Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
stände waren, eben sowohl genöthigt, ihr zu entsagen,
als wenn ich es treu gemeint hätte; allein er schätz-
te das verführte Mädchen noch immer, beklagte das-
selbe, und beschloß ihr Rächer zu sein.

Jn dieser schlimmen Absicht trat er, ohne sich
melden zu lassen, oder anzupochen, bei mir ein, ich
wußte nicht, was ich aus dem großen starken Mann
mit dem martialischen Gang und der entschloßnen
Miene machen sollte. Es war aus dem allen, aus
dem ganz vernachläßigten Ceremoniel und dem Ernst
in seinem Gesicht keine fröhliche Bothschaft oder ir-
gend ein Gesuch an mich zu schließen; schon dachte
ich meine Theilnahme an dem Diebstahl bei Knap-
pen wäre entdeckt, und dieser Mann, ohnehin ein
Beamter der Polizei, käme, mir Verhaft anzukün-
digen. Meines Erachtens standen die Häscher,
welche er mitgebracht hatte, draußen bereit, und
Klaus glaubte, wie er mir nachher gestand, eben
das, weshalb wir auch Muth und Fassung ver-
loren.

Sie haben, sagte der Mann, ein Bubenstück an
Dorotheen Müllerinn ausgeübt, welches ich, der sie
ehrlich versorgen wollte, nicht darum ahnde, weil
Sie mich um das Mädchen gebracht haben, dieß
muß ich ihnen verzeihen, wenn Sie es glücklicher
machten als ich konnte, aber Sie haben ein Mäd-
chen, wie es wenige giebt, zu Grunde gerichtet,
dieses verzeihe ich Jhnen nicht! Am Schluß dieser
Rede hob er den Stock auf und sieng kräftig an,
mich zu prügeln. Jch fühlte mich erleichtert, da
nicht von Professor Knappen die Rede war, würde
mit
ſtaͤnde waren, eben ſowohl genoͤthigt, ihr zu entſagen,
als wenn ich es treu gemeint haͤtte; allein er ſchaͤtz-
te das verfuͤhrte Maͤdchen noch immer, beklagte das-
ſelbe, und beſchloß ihr Raͤcher zu ſein.

Jn dieſer ſchlimmen Abſicht trat er, ohne ſich
melden zu laſſen, oder anzupochen, bei mir ein, ich
wußte nicht, was ich aus dem großen ſtarken Mann
mit dem martialiſchen Gang und der entſchloßnen
Miene machen ſollte. Es war aus dem allen, aus
dem ganz vernachlaͤßigten Ceremoniel und dem Ernſt
in ſeinem Geſicht keine froͤhliche Bothſchaft oder ir-
gend ein Geſuch an mich zu ſchließen; ſchon dachte
ich meine Theilnahme an dem Diebſtahl bei Knap-
pen waͤre entdeckt, und dieſer Mann, ohnehin ein
Beamter der Polizei, kaͤme, mir Verhaft anzukuͤn-
digen. Meines Erachtens ſtanden die Haͤſcher,
welche er mitgebracht hatte, draußen bereit, und
Klaus glaubte, wie er mir nachher geſtand, eben
das, weshalb wir auch Muth und Faſſung ver-
loren.

