Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Es ging überhaupt nicht so recht nach meinem
Wunsch, denn außer dem unartigen Betragen mei-
ner Frau fand sich auch von Seiten der Chefs ein
Hinderniß, diese hatten vernommen, daß ihre jun-
gen Officiers ihr Geld bei mir verspielten und es
überdem mit verdächtigen Weibspersonen verjubel-
ten, sie empfanden es übel, daß so etwas bei einem
Unterofficier des Regiments vorging; es ward mir
also völlig untersagt, dergleichen Zusammenkünfte
zu halten. Zugleich hatte ich mich öfterer Vernach-
läßigungen im Dienst schuldig gemacht, die, da ein-
mal alles zur Sprache kam, mit urgirt wurden, ich
bekam Arrest und wurde mit Degradirung bedroht.

Bei so bewandten Umständen wär ich gern ohne
Abschied fortgegangen, wenn mir nicht mein Guth
im Sinn gelegen hätte, welches, wie ich vor Augen
sah, meiner Frau und dem Kinde, mit dem sie
schwanger ging auf Lebenslang zugeschlagen worden
wäre. Jch wünschte nur das 30ste Jahr erst zu er-
reichen, um es dann verkaufen zu können, und är-
gerte mich nicht wenig, daß bis dahin noch 7 Jahr
verfließen mußten. Schon war ich Willens mich
noch einmal zu verstellen, mich einige Zeit sehr gut
aufzuführen und dann es durch den Chef des Regi-
ments dahin zu bringen, daß mir verstattet würde,
das Guth zu verkaufen, um mich, wie ich vorgehen
wollte, im Lande zu etabliren.

Jndem ich mir diese Gewalt anthat, wobei
auch Hannchen etwas bessere Tage hatte, befreite
mich von dieser meiner zweiten Hälfte der Tod und
das ganz ohne mein Zuthun, sie starb an einer zu
frühen Niederkunft, und ich war sowohl sie als das

Kind

Es ging uͤberhaupt nicht ſo recht nach meinem
Wunſch, denn außer dem unartigen Betragen mei-
ner Frau fand ſich auch von Seiten der Chefs ein
Hinderniß, dieſe hatten vernommen, daß ihre jun-
gen Officiers ihr Geld bei mir verſpielten und es
uͤberdem mit verdaͤchtigen Weibsperſonen verjubel-
ten, ſie empfanden es uͤbel, daß ſo etwas bei einem
Unterofficier des Regiments vorging; es ward mir
alſo voͤllig unterſagt, dergleichen Zuſammenkuͤnfte
zu halten. Zugleich hatte ich mich oͤfterer Vernach-
laͤßigungen im Dienſt ſchuldig gemacht, die, da ein-
mal alles zur Sprache kam, mit urgirt wurden, ich
bekam Arreſt und wurde mit Degradirung bedroht.

Bei ſo bewandten Umſtaͤnden waͤr ich gern ohne
Abſchied fortgegangen, wenn mir nicht mein Guth
im Sinn gelegen haͤtte, welches, wie ich vor Augen
ſah, meiner Frau und dem Kinde, mit dem ſie
ſchwanger ging auf Lebenslang zugeſchlagen worden
waͤre. Jch wuͤnſchte nur das 30ſte Jahr erſt zu er-
reichen, um es dann verkaufen zu koͤnnen, und aͤr-
gerte mich nicht wenig, daß bis dahin noch 7 Jahr
verfließen mußten. Schon war ich Willens mich
noch einmal zu verſtellen, mich einige Zeit ſehr gut
aufzufuͤhren und dann es durch den Chef des Regi-
ments dahin zu bringen, daß mir verſtattet wuͤrde,
das Guth zu verkaufen, um mich, wie ich vorgehen
wollte, im Lande zu etabliren.

Jndem ich mir dieſe Gewalt anthat, wobei
auch Hannchen etwas beſſere Tage hatte, befreite
mich von dieſer meiner zweiten Haͤlfte der Tod und
das ganz ohne mein Zuthun, ſie ſtarb an einer zu
fruͤhen Niederkunft, und ich war ſowohl ſie als das

