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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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ich alles; doch länger ließ sich meine Unwissenheit
in dem Verbrechen nicht behaupten, bis man mir
meine Handschrift vorzeigte; zwar meinte ich, Klaus
und Nehmer hätten mich dazu gezwungen; allein
was ich hierzu vorbrachte, wollte nicht so recht klap-
pen, ich ward beschieden, dieß könne alles nicht hel-
fen. Mit einem Wort, die Sache war an sich selbst
klar, und ich sollte in meinem zweiten Verhör be-
kennen, wo ich das Geld und den Schmuck gelassen?
Wegen des letztern sagte ich die Wahrheit; allein zu
stolz, um mich auf Beantwortung jeder Frage ein-
zulassen, glaubte ich dadurch alles zu heben, daß ich
sagte: Ob ich zwar das wenigste von dem Raube
bekommen, so wollte ich doch alles ersetzen, wozu
meine Mutter Vermögen genug hätte. Man sag-
te mir, daß diese nicht zum Ersatz gezwungen wer-
den könne. Wollte sie es aber thun, so könne die-
ses meine Strafe zwar mindern, aber nicht heben.
Jch verließ mich darauf, daß die Mutter es thun müß-
te, u. dreust auf den sogleich gefaßten Entschluß, daß sie
alles, auch meine Strafe mit Geld abthun sollte, und
wenn ihr ganzes Vermögen darauf ginge, begann
ich aus der Geschichte einen Spas zu machen und
von Knappens Geitz so wie von den komischen Um-
ständen bei seiner Kreutzigung zu sprechen. Die
Herren an dem mit grünen Tuch beschlagenen
Tisch hätten sich das gern recht weitläuftig erzäh-
len lassen, verbargen die Lust zu lachen nur schlecht,
aber es wollte sich nicht anders schicken, als mir
mit Ernst zu sagen, das alles sei hier nicht gut an-
gebracht, und mir Stillschweigen zu gebieten.

Jch
ich alles; doch laͤnger ließ ſich meine Unwiſſenheit
in dem Verbrechen nicht behaupten, bis man mir
meine Handſchrift vorzeigte; zwar meinte ich, Klaus
und Nehmer haͤtten mich dazu gezwungen; allein
was ich hierzu vorbrachte, wollte nicht ſo recht klap-
pen, ich ward beſchieden, dieß koͤnne alles nicht hel-
fen. Mit einem Wort, die Sache war an ſich ſelbſt
klar, und ich ſollte in meinem zweiten Verhoͤr be-
kennen, wo ich das Geld und den Schmuck gelaſſen?
Wegen des letztern ſagte ich die Wahrheit; allein zu
ſtolz, um mich auf Beantwortung jeder Frage ein-
zulaſſen, glaubte ich dadurch alles zu heben, daß ich
ſagte: Ob ich zwar das wenigſte von dem Raube
bekommen, ſo wollte ich doch alles erſetzen, wozu
meine Mutter Vermoͤgen genug haͤtte. Man ſag-
te mir, daß dieſe nicht zum Erſatz gezwungen wer-
den koͤnne. Wollte ſie es aber thun, ſo koͤnne die-
ſes meine Strafe zwar mindern, aber nicht heben.
Jch verließ mich darauf, daß die Mutter es thun muͤß-
te, u. dreuſt auf den ſogleich gefaßten Entſchluß, daß ſie
alles, auch meine Strafe mit Geld abthun ſollte, und
wenn ihr ganzes Vermoͤgen darauf ginge, begann
ich aus der Geſchichte einen Spas zu machen und
von Knappens Geitz ſo wie von den komiſchen Um-
ſtaͤnden bei ſeiner Kreutzigung zu ſprechen. Die
Herren an dem mit gruͤnen Tuch beſchlagenen
Tiſch haͤtten ſich das gern recht weitlaͤuftig erzaͤh-
len laſſen, verbargen die Luſt zu lachen nur ſchlecht,
aber es wollte ſich nicht anders ſchicken, als mir
mit Ernſt zu ſagen, das alles ſei hier nicht gut an-
gebracht, und mir Stillſchweigen zu gebieten.

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[418/0422] ich alles; doch laͤnger ließ ſich meine Unwiſſenheit in dem Verbrechen nicht behaupten, bis man mir meine Handſchrift vorzeigte; zwar meinte ich, Klaus und Nehmer haͤtten mich dazu gezwungen; allein was ich hierzu vorbrachte, wollte nicht ſo recht klap- pen, ich ward beſchieden, dieß koͤnne alles nicht hel- fen. Mit einem Wort, die Sache war an ſich ſelbſt klar, und ich ſollte in meinem zweiten Verhoͤr be- kennen, wo ich das Geld und den Schmuck gelaſſen? Wegen des letztern ſagte ich die Wahrheit; allein zu ſtolz, um mich auf Beantwortung jeder Frage ein- zulaſſen, glaubte ich dadurch alles zu heben, daß ich ſagte: Ob ich zwar das wenigſte von dem Raube bekommen, ſo wollte ich doch alles erſetzen, wozu meine Mutter Vermoͤgen genug haͤtte. Man ſag- te mir, daß dieſe nicht zum Erſatz gezwungen wer- den koͤnne. Wollte ſie es aber thun, ſo koͤnne die- ſes meine Strafe zwar mindern, aber nicht heben. Jch verließ mich darauf, daß die Mutter es thun muͤß- te, u. dreuſt auf den ſogleich gefaßten Entſchluß, daß ſie alles, auch meine Strafe mit Geld abthun ſollte, und wenn ihr ganzes Vermoͤgen darauf ginge, begann ich aus der Geſchichte einen Spas zu machen und von Knappens Geitz ſo wie von den komiſchen Um- ſtaͤnden bei ſeiner Kreutzigung zu ſprechen. Die Herren an dem mit gruͤnen Tuch beſchlagenen Tiſch haͤtten ſich das gern recht weitlaͤuftig erzaͤh- len laſſen, verbargen die Luſt zu lachen nur ſchlecht, aber es wollte ſich nicht anders ſchicken, als mir mit Ernſt zu ſagen, das alles ſei hier nicht gut an- gebracht, und mir Stillſchweigen zu gebieten. Jch

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/422>, abgerufen am 24.11.2024.