Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800. Meine Mutter. Du kannst noch spasen? Jch. Sehn Sie nur, der Mann war läster- lich geitzig, er hatte mir Geld geborgt und so hohe Zinsen, so viel Douceur genommen, daß es mehr, als die Hälfte dessen austrug, was ich wirklich be- kommen; dazu hatte ich ihn auch sonst oft beschenkt. Nun da er so viel gezogen, mich so geschnellt hat- te, war er noch dazu der einzige, von allen meinen Gläubigern, der mich wollte setzen lassen, und hetz- te ohne Aufhören in die andern hinein, daß sie zu- treten sollten. War nun dieser Bösewicht, der mich durch sein hartes Verfahren dahin bringen wollte, Sie um ein tausender zehn, die ich schuldig war, zu bringen, der Strafe nicht werth? verdiente er nicht, das Geld zu Bezahlung der Schulden selbst herzu- geben, da er dessen in Menge hatte? M. Mutter. Der niederträchtige Geitzhals, der Schinder von wucherlichem Kerl, hat so viel Geld, nimmt so viel Profit und will denn Leute, denen ers abgenommen, noch hinsetzen lassen! Jch. Nun hatte ich nicht Recht, ihn zu strafen? M. Mutter. Warum nahmst du aber solche dumme Menschen dazu, durch die es herauskom- men mußte? Jch. Allein konnt ichs doch nicht thun? Wie konnt' ichs wissen, daß es herauskommen würde? M. Mutter. Hättest du nur die Juwelen lie- gen lassen, vom Gelde wärs nicht herausgekommen. Jch.
Meine Mutter. Du kannſt noch ſpaſen? Jch. Sehn Sie nur, der Mann war laͤſter- lich geitzig, er hatte mir Geld geborgt und ſo hohe Zinſen, ſo viel Douceur genommen, daß es mehr, als die Haͤlfte deſſen austrug, was ich wirklich be- kommen; dazu hatte ich ihn auch ſonſt oft beſchenkt. Nun da er ſo viel gezogen, mich ſo geſchnellt hat- te, war er noch dazu der einzige, von allen meinen Glaͤubigern, der mich wollte ſetzen laſſen, und hetz- te ohne Aufhoͤren in die andern hinein, daß ſie zu- treten ſollten. War nun dieſer Boͤſewicht, der mich durch ſein hartes Verfahren dahin bringen wollte, Sie um ein tauſender zehn, die ich ſchuldig war, zu bringen, der Strafe nicht werth? verdiente er nicht, das Geld zu Bezahlung der Schulden ſelbſt herzu- geben, da er deſſen in Menge hatte? M. Mutter. Der niedertraͤchtige Geitzhals, der Schinder von wucherlichem Kerl, hat ſo viel Geld, nimmt ſo viel Profit und will denn Leute, denen ers abgenommen, noch hinſetzen laſſen! Jch. Nun hatte ich nicht Recht, ihn zu ſtrafen? M. Mutter. Warum nahmſt du aber ſolche dumme Menſchen dazu, durch die es herauskom- men mußte? Jch. Allein konnt ichs doch nicht thun? Wie konnt’ ichs wiſſen, daß es herauskommen wuͤrde? M. Mutter. Haͤtteſt du nur die Juwelen lie- gen laſſen, vom Gelde waͤrs nicht herausgekommen. Jch.
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Meine Mutter. Du kannſt noch ſpaſen?
Jch. Sehn Sie nur, der Mann war laͤſter-
lich geitzig, er hatte mir Geld geborgt und ſo hohe
Zinſen, ſo viel Douceur genommen, daß es mehr,
als die Haͤlfte deſſen austrug, was ich wirklich be-
kommen; dazu hatte ich ihn auch ſonſt oft beſchenkt.
Nun da er ſo viel gezogen, mich ſo geſchnellt hat-
te, war er noch dazu der einzige, von allen meinen
Glaͤubigern, der mich wollte ſetzen laſſen, und hetz-
te ohne Aufhoͤren in die andern hinein, daß ſie zu-
treten ſollten.
War nun dieſer Boͤſewicht, der mich durch
ſein hartes Verfahren dahin bringen wollte, Sie
um ein tauſender zehn, die ich ſchuldig war, zu
bringen, der Strafe nicht werth? verdiente er nicht,
das Geld zu Bezahlung der Schulden ſelbſt herzu-
geben, da er deſſen in Menge hatte?
M. Mutter. Der niedertraͤchtige Geitzhals,
der Schinder von wucherlichem Kerl, hat ſo viel
Geld, nimmt ſo viel Profit und will denn Leute,
denen ers abgenommen, noch hinſetzen laſſen!
Jch. Nun hatte ich nicht Recht, ihn zu
ſtrafen?
M. Mutter. Warum nahmſt du aber ſolche
dumme Menſchen dazu, durch die es herauskom-
men mußte?
Jch. Allein konnt ichs doch nicht thun?
Wie konnt’ ichs wiſſen, daß es herauskommen
wuͤrde?
M. Mutter. Haͤtteſt du nur die Juwelen lie-
gen laſſen, vom Gelde waͤrs nicht herausgekommen.
Jch.
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