öffnen, zu erweitern, und sie dem geistigen Sinn empfänglich zu machen Hingegen brach er sich desto mehr an Nahrungsmitteln ab, und wollte deren nur leichte genießen, wenn aber der Hunger seinen Vor- satz dennoch überwand, so suchte er die Verdanung einer zu kräftigen Mahlzeit durch eine heftige Be- wegung zu befördern, und sich durch die Bouteille wieder zu stärken. Etlichemal hatte ich eine Pur- ganz unter seine Portion, die er sich, seitdem er den neuen Studie plan verfolgte, auf meine Stube bringen ließ, gewünscht, und brachte ihn dann auf die Vermuthung, daß die Geister selbst diese Wür- kung herborbrächten, um die groben Säfte und die Gährung, welche von den zu starken Speisen ver- ursacht würden, wegzuschaffen, er trat dieser Mei- nung bei, und weil immer ein heftiges Bauchgrim- men mit der Ausleerung verbunden war, so hielt er dies für eine Art von Strafe, wollte sich ihr nicht mehr unterwerfen, und hungerte wieder.
So litt er einen halben Monath durch Pein verschiedener Art, dünkte sich aber dabei auf dem Wege, ein großer und glücklicher Mensch zu wer- den. Schon glaubte er es nicht mit einem so bös- artigen Wesen, als man den Teufel schildert, son- dern mit Geistern guter Art zu thun zu haben, wenigstens begann er eine bessere Meinung von den
ersten
oͤffnen, zu erweitern, und ſie dem geiſtigen Sinn empfaͤnglich zu machen Hingegen brach er ſich deſto mehr an Nahrungsmitteln ab, und wollte deren nur leichte genießen, wenn aber der Hunger ſeinen Vor- ſatz dennoch uͤberwand, ſo ſuchte er die Verdanung einer zu kraͤftigen Mahlzeit durch eine heftige Be- wegung zu befoͤrdern, und ſich durch die Bouteille wieder zu ſtaͤrken. Etlichemal hatte ich eine Pur- ganz unter ſeine Portion, die er ſich, ſeitdem er den neuen Studie plan verfolgte, auf meine Stube bringen ließ, gewuͤnſcht, und brachte ihn dann auf die Vermuthung, daß die Geiſter ſelbſt dieſe Wuͤr- kung herborbraͤchten, um die groben Saͤfte und die Gaͤhrung, welche von den zu ſtarken Speiſen ver- urſacht wuͤrden, wegzuſchaffen, er trat dieſer Mei- nung bei, und weil immer ein heftiges Bauchgrim- men mit der Ausleerung verbunden war, ſo hielt er dies fuͤr eine Art von Strafe, wollte ſich ihr nicht mehr unterwerfen, und hungerte wieder.
So litt er einen halben Monath durch Pein verſchiedener Art, duͤnkte ſich aber dabei auf dem Wege, ein großer und gluͤcklicher Menſch zu wer- den. Schon glaubte er es nicht mit einem ſo boͤs- artigen Weſen, als man den Teufel ſchildert, ſon- dern mit Geiſtern guter Art zu thun zu haben, wenigſtens begann er eine beſſere Meinung von den
erſten
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oͤffnen, zu erweitern, und ſie dem geiſtigen Sinn
empfaͤnglich zu machen Hingegen brach er ſich deſto
mehr an Nahrungsmitteln ab, und wollte deren nur
leichte genießen, wenn aber der Hunger ſeinen Vor-
ſatz dennoch uͤberwand, ſo ſuchte er die Verdanung
einer zu kraͤftigen Mahlzeit durch eine heftige Be-
wegung zu befoͤrdern, und ſich durch die Bouteille
wieder zu ſtaͤrken. Etlichemal hatte ich eine Pur-
ganz unter ſeine Portion, die er ſich, ſeitdem er
den neuen Studie plan verfolgte, auf meine Stube
bringen ließ, gewuͤnſcht, und brachte ihn dann auf
die Vermuthung, daß die Geiſter ſelbſt dieſe Wuͤr-
kung herborbraͤchten, um die groben Saͤfte und die
Gaͤhrung, welche von den zu ſtarken Speiſen ver-
urſacht wuͤrden, wegzuſchaffen, er trat dieſer Mei-
nung bei, und weil immer ein heftiges Bauchgrim-
men mit der Ausleerung verbunden war, ſo hielt er
dies fuͤr eine Art von Strafe, wollte ſich ihr nicht
mehr unterwerfen, und hungerte wieder.
So litt er einen halben Monath durch Pein
verſchiedener Art, duͤnkte ſich aber dabei auf dem
Wege, ein großer und gluͤcklicher Menſch zu wer-
den. Schon glaubte er es nicht mit einem ſo boͤs-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/269>, abgerufen am 22.11.2024.
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