Sie haben, ſagte der Mann, ein Bubenſtuͤck an
Dorotheen Muͤllerinn ausgeuͤbt, welches ich, der ſie
ehrlich verſorgen wollte, nicht darum ahnde, weil
Sie mich um das Maͤdchen gebracht haben, dieß
muß ich ihnen verzeihen, wenn Sie es gluͤcklicher
machten als ich konnte, aber Sie haben ein Maͤd-
chen, wie es wenige giebt, zu Grunde gerichtet,
dieſes verzeihe ich Jhnen nicht! Am Schluß dieſer
Rede hob er den Stock auf und ſieng kraͤftig an,
mich zu pruͤgeln. Jch fuͤhlte mich erleichtert, da
nicht von Profeſſor Knappen die Rede war, wuͤrde
mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#STA">
          <p><pb facs="#f0369" n="365"/>
&#x017F;ta&#x0364;nde waren, eben &#x017F;owohl geno&#x0364;thigt, ihr zu ent&#x017F;agen,<lb/>
als wenn ich es treu gemeint ha&#x0364;tte; allein er &#x017F;cha&#x0364;tz-<lb/>
te das verfu&#x0364;hrte Ma&#x0364;dchen noch immer, beklagte das-<lb/>
&#x017F;elbe, und be&#x017F;chloß ihr Ra&#x0364;cher zu &#x017F;ein.</p><lb/>
          <p>Jn die&#x017F;er &#x017F;chlimmen Ab&#x017F;icht trat er, ohne &#x017F;ich<lb/>
melden zu la&#x017F;&#x017F;en, oder anzupochen, bei mir ein, ich<lb/>
wußte nicht, was ich aus dem großen &#x017F;tarken Mann<lb/>
mit dem martiali&#x017F;chen Gang und der ent&#x017F;chloßnen<lb/>
Miene machen &#x017F;ollte. Es war aus dem allen, aus<lb/>
dem ganz vernachla&#x0364;ßigten Ceremoniel und dem Ern&#x017F;t<lb/>
in &#x017F;einem Ge&#x017F;icht keine fro&#x0364;hliche Both&#x017F;chaft oder ir-<lb/>
gend ein Ge&#x017F;uch an mich zu &#x017F;chließen; &#x017F;chon dachte<lb/>
ich meine Theilnahme an dem Dieb&#x017F;tahl bei Knap-<lb/>
pen wa&#x0364;re entdeckt, und die&#x017F;er Mann, ohnehin ein<lb/>
Beamter der Polizei, ka&#x0364;me, mir Verhaft anzuku&#x0364;n-<lb/>
digen. Meines Erachtens &#x017F;tanden die Ha&#x0364;&#x017F;cher,<lb/>
welche er mitgebracht hatte, draußen bereit, und<lb/>
Klaus glaubte, wie er mir nachher ge&#x017F;tand, eben<lb/>
das, weshalb wir auch Muth und Fa&#x017F;&#x017F;ung ver-<lb/>
loren.</p><lb/>
          <p>Sie haben, &#x017F;agte der Mann, ein Buben&#x017F;tu&#x0364;ck an<lb/>
Dorotheen Mu&#x0364;llerinn ausgeu&#x0364;bt, welches ich, der &#x017F;ie<lb/>
ehrlich ver&#x017F;orgen wollte, nicht darum ahnde, weil<lb/>
Sie mich um das Ma&#x0364;dchen gebracht haben, dieß<lb/>
muß ich ihnen verzeihen, wenn Sie es glu&#x0364;cklicher<lb/>
machten als ich konnte, aber Sie haben ein Ma&#x0364;d-<lb/>
chen, wie es wenige giebt, zu Grunde gerichtet,<lb/>
die&#x017F;es verzeihe ich Jhnen nicht! Am Schluß die&#x017F;er<lb/>
Rede hob er den Stock auf und &#x017F;ieng kra&#x0364;ftig an,<lb/>
mich zu pru&#x0364;geln. Jch fu&#x0364;hlte mich erleichtert, da<lb/>
nicht von Profe&#x017F;&#x017F;or Knappen die Rede war, wu&#x0364;rde<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[365/0369] ſtaͤnde waren, eben ſowohl genoͤthigt, ihr zu entſagen, als wenn ich es treu gemeint haͤtte; allein er ſchaͤtz- te das verfuͤhrte Maͤdchen noch immer, beklagte das- ſelbe, und beſchloß ihr Raͤcher zu ſein. Jn dieſer ſchlimmen Abſicht trat er, ohne ſich melden zu laſſen, oder anzupochen, bei mir ein, ich wußte nicht, was ich aus dem großen ſtarken Mann mit dem martialiſchen Gang und der entſchloßnen Miene machen ſollte. Es war aus dem allen, aus dem ganz vernachlaͤßigten Ceremoniel und dem Ernſt in ſeinem Geſicht keine froͤhliche Bothſchaft oder ir- gend ein Geſuch an mich zu ſchließen; ſchon dachte ich meine Theilnahme an dem Diebſtahl bei Knap- pen waͤre entdeckt, und dieſer Mann, ohnehin ein Beamter der Polizei, kaͤme, mir Verhaft anzukuͤn- digen. Meines Erachtens ſtanden die Haͤſcher, welche er mitgebracht hatte, draußen bereit, und Klaus glaubte, wie er mir nachher geſtand, eben das, weshalb wir auch Muth und Faſſung ver- loren. Sie haben, ſagte der Mann, ein Bubenſtuͤck an Dorotheen Muͤllerinn ausgeuͤbt, welches ich, der ſie ehrlich verſorgen wollte, nicht darum ahnde, weil Sie mich um das Maͤdchen gebracht haben, dieß muß ich ihnen verzeihen, wenn Sie es gluͤcklicher machten als ich konnte, aber Sie haben ein Maͤd- chen, wie es wenige giebt, zu Grunde gerichtet, dieſes verzeihe ich Jhnen nicht! Am Schluß dieſer Rede hob er den Stock auf und ſieng kraͤftig an, mich zu pruͤgeln. Jch fuͤhlte mich erleichtert, da nicht von Profeſſor Knappen die Rede war, wuͤrde mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/369
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/369>, abgerufen am 22.11.2024.