Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

d. h. ich war gern dabei, wenn der unzüchtigste
Scherz mit ihnen getrieben wurde; doch genauer
ward ich selten mit einer Thiermenschin von dieser
verworfensten Klasse bekannt. Hingegen suchte ich
entweder mein Glück bei artigen Weibern, oder
bei unschuldigen Mädchen zu machen, und es ge-
lang mir, weil ich Geschenke machen konnte, und
für keinen unebnen Purschen galt. Oft also hatte
ich die Freude, einen Ehemann, der sein junges
Weibchen nicht im mindesten im Verdacht hatte,
zu krönen, und Mütter zu hintergehen, welche
ihre kaum aufgeblühten Mädchen in der Nähschule
glaubten, oder in irgend einem Geschäft ausge-
schickt hatten, indem ich die letzten indessen an ei-
nem dritten Ort, wohin ich sie beschieden hatte,
in den Geheimnissen der holden Venus unter-
richtete.

Eben dieses hatte ich einer gewissen Dorothea
Müllerinn zudedacht, welche von keiner Mutter
mehr abhing, aber unter dem Commando einer Tante
stand. Es war ein liebes süßes Geschöpf, diese
Dorothea, ich hätte mich, als ich sie zum er-
stenmal sah, in vollem Ernst in sie verliebt, wenn
mein an bloße Sinnlichkeit und an den Genuß des
Augenblicks gewöhnter Geschmack mir das Gefühl,
welches man eigentlich Liebe nennt, zugelassen hätte.

Hierzu

d. h. ich war gern dabei, wenn der unzuͤchtigſte
Scherz mit ihnen getrieben wurde; doch genauer
ward ich ſelten mit einer Thiermenſchin von dieſer
verworfenſten Klaſſe bekannt. Hingegen ſuchte ich
entweder mein Gluͤck bei artigen Weibern, oder
bei unſchuldigen Maͤdchen zu machen, und es ge-
lang mir, weil ich Geſchenke machen konnte, und
fuͤr keinen unebnen Purſchen galt. Oft alſo hatte
ich die Freude, einen Ehemann, der ſein junges
Weibchen nicht im mindeſten im Verdacht hatte,
zu kroͤnen, und Muͤtter zu hintergehen, welche
ihre kaum aufgebluͤhten Maͤdchen in der Naͤhſchule
glaubten, oder in irgend einem Geſchaͤft ausge-
ſchickt hatten, indem ich die letzten indeſſen an ei-
nem dritten Ort, wohin ich ſie beſchieden hatte,
in den Geheimniſſen der holden Venus unter-
richtete.

Eben dieſes hatte ich einer gewiſſen Dorothea
Muͤllerinn zudedacht, welche von keiner Mutter
mehr abhing, aber unter dem Commando einer Tante
ſtand. Es war ein liebes ſuͤßes Geſchoͤpf, dieſe
Dorothea, ich haͤtte mich, als ich ſie zum er-
ſtenmal ſah, in vollem Ernſt in ſie verliebt, wenn
mein an bloße Sinnlichkeit und an den Genuß des
Augenblicks gewoͤhnter Geſchmack mir das Gefuͤhl,
welches man eigentlich Liebe nennt, zugelaſſen haͤtte.

Hierzu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0314" n="310"/>
d. h. ich war gern dabei, wenn der unzu&#x0364;chtig&#x017F;te<lb/>
Scherz mit ihnen getrieben wurde; doch genauer<lb/>
ward ich &#x017F;elten mit einer Thiermen&#x017F;chin von die&#x017F;er<lb/>
verworfen&#x017F;ten Kla&#x017F;&#x017F;e bekannt. Hingegen &#x017F;uchte ich<lb/>
entweder mein Glu&#x0364;ck bei artigen Weibern, oder<lb/>
bei un&#x017F;chuldigen Ma&#x0364;dchen zu machen, und es ge-<lb/>
lang mir, weil ich Ge&#x017F;chenke machen konnte, und<lb/>
fu&#x0364;r keinen unebnen Pur&#x017F;chen galt. Oft al&#x017F;o hatte<lb/>
ich die Freude, einen Ehemann, der &#x017F;ein junges<lb/>
Weibchen nicht im minde&#x017F;ten im Verdacht hatte,<lb/>
zu kro&#x0364;nen, und Mu&#x0364;tter zu hintergehen, welche<lb/>
ihre kaum aufgeblu&#x0364;hten Ma&#x0364;dchen in der Na&#x0364;h&#x017F;chule<lb/>
glaubten, oder in irgend einem Ge&#x017F;cha&#x0364;ft ausge-<lb/>
&#x017F;chickt hatten, indem ich die letzten inde&#x017F;&#x017F;en an ei-<lb/>
nem dritten Ort, wohin ich &#x017F;ie be&#x017F;chieden hatte,<lb/>
in den Geheimni&#x017F;&#x017F;en der holden Venus unter-<lb/>
richtete.</p><lb/>
        <p>Eben die&#x017F;es hatte ich einer gewi&#x017F;&#x017F;en Dorothea<lb/>
Mu&#x0364;llerinn zudedacht, welche von keiner Mutter<lb/>
mehr abhing, aber unter dem Commando einer Tante<lb/>
&#x017F;tand. Es war ein liebes &#x017F;u&#x0364;ßes Ge&#x017F;cho&#x0364;pf, die&#x017F;e<lb/>
Dorothea, ich ha&#x0364;tte mich, als ich &#x017F;ie zum er-<lb/>
&#x017F;tenmal &#x017F;ah, in vollem Ern&#x017F;t in &#x017F;ie verliebt, wenn<lb/>
mein an bloße Sinnlichkeit und an den Genuß des<lb/>
Augenblicks gewo&#x0364;hnter Ge&#x017F;chmack mir das Gefu&#x0364;hl,<lb/>
welches man eigentlich Liebe nennt, zugela&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Hierzu</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0314] d. h. ich war gern dabei, wenn der unzuͤchtigſte Scherz mit ihnen getrieben wurde; doch genauer ward ich ſelten mit einer Thiermenſchin von dieſer verworfenſten Klaſſe bekannt. Hingegen ſuchte ich entweder mein Gluͤck bei artigen Weibern, oder bei unſchuldigen Maͤdchen zu machen, und es ge- lang mir, weil ich Geſchenke machen konnte, und fuͤr keinen unebnen Purſchen galt. Oft alſo hatte ich die Freude, einen Ehemann, der ſein junges Weibchen nicht im mindeſten im Verdacht hatte, zu kroͤnen, und Muͤtter zu hintergehen, welche ihre kaum aufgebluͤhten Maͤdchen in der Naͤhſchule glaubten, oder in irgend einem Geſchaͤft ausge- ſchickt hatten, indem ich die letzten indeſſen an ei- nem dritten Ort, wohin ich ſie beſchieden hatte, in den Geheimniſſen der holden Venus unter- richtete. Eben dieſes hatte ich einer gewiſſen Dorothea Muͤllerinn zudedacht, welche von keiner Mutter mehr abhing, aber unter dem Commando einer Tante ſtand. Es war ein liebes ſuͤßes Geſchoͤpf, dieſe Dorothea, ich haͤtte mich, als ich ſie zum er- ſtenmal ſah, in vollem Ernſt in ſie verliebt, wenn mein an bloße Sinnlichkeit und an den Genuß des Augenblicks gewoͤhnter Geſchmack mir das Gefuͤhl, welches man eigentlich Liebe nennt, zugelaſſen haͤtte. Hierzu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/314
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/314>, abgerufen am 22.11.2024.