Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

abschiedet ward und sein wollte. Nun bekam ich
einen eigenen Hofmeister, der auf guten Gehalt ge-
setzt wurde. Er war einer von den versäumten des
Glücks, doch wollte man behaupten, daß es nur Un-
gerechtigkeit wäre, Fortunen hier einer muthwilli-
gen Vernachläßigung zu beschuldigen, weil der Mann
auch nicht die geringste Eigenschaft besaß, durch
die er ihrem guten Willen einigermaßen hätte zu
Hülfe kommen können, und es doch nicht immer
möglich wäre, eine reiche Erbschaft herzuzaubern,
durch die ein Dummkopf in florisante Umstände
kommt, ohne daß er selbst Hand und Fuß, Sinn
und Vernunft rührt.

Herr Null, der in einem abgeschabten Röckchen
und einer confiseirten Perücke in unser Haus kam,
um sich zu meinem Hofmeister annehmen zu lassen,
dankte Gott für diese unvermuthete Versorgung,
die er nicht bekommen hätte, wenn ein anderer
von denen, die diesen Vorschlag erhielten, ihn hätte
annehmen wollen. Meine Mutter wollte ihm so-
gleich Beweise ihrer Huld geben, und ihn in Stand
setzen, unserm vornehmen Hause Ehre zu machen,
deswegen wurden zwei Kleider nebst allem Zubehör
und Wäsche aus dem Nachlaß meines Vaters her-
beigeholt, und ihm als Antrittsgeschenk mit der
Vermeldung gegeben, daß sie hoffte, Herr Null

werde

abſchiedet ward und ſein wollte. Nun bekam ich
einen eigenen Hofmeiſter, der auf guten Gehalt ge-
ſetzt wurde. Er war einer von den verſaͤumten des
Gluͤcks, doch wollte man behaupten, daß es nur Un-
gerechtigkeit waͤre, Fortunen hier einer muthwilli-
gen Vernachlaͤßigung zu beſchuldigen, weil der Mann
auch nicht die geringſte Eigenſchaft beſaß, durch
die er ihrem guten Willen einigermaßen haͤtte zu
Huͤlfe kommen koͤnnen, und es doch nicht immer
moͤglich waͤre, eine reiche Erbſchaft herzuzaubern,
durch die ein Dummkopf in floriſante Umſtaͤnde
kommt, ohne daß er ſelbſt Hand und Fuß, Sinn
und Vernunft ruͤhrt.

Herr Null, der in einem abgeſchabten Roͤckchen
und einer confiseirten Peruͤcke in unſer Haus kam,
um ſich zu meinem Hofmeiſter annehmen zu laſſen,
dankte Gott fuͤr dieſe unvermuthete Verſorgung,
die er nicht bekommen haͤtte, wenn ein anderer
von denen, die dieſen Vorſchlag erhielten, ihn haͤtte
annehmen wollen. Meine Mutter wollte ihm ſo-
gleich Beweiſe ihrer Huld geben, und ihn in Stand
ſetzen, unſerm vornehmen Hauſe Ehre zu machen,
deswegen wurden zwei Kleider nebſt allem Zubehoͤr
und Waͤſche aus dem Nachlaß meines Vaters her-
beigeholt, und ihm als Antrittsgeſchenk mit der
Vermeldung gegeben, daß ſie hoffte, Herr Null

