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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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die vor der Vollziehung Spießruthen laufen mußten,
hinaus geführt wurden, um sich daran zu spiegeln.



Letzter Abschnitt.
Jn welchem der Leser meine Befreiung vernimmt,
und mich nach Hause begleitet.


Jch saß zwei Monate im Arrest, ehe mein Schick-
sal völlig entschieden war, doch wurde mir dasselbe
als unwiderruflich vorhergesagt. Dennoch hoffte
ich, das Glück, welches mich so oft aus den größ-
ten Gefahren gerettet hatte, werde mich auch hier
nicht im Stich lassen, und war um mein Leben un-
besorgt. Dem ohnerachtet schien mir dieß traurige
Schicksal unerträglich, ich war auf alle Menschen
ergrimmt, und hätte besonders viel darum gegeben,
wenn ich mich einmal des Nachts auf einige Minu-
ten hätte in das Dorf, wo wir aufgefangen wurden,
versetzen können, um dasselbe im Brand zu stecken.
So oft ich an die Possen zurückdachte, welche ich
mit dem Magister Confuselius angegeben hatte, är-
gerte ich mich allemal, daß der Böse nicht wirklich
zu citiren sei, wenn er ja vorhanden sein sollte, weil
man denn doch mit seiner Hülfe aus dergleichen
verdrüßlichen Händeln zu erlösen wäre.

Als mir mein Urtheil vorgelesen war und ich
an meinem Leben verzweifeln mußte, verwandelte
sich mein bisheriger Unmuth in Wuth, die ich gern
an irgend einem lebendigen Wesen ausgelassen hät-

te.

die vor der Vollziehung Spießruthen laufen mußten,
hinaus gefuͤhrt wurden, um ſich daran zu ſpiegeln.



Letzter Abſchnitt.
Jn welchem der Leſer meine Befreiung vernimmt,
und mich nach Hauſe begleitet.


Jch ſaß zwei Monate im Arreſt, ehe mein Schick-
ſal voͤllig entſchieden war, doch wurde mir daſſelbe
als unwiderruflich vorhergeſagt. Dennoch hoffte
ich, das Gluͤck, welches mich ſo oft aus den groͤß-
ten Gefahren gerettet hatte, werde mich auch hier
nicht im Stich laſſen, und war um mein Leben un-
beſorgt. Dem ohnerachtet ſchien mir dieß traurige
Schickſal unertraͤglich, ich war auf alle Menſchen
ergrimmt, und haͤtte beſonders viel darum gegeben,
wenn ich mich einmal des Nachts auf einige Minu-
ten haͤtte in das Dorf, wo wir aufgefangen wurden,
verſetzen koͤnnen, um daſſelbe im Brand zu ſtecken.
So oft ich an die Poſſen zuruͤckdachte, welche ich
mit dem Magiſter Confuſelius angegeben hatte, aͤr-
gerte ich mich allemal, daß der Boͤſe nicht wirklich
zu citiren ſei, wenn er ja vorhanden ſein ſollte, weil
man denn doch mit ſeiner Huͤlfe aus dergleichen
verdruͤßlichen Haͤndeln zu erloͤſen waͤre.

Als mir mein Urtheil vorgeleſen war und ich
an meinem Leben verzweifeln mußte, verwandelte
ſich mein bisheriger Unmuth in Wuth, die ich gern
an irgend einem lebendigen Weſen ausgelaſſen haͤt-

te.
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[479/0483] die vor der Vollziehung Spießruthen laufen mußten, hinaus gefuͤhrt wurden, um ſich daran zu ſpiegeln. Letzter Abſchnitt. Jn welchem der Leſer meine Befreiung vernimmt, und mich nach Hauſe begleitet. Jch ſaß zwei Monate im Arreſt, ehe mein Schick- ſal voͤllig entſchieden war, doch wurde mir daſſelbe als unwiderruflich vorhergeſagt. Dennoch hoffte ich, das Gluͤck, welches mich ſo oft aus den groͤß- ten Gefahren gerettet hatte, werde mich auch hier nicht im Stich laſſen, und war um mein Leben un- beſorgt. Dem ohnerachtet ſchien mir dieß traurige Schickſal unertraͤglich, ich war auf alle Menſchen ergrimmt, und haͤtte beſonders viel darum gegeben, wenn ich mich einmal des Nachts auf einige Minu- ten haͤtte in das Dorf, wo wir aufgefangen wurden, verſetzen koͤnnen, um daſſelbe im Brand zu ſtecken. So oft ich an die Poſſen zuruͤckdachte, welche ich mit dem Magiſter Confuſelius angegeben hatte, aͤr- gerte ich mich allemal, daß der Boͤſe nicht wirklich zu citiren ſei, wenn er ja vorhanden ſein ſollte, weil man denn doch mit ſeiner Huͤlfe aus dergleichen verdruͤßlichen Haͤndeln zu erloͤſen waͤre. Als mir mein Urtheil vorgeleſen war und ich an meinem Leben verzweifeln mußte, verwandelte ſich mein bisheriger Unmuth in Wuth, die ich gern an irgend einem lebendigen Weſen ausgelaſſen haͤt- te.

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/483>, abgerufen am 22.11.2024.