Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
zu treuen Anhängern sich erkaufte, und da ich selbst ihr, für die Ehre, ihr Sclave zu sein alles womit sie sich nur bereichern konnte, ohne Murren und ohne Widerrede geben mußte. Sie gewöhnte mich bald so folgsam, daß ich zu allem, was sie verlang- te, unbedingt ja sagte, welches ich weniger aus Zuneigung, als aus Furcht that, denn wenn ich ihr etwas abschlug so, hatte ich eine Furie vor mir, eine Eifersüchtige, welche behauptete, daß ich, was ihr verweigert würde, einer andern anhängen woll- te, sie nannte dann diese oder jene Weibsperson und schüttete alle ersinnliche Schmähungen über sie aus. Es ist wahr, daß ich meine Gründe hatte, Riken vorzüglich gewogen zu sein und ihr eine sol- che Gewalt über mich einzuräumen; sie war ohn- streitig unter allen ihres Gleichen die vollkommenste Meisterinn der Wollust, sie war eine Thiermen- schinn, welche die Natur so zu handhaben mußte, daß sie ihr die mannichfaltigsten Arten des Genus- ses abzwang. Und um in dieser Allgewalt weder auf Schranken noch irgend ein Hinderniß zu stoßen, opferte sie der Ausgelassenheit und Unverschämtheit mit Worten und Werken so geflissentlich und un- ablässig, daß diese Töchter der Hölle, wie Celestin sie nannte, endlich in bemeldeter ihrer Priesterinn, jeden Gedanken an Menschlichkeit und besonders an weibliche Würde verdrängend Wohnung aufgeschlagen hatten. Sie war so stolz auf diese Besessenheit, daß sie die bescheidenen oder auch nur weniger freien Frauenzimmer verachtete und verspottete und mit ihrer bessern Kenntniß im Genuß der Freuden des Le- bens 2 r Theil. E e
zu treuen Anhaͤngern ſich erkaufte, und da ich ſelbſt ihr, fuͤr die Ehre, ihr Sclave zu ſein alles womit ſie ſich nur bereichern konnte, ohne Murren und ohne Widerrede geben mußte. Sie gewoͤhnte mich bald ſo folgſam, daß ich zu allem, was ſie verlang- te, unbedingt ja ſagte, welches ich weniger aus Zuneigung, als aus Furcht that, denn wenn ich ihr etwas abſchlug ſo, hatte ich eine Furie vor mir, eine Eiferſuͤchtige, welche behauptete, daß ich, was ihr verweigert wuͤrde, einer andern anhaͤngen woll- te, ſie nannte dann dieſe oder jene Weibsperſon und ſchuͤttete alle erſinnliche Schmaͤhungen uͤber ſie aus. Es iſt wahr, daß ich meine Gruͤnde hatte, Riken vorzuͤglich gewogen zu ſein und ihr eine ſol- che Gewalt uͤber mich einzuraͤumen; ſie war ohn- ſtreitig unter allen ihres Gleichen die vollkommenſte Meiſterinn der Wolluſt, ſie war eine Thiermen- ſchinn, welche die Natur ſo zu handhaben mußte, daß ſie ihr die mannichfaltigſten Arten des Genus- ſes abzwang. Und um in dieſer Allgewalt weder auf Schranken noch irgend ein Hinderniß zu ſtoßen, opferte ſie der Ausgelaſſenheit und Unverſchaͤmtheit mit Worten und Werken ſo gefliſſentlich und un- ablaͤſſig, daß dieſe Toͤchter der Hoͤlle, wie Celeſtin ſie nannte, endlich in bemeldeter ihrer Prieſterinn, jeden Gedanken an Menſchlichkeit und beſonders an weibliche Wuͤrde verdraͤngend Wohnung aufgeſchlagen hatten. Sie war ſo ſtolz auf dieſe Beſeſſenheit, daß ſie die beſcheidenen oder auch nur weniger freien Frauenzimmer verachtete und verſpottete und mit ihrer beſſern Kenntniß im Genuß der Freuden des Le- bens 2 r Theil. E e
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zu treuen Anhaͤngern ſich erkaufte, und da ich ſelbſt
ihr, fuͤr die Ehre, ihr Sclave zu ſein alles womit
ſie ſich nur bereichern konnte, ohne Murren und
ohne Widerrede geben mußte. Sie gewoͤhnte mich
bald ſo folgſam, daß ich zu allem, was ſie verlang-
te, unbedingt ja ſagte, welches ich weniger aus
Zuneigung, als aus Furcht that, denn wenn ich
ihr etwas abſchlug ſo, hatte ich eine Furie vor mir,
eine Eiferſuͤchtige, welche behauptete, daß ich, was
ihr verweigert wuͤrde, einer andern anhaͤngen woll-
te, ſie nannte dann dieſe oder jene Weibsperſon und
ſchuͤttete alle erſinnliche Schmaͤhungen uͤber ſie aus.
Es iſt wahr, daß ich meine Gruͤnde hatte,
Riken vorzuͤglich gewogen zu ſein und ihr eine ſol-
che Gewalt uͤber mich einzuraͤumen; ſie war ohn-
ſtreitig unter allen ihres Gleichen die vollkommenſte
Meiſterinn der Wolluſt, ſie war eine Thiermen-
ſchinn, welche die Natur ſo zu handhaben mußte,
daß ſie ihr die mannichfaltigſten Arten des Genus-
ſes abzwang. Und um in dieſer Allgewalt weder
auf Schranken noch irgend ein Hinderniß zu ſtoßen,
opferte ſie der Ausgelaſſenheit und Unverſchaͤmtheit
mit Worten und Werken ſo gefliſſentlich und un-
ablaͤſſig, daß dieſe Toͤchter der Hoͤlle, wie Celeſtin
ſie nannte, endlich in bemeldeter ihrer Prieſterinn,
jeden Gedanken an Menſchlichkeit und beſonders an
weibliche Wuͤrde verdraͤngend Wohnung aufgeſchlagen
hatten. Sie war ſo ſtolz auf dieſe Beſeſſenheit, daß
ſie die beſcheidenen oder auch nur weniger freien
Frauenzimmer verachtete und verſpottete und mit
ihrer beſſern Kenntniß im Genuß der Freuden des Le-
bens
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