gestanden. Er aber habe diesen Argwohn nie fah- ren gelassen, und gäbe seitdem den Wein in die Ver- wahrung seines Bedienten, der ihm jede Bouteille bringen, und wenn er berauscht wäre, nicht von der Stelle weichen dürfte, um den Wein zu bewa- chen und ihm einzugießen. So genösse er, der Ba- ron, auch keine Speise, wenn nicht seine zärtliche Gemahlinn in gleich starker Portion davon zu sich nähme.
Jndem diese nun bis jetzt die Gelegenheit noch nicht hätte erhaschen können, sich von ihrem theu- ren Gatten zu befreien, suchte sie ihn wenigstens auf alle Art zu bevortheilen, sie säh es gern, wenn er trunken wäre, weil alsdann, wie gesagt, sein Bedienter zur Stelle bleiben müßte, und sie Zeit hätte seine Kasse zu bestehlen, welche in seinem Schlafzimmer neben dem Bette stände, so wie sie ihren Vorrath von Gelde gleichfalls in dem ihrigen verwahrte.
Jch glaube gewiß, hatte der Bediente meiner Mutter hinzugesetzt, daß auch der Baron seiner Ehehälfte gern davon hülfe, sie ist aber gleichfalls auf ihrer Hut, auch scheint es, daß er es immer wieder vergißt, und zu keiner gehörigen Veranstal- tung kommen kann, weil er des Vormittags matt und träge vom gestrigen Rausch, und vom Nach-
mittag
geſtanden. Er aber habe dieſen Argwohn nie fah- ren gelaſſen, und gaͤbe ſeitdem den Wein in die Ver- wahrung ſeines Bedienten, der ihm jede Bouteille bringen, und wenn er berauſcht waͤre, nicht von der Stelle weichen duͤrfte, um den Wein zu bewa- chen und ihm einzugießen. So genoͤſſe er, der Ba- ron, auch keine Speiſe, wenn nicht ſeine zaͤrtliche Gemahlinn in gleich ſtarker Portion davon zu ſich naͤhme.
Jndem dieſe nun bis jetzt die Gelegenheit noch nicht haͤtte erhaſchen koͤnnen, ſich von ihrem theu- ren Gatten zu befreien, ſuchte ſie ihn wenigſtens auf alle Art zu bevortheilen, ſie ſaͤh es gern, wenn er trunken waͤre, weil alsdann, wie geſagt, ſein Bedienter zur Stelle bleiben muͤßte, und ſie Zeit haͤtte ſeine Kaſſe zu beſtehlen, welche in ſeinem Schlafzimmer neben dem Bette ſtaͤnde, ſo wie ſie ihren Vorrath von Gelde gleichfalls in dem ihrigen verwahrte.
Jch glaube gewiß, hatte der Bediente meiner Mutter hinzugeſetzt, daß auch der Baron ſeiner Ehehaͤlfte gern davon huͤlfe, ſie iſt aber gleichfalls auf ihrer Hut, auch ſcheint es, daß er es immer wieder vergißt, und zu keiner gehoͤrigen Veranſtal- tung kommen kann, weil er des Vormittags matt und traͤge vom geſtrigen Rauſch, und vom Nach-
mittag
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geſtanden. Er aber habe dieſen Argwohn nie fah-
ren gelaſſen, und gaͤbe ſeitdem den Wein in die Ver-
wahrung ſeines Bedienten, der ihm jede Bouteille
bringen, und wenn er berauſcht waͤre, nicht von
der Stelle weichen duͤrfte, um den Wein zu bewa-
chen und ihm einzugießen. So genoͤſſe er, der Ba-
ron, auch keine Speiſe, wenn nicht ſeine zaͤrtliche
Gemahlinn in gleich ſtarker Portion davon zu ſich
naͤhme.
Jndem dieſe nun bis jetzt die Gelegenheit noch
nicht haͤtte erhaſchen koͤnnen, ſich von ihrem theu-
ren Gatten zu befreien, ſuchte ſie ihn wenigſtens
auf alle Art zu bevortheilen, ſie ſaͤh es gern, wenn
er trunken waͤre, weil alsdann, wie geſagt, ſein
Bedienter zur Stelle bleiben muͤßte, und ſie Zeit
haͤtte ſeine Kaſſe zu beſtehlen, welche in ſeinem
Schlafzimmer neben dem Bette ſtaͤnde, ſo wie ſie
ihren Vorrath von Gelde gleichfalls in dem ihrigen
verwahrte.
Jch glaube gewiß, hatte der Bediente meiner
Mutter hinzugeſetzt, daß auch der Baron ſeiner
Ehehaͤlfte gern davon huͤlfe, ſie iſt aber gleichfalls
auf ihrer Hut, auch ſcheint es, daß er es immer
wieder vergißt, und zu keiner gehoͤrigen Veranſtal-
tung kommen kann, weil er des Vormittags matt
und traͤge vom geſtrigen Rauſch, und vom Nach-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/294>, abgerufen am 22.11.2024.
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