Kind
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0476" n="472"/>
        <p>Es ging u&#x0364;berhaupt nicht &#x017F;o recht nach meinem<lb/>
Wun&#x017F;ch, denn außer dem unartigen Betragen mei-<lb/>
ner Frau fand &#x017F;ich auch von Seiten der Chefs ein<lb/>
Hinderniß, die&#x017F;e hatten vernommen, daß ihre jun-<lb/>
gen Officiers ihr Geld bei mir ver&#x017F;pielten und es<lb/>
u&#x0364;berdem mit verda&#x0364;chtigen Weibsper&#x017F;onen verjubel-<lb/>
ten, &#x017F;ie empfanden es u&#x0364;bel, daß &#x017F;o etwas bei einem<lb/>
Unterofficier des Regiments vorging; es ward mir<lb/>
al&#x017F;o vo&#x0364;llig unter&#x017F;agt, dergleichen Zu&#x017F;ammenku&#x0364;nfte<lb/>
zu halten. Zugleich hatte ich mich o&#x0364;fterer Vernach-<lb/>
la&#x0364;ßigungen im Dien&#x017F;t &#x017F;chuldig gemacht, die, da ein-<lb/>
mal alles zur Sprache kam, mit urgirt wurden, ich<lb/>
bekam Arre&#x017F;t und wurde mit Degradirung bedroht.</p><lb/>
        <p>Bei &#x017F;o bewandten Um&#x017F;ta&#x0364;nden wa&#x0364;r ich gern ohne<lb/>
Ab&#x017F;chied fortgegangen, wenn mir nicht mein Guth<lb/>
im Sinn gelegen ha&#x0364;tte, welches, wie ich vor Augen<lb/>
&#x017F;ah, meiner Frau und dem Kinde, mit dem &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;chwanger ging auf Lebenslang zuge&#x017F;chlagen worden<lb/>
wa&#x0364;re. Jch wu&#x0364;n&#x017F;chte nur das 30&#x017F;te Jahr er&#x017F;t zu er-<lb/>
reichen, um es dann verkaufen zu ko&#x0364;nnen, und a&#x0364;r-<lb/>
gerte mich nicht wenig, daß bis dahin noch 7 Jahr<lb/>
verfließen mußten. Schon war ich Willens mich<lb/>
noch einmal zu ver&#x017F;tellen, mich einige Zeit &#x017F;ehr gut<lb/>
aufzufu&#x0364;hren und dann es durch den Chef des Regi-<lb/>
ments dahin zu bringen, daß mir ver&#x017F;tattet wu&#x0364;rde,<lb/>
das Guth zu verkaufen, um mich, wie ich vorgehen<lb/>
wollte, im Lande zu etabliren.</p><lb/>
        <p>Jndem ich mir die&#x017F;e Gewalt anthat, wobei<lb/>
auch Hannchen etwas be&#x017F;&#x017F;ere Tage hatte, befreite<lb/>
mich von die&#x017F;er meiner zweiten Ha&#x0364;lfte der Tod und<lb/>
das ganz ohne mein Zuthun, &#x017F;ie &#x017F;tarb an einer zu<lb/>
fru&#x0364;hen Niederkunft, und ich war &#x017F;owohl &#x017F;ie als das<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Kind</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[472/0476] Es ging uͤberhaupt nicht ſo recht nach meinem Wunſch, denn außer dem unartigen Betragen mei- ner Frau fand ſich auch von Seiten der Chefs ein Hinderniß, dieſe hatten vernommen, daß ihre jun- gen Officiers ihr Geld bei mir verſpielten und es uͤberdem mit verdaͤchtigen Weibsperſonen verjubel- ten, ſie empfanden es uͤbel, daß ſo etwas bei einem Unterofficier des Regiments vorging; es ward mir alſo voͤllig unterſagt, dergleichen Zuſammenkuͤnfte zu halten. Zugleich hatte ich mich oͤfterer Vernach- laͤßigungen im Dienſt ſchuldig gemacht, die, da ein- mal alles zur Sprache kam, mit urgirt wurden, ich bekam Arreſt und wurde mit Degradirung bedroht. Bei ſo bewandten Umſtaͤnden waͤr ich gern ohne Abſchied fortgegangen, wenn mir nicht mein Guth im Sinn gelegen haͤtte, welches, wie ich vor Augen ſah, meiner Frau und dem Kinde, mit dem ſie ſchwanger ging auf Lebenslang zugeſchlagen worden waͤre. Jch wuͤnſchte nur das 30ſte Jahr erſt zu er- reichen, um es dann verkaufen zu koͤnnen, und aͤr- gerte mich nicht wenig, daß bis dahin noch 7 Jahr verfließen mußten. Schon war ich Willens mich noch einmal zu verſtellen, mich einige Zeit ſehr gut aufzufuͤhren und dann es durch den Chef des Regi- ments dahin zu bringen, daß mir verſtattet wuͤrde, das Guth zu verkaufen, um mich, wie ich vorgehen wollte, im Lande zu etabliren. Jndem ich mir dieſe Gewalt anthat, wobei auch Hannchen etwas beſſere Tage hatte, befreite mich von dieſer meiner zweiten Haͤlfte der Tod und das ganz ohne mein Zuthun, ſie ſtarb an einer zu fruͤhen Niederkunft, und ich war ſowohl ſie als das Kind

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/476
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/476>, abgerufen am 22.11.2024.