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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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ursachten. Meine Mutter hatte indessen die Rück-
sicht auf seine Verlassenschaft nicht vernachläßigt,
Gratulations zum neuen Jahr und zum Geburtstage
waren immer richtig abgegangen, auch hatte sie ihm
mit guter Art Geschenke übersandt. Mit einem
Wort, sie hatte ihr Möglichstes gethan um ihn bei
Gutem zu erhalten, und ihm alle vorgefallene Ver-
änderungen mit so viel Schwindel und Prahlerei der
dabeiseienden Vortheile gemeldet, daß er nicht böse
darüber werden konnte und immer meinte, seine
Schwägerinn sei ein kluges Weib, der alles nach
Wunsch ausschlüge, wobei sie aber nicht stolz würde,
sondern die Schnitzerische Familie immer in Ehren
hielt. Von dem großen Vorfall der Creutzigungs-
geschichte mußte er, da es herauskam, freilich etwas
erfahren, allein meine Mutter, die Schwager Pe-
tern jetzt mehr als jemals, wie einen Rückhalt an-
sah, hatte ihm die Sache auf der besten Seite vor-
gestellt. Jch war unschuldig, blos durch einige mei-
nem jugendlichen Leichtsinn zuzuschreibende Schritte
mit verwickelt; Knapp war ein böser intereßirter
Mann, der um etwas zu gewinnen, seinem Nächsten
mit Freuden unglücklich machte u. s. w. Peter hat-
te nicht Zeit und Gelegenheit, sich genauer zu erkun-
digen, sah das, was er dennoch den Nachrichten
meiner Mutter widersprechendes erfuhr, als falsch
und ausgesprengt an und war, wenigstens nicht
mein Gegner geworden. Sogar wußte er nicht so
genau, wie viel von meiner Mutter, um mich zu
befreien, daran gewagt worden war. Sie hatte andere
Ursachen, warum sie das große Guth verkauft hatte,

vor-

urſachten. Meine Mutter hatte indeſſen die Ruͤck-
ſicht auf ſeine Verlaſſenſchaft nicht vernachlaͤßigt,
Gratulations zum neuen Jahr und zum Geburtstage
waren immer richtig abgegangen, auch hatte ſie ihm
mit guter Art Geſchenke uͤberſandt. Mit einem
Wort, ſie hatte ihr Moͤglichſtes gethan um ihn bei
Gutem zu erhalten, und ihm alle vorgefallene Ver-
aͤnderungen mit ſo viel Schwindel und Prahlerei der
dabeiſeienden Vortheile gemeldet, daß er nicht boͤſe
daruͤber werden konnte und immer meinte, ſeine
Schwaͤgerinn ſei ein kluges Weib, der alles nach
Wunſch ausſchluͤge, wobei ſie aber nicht ſtolz wuͤrde,
ſondern die Schnitzeriſche Familie immer in Ehren
hielt. Von dem großen Vorfall der Creutzigungs-
geſchichte mußte er, da es herauskam, freilich etwas
erfahren, allein meine Mutter, die Schwager Pe-
tern jetzt mehr als jemals, wie einen Ruͤckhalt an-
ſah, hatte ihm die Sache auf der beſten Seite vor-
geſtellt. Jch war unſchuldig, blos durch einige mei-
nem jugendlichen Leichtſinn zuzuſchreibende Schritte
mit verwickelt; Knapp war ein boͤſer intereßirter
Mann, der um etwas zu gewinnen, ſeinem Naͤchſten
mit Freuden ungluͤcklich machte u. ſ. w. Peter hat-
te nicht Zeit und Gelegenheit, ſich genauer zu erkun-
digen, ſah das, was er dennoch den Nachrichten
meiner Mutter widerſprechendes erfuhr, als falſch
und ausgeſprengt an und war, wenigſtens nicht
mein Gegner geworden. Sogar wußte er nicht ſo
genau, wie viel von meiner Mutter, um mich zu
befreien, daran gewagt worden war. Sie hatte andere
Urſachen, warum ſie das große Guth verkauft hatte,

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[457/0461] urſachten. Meine Mutter hatte indeſſen die Ruͤck- ſicht auf ſeine Verlaſſenſchaft nicht vernachlaͤßigt, Gratulations zum neuen Jahr und zum Geburtstage waren immer richtig abgegangen, auch hatte ſie ihm mit guter Art Geſchenke uͤberſandt. Mit einem Wort, ſie hatte ihr Moͤglichſtes gethan um ihn bei Gutem zu erhalten, und ihm alle vorgefallene Ver- aͤnderungen mit ſo viel Schwindel und Prahlerei der dabeiſeienden Vortheile gemeldet, daß er nicht boͤſe daruͤber werden konnte und immer meinte, ſeine Schwaͤgerinn ſei ein kluges Weib, der alles nach Wunſch ausſchluͤge, wobei ſie aber nicht ſtolz wuͤrde, ſondern die Schnitzeriſche Familie immer in Ehren hielt. Von dem großen Vorfall der Creutzigungs- geſchichte mußte er, da es herauskam, freilich etwas erfahren, allein meine Mutter, die Schwager Pe- tern jetzt mehr als jemals, wie einen Ruͤckhalt an- ſah, hatte ihm die Sache auf der beſten Seite vor- geſtellt. Jch war unſchuldig, blos durch einige mei- nem jugendlichen Leichtſinn zuzuſchreibende Schritte mit verwickelt; Knapp war ein boͤſer intereßirter Mann, der um etwas zu gewinnen, ſeinem Naͤchſten mit Freuden ungluͤcklich machte u. ſ. w. Peter hat- te nicht Zeit und Gelegenheit, ſich genauer zu erkun- digen, ſah das, was er dennoch den Nachrichten meiner Mutter widerſprechendes erfuhr, als falſch und ausgeſprengt an und war, wenigſtens nicht mein Gegner geworden. Sogar wußte er nicht ſo genau, wie viel von meiner Mutter, um mich zu befreien, daran gewagt worden war. Sie hatte andere Urſachen, warum ſie das große Guth verkauft hatte, vor-

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/461>, abgerufen am 22.11.2024.