Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
Ahndung zu meiner Mutter gegangen. Er hatte sich nachläßig auf einen Stuhl geworfen, und mach- te eine kalte, ja eine wegwerfende Miene, meine Mutter saß am Fenster, hatte den Kopf auf den Arm gestützt, und sah verlegen, oder mehr gezwun- gen traurig aus; beide schwiegen. Jch rückte ohne weitres mit meinem Rapport heraus, Treff hörte ihn ruhig, zuweilen verächtlich lächelnd, meine Mut- ter in großer Bewegung an. Als ich geredet hatte, fuhr sie auf und sagte: so soll mir doch der nichts- wurdige Kerl nicht eine Stunde mehr im Hause sein! Jch hörte das mit Gelassenheit, denn ich wollte nur den Zank mit dem Magister vorbei las- sen, und dann befehlen, daß er bleiben sollte. Der Baron aber erhob sich langsam, vertrat meiner Mutter die Thür und sagte: lassen Sie sich hal- ten, Madam, es wird meine Sache sein, dem Pa- tron den Kopf zu waschen, da er mich angegriffen hat, dann mögen Sie ihm verzeihen, oder weg- jagen; ich dächte aber Sie thäten das erste, denn in dem, was er dem Obristlieutenant von Jhnen gesagt, hat er ganz recht. Madam Schnitzer verstummte vor der entschei- denden Sprache ihres Monarchen, sie blieb aber, Treff begab sich zum Magister, und ich lief nach. Hier war dieser nicht mehr in seinem Eigenthum, hatte
Ahndung zu meiner Mutter gegangen. Er hatte ſich nachlaͤßig auf einen Stuhl geworfen, und mach- te eine kalte, ja eine wegwerfende Miene, meine Mutter ſaß am Fenſter, hatte den Kopf auf den Arm geſtuͤtzt, und ſah verlegen, oder mehr gezwun- gen traurig aus; beide ſchwiegen. Jch ruͤckte ohne weitres mit meinem Rapport heraus, Treff hoͤrte ihn ruhig, zuweilen veraͤchtlich laͤchelnd, meine Mut- ter in großer Bewegung an. Als ich geredet hatte, fuhr ſie auf und ſagte: ſo ſoll mir doch der nichts- wurdige Kerl nicht eine Stunde mehr im Hauſe ſein! Jch hoͤrte das mit Gelaſſenheit, denn ich wollte nur den Zank mit dem Magiſter vorbei las- ſen, und dann befehlen, daß er bleiben ſollte. Der Baron aber erhob ſich langſam, vertrat meiner Mutter die Thuͤr und ſagte: laſſen Sie ſich hal- ten, Madam, es wird meine Sache ſein, dem Pa- tron den Kopf zu waſchen, da er mich angegriffen hat, dann moͤgen Sie ihm verzeihen, oder weg- jagen; ich daͤchte aber Sie thaͤten das erſte, denn in dem, was er dem Obriſtlieutenant von Jhnen geſagt, hat er ganz recht. Madam Schnitzer verſtummte vor der entſchei- denden Sprache ihres Monarchen, ſie blieb aber, Treff begab ſich zum Magiſter, und ich lief nach. Hier war dieſer nicht mehr in ſeinem Eigenthum, hatte
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Ahndung zu meiner Mutter gegangen. Er hatte
ſich nachlaͤßig auf einen Stuhl geworfen, und mach-
te eine kalte, ja eine wegwerfende Miene, meine
Mutter ſaß am Fenſter, hatte den Kopf auf den
Arm geſtuͤtzt, und ſah verlegen, oder mehr gezwun-
gen traurig aus; beide ſchwiegen. Jch ruͤckte ohne
weitres mit meinem Rapport heraus, Treff hoͤrte
ihn ruhig, zuweilen veraͤchtlich laͤchelnd, meine Mut-
ter in großer Bewegung an. Als ich geredet hatte,
fuhr ſie auf und ſagte: ſo ſoll mir doch der nichts-
wurdige Kerl nicht eine Stunde mehr im Hauſe
ſein! Jch hoͤrte das mit Gelaſſenheit, denn ich
wollte nur den Zank mit dem Magiſter vorbei las-
ſen, und dann befehlen, daß er bleiben ſollte. Der
Baron aber erhob ſich langſam, vertrat meiner
Mutter die Thuͤr und ſagte: laſſen Sie ſich hal-
ten, Madam, es wird meine Sache ſein, dem Pa-
tron den Kopf zu waſchen, da er mich angegriffen
hat, dann moͤgen Sie ihm verzeihen, oder weg-
jagen; ich daͤchte aber Sie thaͤten das erſte, denn
in dem, was er dem Obriſtlieutenant von Jhnen
geſagt, hat er ganz recht.
Madam Schnitzer verſtummte vor der entſchei-
denden Sprache ihres Monarchen, ſie blieb aber,
Treff begab ſich zum Magiſter, und ich lief nach.
Hier war dieſer nicht mehr in ſeinem Eigenthum,
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