Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
mußten sie ganz dafür stehen. Aber jetzt -- ja wenn die Kindtaufe vorbei ist, fragen die Gevat- tern nicht mehr nach dem Pathen, und ihrentwe- gen mag er wissen, ob ein Gott im Himmel ist oder nicht, mag in der Folge an den Galgen oder aufs Rad kommen. Die Eltern denken auch nicht daran, was sie für Pathen zu ihren Kindern neh- men, entweder sie gehen nach der Hoffarth, oder nach der Jntresse, oder sie wollen dem Kinde in der Zukunft einen Gönner zu zeitlichen Absichten verschaffen, welches noch die leidlichste von allen Ursachen, wiewohl auch nicht die rechte ist, und auch nicht immer ihre Absicht erreicht. Wenn ich ein Weib genommen und Kinder gezeugt hätte, so würde ich bei allen selbst Gevatter gewesen sein, und hätte etwa zwei meiner nächsten Verwandten oder besten Freunde dazu genommen, so hätte ich doch gewußt, daß ich wenigstens mein im Na- men des Kindes gethanes Versprechen als Vater natürlicherweise erfüllen müßte und würde." Diese Anmerkungen meines Oneles waren ganz nach Celestins Sinn; er meinte, der reiche Korn- händler, dem er überhaupt sehr gut war, gehörte unter die Geistmenschen, denn wer die Wahrheit liebte, und das Spielen mit wichtigen Dingen, die zum guten Zweck eingeführt wären, mißbilligte, bewieße B 2
mußten ſie ganz dafuͤr ſtehen. Aber jetzt — ja wenn die Kindtaufe vorbei iſt, fragen die Gevat- tern nicht mehr nach dem Pathen, und ihrentwe- gen mag er wiſſen, ob ein Gott im Himmel iſt oder nicht, mag in der Folge an den Galgen oder aufs Rad kommen. Die Eltern denken auch nicht daran, was ſie fuͤr Pathen zu ihren Kindern neh- men, entweder ſie gehen nach der Hoffarth, oder nach der Jntreſſe, oder ſie wollen dem Kinde in der Zukunft einen Goͤnner zu zeitlichen Abſichten verſchaffen, welches noch die leidlichſte von allen Urſachen, wiewohl auch nicht die rechte iſt, und auch nicht immer ihre Abſicht erreicht. Wenn ich ein Weib genommen und Kinder gezeugt haͤtte, ſo wuͤrde ich bei allen ſelbſt Gevatter geweſen ſein, und haͤtte etwa zwei meiner naͤchſten Verwandten oder beſten Freunde dazu genommen, ſo haͤtte ich doch gewußt, daß ich wenigſtens mein im Na- men des Kindes gethanes Verſprechen als Vater natuͤrlicherweiſe erfuͤllen muͤßte und wuͤrde.“ Dieſe Anmerkungen meines Oneles waren ganz nach Celeſtins Sinn; er meinte, der reiche Korn- haͤndler, dem er uͤberhaupt ſehr gut war, gehoͤrte unter die Geiſtmenſchen, denn wer die Wahrheit liebte, und das Spielen mit wichtigen Dingen, die zum guten Zweck eingefuͤhrt waͤren, mißbilligte, bewieße B 2
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mußten ſie ganz dafuͤr ſtehen. Aber jetzt — ja
wenn die Kindtaufe vorbei iſt, fragen die Gevat-
tern nicht mehr nach dem Pathen, und ihrentwe-
gen mag er wiſſen, ob ein Gott im Himmel iſt
oder nicht, mag in der Folge an den Galgen oder
aufs Rad kommen. Die Eltern denken auch nicht
daran, was ſie fuͤr Pathen zu ihren Kindern neh-
men, entweder ſie gehen nach der Hoffarth, oder
nach der Jntreſſe, oder ſie wollen dem Kinde in
der Zukunft einen Goͤnner zu zeitlichen Abſichten
verſchaffen, welches noch die leidlichſte von allen
Urſachen, wiewohl auch nicht die rechte iſt, und
auch nicht immer ihre Abſicht erreicht. Wenn ich
ein Weib genommen und Kinder gezeugt haͤtte, ſo
wuͤrde ich bei allen ſelbſt Gevatter geweſen ſein,
und haͤtte etwa zwei meiner naͤchſten Verwandten
oder beſten Freunde dazu genommen, ſo haͤtte ich
doch gewußt, daß ich wenigſtens mein im Na-
men des Kindes gethanes Verſprechen als Vater
natuͤrlicherweiſe erfuͤllen muͤßte und wuͤrde.“
Dieſe Anmerkungen meines Oneles waren ganz
nach Celeſtins Sinn; er meinte, der reiche Korn-
haͤndler, dem er uͤberhaupt ſehr gut war, gehoͤrte
unter die Geiſtmenſchen, denn wer die Wahrheit
liebte, und das Spielen mit wichtigen Dingen, die
zum guten Zweck eingefuͤhrt waͤren, mißbilligte,
bewieße
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