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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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den zu vergessen. Meine und Rikens Gegenwart
erforderten starke Ausgaben, wozu wir uns der Ein-
künfte bemächtigten; deßwegen konnte sie bald nicht
mehr so viel für sich erübrigen, um gute Liqueurs
zu bezahlen, sie war genöthigt, sich an schlechten
Brandwein zu halten, den sie von Tag zu Tag in
stärkerer Quantität zu sich nahm. Die Dünste des
stärkenden Lebenswassers stiegen ihr dann zu Kopf;
so wie sie denselben eingenommen hatten, bekam
sie Herz, auf mich, auf Riken, ja selbst auf ihren Hie-
ronimus zu schimpfen, wir aber waren so billig,
sie bei solchen Umständen zu schonen, ihr zu schmei-
cheln, mehr zuzutrinken und sie dann zu Bette zu
schaffen und einzuschliessen. Sie brachte jetzt ihr
Leben des Vormittags krank und des Nachmittags
trunken hin. Wir hingegen hatten indessen Gäste von
unsern erhaltenen Bekanntschaften, gute lustige
Menschen unsers Schlags, da ward nun ge-
jubelt und herrlich gelebt und gespielt. Jch ge-
rieth in dortiger Gegend bald wieder in Schul-
den; diese vermehrten sich durch Rikens be-
ständige Forderungen noch mehr, denn nicht nur
wollte sie prachtvoll gekleidet sein, sondern auch
etwas zurücklegen. Jch konnte ihr nichts abschla-
gen, denn sie ward immer gefälliger gegen mich,
machte mich immer bekannter mit den Abwech-
selungen der Lebensfreuden. Nicht nur bewieß sie
keine Eifersucht, wenn ich mich an eine andre
Nimphe wandte, sondern führte mir selbst derglei-
chen zu, und richtete sie in ihrer Kunst des man,
nichfaltigen Genußes ab. Sie selbst ging mir mit
dem guten Beispiele der Gefälligkeit gegen andere
vor,
den zu vergeſſen. Meine und Rikens Gegenwart
erforderten ſtarke Ausgaben, wozu wir uns der Ein-
kuͤnfte bemaͤchtigten; deßwegen konnte ſie bald nicht
mehr ſo viel fuͤr ſich eruͤbrigen, um gute Liqueurs
zu bezahlen, ſie war genoͤthigt, ſich an ſchlechten
Brandwein zu halten, den ſie von Tag zu Tag in
ſtaͤrkerer Quantitaͤt zu ſich nahm. Die Duͤnſte des
ſtaͤrkenden Lebenswaſſers ſtiegen ihr dann zu Kopf;
ſo wie ſie denſelben eingenommen hatten, bekam
ſie Herz, auf mich, auf Riken, ja ſelbſt auf ihren Hie-
ronimus zu ſchimpfen, wir aber waren ſo billig,
ſie bei ſolchen Umſtaͤnden zu ſchonen, ihr zu ſchmei-
cheln, mehr zuzutrinken und ſie dann zu Bette zu
ſchaffen und einzuſchlieſſen. Sie brachte jetzt ihr
Leben des Vormittags krank und des Nachmittags
trunken hin. Wir hingegen hatten indeſſen Gaͤſte von
unſern erhaltenen Bekanntſchaften, gute luſtige
Menſchen unſers Schlags, da ward nun ge-
jubelt und herrlich gelebt und geſpielt. Jch ge-
rieth in dortiger Gegend bald wieder in Schul-
den; dieſe vermehrten ſich durch Rikens be-
ſtaͤndige Forderungen noch mehr, denn nicht nur
wollte ſie prachtvoll gekleidet ſein, ſondern auch
etwas zuruͤcklegen. Jch konnte ihr nichts abſchla-
gen, denn ſie ward immer gefaͤlliger gegen mich,
machte mich immer bekannter mit den Abwech-
ſelungen der Lebensfreuden. Nicht nur bewieß ſie
keine Eiferſucht, wenn ich mich an eine andre
Nimphe wandte, ſondern fuͤhrte mir ſelbſt derglei-
chen zu, und richtete ſie in ihrer Kunſt des man,
nichfaltigen Genußes ab. Sie ſelbſt ging mir mit
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[447/0451] den zu vergeſſen. Meine und Rikens Gegenwart erforderten ſtarke Ausgaben, wozu wir uns der Ein- kuͤnfte bemaͤchtigten; deßwegen konnte ſie bald nicht mehr ſo viel fuͤr ſich eruͤbrigen, um gute Liqueurs zu bezahlen, ſie war genoͤthigt, ſich an ſchlechten Brandwein zu halten, den ſie von Tag zu Tag in ſtaͤrkerer Quantitaͤt zu ſich nahm. Die Duͤnſte des ſtaͤrkenden Lebenswaſſers ſtiegen ihr dann zu Kopf; ſo wie ſie denſelben eingenommen hatten, bekam ſie Herz, auf mich, auf Riken, ja ſelbſt auf ihren Hie- ronimus zu ſchimpfen, wir aber waren ſo billig, ſie bei ſolchen Umſtaͤnden zu ſchonen, ihr zu ſchmei- cheln, mehr zuzutrinken und ſie dann zu Bette zu ſchaffen und einzuſchlieſſen. Sie brachte jetzt ihr Leben des Vormittags krank und des Nachmittags trunken hin. Wir hingegen hatten indeſſen Gaͤſte von unſern erhaltenen Bekanntſchaften, gute luſtige Menſchen unſers Schlags, da ward nun ge- jubelt und herrlich gelebt und geſpielt. Jch ge- rieth in dortiger Gegend bald wieder in Schul- den; dieſe vermehrten ſich durch Rikens be- ſtaͤndige Forderungen noch mehr, denn nicht nur wollte ſie prachtvoll gekleidet ſein, ſondern auch etwas zuruͤcklegen. Jch konnte ihr nichts abſchla- gen, denn ſie ward immer gefaͤlliger gegen mich, machte mich immer bekannter mit den Abwech- ſelungen der Lebensfreuden. Nicht nur bewieß ſie keine Eiferſucht, wenn ich mich an eine andre Nimphe wandte, ſondern fuͤhrte mir ſelbſt derglei- chen zu, und richtete ſie in ihrer Kunſt des man, nichfaltigen Genußes ab. Sie ſelbſt ging mir mit dem guten Beiſpiele der Gefaͤlligkeit gegen andere vor,

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/451>, abgerufen am 22.11.2024.