Wallner, Franz: Der arme Josy. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 147–167. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Die ewige Wanderlust, welche mich in früheren Jahren noch mehr als jetzt beherrschte, obwohl mich bis zur Stunde manchmal meine tolle Ahasver-Laune Jahre lang von Land zu Land hetzt, ließ mich unter den gebotenen Engagements-Anträgen immer den wählen, der die weiteste und mühseligste Reise bedingte. So hielt ich es für ein großes Glück, im zweiten Jahre meiner theatralischen Laufbahn einen Ruf an das Theater in Agram zu erhalten. Agram, die Hauptstadt Kroatiens. so nahe der türkischen Grenze, -- welch eine reiche Aussicht auf neue Erfahrungen, auf nie Gesehenes, welch ein Sporn für den feurigen Kunstjünger zur freudigen Zusage! Ein vorher zugesagtes Gastspiel in Laibach gab mir Hoffnung, durch einen nicht übergroßen Umweg nebst meinen Reisespesen bei Sparsamkeit so viel zu erübrigen, um meiner Sehnsucht, Triest und Venedig zu sehen, Erfüllung prophezeien zu können. Das Gastspiel in Laibach war nach Wunsch ausgefallen; die erübrigte, für meine damaligen Verhältnisse enorme Summe von 80 Fl. C.-M. war bis auf einen kleinen, kleinen Rest gegen die Seligkeit des An- Die ewige Wanderlust, welche mich in früheren Jahren noch mehr als jetzt beherrschte, obwohl mich bis zur Stunde manchmal meine tolle Ahasver-Laune Jahre lang von Land zu Land hetzt, ließ mich unter den gebotenen Engagements-Anträgen immer den wählen, der die weiteste und mühseligste Reise bedingte. So hielt ich es für ein großes Glück, im zweiten Jahre meiner theatralischen Laufbahn einen Ruf an das Theater in Agram zu erhalten. Agram, die Hauptstadt Kroatiens. so nahe der türkischen Grenze, — welch eine reiche Aussicht auf neue Erfahrungen, auf nie Gesehenes, welch ein Sporn für den feurigen Kunstjünger zur freudigen Zusage! Ein vorher zugesagtes Gastspiel in Laibach gab mir Hoffnung, durch einen nicht übergroßen Umweg nebst meinen Reisespesen bei Sparsamkeit so viel zu erübrigen, um meiner Sehnsucht, Triest und Venedig zu sehen, Erfüllung prophezeien zu können. Das Gastspiel in Laibach war nach Wunsch ausgefallen; die erübrigte, für meine damaligen Verhältnisse enorme Summe von 80 Fl. C.-M. war bis auf einen kleinen, kleinen Rest gegen die Seligkeit des An- <TEI> <text> <pb facs="#f0006"/> <body> <div> <p>Die ewige Wanderlust, welche mich in früheren Jahren noch mehr als jetzt beherrschte, obwohl mich bis zur Stunde manchmal meine tolle Ahasver-Laune Jahre lang von Land zu Land hetzt, ließ mich unter den gebotenen Engagements-Anträgen immer den wählen, der die weiteste und mühseligste Reise bedingte. So hielt ich es für ein großes Glück, im zweiten Jahre meiner theatralischen Laufbahn einen Ruf an das Theater in Agram zu erhalten. Agram, die Hauptstadt Kroatiens. so nahe der türkischen Grenze, — welch eine reiche Aussicht auf neue Erfahrungen, auf nie Gesehenes, welch ein Sporn für den feurigen Kunstjünger zur freudigen Zusage! Ein vorher zugesagtes Gastspiel in Laibach gab mir Hoffnung, durch einen nicht übergroßen Umweg nebst meinen Reisespesen bei Sparsamkeit so viel zu erübrigen, um meiner Sehnsucht, Triest und Venedig zu sehen, Erfüllung prophezeien zu können.</p><lb/> <p>Das Gastspiel in Laibach war nach Wunsch ausgefallen; die erübrigte, für meine damaligen Verhältnisse enorme Summe von 80 Fl. C.-M. war bis auf einen kleinen, kleinen Rest gegen die Seligkeit des An-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0006]
Die ewige Wanderlust, welche mich in früheren Jahren noch mehr als jetzt beherrschte, obwohl mich bis zur Stunde manchmal meine tolle Ahasver-Laune Jahre lang von Land zu Land hetzt, ließ mich unter den gebotenen Engagements-Anträgen immer den wählen, der die weiteste und mühseligste Reise bedingte. So hielt ich es für ein großes Glück, im zweiten Jahre meiner theatralischen Laufbahn einen Ruf an das Theater in Agram zu erhalten. Agram, die Hauptstadt Kroatiens. so nahe der türkischen Grenze, — welch eine reiche Aussicht auf neue Erfahrungen, auf nie Gesehenes, welch ein Sporn für den feurigen Kunstjünger zur freudigen Zusage! Ein vorher zugesagtes Gastspiel in Laibach gab mir Hoffnung, durch einen nicht übergroßen Umweg nebst meinen Reisespesen bei Sparsamkeit so viel zu erübrigen, um meiner Sehnsucht, Triest und Venedig zu sehen, Erfüllung prophezeien zu können.
Das Gastspiel in Laibach war nach Wunsch ausgefallen; die erübrigte, für meine damaligen Verhältnisse enorme Summe von 80 Fl. C.-M. war bis auf einen kleinen, kleinen Rest gegen die Seligkeit des An-
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Zitationshilfe: | Wallner, Franz: Der arme Josy. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 147–167. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallner_josy_1910/6>, abgerufen am 16.02.2025. |