Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
aus zu gehen, oder das Geschäfte gar ohne mich
zu verrichten, welches ich zwar als eine eigenmächti-
ge Handlung höchst übel nahm, doch aber ihn, mit
dessen Treue ich mirschmeichelte, nicht im geringsten
Argwohn hatte, daß er mich völlig prellen und im
Stich lassen würde, wiewohl mir dieses bei der
Nachricht von seiner Abreise durch den Kopf ge-
fahren war.

Jch öfnete und wollte sehen, was er für
Gründe zu seiner voreiligen Handlung angeben wür-
de, denn außer den Cofferschlüsseln vermuthete ich
einen Brief und diesen fand ich auch. Jch kann
ihn meinen Lesern aus dem Gedächtniß mitthei-
len, obwohl ich ihn noch diesen Abend verbrann-
te, nachdem ich ihn mehrmalen durchgelesen, um mich
ganz zu überführen, daß Klaus ein klügerer doch
auch zugleich ein ehrlicherer Spitzbube war, als
ich ihm je zugetraut hatte. So was außerge-
wöhnliches bleibt im Gedächtnist kleben, wie Pech.
Jhr könnt euch also, meine Leser, darauf verlassen,
daß, was ihr lesen werdet Klausens wirklicher Ab-
schieds-Brief ist.

Leben Sie wohl, Herr Schnitzer; und verge-
ben Sie, daß ich nicht länger bei Jhnen bleiben
kann. Jch muß nur bekennen, daß ich schon seit
einiger Zeit darauf bedacht gewesen bin, mich hone-
tement zu retiriren, deßhalb habe ich ein kleines
Capitälchen, was ich mir bei ihnen gesammelt in
sichere Wechsel umgesetzt. Was ist aber das für
die viele Mühe, die ich hatte, Jhre Verschwen-
dungen zu unterstützen, Jhnen verruchte Streiche
und
aus zu gehen, oder das Geſchaͤfte gar ohne mich
zu verrichten, welches ich zwar als eine eigenmaͤchti-
ge Handlung hoͤchſt uͤbel nahm, doch aber ihn, mit
deſſen Treue ich mirſchmeichelte, nicht im geringſten
Argwohn hatte, daß er mich voͤllig prellen und im
Stich laſſen wuͤrde, wiewohl mir dieſes bei der
Nachricht von ſeiner Abreiſe durch den Kopf ge-
fahren war.

Jch oͤfnete und wollte ſehen, was er fuͤr
Gruͤnde zu ſeiner voreiligen Handlung angeben wuͤr-
de, denn außer den Cofferſchluͤſſeln vermuthete ich
einen Brief und dieſen fand ich auch. Jch kann
ihn meinen Leſern aus dem Gedaͤchtniß mitthei-
len, obwohl ich ihn noch dieſen Abend verbrann-
te, nachdem ich ihn mehrmalen durchgeleſen, um mich
ganz zu uͤberfuͤhren, daß Klaus ein kluͤgerer doch
auch zugleich ein ehrlicherer Spitzbube war, als
ich ihm je zugetraut hatte. So was außerge-
woͤhnliches bleibt im Gedaͤchtniſt kleben, wie Pech.
Jhr koͤnnt euch alſo, meine Leſer, darauf verlaſſen,
daß, was ihr leſen werdet Klauſens wirklicher Ab-
ſchieds-Brief iſt.

