Zwar kam ich demohnerachtet bald in den Ruf eines gottlosen Jungen, allein meine Wirths- leute, besonders Frau Elfenbein ließ nichts auf mich kommen, vertheidigte mich überall, und half mir sogar mich herauslügen. Meine Mutter hatte sich selbst mit ihr in Correspondenz gesetzt, und mich ihr als einen reichen Erben empfohlen, als ihren einzigen Sohn, für den sie gern alles thun wollte, was nöthig wäre, um ihm Freude zu ma- chen; besonders da es ein so hoffnungsvoller Sohn wäre. Frau Elfenbein konnte diese Briefe selbst nicht lesen, ihr Mann mußte es also thun, sie stand denn, die Arme in die Seite gestützt, vor ihm, nickte nur, und unterbrach den Vorleser zu- weilen durch: nu siehst du -- ja freilich, und der- gleichen, womit sie seine Zweifel vollends hob.
Gute Wirthschaft hatte meine Mutter freilich daneben auch empfohlen, da aber alles Geld, was ich verlangte, doch geschickt wurde, so begnügte sich Madam Elfenbein damit, daß sie zuweilen sag- te: lieber junger Herr, geben Sie ja nicht zu viel aus, daß Jhre liebe gnädige Mamma nicht böse wird, bestand aber übrigens nicht auf Anwendung dieser Lehre. Alles, was sie that, um meiner Ver- schwendung Einhalt zu thun, war, daß sie den Mit- genuß anderer aufs möglichste zu verhüten suchte.
Jch
Zwar kam ich demohnerachtet bald in den Ruf eines gottloſen Jungen, allein meine Wirths- leute, beſonders Frau Elfenbein ließ nichts auf mich kommen, vertheidigte mich uͤberall, und half mir ſogar mich herausluͤgen. Meine Mutter hatte ſich ſelbſt mit ihr in Correſpondenz geſetzt, und mich ihr als einen reichen Erben empfohlen, als ihren einzigen Sohn, fuͤr den ſie gern alles thun wollte, was noͤthig waͤre, um ihm Freude zu ma- chen; beſonders da es ein ſo hoffnungsvoller Sohn waͤre. Frau Elfenbein konnte dieſe Briefe ſelbſt nicht leſen, ihr Mann mußte es alſo thun, ſie ſtand denn, die Arme in die Seite geſtuͤtzt, vor ihm, nickte nur, und unterbrach den Vorleſer zu- weilen durch: nu ſiehſt du — ja freilich, und der- gleichen, womit ſie ſeine Zweifel vollends hob.
Gute Wirthſchaft hatte meine Mutter freilich daneben auch empfohlen, da aber alles Geld, was ich verlangte, doch geſchickt wurde, ſo begnuͤgte ſich Madam Elfenbein damit, daß ſie zuweilen ſag- te: lieber junger Herr, geben Sie ja nicht zu viel aus, daß Jhre liebe gnaͤdige Mamma nicht boͤſe wird, beſtand aber uͤbrigens nicht auf Anwendung dieſer Lehre. Alles, was ſie that, um meiner Ver- ſchwendung Einhalt zu thun, war, daß ſie den Mit- genuß anderer aufs moͤglichſte zu verhuͤten ſuchte.
Jch
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Zwar kam ich demohnerachtet bald in den
Ruf eines gottloſen Jungen, allein meine Wirths-
leute, beſonders Frau Elfenbein ließ nichts auf
mich kommen, vertheidigte mich uͤberall, und half
mir ſogar mich herausluͤgen. Meine Mutter hatte
ſich ſelbſt mit ihr in Correſpondenz geſetzt, und
mich ihr als einen reichen Erben empfohlen, als
ihren einzigen Sohn, fuͤr den ſie gern alles thun
wollte, was noͤthig waͤre, um ihm Freude zu ma-
chen; beſonders da es ein ſo hoffnungsvoller Sohn
waͤre. Frau Elfenbein konnte dieſe Briefe ſelbſt
nicht leſen, ihr Mann mußte es alſo thun, ſie
ſtand denn, die Arme in die Seite geſtuͤtzt, vor
ihm, nickte nur, und unterbrach den Vorleſer zu-
weilen durch: nu ſiehſt du — ja freilich, und der-
gleichen, womit ſie ſeine Zweifel vollends hob.
Gute Wirthſchaft hatte meine Mutter freilich
daneben auch empfohlen, da aber alles Geld, was
ich verlangte, doch geſchickt wurde, ſo begnuͤgte
ſich Madam Elfenbein damit, daß ſie zuweilen ſag-
te: lieber junger Herr, geben Sie ja nicht zu viel
aus, daß Jhre liebe gnaͤdige Mamma nicht boͤſe
wird, beſtand aber uͤbrigens nicht auf Anwendung
dieſer Lehre. Alles, was ſie that, um meiner Ver-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/255>, abgerufen am 25.11.2024.
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