Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
und unser nun zwey Paar im Hause wären, die es verstünden, das Leben durch die Freuden der Liebe zu würzen. So was gab denn zu sehr erbaulichen Gesprächen, über die sogar meine Mutter herzlich lachte, Anlaß. Doch diese war bey alledem nicht gesonnen, mir und Riken das länger unter ihren Dache zu gestatten, was sie gleichwohl durch ihr gefalliges Lachen für natürlich und unterhaltend erklärte, sie schente, wie ihr nicht zu verargen war, den Gedanken, eine Dame im Hause zu behalten, die ganz das Ansehn hatte, als wollte sie sich zur Gebieterinn und Theilnehmerinn des Einkommens aufwerfen; daher kam denn, da sich dieses immer- mehr auswieß, die Unart, womit sie ihr geradehin rieth, abzureisen, und da Rike dagegen mit eben so großer Aufrichtigkeit erklärte, daß sie nicht eher Abschied nehmen würde, bis sie den mir geleiste- ten Vorschuß ausgezahlt bekäme, so war der höchste Grad von Erstaunen und Ergrimmen bei meiner Mutter die natürlichste Folge von der Welt. Wir sind also wieder bei dem Zank von dem ich abbrach, um meinen Lesern zu sagen, wer der erwähnte Beistand meiner Mutter war. Hieronimus Schinpfloch unterstand sich ordent- licherweise mitzusprechen und es begreiflich zu fin- den, daß die Frau Baroninn nicht einwilligen könn- te, eine Summa nach der andern hinzugeben, und sich bei Lebenszeiten alles des Jhrigen beraubt zu se- hen; aber ich fuhr dem Ehrenmann über diese Ein- mischung so unbarmherzig auf den Hals, daß er zu zittern begann. Rike vereinigte die Geläufigkeit ihrer
und unſer nun zwey Paar im Hauſe waͤren, die es verſtuͤnden, das Leben durch die Freuden der Liebe zu wuͤrzen. So was gab denn zu ſehr erbaulichen Geſpraͤchen, uͤber die ſogar meine Mutter herzlich lachte, Anlaß. Doch dieſe war bey alledem nicht geſonnen, mir und Riken das laͤnger unter ihren Dache zu geſtatten, was ſie gleichwohl durch ihr gefalliges Lachen fuͤr natuͤrlich und unterhaltend erklaͤrte, ſie ſchente, wie ihr nicht zu verargen war, den Gedanken, eine Dame im Hauſe zu behalten, die ganz das Anſehn hatte, als wollte ſie ſich zur Gebieterinn und Theilnehmerinn des Einkommens aufwerfen; daher kam denn, da ſich dieſes immer- mehr auswieß, die Unart, womit ſie ihr geradehin rieth, abzureiſen, und da Rike dagegen mit eben ſo großer Aufrichtigkeit erklaͤrte, daß ſie nicht eher Abſchied nehmen wuͤrde, bis ſie den mir geleiſte- ten Vorſchuß ausgezahlt bekaͤme, ſo war der hoͤchſte Grad von Erſtaunen und Ergrimmen bei meiner Mutter die natuͤrlichſte Folge von der Welt. Wir ſind alſo wieder bei dem Zank von dem ich abbrach, um meinen Leſern zu ſagen, wer der erwaͤhnte Beiſtand meiner Mutter war. Hieronimus Schinpfloch unterſtand ſich ordent- licherweiſe mitzuſprechen und es begreiflich zu fin- den, daß die Frau Baroninn nicht einwilligen koͤnn- te, eine Summa nach der andern hinzugeben, und ſich bei Lebenszeiten alles des Jhrigen beraubt zu ſe- hen; aber ich fuhr dem Ehrenmann uͤber dieſe Ein- miſchung ſo unbarmherzig auf den Hals, daß er zu zittern begann. Rike vereinigte die Gelaͤufigkeit ihrer
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zu wuͤrzen. So was gab denn zu ſehr erbaulichen
Geſpraͤchen, uͤber die ſogar meine Mutter herzlich
lachte, Anlaß. Doch dieſe war bey alledem nicht
geſonnen, mir und Riken das laͤnger unter ihren
Dache zu geſtatten, was ſie gleichwohl durch ihr
gefalliges Lachen fuͤr natuͤrlich und unterhaltend
erklaͤrte, ſie ſchente, wie ihr nicht zu verargen war,
den Gedanken, eine Dame im Hauſe zu behalten,
die ganz das Anſehn hatte, als wollte ſie ſich zur
Gebieterinn und Theilnehmerinn des Einkommens
aufwerfen; daher kam denn, da ſich dieſes immer-
mehr auswieß, die Unart, womit ſie ihr geradehin
rieth, abzureiſen, und da Rike dagegen mit eben
ſo großer Aufrichtigkeit erklaͤrte, daß ſie nicht eher
Abſchied nehmen wuͤrde, bis ſie den mir geleiſte-
ten Vorſchuß ausgezahlt bekaͤme, ſo war der hoͤchſte
Grad von Erſtaunen und Ergrimmen bei meiner
Mutter die natuͤrlichſte Folge von der Welt.
Wir ſind alſo wieder bei dem Zank von dem
ich abbrach, um meinen Leſern zu ſagen, wer der
erwaͤhnte Beiſtand meiner Mutter war.
Hieronimus Schinpfloch unterſtand ſich ordent-
licherweiſe mitzuſprechen und es begreiflich zu fin-
den, daß die Frau Baroninn nicht einwilligen koͤnn-
te, eine Summa nach der andern hinzugeben, und
ſich bei Lebenszeiten alles des Jhrigen beraubt zu ſe-
hen; aber ich fuhr dem Ehrenmann uͤber dieſe Ein-
miſchung ſo unbarmherzig auf den Hals, daß er
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