erhielt, lobte sie zwar meine Gutherzigkeit, rieth mir aber doch künftig dergleichen großmüthige Hand- lungen zu unterlassen, weil ich ja für mich selbst genug brauchte. Sie schmählte dabei ein wenig über den Aufwand, welchen ich ihr bei seiner Ernährung, noch mehr bei der Krankheit und dem Begräbniß über den Hals gezogen hätte, und kündigte mir an, daß sie nie mehr etwas von der Art gut thun wür- de, wonach ich mich zu richten hätte.
Diese vermeinte unnöthige Gutherzigkeit erklär- te sich der besorgten Mutter in wenig Zeit ganz anders, sie hatte da den Trost zu erfahren, daß ihr Goldfritzel sich eines Fehlers beschuldigt, den er nicht besaß, welches ihr die Aergerniß anderer Art, womit sie hingegen heimgesucht wurde, vielleicht weniger bitter machte.
Jch hatte die Erlaubniß zu studieren von ihr, oder vielmehr vom Baron, ohne dessen Einwilli- gung sie nichts thun durfte, erhalten; er selbst war nicht willens dazu beizutragen, und da er von dem, was meine Mutter für sich behalten hatte, nichts bekam, konnte es ihm auch gleichgültig sein, ob sie viel oder wenig an mich wandte. Allein da er sich einmal vorgenommen hatte den strengen Vater zu machen, und darauf zu bestehen, daß ich kurz ge- halten würde, so setzte er auch da, als ich auf die
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erhielt, lobte ſie zwar meine Gutherzigkeit, rieth mir aber doch kuͤnftig dergleichen großmuͤthige Hand- lungen zu unterlaſſen, weil ich ja fuͤr mich ſelbſt genug brauchte. Sie ſchmaͤhlte dabei ein wenig uͤber den Aufwand, welchen ich ihr bei ſeiner Ernaͤhrung, noch mehr bei der Krankheit und dem Begraͤbniß uͤber den Hals gezogen haͤtte, und kuͤndigte mir an, daß ſie nie mehr etwas von der Art gut thun wuͤr- de, wonach ich mich zu richten haͤtte.
Dieſe vermeinte unnoͤthige Gutherzigkeit erklaͤr- te ſich der beſorgten Mutter in wenig Zeit ganz anders, ſie hatte da den Troſt zu erfahren, daß ihr Goldfritzel ſich eines Fehlers beſchuldigt, den er nicht beſaß, welches ihr die Aergerniß anderer Art, womit ſie hingegen heimgeſucht wurde, vielleicht weniger bitter machte.
Jch hatte die Erlaubniß zu ſtudieren von ihr, oder vielmehr vom Baron, ohne deſſen Einwilli- gung ſie nichts thun durfte, erhalten; er ſelbſt war nicht willens dazu beizutragen, und da er von dem, was meine Mutter fuͤr ſich behalten hatte, nichts bekam, konnte es ihm auch gleichguͤltig ſein, ob ſie viel oder wenig an mich wandte. Allein da er ſich einmal vorgenommen hatte den ſtrengen Vater zu machen, und darauf zu beſtehen, daß ich kurz ge- halten wuͤrde, ſo ſetzte er auch da, als ich auf die
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erhielt, lobte ſie zwar meine Gutherzigkeit, rieth
mir aber doch kuͤnftig dergleichen großmuͤthige Hand-
lungen zu unterlaſſen, weil ich ja fuͤr mich ſelbſt
genug brauchte. Sie ſchmaͤhlte dabei ein wenig uͤber
den Aufwand, welchen ich ihr bei ſeiner Ernaͤhrung,
noch mehr bei der Krankheit und dem Begraͤbniß
uͤber den Hals gezogen haͤtte, und kuͤndigte mir an,
daß ſie nie mehr etwas von der Art gut thun wuͤr-
de, wonach ich mich zu richten haͤtte.
Dieſe vermeinte unnoͤthige Gutherzigkeit erklaͤr-
te ſich der beſorgten Mutter in wenig Zeit ganz
anders, ſie hatte da den Troſt zu erfahren, daß ihr
Goldfritzel ſich eines Fehlers beſchuldigt, den er
nicht beſaß, welches ihr die Aergerniß anderer Art,
womit ſie hingegen heimgeſucht wurde, vielleicht
weniger bitter machte.
Jch hatte die Erlaubniß zu ſtudieren von ihr,
oder vielmehr vom Baron, ohne deſſen Einwilli-
gung ſie nichts thun durfte, erhalten; er ſelbſt war
nicht willens dazu beizutragen, und da er von dem,
was meine Mutter fuͤr ſich behalten hatte, nichts
bekam, konnte es ihm auch gleichguͤltig ſein, ob ſie
viel oder wenig an mich wandte. Allein da er ſich
einmal vorgenommen hatte den ſtrengen Vater zu
machen, und darauf zu beſtehen, daß ich kurz ge-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/278>, abgerufen am 25.11.2024.
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