Etappe, eine Stufe von höchster Bedeutung. Wiederum ist es
die Sozialwirtschaft, sind es die gesellschaftlichen Produktions-
bedingungen, welche mit ihren dem Weibe aufgebürdeten Pflichten
ihm das Anrecht auf wirtschaftliche und soziale Gleichberechtigung
schaffen.

Mit der Entwicklung der Privatwirtschaft wurde der Weg
bereitet, der die Frau aus der geschlossenen Hauswirtschaft wieder
hinausführte in die öffentliche gesellschaftliche Arbeit. Dies ge-
schah um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Der durch die Ent-
deckungen der überseeischen Länder von Amerika und Australien
rasch emporblühende Außenhandel hatte zur Wertmessung der
Güter, der Waren, zur Erfindung eines allgemeinen praktischen
Tauschmittels, der geprägten Münze, des Metallgeldes, geführt. Der
über große Kapitalien verfügende Kaufmann, der Händler, wan-
delte sich, zur sicheren Gewinnung von Mehrwert, um in den kapi-
talistischen Unternehmer. Er fing an, außerhalb seiner eigenen
Betriebsstätte regelmäßig eine größere Zahl von Arbeitern und
Arbeiterinnen zu beschäftigen. Bald übermittelte er diesen den
Rohstoff selbst und zahlte dann Stücklohn, oder er bediente sich
ihrer Arbeitskraft, indem sie das Rohmaterial, Flachs und Hanf
zum Spinnen, Garn zum Weben lieferten. Jm letzteren Falle
schoß er den Kaufpreis vor.

Neben dieser einen Form kapitalistischen Betriebes, dem Ver-
lagssystem, das die gleichartigen Arbeitskräfte nur lose zusammen-
hält, erstand die Manufaktur, die Fabrik. Diese organisiert den
ganzen Produktionsprozeß durch eine zweckdienliche Arbeits-
teilung. Durch diese kapitalistischen Produktionsweisen wurden
wichtige wirtschaftliche Funktionen der familiären Wirtschafts-
-gemeinschaft entzogen, was ihre Schwächung und Zersetzung her-
beiführte. Dieser Auflösungsprozeß setzt sich fort bis in die heu-
tige Zeit.

Schon in diesem Vorstadium des Kapitalismus treten männ-

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[10/0010] hier nur kurz an die Sklavenkriege im Altertum, an die Kämpfe der Handwerkerzünfte gegen das Patriziat der Städte im Mittel- alter, an die Aufstände der unterdrückten Bauern im 16., die Re- ligionskriege im 17., die Revolutionen im 18. und 19. Jahrhundert, denen in der Neuzeit die modernen Klassenkämpfe zwischen Pro- letariat und Unternehmertum sich anreihen. Die kapitalistische Weltordnung erzittert in ihrem vielgestaltigen Gefüge. Kommu- nismus und Demokratie, jene soliden Grundvesten ursprünglicher Menschengemeinschaft, winken in höher entwickelter Form als Er- löser, als Befreier von den Schmerzen und Qualen, welche die Klassenherrschaft geboren. Jn diesem Schöpfergang der Geschichte, in diesem Menschheitswerden bildet die Befreiung des Weibes eine Etappe, eine Stufe von höchster Bedeutung. Wiederum ist es die Sozialwirtschaft, sind es die gesellschaftlichen Produktions- bedingungen, welche mit ihren dem Weibe aufgebürdeten Pflichten ihm das Anrecht auf wirtschaftliche und soziale Gleichberechtigung schaffen. Mit der Entwicklung der Privatwirtschaft wurde der Weg bereitet, der die Frau aus der geschlossenen Hauswirtschaft wieder hinausführte in die öffentliche gesellschaftliche Arbeit. Dies ge- schah um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Der durch die Ent- deckungen der überseeischen Länder von Amerika und Australien rasch emporblühende Außenhandel hatte zur Wertmessung der Güter, der Waren, zur Erfindung eines allgemeinen praktischen Tauschmittels, der geprägten Münze, des Metallgeldes, geführt. Der über große Kapitalien verfügende Kaufmann, der Händler, wan- delte sich, zur sicheren Gewinnung von Mehrwert, um in den kapi- talistischen Unternehmer. Er fing an, außerhalb seiner eigenen Betriebsstätte regelmäßig eine größere Zahl von Arbeitern und Arbeiterinnen zu beschäftigen. Bald übermittelte er diesen den Rohstoff selbst und zahlte dann Stücklohn, oder er bediente sich ihrer Arbeitskraft, indem sie das Rohmaterial, Flachs und Hanf zum Spinnen, Garn zum Weben lieferten. Jm letzteren Falle schoß er den Kaufpreis vor. Neben dieser einen Form kapitalistischen Betriebes, dem Ver- lagssystem, das die gleichartigen Arbeitskräfte nur lose zusammen- hält, erstand die Manufaktur, die Fabrik. Diese organisiert den ganzen Produktionsprozeß durch eine zweckdienliche Arbeits- teilung. Durch diese kapitalistischen Produktionsweisen wurden wichtige wirtschaftliche Funktionen der familiären Wirtschafts- -gemeinschaft entzogen, was ihre Schwächung und Zersetzung her- beiführte. Dieser Auflösungsprozeß setzt sich fort bis in die heu- tige Zeit. Schon in diesem Vorstadium des Kapitalismus treten männ-

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2018-04-10T14:18:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-04-10T14:18:39Z)

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Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Walter, Marie: Das Frauenstimmrecht. Zürich, 1913, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/walter_frauenstimmrecht_1913/10>, abgerufen am 24.11.2024.