Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
und abzugehen. Seine Angst kam von dem zu ver- muthenden Abschied des Obristlieutenants her, er fürchtete, dieser würde sagen, was er durch ihn er- fahren, und so ihm schlimmes Wetter verursachen. Noch mehr fürchtete er, daß nun Treff an Turners Stelle treten würde, diesen aber konnte er einmal nicht leiden, auch war es leicht zu ahnden, er werde ihm entweder den Abschied geben, oder kein gütiger Patron sein. Der Obristlieutenant hatte seinen Bedienten in der Nacht noch nach Extrapost geschickt, der Mensch kam schon um 4 Uhr des Morgens mit ei- ner Postchaise zurück, es ward hurtig aufgepackt und davon gefahren. Der Postillion blies meine Mutter aus dem Schlafe, sie fuhr heraus, um zu sehen, wer käme, da sie aber an dem Rücken der Chaise sah, daß vielmehr jemand ging, glaubte sie es sei Treff, warf sich das nächste beste an, und wollte nachschicken, nachlaufen -- ja sie wußte selbst nicht was sie wollte, als sie ihre Zimmerthür öffnete und den Bedienten mit einem Billet entge- gen kommen sah. Mit Zittern öffnete sie es noch in der Meinung, es sei vom Baron, der ihr mit ich weiß nicht was drohte, aber Centner fielen ihr vom Herzen, als sie zuerst die Unterschrift nach- sah und den Namen Turner las! Uebrigens war die
und abzugehen. Seine Angſt kam von dem zu ver- muthenden Abſchied des Obriſtlieutenants her, er fuͤrchtete, dieſer wuͤrde ſagen, was er durch ihn er- fahren, und ſo ihm ſchlimmes Wetter verurſachen. Noch mehr fuͤrchtete er, daß nun Treff an Turners Stelle treten wuͤrde, dieſen aber konnte er einmal nicht leiden, auch war es leicht zu ahnden, er werde ihm entweder den Abſchied geben, oder kein guͤtiger Patron ſein. Der Obriſtlieutenant hatte ſeinen Bedienten in der Nacht noch nach Extrapoſt geſchickt, der Menſch kam ſchon um 4 Uhr des Morgens mit ei- ner Poſtchaiſe zuruͤck, es ward hurtig aufgepackt und davon gefahren. Der Poſtillion blies meine Mutter aus dem Schlafe, ſie fuhr heraus, um zu ſehen, wer kaͤme, da ſie aber an dem Ruͤcken der Chaiſe ſah, daß vielmehr jemand ging, glaubte ſie es ſei Treff, warf ſich das naͤchſte beſte an, und wollte nachſchicken, nachlaufen — ja ſie wußte ſelbſt nicht was ſie wollte, als ſie ihre Zimmerthuͤr oͤffnete und den Bedienten mit einem Billet entge- gen kommen ſah. Mit Zittern oͤffnete ſie es noch in der Meinung, es ſei vom Baron, der ihr mit ich weiß nicht was drohte, aber Centner fielen ihr vom Herzen, als ſie zuerſt die Unterſchrift nach- ſah und den Namen Turner las! Uebrigens war die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#TUR"> <p><pb facs="#f0240" n="236"/> und abzugehen. Seine Angſt kam von dem zu ver-<lb/> muthenden Abſchied des Obriſtlieutenants her, er<lb/> fuͤrchtete, dieſer wuͤrde ſagen, was er durch ihn er-<lb/> fahren, und ſo ihm ſchlimmes Wetter verurſachen.<lb/> Noch mehr fuͤrchtete er, daß nun Treff an Turners<lb/> Stelle treten wuͤrde, dieſen aber konnte er einmal<lb/> nicht leiden, auch war es leicht zu ahnden, er<lb/> werde ihm entweder den Abſchied geben, oder kein<lb/> guͤtiger Patron ſein.</p><lb/> <p>Der Obriſtlieutenant hatte ſeinen Bedienten<lb/> in der Nacht noch nach Extrapoſt geſchickt, der<lb/> Menſch kam ſchon um 4 Uhr des Morgens mit ei-<lb/> ner Poſtchaiſe zuruͤck, es ward hurtig aufgepackt<lb/> und davon gefahren. Der Poſtillion blies meine<lb/> Mutter aus dem Schlafe, ſie fuhr heraus, um zu<lb/> ſehen, wer kaͤme, da ſie aber an dem Ruͤcken der<lb/> Chaiſe ſah, daß vielmehr jemand ging, glaubte ſie<lb/> es ſei Treff, warf ſich das naͤchſte beſte an, und<lb/> wollte nachſchicken, nachlaufen — ja ſie wußte<lb/> ſelbſt nicht was ſie wollte, als ſie ihre Zimmerthuͤr<lb/> oͤffnete und den Bedienten mit einem Billet entge-<lb/> gen kommen ſah. Mit Zittern oͤffnete ſie es noch<lb/> in der Meinung, es ſei vom Baron, der ihr mit<lb/> ich weiß nicht was drohte, aber Centner fielen ihr<lb/> vom Herzen, als ſie zuerſt die Unterſchrift nach-<lb/> ſah und den Namen Turner las! Uebrigens war<lb/> <fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [236/0240]
und abzugehen. Seine Angſt kam von dem zu ver-
muthenden Abſchied des Obriſtlieutenants her, er
fuͤrchtete, dieſer wuͤrde ſagen, was er durch ihn er-
fahren, und ſo ihm ſchlimmes Wetter verurſachen.
Noch mehr fuͤrchtete er, daß nun Treff an Turners
Stelle treten wuͤrde, dieſen aber konnte er einmal
nicht leiden, auch war es leicht zu ahnden, er
werde ihm entweder den Abſchied geben, oder kein
guͤtiger Patron ſein.
Der Obriſtlieutenant hatte ſeinen Bedienten
in der Nacht noch nach Extrapoſt geſchickt, der
Menſch kam ſchon um 4 Uhr des Morgens mit ei-
ner Poſtchaiſe zuruͤck, es ward hurtig aufgepackt
und davon gefahren. Der Poſtillion blies meine
Mutter aus dem Schlafe, ſie fuhr heraus, um zu
ſehen, wer kaͤme, da ſie aber an dem Ruͤcken der
Chaiſe ſah, daß vielmehr jemand ging, glaubte ſie
es ſei Treff, warf ſich das naͤchſte beſte an, und
wollte nachſchicken, nachlaufen — ja ſie wußte
ſelbſt nicht was ſie wollte, als ſie ihre Zimmerthuͤr
oͤffnete und den Bedienten mit einem Billet entge-
gen kommen ſah. Mit Zittern oͤffnete ſie es noch
in der Meinung, es ſei vom Baron, der ihr mit
ich weiß nicht was drohte, aber Centner fielen ihr
vom Herzen, als ſie zuerſt die Unterſchrift nach-
ſah und den Namen Turner las! Uebrigens war
die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/240 |
| Zitationshilfe: | Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/240>, abgerufen am 28.11.2024. |
