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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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Haben Sie gehört? fragte mich der Magister
mit bebender Stimme -- ich that eben so betrof-
fen als er, aber weniger furchtsam, und so antwor-
tete ich: ja, ich habe gehört und staune! O, daß
dieser große Ruf an mich ergangen wäre! Kaum
hatte ich dies gesagt, als die Stimme die Einla-
dung wiederholte; der Ton, mit dem sie sprach, war
zwar hohl, aber sanft, er ward immer sanfter,
beim drittenmal ward er ganz schmeichelnd und
bittend.

Wir brachten die Nacht wachend unter Ueber-
legungen hin, ich stimmte die Art, mit dem Ma-
gister zu sprechen, ganz um, behandelte ihn mit
Ehrfurcht, und bat seine Freunde, die Geister doch
auch mit mir bekannt zu machen, wenn er es voll-
kommen mit ihnen sein würde, gern wollte ich ihn
für meinen Herrn und Meister erkennen, und im-
mer sein gelehriger Schüler bleiben. Schon zufrie-
den, daß ich die Geheimnisse, welche er erfahren
würde, erst dann erführe, wenn er es etwa für gut
befinden sollte, einmal die Welt zu verlassen, welche
Begebenheit doch der Himmel noch viele Jahre weit
entfernt lassen möchte!

Confuselius fühlte sich von dieser Sprache um
so mehr geschmeichelt, da sie ihm von mir neu war,
er wußte sich aber darein zu finden, setzte sich so-

gleich
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Haben Sie gehoͤrt? fragte mich der Magiſter
mit bebender Stimme — ich that eben ſo betrof-
fen als er, aber weniger furchtſam, und ſo antwor-
tete ich: ja, ich habe gehoͤrt und ſtaune! O, daß
dieſer große Ruf an mich ergangen waͤre! Kaum
hatte ich dies geſagt, als die Stimme die Einla-
dung wiederholte; der Ton, mit dem ſie ſprach, war
zwar hohl, aber ſanft, er ward immer ſanfter,
beim drittenmal ward er ganz ſchmeichelnd und
bittend.

Wir brachten die Nacht wachend unter Ueber-
legungen hin, ich ſtimmte die Art, mit dem Ma-
giſter zu ſprechen, ganz um, behandelte ihn mit
Ehrfurcht, und bat ſeine Freunde, die Geiſter doch
auch mit mir bekannt zu machen, wenn er es voll-
kommen mit ihnen ſein wuͤrde, gern wollte ich ihn
fuͤr meinen Herrn und Meiſter erkennen, und im-
mer ſein gelehriger Schuͤler bleiben. Schon zufrie-
den, daß ich die Geheimniſſe, welche er erfahren
wuͤrde, erſt dann erfuͤhre, wenn er es etwa fuͤr gut
befinden ſollte, einmal die Welt zu verlaſſen, welche
Begebenheit doch der Himmel noch viele Jahre weit
entfernt laſſen moͤchte!

Confuſelius fuͤhlte ſich von dieſer Sprache um
ſo mehr geſchmeichelt, da ſie ihm von mir neu war,
er wußte ſich aber darein zu finden, ſetzte ſich ſo-

gleich
R 4
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[263/0267] Haben Sie gehoͤrt? fragte mich der Magiſter mit bebender Stimme — ich that eben ſo betrof- fen als er, aber weniger furchtſam, und ſo antwor- tete ich: ja, ich habe gehoͤrt und ſtaune! O, daß dieſer große Ruf an mich ergangen waͤre! Kaum hatte ich dies geſagt, als die Stimme die Einla- dung wiederholte; der Ton, mit dem ſie ſprach, war zwar hohl, aber ſanft, er ward immer ſanfter, beim drittenmal ward er ganz ſchmeichelnd und bittend. Wir brachten die Nacht wachend unter Ueber- legungen hin, ich ſtimmte die Art, mit dem Ma- giſter zu ſprechen, ganz um, behandelte ihn mit Ehrfurcht, und bat ſeine Freunde, die Geiſter doch auch mit mir bekannt zu machen, wenn er es voll- kommen mit ihnen ſein wuͤrde, gern wollte ich ihn fuͤr meinen Herrn und Meiſter erkennen, und im- mer ſein gelehriger Schuͤler bleiben. Schon zufrie- den, daß ich die Geheimniſſe, welche er erfahren wuͤrde, erſt dann erfuͤhre, wenn er es etwa fuͤr gut befinden ſollte, einmal die Welt zu verlaſſen, welche Begebenheit doch der Himmel noch viele Jahre weit entfernt laſſen moͤchte! Confuſelius fuͤhlte ſich von dieſer Sprache um ſo mehr geſchmeichelt, da ſie ihm von mir neu war, er wußte ſich aber darein zu finden, ſetzte ſich ſo- gleich R 4

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/267>, abgerufen am 22.11.2024.