Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
da ich sonst bei öffentlichen Gunstbezeugungen, die sie andern erwieß, ganz ruhig zusah; aber meine Mamsel lachte mich über meine Eifersucht, die sie hier übelangebracht nannte, aus, und meinte, daß der dumme Teufel Hieronimus mir und ihr viel zu unschädlich sei, als ihm nicht das Mitlau- fen, auch wohl zuweilen einen kleinen Spas zu gön- nen. Dieß Resultat war wie alle übrige, welche sie aussiellte, so absolut, daß sich nichts weiter einwenden ließ. Ein Jahr und ein halbes vergingen geschwind und sehr vergnügt auf dem Gütchen meiner Mut- ter, da aber nahte das Ziel unserer Freuden. Das Gut war nun so völlig verschuldet, daß kein Mensch nus auch nur 100 Thlr. borgen wollte. Wir behalfen nus indessen doch noch einige Monate mit dem Schmuck und den Effecten meiner Mutter, welche Rike und Hieronimus ihr manßten und veräußer- ten, auch wußten sie außerdem noch gutwillige Leute auszuforschen, die gegen 30 p. Cent zur Auf- nahme des Guts, wie sie sagten mehrere 1000 Thlr. immer auf eine Obligation meiner Mutter hergaben Schlupfloch that ihr zuletzt keinen Ge- fallen mehr, wie sehr sie auch, besonders wenn der Branntwein in ihr wirkte, es wünschen mochte, his sie ein solches Papier, wenns eben nöthig war, ausstellte. Sie ward zusehends kränklicher, aber wir ließen ihr unter dem Vorwand, daß ja ihr Uebel- befinden bloß vom Trunk herkäme, welches man verhüten müße, keinen Arzt zu, weil ein solcher Mann, es gar zu leicht beobachten und dann davon sprechen 2 r Theil. F f
da ich ſonſt bei oͤffentlichen Gunſtbezeugungen, die ſie andern erwieß, ganz ruhig zuſah; aber meine Mamſel lachte mich uͤber meine Eiferſucht, die ſie hier uͤbelangebracht nannte, aus, und meinte, daß der dumme Teufel Hieronimus mir und ihr viel zu unſchaͤdlich ſei, als ihm nicht das Mitlau- fen, auch wohl zuweilen einen kleinen Spas zu goͤn- nen. Dieß Reſultat war wie alle uͤbrige, welche ſie ausſiellte, ſo abſolut, daß ſich nichts weiter einwenden ließ. Ein Jahr und ein halbes vergingen geſchwind und ſehr vergnuͤgt auf dem Guͤtchen meiner Mut- ter, da aber nahte das Ziel unſerer Freuden. Das Gut war nun ſo voͤllig verſchuldet, daß kein Menſch nus auch nur 100 Thlr. borgen wollte. Wir behalfen nus indeſſen doch noch einige Monate mit dem Schmuck und den Effecten meiner Mutter, welche Rike und Hieronimus ihr manßten und veraͤußer- ten, auch wußten ſie außerdem noch gutwillige Leute auszuforſchen, die gegen 30 p. Cent zur Auf- nahme des Guts, wie ſie ſagten mehrere 1000 Thlr. immer auf eine Obligation meiner Mutter hergaben Schlupfloch that ihr zuletzt keinen Ge- fallen mehr, wie ſehr ſie auch, beſonders wenn der Branntwein in ihr wirkte, es wuͤnſchen mochte, his ſie ein ſolches Papier, wenns eben noͤthig war, ausſtellte. Sie ward zuſehends kraͤnklicher, aber wir ließen ihr unter dem Vorwand, daß ja ihr Uebel- befinden bloß vom Trunk herkaͤme, welches man verhuͤten muͤße, keinen Arzt zu, weil ein ſolcher Mann, es gar zu leicht beobachten und dann davon ſprechen 2 r Theil. F f
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da ich ſonſt bei oͤffentlichen Gunſtbezeugungen, die
ſie andern erwieß, ganz ruhig zuſah; aber meine
Mamſel lachte mich uͤber meine Eiferſucht, die ſie
hier uͤbelangebracht nannte, aus, und meinte,
daß der dumme Teufel Hieronimus mir und ihr
viel zu unſchaͤdlich ſei, als ihm nicht das Mitlau-
fen, auch wohl zuweilen einen kleinen Spas zu goͤn-
nen. Dieß Reſultat war wie alle uͤbrige, welche
ſie ausſiellte, ſo abſolut, daß ſich nichts weiter
einwenden ließ.
Ein Jahr und ein halbes vergingen geſchwind
und ſehr vergnuͤgt auf dem Guͤtchen meiner Mut-
ter, da aber nahte das Ziel unſerer Freuden. Das
Gut war nun ſo voͤllig verſchuldet, daß kein Menſch
nus auch nur 100 Thlr. borgen wollte. Wir behalfen
nus indeſſen doch noch einige Monate mit dem
Schmuck und den Effecten meiner Mutter, welche
Rike und Hieronimus ihr manßten und veraͤußer-
ten, auch wußten ſie außerdem noch gutwillige
Leute auszuforſchen, die gegen 30 p. Cent zur Auf-
nahme des Guts, wie ſie ſagten mehrere 1000
Thlr. immer auf eine Obligation meiner Mutter
hergaben Schlupfloch that ihr zuletzt keinen Ge-
fallen mehr, wie ſehr ſie auch, beſonders wenn der
Branntwein in ihr wirkte, es wuͤnſchen mochte,
his ſie ein ſolches Papier, wenns eben noͤthig war,
ausſtellte. Sie ward zuſehends kraͤnklicher, aber
wir ließen ihr unter dem Vorwand, daß ja ihr Uebel-
befinden bloß vom Trunk herkaͤme, welches man
verhuͤten muͤße, keinen Arzt zu, weil ein ſolcher
Mann, es gar zu leicht beobachten und dann davon
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Zitationshilfe: | Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/453>, abgerufen am 16.02.2025. |