Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
ausdrückte,) an mir zu erziehen, hatte er keinen
Funken von Hoffnung, mich ihrer despotischen Re-
gierung zu entziehen, und gab sie endlich auf.
Felß war, als ich kaum 5 Jahr alt war, abgereist,
von ihm also konnte Vater Schnitzer keinen Rath
nehmen, was hätte er aber auch gefruchtet, da er
ihn nicht befolgen durfte.

Jch hatte diesen geheimnißvollen Mann, so
klein ich war, da er unsere Stadt verließ, doch noch
vorher kennen lernen. Johann Jacob hatte es nun
einmal für gewiß angenommen, daß ich sein Sohn
wäre; da ich nun nach der Leute Urtheil ein ganz
hübscher, wie meine Mutter meinte, ein bildschö-
ner Knabe war, und Munterkeit des Geistes besaß,
so gab es doch Stunden, wo sich Vater Schnitzer
über mich freute, und es dann gern sah, wenn er
mich seinen guten Freunden vorstellen konnte. So
wünschte er auch immer, daß Fels mich sehen soll-
te, er hatte mich zwar schon, als ich ganz klein
war, in Augenschein genommen, indem meine Mut-
ter, da er einst zu uns kam, eben nicht zu Hause
war, und der Vater mich seinem geehrten Freund
hintrug. Seitdem aber wagte es der erste nicht
mehr, einen so unbändigen Jungen diesem letztern
für die Augen zu bringen, weil er sich vor dem
weisen Mann schämte, einen solchen Sohn zu ha-
ben;
ausdruͤckte,) an mir zu erziehen, hatte er keinen
Funken von Hoffnung, mich ihrer deſpotiſchen Re-
gierung zu entziehen, und gab ſie endlich auf.
Felß war, als ich kaum 5 Jahr alt war, abgereiſt,
von ihm alſo konnte Vater Schnitzer keinen Rath
nehmen, was haͤtte er aber auch gefruchtet, da er
ihn nicht befolgen durfte.

Jch hatte dieſen geheimnißvollen Mann, ſo
klein ich war, da er unſere Stadt verließ, doch noch
vorher kennen lernen. Johann Jacob hatte es nun
einmal fuͤr gewiß angenommen, daß ich ſein Sohn
waͤre; da ich nun nach der Leute Urtheil ein ganz
huͤbſcher, wie meine Mutter meinte, ein bildſchoͤ-
ner Knabe war, und Munterkeit des Geiſtes beſaß,
ſo gab es doch Stunden, wo ſich Vater Schnitzer
uͤber mich freute, und es dann gern ſah, wenn er
mich ſeinen guten Freunden vorſtellen konnte. So
wuͤnſchte er auch immer, daß Fels mich ſehen ſoll-
te, er hatte mich zwar ſchon, als ich ganz klein
war, in Augenſchein genommen, indem meine Mut-
ter, da er einſt zu uns kam, eben nicht zu Hauſe
war, und der Vater mich ſeinem geehrten Freund
hintrug. Seitdem aber wagte es der erſte nicht
mehr, einen ſo unbaͤndigen Jungen dieſem letztern
fuͤr die Augen zu bringen, weil er ſich vor dem
weiſen Mann ſchaͤmte, einen ſolchen Sohn zu ha-
ben;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SUS">
          <p><pb facs="#f0040" n="36"/>
ausdru&#x0364;ckte,) an mir zu erziehen, hatte er keinen<lb/>
Funken von Hoffnung, mich ihrer de&#x017F;poti&#x017F;chen Re-<lb/>
gierung zu entziehen, und gab &#x017F;ie endlich auf.<lb/>
Felß war, als ich kaum 5 Jahr alt war, abgerei&#x017F;t,<lb/>
von ihm al&#x017F;o konnte Vater Schnitzer keinen Rath<lb/>
nehmen, was ha&#x0364;tte er aber auch gefruchtet, da er<lb/>
ihn nicht befolgen durfte.</p><lb/>
          <p>Jch hatte die&#x017F;en geheimnißvollen Mann, &#x017F;o<lb/>
klein ich war, da er un&#x017F;ere Stadt verließ, doch noch<lb/>
vorher kennen lernen. Johann Jacob hatte es nun<lb/>
einmal fu&#x0364;r gewiß angenommen, daß ich &#x017F;ein Sohn<lb/>
wa&#x0364;re; da ich nun nach der Leute Urtheil ein ganz<lb/>
hu&#x0364;b&#x017F;cher, wie meine Mutter meinte, ein bild&#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
ner Knabe war, und Munterkeit des Gei&#x017F;tes be&#x017F;aß,<lb/>
&#x017F;o gab es doch Stunden, wo &#x017F;ich Vater Schnitzer<lb/>
u&#x0364;ber mich freute, und es dann gern &#x017F;ah, wenn er<lb/>
mich &#x017F;einen guten Freunden vor&#x017F;tellen konnte. So<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chte er auch immer, daß Fels mich &#x017F;ehen &#x017F;oll-<lb/>
te, er hatte mich zwar &#x017F;chon, als ich ganz klein<lb/>
war, in Augen&#x017F;chein genommen, indem meine Mut-<lb/>
ter, da er ein&#x017F;t zu uns kam, eben nicht zu Hau&#x017F;e<lb/>
war, und der Vater mich &#x017F;einem geehrten Freund<lb/>
hintrug. Seitdem aber wagte es der er&#x017F;te nicht<lb/>
mehr, einen &#x017F;o unba&#x0364;ndigen Jungen die&#x017F;em letztern<lb/>
fu&#x0364;r die Augen zu bringen, weil er &#x017F;ich vor dem<lb/>
wei&#x017F;en Mann &#x017F;cha&#x0364;mte, einen &#x017F;olchen Sohn zu ha-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ben;</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0040] ausdruͤckte,) an mir zu erziehen, hatte er keinen Funken von Hoffnung, mich ihrer deſpotiſchen Re- gierung zu entziehen, und gab ſie endlich auf. Felß war, als ich kaum 5 Jahr alt war, abgereiſt, von ihm alſo konnte Vater Schnitzer keinen Rath nehmen, was haͤtte er aber auch gefruchtet, da er ihn nicht befolgen durfte. Jch hatte dieſen geheimnißvollen Mann, ſo klein ich war, da er unſere Stadt verließ, doch noch vorher kennen lernen. Johann Jacob hatte es nun einmal fuͤr gewiß angenommen, daß ich ſein Sohn waͤre; da ich nun nach der Leute Urtheil ein ganz huͤbſcher, wie meine Mutter meinte, ein bildſchoͤ- ner Knabe war, und Munterkeit des Geiſtes beſaß, ſo gab es doch Stunden, wo ſich Vater Schnitzer uͤber mich freute, und es dann gern ſah, wenn er mich ſeinen guten Freunden vorſtellen konnte. So wuͤnſchte er auch immer, daß Fels mich ſehen ſoll- te, er hatte mich zwar ſchon, als ich ganz klein war, in Augenſchein genommen, indem meine Mut- ter, da er einſt zu uns kam, eben nicht zu Hauſe war, und der Vater mich ſeinem geehrten Freund hintrug. Seitdem aber wagte es der erſte nicht mehr, einen ſo unbaͤndigen Jungen dieſem letztern fuͤr die Augen zu bringen, weil er ſich vor dem weiſen Mann ſchaͤmte, einen ſolchen Sohn zu ha- ben;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/40
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/40>, abgerufen am 21.11.2024.