werde
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0099" n="95"/>
ab&#x017F;chiedet ward und &#x017F;ein wollte. Nun bekam ich<lb/>
einen eigenen Hofmei&#x017F;ter, der auf guten Gehalt ge-<lb/>
&#x017F;etzt wurde. Er war einer von den ver&#x017F;a&#x0364;umten des<lb/>
Glu&#x0364;cks, doch wollte man behaupten, daß es nur Un-<lb/>
gerechtigkeit wa&#x0364;re, Fortunen hier einer muthwilli-<lb/>
gen Vernachla&#x0364;ßigung zu be&#x017F;chuldigen, weil der Mann<lb/>
auch nicht die gering&#x017F;te Eigen&#x017F;chaft be&#x017F;aß, durch<lb/>
die er ihrem guten Willen einigermaßen ha&#x0364;tte zu<lb/>
Hu&#x0364;lfe kommen ko&#x0364;nnen, und es doch nicht immer<lb/>
mo&#x0364;glich wa&#x0364;re, eine reiche Erb&#x017F;chaft herzuzaubern,<lb/>
durch die ein Dummkopf in flori&#x017F;ante Um&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
kommt, ohne daß er &#x017F;elb&#x017F;t Hand und Fuß, Sinn<lb/>
und Vernunft ru&#x0364;hrt.</p><lb/>
        <p>Herr Null, der in einem abge&#x017F;chabten Ro&#x0364;ckchen<lb/>
und einer confiseirten Peru&#x0364;cke in un&#x017F;er Haus kam,<lb/>
um &#x017F;ich zu meinem Hofmei&#x017F;ter annehmen zu la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
dankte Gott fu&#x0364;r die&#x017F;e unvermuthete Ver&#x017F;orgung,<lb/>
die er nicht bekommen ha&#x0364;tte, wenn ein anderer<lb/>
von denen, die die&#x017F;en Vor&#x017F;chlag erhielten, ihn ha&#x0364;tte<lb/>
annehmen wollen. Meine Mutter wollte ihm &#x017F;o-<lb/>
gleich Bewei&#x017F;e ihrer Huld geben, und ihn in Stand<lb/>
&#x017F;etzen, un&#x017F;erm vornehmen Hau&#x017F;e Ehre zu machen,<lb/>
deswegen wurden zwei Kleider neb&#x017F;t allem Zubeho&#x0364;r<lb/>
und Wa&#x0364;&#x017F;che aus dem Nachlaß meines Vaters her-<lb/>
beigeholt, und ihm als Antrittsge&#x017F;chenk mit der<lb/>
Vermeldung gegeben, daß &#x017F;ie hoffte, Herr Null<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">werde</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0099] abſchiedet ward und ſein wollte. Nun bekam ich einen eigenen Hofmeiſter, der auf guten Gehalt ge- ſetzt wurde. Er war einer von den verſaͤumten des Gluͤcks, doch wollte man behaupten, daß es nur Un- gerechtigkeit waͤre, Fortunen hier einer muthwilli- gen Vernachlaͤßigung zu beſchuldigen, weil der Mann auch nicht die geringſte Eigenſchaft beſaß, durch die er ihrem guten Willen einigermaßen haͤtte zu Huͤlfe kommen koͤnnen, und es doch nicht immer moͤglich waͤre, eine reiche Erbſchaft herzuzaubern, durch die ein Dummkopf in floriſante Umſtaͤnde kommt, ohne daß er ſelbſt Hand und Fuß, Sinn und Vernunft ruͤhrt. Herr Null, der in einem abgeſchabten Roͤckchen und einer confiseirten Peruͤcke in unſer Haus kam, um ſich zu meinem Hofmeiſter annehmen zu laſſen, dankte Gott fuͤr dieſe unvermuthete Verſorgung, die er nicht bekommen haͤtte, wenn ein anderer von denen, die dieſen Vorſchlag erhielten, ihn haͤtte annehmen wollen. Meine Mutter wollte ihm ſo- gleich Beweiſe ihrer Huld geben, und ihn in Stand ſetzen, unſerm vornehmen Hauſe Ehre zu machen, deswegen wurden zwei Kleider nebſt allem Zubehoͤr und Waͤſche aus dem Nachlaß meines Vaters her- beigeholt, und ihm als Antrittsgeſchenk mit der Vermeldung gegeben, daß ſie hoffte, Herr Null werde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/99
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/99>, abgerufen am 22.11.2024.