d. h. ich war gern dabei, wenn der unzüchtigste Scherz mit ihnen getrieben wurde; doch genauer ward ich selten mit einer Thiermenschin von dieser verworfensten Klasse bekannt. Hingegen suchte ich entweder mein Glück bei artigen Weibern, oder bei unschuldigen Mädchen zu machen, und es ge- lang mir, weil ich Geschenke machen konnte, und für keinen unebnen Purschen galt. Oft also hatte ich die Freude, einen Ehemann, der sein junges Weibchen nicht im mindesten im Verdacht hatte, zu krönen, und Mütter zu hintergehen, welche ihre kaum aufgeblühten Mädchen in der Nähschule glaubten, oder in irgend einem Geschäft ausge- schickt hatten, indem ich die letzten indessen an ei- nem dritten Ort, wohin ich sie beschieden hatte, in den Geheimnissen der holden Venus unter- richtete.
Eben dieses hatte ich einer gewissen Dorothea Müllerinn zudedacht, welche von keiner Mutter mehr abhing, aber unter dem Commando einer Tante stand. Es war ein liebes süßes Geschöpf, diese Dorothea, ich hätte mich, als ich sie zum er- stenmal sah, in vollem Ernst in sie verliebt, wenn mein an bloße Sinnlichkeit und an den Genuß des Augenblicks gewöhnter Geschmack mir das Gefühl, welches man eigentlich Liebe nennt, zugelassen hätte.
Hierzu
d. h. ich war gern dabei, wenn der unzuͤchtigſte Scherz mit ihnen getrieben wurde; doch genauer ward ich ſelten mit einer Thiermenſchin von dieſer verworfenſten Klaſſe bekannt. Hingegen ſuchte ich entweder mein Gluͤck bei artigen Weibern, oder bei unſchuldigen Maͤdchen zu machen, und es ge- lang mir, weil ich Geſchenke machen konnte, und fuͤr keinen unebnen Purſchen galt. Oft alſo hatte ich die Freude, einen Ehemann, der ſein junges Weibchen nicht im mindeſten im Verdacht hatte, zu kroͤnen, und Muͤtter zu hintergehen, welche ihre kaum aufgebluͤhten Maͤdchen in der Naͤhſchule glaubten, oder in irgend einem Geſchaͤft ausge- ſchickt hatten, indem ich die letzten indeſſen an ei- nem dritten Ort, wohin ich ſie beſchieden hatte, in den Geheimniſſen der holden Venus unter- richtete.
Eben dieſes hatte ich einer gewiſſen Dorothea Muͤllerinn zudedacht, welche von keiner Mutter mehr abhing, aber unter dem Commando einer Tante ſtand. Es war ein liebes ſuͤßes Geſchoͤpf, dieſe Dorothea, ich haͤtte mich, als ich ſie zum er- ſtenmal ſah, in vollem Ernſt in ſie verliebt, wenn mein an bloße Sinnlichkeit und an den Genuß des Augenblicks gewoͤhnter Geſchmack mir das Gefuͤhl, welches man eigentlich Liebe nennt, zugelaſſen haͤtte.
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d. h. ich war gern dabei, wenn der unzuͤchtigſte
Scherz mit ihnen getrieben wurde; doch genauer
ward ich ſelten mit einer Thiermenſchin von dieſer
verworfenſten Klaſſe bekannt. Hingegen ſuchte ich
entweder mein Gluͤck bei artigen Weibern, oder
bei unſchuldigen Maͤdchen zu machen, und es ge-
lang mir, weil ich Geſchenke machen konnte, und
fuͤr keinen unebnen Purſchen galt. Oft alſo hatte
ich die Freude, einen Ehemann, der ſein junges
Weibchen nicht im mindeſten im Verdacht hatte,
zu kroͤnen, und Muͤtter zu hintergehen, welche
ihre kaum aufgebluͤhten Maͤdchen in der Naͤhſchule
glaubten, oder in irgend einem Geſchaͤft ausge-
ſchickt hatten, indem ich die letzten indeſſen an ei-
nem dritten Ort, wohin ich ſie beſchieden hatte,
in den Geheimniſſen der holden Venus unter-
richtete.
Eben dieſes hatte ich einer gewiſſen Dorothea
Muͤllerinn zudedacht, welche von keiner Mutter
mehr abhing, aber unter dem Commando einer Tante
ſtand. Es war ein liebes ſuͤßes Geſchoͤpf, dieſe
Dorothea, ich haͤtte mich, als ich ſie zum er-
ſtenmal ſah, in vollem Ernſt in ſie verliebt, wenn
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/314>, abgerufen am 22.11.2024.
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