Beifall ihrer Tante, doch war diese oft beküm- mert gewesen, daß ich keine ernstliche Absicht ha- ben möchte, und wenn diese Furcht gegründet sein sollte, dann auch die Hand des braven Mannes, der Dorchen so glücklich machen wollte, als es sei- ne Kräfte zuließen, verscherzt sey. Sie hatte dar- über oft genärgelt, und Drotheen Angst und We- he gemacht, welches alles diese mir jetzt mit tri- umphirender Miene erzählte. Wäre ich Schwach- heiten unterworfen gewesen, so hätte mich diese Erzählung zur Bereung meines Vorhabens be- wegen können, und mich denn wohl gar vermocht, Ernst mit Dorotheen zu machen, ein ordentlicher Mensch zu werden, und so die Zeit zu erwarten, wo ich sie würklich ernähren konnte. Aus Noth- wendigkeit hätte mir die Talente, und aus Liebe die Nichte verziehen, wenn ich meine Schwindeleien bekannt, und dafür feste Treue für die Zukunft, die mir doch immer günstig seyn mußte, angelobt hätte. Aber von einem so kindischen Betragen war ich kein Freund, eben so wenig von Aenderung meiner Plane und Gesinnungen, weil etwa Jammern. Unglück anderer Personen daraus entstehen konnte.
Nach einigen Tagen schlug ich Madam Star- kinn eine Spatzierfahrt vor, sie willigte ein, und Dorchen freute sich unendlich, mit ihrem künftigen
Gatten
Beifall ihrer Tante, doch war dieſe oft bekuͤm- mert geweſen, daß ich keine ernſtliche Abſicht ha- ben moͤchte, und wenn dieſe Furcht gegruͤndet ſein ſollte, dann auch die Hand des braven Mannes, der Dorchen ſo gluͤcklich machen wollte, als es ſei- ne Kraͤfte zuließen, verſcherzt ſey. Sie hatte dar- uͤber oft genaͤrgelt, und Drotheen Angſt und We- he gemacht, welches alles dieſe mir jetzt mit tri- umphirender Miene erzaͤhlte. Waͤre ich Schwach- heiten unterworfen geweſen, ſo haͤtte mich dieſe Erzaͤhlung zur Bereung meines Vorhabens be- wegen koͤnnen, und mich denn wohl gar vermocht, Ernſt mit Dorotheen zu machen, ein ordentlicher Menſch zu werden, und ſo die Zeit zu erwarten, wo ich ſie wuͤrklich ernaͤhren konnte. Aus Noth- wendigkeit haͤtte mir die Talente, und aus Liebe die Nichte verziehen, wenn ich meine Schwindeleien bekannt, und dafuͤr feſte Treue fuͤr die Zukunft, die mir doch immer guͤnſtig ſeyn mußte, angelobt haͤtte. Aber von einem ſo kindiſchen Betragen war ich kein Freund, eben ſo wenig von Aenderung meiner Plane und Geſinnungen, weil etwa Jammern. Ungluͤck anderer Perſonen daraus entſtehen konnte.
Nach einigen Tagen ſchlug ich Madam Star- kinn eine Spatzierfahrt vor, ſie willigte ein, und Dorchen freute ſich unendlich, mit ihrem kuͤnftigen
Gatten
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Beifall ihrer Tante, doch war dieſe oft bekuͤm-
mert geweſen, daß ich keine ernſtliche Abſicht ha-
ben moͤchte, und wenn dieſe Furcht gegruͤndet ſein
ſollte, dann auch die Hand des braven Mannes,
der Dorchen ſo gluͤcklich machen wollte, als es ſei-
ne Kraͤfte zuließen, verſcherzt ſey. Sie hatte dar-
uͤber oft genaͤrgelt, und Drotheen Angſt und We-
he gemacht, welches alles dieſe mir jetzt mit tri-
umphirender Miene erzaͤhlte. Waͤre ich Schwach-
heiten unterworfen geweſen, ſo haͤtte mich dieſe
Erzaͤhlung zur Bereung meines Vorhabens be-
wegen koͤnnen, und mich denn wohl gar vermocht,
Ernſt mit Dorotheen zu machen, ein ordentlicher
Menſch zu werden, und ſo die Zeit zu erwarten,
wo ich ſie wuͤrklich ernaͤhren konnte. Aus Noth-
wendigkeit haͤtte mir die Talente, und aus Liebe die
Nichte verziehen, wenn ich meine Schwindeleien
bekannt, und dafuͤr feſte Treue fuͤr die Zukunft,
die mir doch immer guͤnſtig ſeyn mußte, angelobt
haͤtte. Aber von einem ſo kindiſchen Betragen war
ich kein Freund, eben ſo wenig von Aenderung
meiner Plane und Geſinnungen, weil etwa Jammern.
Ungluͤck anderer Perſonen daraus entſtehen konnte.
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/326>, abgerufen am 22.11.2024.
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