Verlustes untröstlich war, und sich nicht darein finden konnte, um eine so große Summe gekom- men zu seyn; er wollte nicht länger leben, er ein armer Mann, der nicht nur selbst so viel von dem Seinigen verloren, sondern auch den Schmuck ersetzen müßte. (Jch erfuhr bei dieser Gelegenheit, wie hoch er taxirt ward, als Knapp die 15000 Thaler darauf geborgt hatte, und konnte mich also dar- nach richten.)
Madam Knapp kam auf die Nachricht von dem gehabten Unglück ihres Mannes in die Stadt, um ihm klagen zu helfen, zu trösten und zu pflegen, allein er wollte lieber dem allen entsagen, als zu- lassen, daß ihre Gegenwart die Kosten im Hause vermehrte; seine Unruhe darüber war so groß, daß die gute Frau, um nicht auch dadurch die Bes- ferung zu hindern, wieder abreiste.
Seine Genesung erfolgte so bald nicht, er ver- fiel, da er auch würklich körperlich besser war, in einen Tiefsinn, der ihn zu den Obliegenheiten sei- ner Amtes völlig untüchtig machte, und man war hierüber bei der Universität um so eher ge- tröstet, da seine Herren Collegen ohnehin wenig mehr auf ihn gehalten hatten, jetzt aber noch mehr wünschten, einen so sehr beschämten Mann nicht länger unter ihre Mitglieder zählen zu dürfen; denn
sein
Verluſtes untroͤſtlich war, und ſich nicht darein finden konnte, um eine ſo große Summe gekom- men zu ſeyn; er wollte nicht laͤnger leben, er ein armer Mann, der nicht nur ſelbſt ſo viel von dem Seinigen verloren, ſondern auch den Schmuck erſetzen muͤßte. (Jch erfuhr bei dieſer Gelegenheit, wie hoch er taxirt ward, als Knapp die 15000 Thaler darauf geborgt hatte, und konnte mich alſo dar- nach richten.)
Madam Knapp kam auf die Nachricht von dem gehabten Ungluͤck ihres Mannes in die Stadt, um ihm klagen zu helfen, zu troͤſten und zu pflegen, allein er wollte lieber dem allen entſagen, als zu- laſſen, daß ihre Gegenwart die Koſten im Hauſe vermehrte; ſeine Unruhe daruͤber war ſo groß, daß die gute Frau, um nicht auch dadurch die Bes- ferung zu hindern, wieder abreiſte.
Seine Geneſung erfolgte ſo bald nicht, er ver- fiel, da er auch wuͤrklich koͤrperlich beſſer war, in einen Tiefſinn, der ihn zu den Obliegenheiten ſei- ner Amtes voͤllig untuͤchtig machte, und man war hieruͤber bei der Univerſitaͤt um ſo eher ge- troͤſtet, da ſeine Herren Collegen ohnehin wenig mehr auf ihn gehalten hatten, jetzt aber noch mehr wuͤnſchten, einen ſo ſehr beſchaͤmten Mann nicht laͤnger unter ihre Mitglieder zaͤhlen zu duͤrfen; denn
ſein
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Verluſtes untroͤſtlich war, und ſich nicht darein
finden konnte, um eine ſo große Summe gekom-
men zu ſeyn; er wollte nicht laͤnger leben, er ein
armer Mann, der nicht nur ſelbſt ſo viel von dem
Seinigen verloren, ſondern auch den Schmuck erſetzen
muͤßte. (Jch erfuhr bei dieſer Gelegenheit, wie
hoch er taxirt ward, als Knapp die 15000 Thaler
darauf geborgt hatte, und konnte mich alſo dar-
nach richten.)
Madam Knapp kam auf die Nachricht von
dem gehabten Ungluͤck ihres Mannes in die Stadt,
um ihm klagen zu helfen, zu troͤſten und zu pflegen,
allein er wollte lieber dem allen entſagen, als zu-
laſſen, daß ihre Gegenwart die Koſten im Hauſe
vermehrte; ſeine Unruhe daruͤber war ſo groß, daß
die gute Frau, um nicht auch dadurch die Bes-
ferung zu hindern, wieder abreiſte.
Seine Geneſung erfolgte ſo bald nicht, er ver-
fiel, da er auch wuͤrklich koͤrperlich beſſer war, in
einen Tiefſinn, der ihn zu den Obliegenheiten ſei-
ner Amtes voͤllig untuͤchtig machte, und man
war hieruͤber bei der Univerſitaͤt um ſo eher ge-
troͤſtet, da ſeine Herren Collegen ohnehin wenig
mehr auf ihn gehalten hatten, jetzt aber noch mehr
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laͤnger unter ihre Mitglieder zaͤhlen zu duͤrfen; denn
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/348>, abgerufen am 22.11.2024.
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