Sie auf ein paar Jahr ins Zuchthaus sollen; wenn das ist, will ich mein Geld verliehren.
Jch war ziemlich geneigt zu glauben, daß Frau Elfenbein im Ernst spräche, und wußte nicht so recht gewiß, ob der Herr Pappa wegen des Zuchthauses nicht ähnlicher Meinung sein würde, um die Probe nicht zu machen, rief ich sie, die mit diesem Ent- schluß wegging, mit Freundlichkeit zurück, und bat sie zu hören, was meine Mutter mir geschrieben hätte. Da ich ihr nur blos den Schluß des Brie- fes vorlas, aus dem sie ersah, daß dem Baron Treff noch nichts von meinen Schulden wissend war, so versöhnte sie sich so weit mit mir, daß sie versprach, bis zum letzten Augenblick meine Freun- dinn zu bleiben und nicht zu verrathen, wenn ich ihr vor meiner Abreise das Geld von meiner Mut- ter schaffen würde. Jch versprach es ihr, allein sie wollte sich auch darauf nicht verlassen, sondern den streitigen Punkt auf einmal heben, also mußte Mei- ster Elfenbein alles, was ich begangen hatte, nach der Ordnung zu Papiere bringen. Diese Species facti legte sie einem Brief an meine Mutter bei, in welchem sie es ihrer Beurtheilung überließ, ob Leute, welche mir so viel lüderliche und böse Streiche übersehen und verheimlicht hätten, wohl verdien- ten als Betrüger behandelt zu werden? und ob
solche
Sie auf ein paar Jahr ins Zuchthaus ſollen; wenn das iſt, will ich mein Geld verliehren.
Jch war ziemlich geneigt zu glauben, daß Frau Elfenbein im Ernſt ſpraͤche, und wußte nicht ſo recht gewiß, ob der Herr Pappa wegen des Zuchthauſes nicht aͤhnlicher Meinung ſein wuͤrde, um die Probe nicht zu machen, rief ich ſie, die mit dieſem Ent- ſchluß wegging, mit Freundlichkeit zuruͤck, und bat ſie zu hoͤren, was meine Mutter mir geſchrieben haͤtte. Da ich ihr nur blos den Schluß des Brie- fes vorlas, aus dem ſie erſah, daß dem Baron Treff noch nichts von meinen Schulden wiſſend war, ſo verſoͤhnte ſie ſich ſo weit mit mir, daß ſie verſprach, bis zum letzten Augenblick meine Freun- dinn zu bleiben und nicht zu verrathen, wenn ich ihr vor meiner Abreiſe das Geld von meiner Mut- ter ſchaffen wuͤrde. Jch verſprach es ihr, allein ſie wollte ſich auch darauf nicht verlaſſen, ſondern den ſtreitigen Punkt auf einmal heben, alſo mußte Mei- ſter Elfenbein alles, was ich begangen hatte, nach der Ordnung zu Papiere bringen. Dieſe Species facti legte ſie einem Brief an meine Mutter bei, in welchem ſie es ihrer Beurtheilung uͤberließ, ob Leute, welche mir ſo viel luͤderliche und boͤſe Streiche uͤberſehen und verheimlicht haͤtten, wohl verdien- ten als Betruͤger behandelt zu werden? und ob
ſolche
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Sie auf ein paar Jahr ins Zuchthaus ſollen; wenn
das iſt, will ich mein Geld verliehren.
Jch war ziemlich geneigt zu glauben, daß Frau
Elfenbein im Ernſt ſpraͤche, und wußte nicht ſo recht
gewiß, ob der Herr Pappa wegen des Zuchthauſes
nicht aͤhnlicher Meinung ſein wuͤrde, um die Probe
nicht zu machen, rief ich ſie, die mit dieſem Ent-
ſchluß wegging, mit Freundlichkeit zuruͤck, und bat
ſie zu hoͤren, was meine Mutter mir geſchrieben
haͤtte. Da ich ihr nur blos den Schluß des Brie-
fes vorlas, aus dem ſie erſah, daß dem Baron
Treff noch nichts von meinen Schulden wiſſend
war, ſo verſoͤhnte ſie ſich ſo weit mit mir, daß ſie
verſprach, bis zum letzten Augenblick meine Freun-
dinn zu bleiben und nicht zu verrathen, wenn ich
ihr vor meiner Abreiſe das Geld von meiner Mut-
ter ſchaffen wuͤrde. Jch verſprach es ihr, allein ſie
wollte ſich auch darauf nicht verlaſſen, ſondern den
ſtreitigen Punkt auf einmal heben, alſo mußte Mei-
ſter Elfenbein alles, was ich begangen hatte, nach
der Ordnung zu Papiere bringen. Dieſe Species
facti legte ſie einem Brief an meine Mutter bei,
in welchem ſie es ihrer Beurtheilung uͤberließ, ob
Leute, welche mir ſo viel luͤderliche und boͤſe Streiche
uͤberſehen und verheimlicht haͤtten, wohl verdien-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/282>, abgerufen am 22.11.2024.
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