Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

wäre ihm und seinem Bruder von der Mutter oft
unter Danksagungen gegen den lieben Gott, der
sich der Armen erbarmte, erzählt worden, aber
davon wollte nun die stolze Dame nichts mehr
wissen.

Dies alles erzählte Friedrich im Vorhause so
laut und in so polterndem Tone, daß der Herr des
Hauses halb benebelt aus seinem Zimmer hervor-
kam, um zu sehen, was es für Lärm gäbe. Meine
Mutter vernahm nicht sobald die Stimme ihres
Hausherrn, als sie in Hoffnung seiner Unterstützung
die Thür, welche sie vorhin verschlossen hatte, auf-
that und ihn bat, diesen Betrüger, der sich für
ihren Bruder ausgäbe, durch Bedienten und Knech-
te aus Haus und Hof bringen zu lassen; Friedrich
ward noch erbitterter, aber der Baron erhob die
Stimme, machte Anstalt, das, worauf seine Frau
angetragen hatte, zu verfügen, und jener sah sich
genöthigt der Uebermacht zu weichen.

Er begab sich ins Wirthshaus, um dort aus-
zuruhen; als seine Frau Schwester dies hörte,
fürchtete sie die Rache, wenigstens das fortgesetzte
Schmähen ihres Bruders, und entschloß sich, ihn
wieder rufen zu lassen, doch sprach sie ihn nicht
im Hause, sondern in einem ans Haus stoßenden
Garten, wohin man ihn durch eine Hinterthür brin-
gen mußte.

Dort

waͤre ihm und ſeinem Bruder von der Mutter oft
unter Dankſagungen gegen den lieben Gott, der
ſich der Armen erbarmte, erzaͤhlt worden, aber
davon wollte nun die ſtolze Dame nichts mehr
wiſſen.

Dies alles erzaͤhlte Friedrich im Vorhauſe ſo
laut und in ſo polterndem Tone, daß der Herr des
Hauſes halb benebelt aus ſeinem Zimmer hervor-
kam, um zu ſehen, was es fuͤr Laͤrm gaͤbe. Meine
Mutter vernahm nicht ſobald die Stimme ihres
Hausherrn, als ſie in Hoffnung ſeiner Unterſtuͤtzung
die Thuͤr, welche ſie vorhin verſchloſſen hatte, auf-
that und ihn bat, dieſen Betruͤger, der ſich fuͤr
ihren Bruder ausgaͤbe, durch Bedienten und Knech-
te aus Haus und Hof bringen zu laſſen; Friedrich
ward noch erbitterter, aber der Baron erhob die
Stimme, machte Anſtalt, das, worauf ſeine Frau
angetragen hatte, zu verfuͤgen, und jener ſah ſich
genoͤthigt der Uebermacht zu weichen.

Er begab ſich ins Wirthshaus, um dort aus-
zuruhen; als ſeine Frau Schweſter dies hoͤrte,
fuͤrchtete ſie die Rache, wenigſtens das fortgeſetzte
Schmaͤhen ihres Bruders, und entſchloß ſich, ihn
wieder rufen zu laſſen, doch ſprach ſie ihn nicht
im Hauſe, ſondern in einem ans Haus ſtoßenden
Garten, wohin man ihn durch eine Hinterthuͤr brin-
gen mußte.

Dort
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0291" n="287"/>
wa&#x0364;re ihm und &#x017F;einem Bruder von der Mutter oft<lb/>
unter Dank&#x017F;agungen gegen den lieben Gott, der<lb/>
&#x017F;ich der Armen erbarmte, erza&#x0364;hlt worden, aber<lb/>
davon wollte nun die &#x017F;tolze Dame nichts mehr<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Dies alles erza&#x0364;hlte Friedrich im Vorhau&#x017F;e &#x017F;o<lb/>
laut und in &#x017F;o polterndem Tone, daß der Herr des<lb/>
Hau&#x017F;es halb benebelt aus &#x017F;einem Zimmer hervor-<lb/>
kam, um zu &#x017F;ehen, was es fu&#x0364;r La&#x0364;rm ga&#x0364;be. Meine<lb/>
Mutter vernahm nicht &#x017F;obald die Stimme ihres<lb/>
Hausherrn, als &#x017F;ie in Hoffnung &#x017F;einer Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung<lb/>
die Thu&#x0364;r, welche &#x017F;ie vorhin ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hatte, auf-<lb/>
that und ihn bat, die&#x017F;en Betru&#x0364;ger, der &#x017F;ich fu&#x0364;r<lb/>
ihren Bruder ausga&#x0364;be, durch Bedienten und Knech-<lb/>
te aus Haus und Hof bringen zu la&#x017F;&#x017F;en; Friedrich<lb/>
ward noch erbitterter, aber der Baron erhob die<lb/>
Stimme, machte An&#x017F;talt, das, worauf &#x017F;eine Frau<lb/>
angetragen hatte, zu verfu&#x0364;gen, und jener &#x017F;ah &#x017F;ich<lb/>
geno&#x0364;thigt der Uebermacht zu weichen.</p><lb/>
        <p>Er begab &#x017F;ich ins Wirthshaus, um dort aus-<lb/>
zuruhen; als &#x017F;eine Frau Schwe&#x017F;ter dies ho&#x0364;rte,<lb/>
fu&#x0364;rchtete &#x017F;ie die Rache, wenig&#x017F;tens das fortge&#x017F;etzte<lb/>
Schma&#x0364;hen ihres Bruders, und ent&#x017F;chloß &#x017F;ich, ihn<lb/>
wieder rufen zu la&#x017F;&#x017F;en, doch &#x017F;prach &#x017F;ie ihn nicht<lb/>
im Hau&#x017F;e, &#x017F;ondern in einem ans Haus &#x017F;toßenden<lb/>
Garten, wohin man ihn durch eine Hinterthu&#x0364;r brin-<lb/>
gen mußte.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Dort</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0291] waͤre ihm und ſeinem Bruder von der Mutter oft unter Dankſagungen gegen den lieben Gott, der ſich der Armen erbarmte, erzaͤhlt worden, aber davon wollte nun die ſtolze Dame nichts mehr wiſſen. Dies alles erzaͤhlte Friedrich im Vorhauſe ſo laut und in ſo polterndem Tone, daß der Herr des Hauſes halb benebelt aus ſeinem Zimmer hervor- kam, um zu ſehen, was es fuͤr Laͤrm gaͤbe. Meine Mutter vernahm nicht ſobald die Stimme ihres Hausherrn, als ſie in Hoffnung ſeiner Unterſtuͤtzung die Thuͤr, welche ſie vorhin verſchloſſen hatte, auf- that und ihn bat, dieſen Betruͤger, der ſich fuͤr ihren Bruder ausgaͤbe, durch Bedienten und Knech- te aus Haus und Hof bringen zu laſſen; Friedrich ward noch erbitterter, aber der Baron erhob die Stimme, machte Anſtalt, das, worauf ſeine Frau angetragen hatte, zu verfuͤgen, und jener ſah ſich genoͤthigt der Uebermacht zu weichen. Er begab ſich ins Wirthshaus, um dort aus- zuruhen; als ſeine Frau Schweſter dies hoͤrte, fuͤrchtete ſie die Rache, wenigſtens das fortgeſetzte Schmaͤhen ihres Bruders, und entſchloß ſich, ihn wieder rufen zu laſſen, doch ſprach ſie ihn nicht im Hauſe, ſondern in einem ans Haus ſtoßenden Garten, wohin man ihn durch eine Hinterthuͤr brin- gen mußte. Dort

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/291
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/291>, abgerufen am 25.11.2024.