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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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ter Freund von mir, der sich über den Spas halb
todt lachen wollte, hätte ausfragen können. Jo-
hann hatte sich dadurch nicht ganz fangen lassen; das
mitgebrachte Mädchen war nun einmal da, geleug-
net konnte also an sich nichts werden, aber er hatte
gethan, als wenn sie gutwillig mitgegangen wäre
und wohl wieder zurückreisen würde, wenn sie sich in
unserm Ort ein wenig umgesehn hätte.

Nun entschied mein Vater, ohne sich vorher in
Untersuchung der wahren Umstände einzulassen, wie
es werden sollte, und wollte mich in dieser festen
Resolution in Empfang nehmen. Jhr Vater ist hier,
sagte Johann, der in der Hausthür stand, als ich in
den Gasthof zurückkam, und ich habe ihm -- Hier
trat der alte Herr selbst hervor und bat mich, auf
ein paar Worte auf seine Stube zu kommen, wo-
gegen sich nichts einwenden ließ; er schien gelassen
und machte keins von den strengen Gesichtern, die
mir das Wetter in seinem Kopfe so deutlich anzei-
gen, stellte sich auch, als bemerkte er meine Bestür-
zung über seine Erscheinung nicht.

Jst das, sagte er, die Schnitzern, deren Vater
Gastwirth in ... war, die mit dir reiset? -- Da er
so unbefangen fragte, glaubte ich, Johann habe al-
les aufs beste und so vorgetragen, daß mein Vater
nichts dagegen haben könnte, ich versetzte demnach
eben so unbefangen: das war er, aber jetzt hat die
Mutter den Gasthof verkauft und besitzt Güther --
nun ja ja, fiel mein Vater ein, ich kenne die Frau
Mutter, habe sie im Bade gesehn, weiß ihre ganze
Geschichte nach der Wahrheit nebst allen Schwin-
deln,
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ter Freund von mir, der ſich uͤber den Spas halb
todt lachen wollte, haͤtte ausfragen koͤnnen. Jo-
hann hatte ſich dadurch nicht ganz fangen laſſen; das
mitgebrachte Maͤdchen war nun einmal da, geleug-
net konnte alſo an ſich nichts werden, aber er hatte
gethan, als wenn ſie gutwillig mitgegangen waͤre
und wohl wieder zuruͤckreiſen wuͤrde, wenn ſie ſich in
unſerm Ort ein wenig umgeſehn haͤtte.

Nun entſchied mein Vater, ohne ſich vorher in
Unterſuchung der wahren Umſtaͤnde einzulaſſen, wie
es werden ſollte, und wollte mich in dieſer feſten
Reſolution in Empfang nehmen. Jhr Vater iſt hier,
ſagte Johann, der in der Hausthuͤr ſtand, als ich in
den Gaſthof zuruͤckkam, und ich habe ihm — Hier
trat der alte Herr ſelbſt hervor und bat mich, auf
ein paar Worte auf ſeine Stube zu kommen, wo-
gegen ſich nichts einwenden ließ; er ſchien gelaſſen
und machte keins von den ſtrengen Geſichtern, die
mir das Wetter in ſeinem Kopfe ſo deutlich anzei-
gen, ſtellte ſich auch, als bemerkte er meine Beſtuͤr-
zung uͤber ſeine Erſcheinung nicht.

Jſt das, ſagte er, die Schnitzern, deren Vater
Gaſtwirth in ... war, die mit dir reiſet? — Da er
ſo unbefangen fragte, glaubte ich, Johann habe al-
les aufs beſte und ſo vorgetragen, daß mein Vater
nichts dagegen haben koͤnnte, ich verſetzte demnach
eben ſo unbefangen: das war er, aber jetzt hat die
Mutter den Gaſthof verkauft und beſitzt Guͤther —
nun ja ja, fiel mein Vater ein, ich kenne die Frau
Mutter, habe ſie im Bade geſehn, weiß ihre ganze
Geſchichte nach der Wahrheit nebſt allen Schwin-
deln,
C c 4
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[407/0411] ter Freund von mir, der ſich uͤber den Spas halb todt lachen wollte, haͤtte ausfragen koͤnnen. Jo- hann hatte ſich dadurch nicht ganz fangen laſſen; das mitgebrachte Maͤdchen war nun einmal da, geleug- net konnte alſo an ſich nichts werden, aber er hatte gethan, als wenn ſie gutwillig mitgegangen waͤre und wohl wieder zuruͤckreiſen wuͤrde, wenn ſie ſich in unſerm Ort ein wenig umgeſehn haͤtte. Nun entſchied mein Vater, ohne ſich vorher in Unterſuchung der wahren Umſtaͤnde einzulaſſen, wie es werden ſollte, und wollte mich in dieſer feſten Reſolution in Empfang nehmen. Jhr Vater iſt hier, ſagte Johann, der in der Hausthuͤr ſtand, als ich in den Gaſthof zuruͤckkam, und ich habe ihm — Hier trat der alte Herr ſelbſt hervor und bat mich, auf ein paar Worte auf ſeine Stube zu kommen, wo- gegen ſich nichts einwenden ließ; er ſchien gelaſſen und machte keins von den ſtrengen Geſichtern, die mir das Wetter in ſeinem Kopfe ſo deutlich anzei- gen, ſtellte ſich auch, als bemerkte er meine Beſtuͤr- zung uͤber ſeine Erſcheinung nicht. Jſt das, ſagte er, die Schnitzern, deren Vater Gaſtwirth in ... war, die mit dir reiſet? — Da er ſo unbefangen fragte, glaubte ich, Johann habe al- les aufs beſte und ſo vorgetragen, daß mein Vater nichts dagegen haben koͤnnte, ich verſetzte demnach eben ſo unbefangen: das war er, aber jetzt hat die Mutter den Gaſthof verkauft und beſitzt Guͤther — nun ja ja, fiel mein Vater ein, ich kenne die Frau Mutter, habe ſie im Bade geſehn, weiß ihre ganze Geſchichte nach der Wahrheit nebſt allen Schwin- deln, C c 4

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/411>, abgerufen am 27.11.2024.