Leben Sie wohl, Herr Schnitzer; und verge-
ben Sie, daß ich nicht laͤnger bei Jhnen bleiben
kann. Jch muß nur bekennen, daß ich ſchon ſeit
einiger Zeit darauf bedacht geweſen bin, mich hone-
tement zu retiriren, deßhalb habe ich ein kleines
Capitaͤlchen, was ich mir bei ihnen geſammelt in
ſichere Wechſel umgeſetzt. Was iſt aber das fuͤr
die viele Muͤhe, die ich hatte, Jhre Verſchwen-
dungen zu unterſtuͤtzen, Jhnen verruchte Streiche
und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#STA">
          <p><pb facs="#f0385" n="381"/>
aus zu gehen, oder das Ge&#x017F;cha&#x0364;fte gar ohne mich<lb/>
zu verrichten, welches ich zwar als eine eigenma&#x0364;chti-<lb/>
ge Handlung ho&#x0364;ch&#x017F;t u&#x0364;bel nahm, doch aber ihn, mit<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Treue ich mir&#x017F;chmeichelte, nicht im gering&#x017F;ten<lb/>
Argwohn hatte, daß er mich vo&#x0364;llig prellen und im<lb/>
Stich la&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rde, wiewohl mir die&#x017F;es bei der<lb/>
Nachricht von &#x017F;einer Abrei&#x017F;e durch den Kopf ge-<lb/>
fahren war.</p><lb/>
          <p>Jch o&#x0364;fnete und wollte &#x017F;ehen, was er fu&#x0364;r<lb/>
Gru&#x0364;nde zu &#x017F;einer voreiligen Handlung angeben wu&#x0364;r-<lb/>
de, denn außer den Coffer&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;eln vermuthete ich<lb/>
einen Brief und die&#x017F;en fand ich auch. Jch kann<lb/>
ihn meinen Le&#x017F;ern aus dem Geda&#x0364;chtniß mitthei-<lb/>
len, obwohl ich ihn noch die&#x017F;en Abend verbrann-<lb/>
te, nachdem ich ihn mehrmalen durchgele&#x017F;en, um mich<lb/>
ganz zu u&#x0364;berfu&#x0364;hren, daß Klaus ein klu&#x0364;gerer doch<lb/>
auch zugleich ein ehrlicherer Spitzbube war, als<lb/>
ich ihm je zugetraut hatte. So was außerge-<lb/>
wo&#x0364;hnliches bleibt im Geda&#x0364;chtni&#x017F;t kleben, wie Pech.<lb/>
Jhr ko&#x0364;nnt euch al&#x017F;o, meine Le&#x017F;er, darauf verla&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß, was ihr le&#x017F;en werdet Klau&#x017F;ens wirklicher Ab-<lb/>
&#x017F;chieds-Brief i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Leben Sie wohl, Herr Schnitzer; und verge-<lb/>
ben Sie, daß ich nicht la&#x0364;nger bei Jhnen bleiben<lb/>
kann. Jch muß nur bekennen, daß ich &#x017F;chon &#x017F;eit<lb/>
einiger Zeit darauf bedacht gewe&#x017F;en bin, mich hone-<lb/>
tement zu retiriren, deßhalb habe ich ein kleines<lb/>
Capita&#x0364;lchen, was ich mir bei ihnen ge&#x017F;ammelt in<lb/>
&#x017F;ichere Wech&#x017F;el umge&#x017F;etzt. Was i&#x017F;t aber das fu&#x0364;r<lb/>
die viele Mu&#x0364;he, die ich hatte, Jhre Ver&#x017F;chwen-<lb/>
dungen zu unter&#x017F;tu&#x0364;tzen, Jhnen verruchte Streiche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[381/0385] aus zu gehen, oder das Geſchaͤfte gar ohne mich zu verrichten, welches ich zwar als eine eigenmaͤchti- ge Handlung hoͤchſt uͤbel nahm, doch aber ihn, mit deſſen Treue ich mirſchmeichelte, nicht im geringſten Argwohn hatte, daß er mich voͤllig prellen und im Stich laſſen wuͤrde, wiewohl mir dieſes bei der Nachricht von ſeiner Abreiſe durch den Kopf ge- fahren war. Jch oͤfnete und wollte ſehen, was er fuͤr Gruͤnde zu ſeiner voreiligen Handlung angeben wuͤr- de, denn außer den Cofferſchluͤſſeln vermuthete ich einen Brief und dieſen fand ich auch. Jch kann ihn meinen Leſern aus dem Gedaͤchtniß mitthei- len, obwohl ich ihn noch dieſen Abend verbrann- te, nachdem ich ihn mehrmalen durchgeleſen, um mich ganz zu uͤberfuͤhren, daß Klaus ein kluͤgerer doch auch zugleich ein ehrlicherer Spitzbube war, als ich ihm je zugetraut hatte. So was außerge- woͤhnliches bleibt im Gedaͤchtniſt kleben, wie Pech. Jhr koͤnnt euch alſo, meine Leſer, darauf verlaſſen, daß, was ihr leſen werdet Klauſens wirklicher Ab- ſchieds-Brief iſt. Leben Sie wohl, Herr Schnitzer; und verge- ben Sie, daß ich nicht laͤnger bei Jhnen bleiben kann. Jch muß nur bekennen, daß ich ſchon ſeit einiger Zeit darauf bedacht geweſen bin, mich hone- tement zu retiriren, deßhalb habe ich ein kleines Capitaͤlchen, was ich mir bei ihnen geſammelt in ſichere Wechſel umgeſetzt. Was iſt aber das fuͤr die viele Muͤhe, die ich hatte, Jhre Verſchwen- dungen zu unterſtuͤtzen, Jhnen verruchte Streiche und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/385
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/385>, abgerufen am 22.11.2024.